• Keine Ergebnisse gefunden

Landeszahnärztekammer Hessen LZK. Körperschaft des öffentlichen Rechts. Hessen. 50 Jahre. Landeszahnärztekammer Hessen.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Landeszahnärztekammer Hessen LZK. Körperschaft des öffentlichen Rechts. Hessen. 50 Jahre. Landeszahnärztekammer Hessen."

Copied!
82
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

50 Jahre

Landeszahnärztekammer Hessen

(2)
(3)

50 Jahre

Landeszahnärztekammer Hessen

Wilfried Schad

(4)
(5)

Roland Koch

Hessischer Ministerpräsident

Grußwort

Grußwort des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch zum 50-jährigen Jubiläum der Landeszahnärztekammer Hessen.

Die Medizin unseres Landes leistet Großartiges.

Welche Fachrichtung auch gefragt sein mag – das Niveau der Versorgung ist außerordentlich hoch.

Sowohl im historischen wie auch im internationalen Vergleich der Gegenwart nimmt die Medizin in Hessen eine Spitzenstellung ein. Für diese Position gibt es mehrere Gründe. Einer davon sind die Leistungen, die zum Beispiel die Zahnärztinnen und Zahnärzte in der täglichen Praxis oder in der Klinik erbringen. Ich freue mich deshalb, der Landeszahn- ärztekammer zum 50-jährigen Bestehen meine herzlichen Grüße übermitteln zu können. Seit fünf Jahrzehnten vertritt die Landeszahnärztekammer die Interessen der Zahnärztinnen und Zahnärzte auf Landesebene. Für die Hessische Landesregierung ist die Kammer ein wichtiger Gesprächspartner in den Fragen der Gesundheitspolitik. Über die Interessenvertretung hinaus engagiert sie sich in anderen wichtigen Bereichen des Zahnarztberufes, etwa der Fortbildung oder der Ausbildung von Zahnarzthelferinnen. In den vergangenen 50 Jahren hat die Kammer ihre Aufgaben engagiert wahrge- nommen. Ich bin zuversichtlich, dass sie auch in Zukunft fachkundig und erfolgreich agieren wird.

Das Jubiläum ist für mich Anlass, allen zu danken, die bisher für die Landeszahnärztekammer tätig waren, und allen, die heute für sie tätig sind sowie ihren Mitgliedern meine besten Wünsche für die Zukunft zu übermitteln.

Roland Koch

Hessischer Ministerpräsident

(6)
(7)

Silke Lautenschläger

Hessische Sozialministerin

Grußwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit nunmehr 50 Jahren kümmert sich die Landes- zahnärztekammer Hessen um die Belange ihrer Mitglieder. Ein Jubiläum, zu dem ich Ihnen herzlich gratulieren möchte.

In Hessen gibt es derzeit mehr als 4 300 niederge- lassene Zahnärztinnen und Zahnärzte. Die LZKH versteht sich heute in erster Linie als modernes Dienstleistungsunternehmen, das sich mit allen Themen rund um die Zahnheilkunde beschäftigt.

Sie bietet Fort- und Weiterbildung im eigenen Fortbildungszentrum an und setzt sich für die Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachange- stellten und deren Weiterqualifikation im späteren Berufsleben ein. Darüber hinaus bietet eine eigene Gutachterstelle Unterstützung und fachlichen Rat für Patienten bei Problemstellungen an.

Nutznießer insbesondere dieses breiten Fort- bildungsangebotes sind die Patienten, können sie sich doch darauf verlassen, dass die Zahnärzte all- zeit auf dem neuesten Stand von Wissenschaft und Fortschritt sind. Besonders hervorheben möchte ich, dass die Hessische Zahnärztekammer ein Fortbildungssiegel vergibt, dass die Fortbildungs- leistungen der Ärzte dokumentiert. Zudem hat sie auch – das ist ein Service, den viele Patienten zu schätzen wissen – eine Patientenberatungsstelle eingerichtet, an die sich alle Bürgerinnen und Bürger wenden können, wenn sie Fragen aus dem zahnärztlichen Bereich geklärt haben möchten.

Das bislang beispiellose Modell der Landeszahn- ärztekammer Hessen für immobile Patienten, bei dem Zahnärzte mit spezieller, von der Kammer ge- stellter und von den hessischen Zahnärzten finanzier- ter Ausrüstung „Hausbesuche“ in Alten- und Pflege- heimen, Krankenhäusern oder zu Hause durchführen, zeigt schließlich, dass sich die Zahnärzte in Hessen ihrer sozialen Verantwortung auch für diese Patienten bewusst sind. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei Ihnen bedanken.

Ich gratuliere nochmals für fünf Jahrzehnte

Engagement der Landeszahnärztekammer Hessen.

Silke Lautenschläger Hessische Sozialministerin

(8)
(9)

Dr. Michael Frank

Präsident der Landeszahnärztekammer Hessen

Vorwort

Mit 50 Jahren hat man sein bestes Alter erreicht!

Die Entwicklung der Landeszahnärztekammer Hessen ist dafür der beste Beweis.

Die vorliegende Chronik spiegelt das dazu gehören- de Auf und Ab wider – in der Berufspolitik und im gesellschaftlichen Bereich.

Meilensteine der Entwicklung der Landeszahnärzte- kammer Hessen waren in den Anfängen ganz sicher die Vereinigung der Berufsstände von Zahn- ärzten und Dentisten und der Aufbau einer eigen- ständigen Altersvorsorge, nachdem der Gesetz- geber den Zugang zur Rentenversicherung für Frei- berufler ausgeschlossen hatte. Aus heutiger Sicht sicher eine glückliche Entscheidung für den zahn- ärztlichen Berufsstand.

Alle Vorstände der Landeszahnärztekammer Hes- sen der letzten 50 Jahre hatten ein gemeinsames Motto, nämlich Kontinuität in der Verwirklichung der Idee des Freien Berufs Zahnarzt, die da lautet:

Verantwortung in Freiheit.

Dieses Selbstverständnis hat es der Landeszahn- ärztekammer Hessen insbesondere in den vergan- genen 15 Jahren ermöglicht, die großen Verände- rungen dieser Jahre nicht nur mitzuerleben, son- dern in vielen Bereichen auch aktiv mitzugestalten.

Beispielhaft genannt seien hier die Hilfestellung für die thüringischen Kolleginnen und Kollegen beim Aufbau ihrer Praxen nach dem Fall der Mauer oder die vielfältigen Unterstützungen und Angebote an die hessische Kollegenschaft beim Übergang in eine moderne Informations- und Dienstleistungs- gesellschaft.

In unserer heutigen komplexen, schnellen und inter- disziplinären Welt nimmt die Landeszahnärztekam- mer Hessen Aufgaben und Funktionen wahr, die noch vor wenigen Jahren nicht vorstellbar gewesen wären. Beratungs- und Serviceangebote für die zahnärztlichen Praxen nehmen dabei stetig an Be- deutung zu, demgegenüber tritt die in der Berufs- ordnung vorgesehene Ordnungsfunktion mehr und mehr zurück.

Immer wichtiger wird auch die „Übersetzungsfunk- tion“ der Kammer: Die sich stetig vergrößernde Flut

Dr. Giesbert Schulz-Freywald

Vizepräsident der Landeszahnärztekammer Hessen

(10)

von Gesetzen und Verordnungen des Landes, des Bundes und vor allem Europas muss, um überhaupt sinnvoll und praxisnah umgesetzt werden zu kön- nen, in Handbücher, Checklisten, Fortbildungen und Informationsrundschreiben übersetzt werden.

Auch die zunehmende Übernahme staatlicher Auf- gaben bietet immer wieder Chancen, die Umset- zung gesetzlicher Aufgaben selbst auszugestalten und so für die Praxen zumindest - zeitlich wie finanziell - erträglicher zu machen. Röntgenstelle und BUS-Dienst sowie derzeit die Umsetzung der Vorgaben des Infektionsschutz- und Medizinpro- duktegesetzes stehen hier als anerkannte Angebote der Kammer Hessen.

Viele neue derartige Herausforderungen sind bereits erkennbar: sei es ein Qualitätsmanagement oder die Integration von strukturierter bzw. postgradualer Fort- und Weiterbildung. Die Berufsausübung unter dem Dach juristischer Personen, wie zum Beispiel der GmbH, verheißt Diskussionsbedarf und Arbeit für die kommenden Jahre.

Die Landeszahnärztekammer Hessen wird ihren bereits eingeschlagenen Weg zu einer kompetenten Dienstleistungsorganisation für die Kollegenschaft auch zukünftig fortsetzen.

Verantwortung in Freiheit – dieses Selbstverständnis der Organe der Landeszahnärztekammer Hessen wird auch künftig die Leitlinie des Handelns sein.

Dank gebührt zum Schluss vor allem dem Autor unserer Chronik. Wilfried Schad hat über 50 Jahre als Zahnarzt die LZKH eng begleitet und eine sehr persönliche Chronik verfasst. Kaum ein anderer in Hessen vermag diesen Spagat zu vollbringen zwi- schen Erfahrungen eines Darmstädter Zahnarztes und den Beobachtungen eines hohen Standes- politikers.

Herzlichen Dank auch für sprachlichen Stil und gedankliche Struktur.

Dr. Michael Frank

Präsident der

Landeszahnärztekammer Hessen

Dr. Giesbert Schulz-Freywald

Vizepräsident der

Landeszahnärztekammer Hessen

(11)

50 Jahre

Landeszahnärztekammer Hessen

Wilfried Schad

Es war kein Urknall, dem die Landeszahnärzte- kammer Hessen ihre Entstehung verdankte. Es gab eine jahrzehntelange Vorgeschichte.

Urzelle aller zahnärztlichen Verbände war der 1859 gegründete „Centralverein Deutscher Zahnärzte“.

Seine Ziele: wissenschaftliche Erkenntniserweite- rung, Verbesserung der eigenen beruflichen Fähig- keiten, Wahrung der Standesehre und Wahr- nehmung der Rechte der Mitglieder. So wurden sie in der Gründungsversammlung formuliert.

Damit steckte man sich Ziele, die den heutigen sat- zungsmäßigen Zielen der LZKH sehr nahe kamen.

Wir dürfen gegenüber den zahnärztlichen Vorfahren, die vor 150 Jahren lebten, eine dankbare Solidarität empfinden. Es gab damals noch keine Sozialver- sicherung, es gab nur Zahnleidende und Zahnärzte.

Da die Gründung der Zahnärztekammer Hessen in einem engen Zusammenhang mit der Beseitigung des so genannten Dualismus stand, kann die Chronik nicht darauf verzichten, auch diese histori- sche Entwicklung nach 1859 immer wieder in Kürze zu streifen.

Ein schwerer Rückschlag für die zahnärztlichen Berufsinteressen war die vom Reichstag 1872 beschlossene Kurierfreiheit für die gesamte Heil- kunde. Nur die Berufsbezeichnung „Zahnarzt“ blieb geschützt und war an die Ablegung einer zahnärzt- lichen Prüfung gebunden. So sahen sich die gerade 350 Zahnärzte einer rasch wachsenden Zahl von

„Zahntechnikern“, „Zahnkünstlern“ und „Zahn- artisten“ gegenüber. Jeder, der sich dazu im Stande fühlte, konnte Zahnkranke behandeln.

1878 betrug das Verhältnis von Zahnärzten zu nicht approbierten Zahnbehandlern 438 : 735. D. Groß zitiert in der Festschrift zum 140-jährigen Bestehen der DGZMK den Vorsitzenden des Zentralvereins Gustav Klare, der auf der Jahreshauptversammlung 1874 mit den Worten Klage führte: „Die zahllose Schar der Zahntechniker, die, ihre Befugnisse weit überschreitend, sich dem nicht informierten Publikum als Zahnärzte vorstellt, trägt zu dessen

Verwirrung bei, indem die Zahnärzte und Techniker vielfach als einer Klasse angehörig beurteilt wer- den.“

1883 wurde im Deutschen Reich das „Krankenver- sicherungsgesetz“ eingeführt. Die Zahnbehandlung gehörte nicht zu den Pflichtleistungen der neu gegründeten Ortskrankenkassen. Trotzdem unter- boten sich eine nicht unerhebliche Zahl von Zahnärzten und erst recht „Zahnkünstlern“ in ihren Angeboten an die Kassen, Verträge zu schließen.

Neben dem sich nahezu ausschließlich der zahn- ärztlichen Wissenschaft verpflichtet fühlenden

„Zentralverein“ hatte sich 1891 der „Vereinsbund Deutscher Zahnärzte“ etabliert, der sich der Berufs- politik und den Standesinteressen widmen wollte.

1908 benannte sich der auch existierende „Verein Deutscher Zahnkünstler“ in „Verein der Dentisten im Deutschen Reich“ um.

Am 19. Juli 1911 verabschiedete der Deutsche Reichstag die „Reichsversicherungsordnung“

(RVO). Die Position der „Sozialen Krankenversiche- rung“ wurde gegenüber den Heilberufen deutlich gestärkt. Sie gliederte sich in „Körperschaften öffentlichen Rechtes“ während den Zahnärzten nur der Zusammenschluss in privaten Vereinen mit frei- williger Mitgliedschaft blieb.

An Zentralverein und Vereinsbund vorbei entstand 1910 nach dem Vorbild des bereits bestehenden Hartmannbundes der „Wirtschaftliche Verband Deutscher Zahnärzte“. Dieser benannte sich 1924 in den „Reichsverband der Zahnärzte Deutsch- lands“ um. Zu dieser Zeit gehörte ihm mit nahezu 7 000 Mitgliedern fast die gesamte deutsche Zahnärzteschaft an.

1920 bereits kam es auf Vermittlung des preußi- schen Volkswohlfahrtsministeriums zu am Ende sehr unergiebigen Verhandlungen zwischen Zahnärzten und Dentisten über einen möglichen Zusammenschluss, als deren einziges greifbares Ergebnis eine staatliche Zulassungsprüfung für Dentisten übrig blieb.

Angesichts einer Zahl von 14 500 Dentisten im Jahre 1926 hatten es die 8 500 Zahnärzte in ihren Verhandlungen mit den Krankenkassen nicht leicht, denn diese wussten ihren Vorteil durch das gegen- einander Ausspielen beider Seiten bestens zu wah- ren.

(12)

Von 1933 bis 1945 gab es keine freien zahnärztli- chen Organisationen. Ein „Reichszahnärzteführer“

dekretierte das, was zu geschehen hatte. Der da- malige Vorsitzende des Reichsverbandes, Dr. Fritz Linnert, wurde mit seinem Vorstand aus dem Amte getrieben. Sofort nach Kriegsende war er es wieder, der dank seiner Persönlichkeit den Kollegen einen zentralen Mittelpunkt gab. Er zog in den ersten deutschen Bundestag als Abgeordneter der FDP ein und wurde von diesem zum Vorsitzenden des Gesundheitspolitischen Ausschusses berufen.

Leider starb er viel zu früh im Jahre 1949.

Im Juni 1948 konstituierte sich auf seine Initiative hin in Rothenburg o. d. T. der „Verband der deut- schen zahnärztlichen Berufsvertretungen“.

Dr. Linnert wurde Vorsitzender, Dr. Erich Müller- Altona sein Stellvertreter.

In den Jahren 1948 bis 1953 kam es zu häufigen und intensiven Gesprächen zwischen der zahnärzt- lichen und der dentistischen Standesvertretung. In erster Linie wurden sie durch Dr. Linnert und nach seinem Tode durch Dr. Müller-Altona auf zahnärztli- cher und Herrn August Siebecke aus München auf dentistischer Seite geführt. Diesen Männern gelang, was in den Jahrzehnten davor immer gescheitert war: Die Berufsstände fanden immer mehr zueinan- der, das ewige Gegeneinander nahm immer mehr ab.

Einen breiten Raum in den Verhandlungen nahm die zukünftige akademische Ausbildung der Zahnärzte ein. Auch die Heranführung der Kenntnisse der vor- handenen und erst recht der noch in Ausbildung befindlichen Dentisten an den akademischen Level wurde zu einem zentralen Punkt.

Die akademische Ausbildung der Zahnärzte wurde von 8 auf 10 Semester verlängert. Die bereits staat- lich geprüften Dentisten und die Absolventen der dentistischen Institute nahmen zusätzlich zu ihrer bisherigen Ausbildung an einem 60-stündigen Intensivkurs über die Bereiche teil, in denen sie bis- her nicht tätig sein durften. Pharmakologie und zahnärztliche Chirurgie seien beispielhaft genannt.

Danach erhielten sie die zahnärztliche Approbation, sofern sie das 25. Lebensjahr erreicht hatten. Für die bereits in Berufsausbildung befindlichen

„Dentisten-Praktikanten“ wurde die Instituts- ausbildung verdoppelt. Vor dem Institutsbesuch hatten alle zukünftigen Dentisten eine überwiegend praktisch orientierte 5-jährige Ausbildungszeit in der Praxis eines staatlich anerkannten Dentisten

absolviert. Mit Inkrafttreten des Zahnheilkundege- setzes war das Studium der Zahnmedizin der allei- nige Weg in den Beruf.

Die Weichen für die Vereinigung beider Berufe waren gestellt. Alle Verhandlungen waren in enger Abstimmung mit den staatlichen Institutionen geführt worden. Das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde, vom Deutschen Bundestag am 31. März 1952 verabschiedet, machte den Weg für die endgültige Vereinigung beider Berufsstände frei.

Bereits am 21. Juni 1952 gründeten die damalige

„Hessische Landeszahnärztekammer“ und die

„Hessische Landesdentistenkammer“ als erste Berufsvertretungen in der Bundesrepublik den

„Zweckverband der zahnärztlichen und dentisti- schen Berufsvertretungen im Lande Hessen“.

Der „Bundesverband Deutscher Zahnärzte“ gründe- te sich am 28. März 1953 in Rothenburg o. d. T..

Seiner ersten Hauptversammlung gehörten 39 Zahnärzte und 39 Dentisten an – also eine paritäti- sche Besetzung, die die Satzung für die erste Legislaturperiode vorgab.

Die ersten hessischen Delegierten zur BdZ-Haupt- versammlung waren von zahnärztlicher Seite Dr. Gustav Barchfeld, Dr. Kolb, Dr. Boelsen und Dr. Terjung, von dentistischer Seite die Herren Ludwig Heldmann, Rudolf Allgeier, Riemer und Hans Windecker.

Wichtig und aktuell bis heute mag eine Aussage des zum Präsidenten gewählten Kollegen Müller- Altona in der Gründungsversammlung sein: „Die Satzung ist nicht dazu bestimmt, eine zentralisti- sche Organisation aufzubauen. Sie soll dazu die- nen, eine einheitliche Willensbildung der deutschen Zahnärzteschaft zu ermöglichen.“

Bald nach Gründung des BdZ riefen Dr. Barchfeld und Ludwig Heldmann zur Gründung der Zahn- ärztekammer Hessen e. V. auf. Auch hier sah die vorläufige Satzung die paritätische Besetzung von Vorstand und Delegiertenversammlung vor.

Angesichts der noch fehlenden gesetzlichen Grund- lage war die Mitgliedschaft in diesem eingetrage- nen Verein eine freiwillige.

Ein weiterer Paragraf der Satzung ist aus heutiger Sicht höchst interessant. Wir lesen in § 3, Zweck des Vereins: „Bis zur Errichtung einer Kassen- zahnärztlichen Vereinigung als Körperschaft öffentli-

(13)

chen Rechts nimmt der Verein auch die wirtschaftli- chen Interessen der hessischen Zahnärzte durch Abschluss von Verträgen wahr.“ Sicher ist selbst den älteren Standespolitikern nicht mehr bewusst, dass tatsächlich bis zum Jahre 1953 von Kassen- zahnärztlichen Vereinigungen nicht die Rede war.

Eine schriftliche Umfrage bei der Kollegenschaft im Winter 1953, ob eine Personalunion zwischen den

Vorständen und Parlamenten von Zahnärztekammer und zukünftiger Kassenzahnärztlicher Vereinigung angestrebt werden sollte, ergab bei einer 77-pro- zentigen Umfragebeteiligung, dass alle – ohne Gegenstimme – für diese Personalunion eintraten.

Gründungsdokument „Zahnärzte- kammer Hessen e. V.“, 1953

(14)

So wie sich am 29. März 1953, ein Tag nach der Gründung des BdZ, der „Verband der zahnärztli- chen Berufsvertretungen in Deutschland“ und der

„Verband der deutschen Dentisten“ aufgelöst hat- ten, lösten sich am 14. Juni 1953 die hessischen alten Zahnärzte- und Dentistenverbände nach Gründung der „Zahnärztekammer Hessen e. V.“

am 13. Juni 1953 in Bad Nauheim auf.

Gründungsmitglieder der Zahnärztekammer Hessen e. V. waren die 10 ehemaligen Mitglieder der Vertreterversammlung des Zweckverbandes.

Der Dualismus, ein Wort, das die heutige Zahn- ärztegeneration nur noch vom Hörensagen kennen mag, gehörte der Vergangenheit an. Es gab nur noch die eine Zahnärzteschaft. Deutsche

Akademiker und die mehr aus dem handwerklichen Ausbildungsgang kommenden Kollegen fanden sich zusammen. Es war schon ein Wunder! Der Schreiber dieser Chronik, 1953 gerade im Zahn- arztberuf etabliert und selbst ehemaliger Dentist, ist bis zum heutigen Tag beeindruckt, wie schnell die Angehörigen beider Gruppen zu echten Kollegen wurden.

Bis zur Vereinigung erhielten ehemalige Dentisten und akademische Zahnärzte unterschiedliche Vergütungen. Logische Folge war, dass die Verhandlungen mit den Krankenkassen über die Honorare nach der Vereinigung sehr schwer wur- den. Schließlich wollten die Krankenkassen nicht einsehen, dass die Beseitigung der bisherigen Abschläge zu Lasten der Dentisten auf ihre Kosten beseitigt werden sollten.

In einem Festvortrag würde man Menschen und politische Ereignisse in den Vordergrund stellen, in einer Chronik müssen zusätzlich organisatorische Schwierigkeiten erwähnt werden. Einzelne Kreis- und Bezirksstellen kämpften mit Leidenschaft dafür, dass die Zahnärzte ausschließlich durch die, wie sie meinten, basisnahen Bezirksstellen vertreten wer- den sollten. Es war für eine wirksame Vertretung der Zahnärzte gut, dass im Sinne einer repräsenta- tiven Demokratie die Vertretung nach außen durch eine von allen hessischen Zahnärzten gewählte Landesvertretung erfolgte.

Nachdem die 10 Gründungsmitglieder den Kollegen Barchfeld zum 1. und den Kollegen Heldmann zum 2. Vorsitzenden der Zahnärztekammer Hessen e. V.

gewählt hatten, erläutert Barchfeld, wie der Aufbau der Kammer nach der vorläufigen Satzung erfolgen wird:

Die neuen Kreisstellen werden den politischen Kreisen entsprechen. 4 Bezirksstellen, nämlich Wiesbaden, Frankfurt, Darmstadt (Starkenburg und Oberhessen) und Kassel bilden den gewichtigen Mittelbau, darüber stehen der Landesvorstand mit der Landesgeschäftsstelle und die Landes- Delegiertenversammlung.

In den Kreisstellen, denen alle Zahnärzte als stimm- berechtigte Mitglieder angehören, werden der 1.

und 2. Vorsitzende der Kreisstelle und die Dele- gierten für die Bezirksstellenversammlung gewählt.

In den Hauptversammlungen der Bezirksstellen werden dann die Delegierten für die Delegierten- versammlung der Zahnärztekammer Hessen, die ca. 50 Mitglieder umfassen soll, gewählt.

Dr. Gustav Barchfeld 1. Vorsitzender der

Zahnärztekammer Hessen e. V., 1953

(15)

Kreisstellen- und Bezirksstellenwahlen sollen zeit- lich so angesetzt werden, dass im Herbst 1953 die 1. ordentliche Delegiertenversammlung auf

Landesebene stattfinden kann.

Die damalige Bedeutung der Bezirksstellen wird daran deutlich, dass sie die Honoraransprüche der Zahnärzte bündeln, an die Kassen weiterleiten und die von dort eingehenden Gelder an die Zahnärzte weiterleiten. Sie unterhalten dafür eine eigene Verwaltung und haben einen eigenen Verwaltungs- haushalt, der allerdings von der Landesstelle genehmigt werden muss.

Es gab niemals wieder in der Geschichte der Landeszahnärztekammer eine Zeit, in der die end- gültige Lösung der wichtigen Organisationsfragen bei Zahnärzten und Ärzten so im Fluss waren wie in den Jahren 1952 bis 1956.

Kollege Barchfeld berichtete in der Gründungs- versammlung, dass angesichts der Unwahr- scheinlichkeit, im jetzigen Deutschen Bundestag noch ein Gesetz über den Status von Kammern, KVen und KZVen als Körperschaften öffentlichen Rechts zu verabschieden, intensive Beratungen der hessischen Ärzte und Zahnärzte mit dem

Hessischen Arbeits- und dem Innenministerium stattfänden, mit dem Ziel, ein hessisches

Kammergesetz und ein Gesetz über die Errichtung von KVen und KZVen noch im Jahre 1953 in Kraft treten zu lassen.

Wenn man bedenkt, dass 8 Jahre nach Kriegsende für die Zahnärzte und ihre Familien weder eine Altersversorgung noch eine Berufsunfähigkeits- absicherung existierte, wundert es nicht, dass Kollege Barchfeld besonders auf den § 7 der Satzung der geplanten KZV hinwies, der lautete:

„Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen sorgt für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Kassenzahnärzte und der Hinterbliebenen von Kassenzahnärzten. Diese Sicherung kann durch einen besonderen Honorarverteilungsmaßstab gere- gelt werden.“

Jetzt schon kann gesagt werden, dass es bis zur Errichtung der Hessischen Zahnärzteversorgung noch ein langer Weg sein wird.

Bereits am 28. November 1953 berichtete Kollege Beck als Vorsitzender eines Vorbereitungs-

ausschusses auf der Delegiertenversammlung über die intensiven Vergleiche einer Altersversorgung in eigener Regie mit einer Lebensversicherungs- lösung. Die Kollegen Boelsen und Weinbrenner hat- ten nach ihren langwierigen Vorarbeiten und Studien dafür gesorgt, dass der Kollegenschaft in regionalen Versammlungen das Für und Wider bei- der Möglichkeiten erläutert werden konnte.

Nicht alle Kollegen wollten eine obligatorische Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Ganze Kreisstellen schickten Resolutionen nach Frankfurt, in denen sie einen Verzicht auf jede kollektive Alterssicherung forderten. Zahnärzte seien Individualisten und könnten selbst am besten für sich und ihre Angehörigen sorgen. Die Kollegen, die in der Gesamtverantwortung standen, sahen das ganz anders. Der Verfasser dieser Chronik hat bis heute nicht vergessen, wie der damalige

Bezirksstellenvorsitzende Rudolf Cramer von den zahlreichen Zahnärztewitwen berichtete, die wei- nend vor seinem Schreibtisch saßen und nicht wussten, wovon sie in Zukunft mit ihren Kindern leben sollten. Eine Umfrage aus dieser Zeit ergab, dass nur ganze 20 Prozent der Kollegen eine Lebensversicherung abgeschlossen hatten.

Die weit überwiegende Zahl der Kollegen hielt aber eine gemeinsame Versorgungseinrichtung für nötig und wollte diese nach intensiver Aufklärung über die vorgenommenen Vergleiche in eigener Regie wissen.

Schließlich schrieben die §§ 5 und 8 des Gesetztes über die Errichtung der KZVen als Körperschaft öffentlichen Rechts die Schaffung einer Einrichtung für Alters- und Hinterbliebenenversorgung vor.

Damit war die Diskussion über ob oder ob nicht beendet. Lange Zeit sah es so aus, als ob diese Altersversorgung allein bei der KZV angesiedelt werden würde. Am 30. März 1957 stimmten 40 Mitglieder der mittlerweile geschaffenen Vertreter- versammlung der KZVH dem Status einer

Hessischen Zahnärzteversorgung zu. 13 Mitglieder stimmten dagegen. Am 18. Dezember 1957 wurde das dem Arbeitsministerium zugeleitete Statut end- gültig mit großer Mehrheit angenommen.

Auf der unteren organisatorischen Ebene fanden im September und Oktober 1953 die Kreisstellen- wahlen statt.

(16)

Von Interesse dürften die 1953 festgesetzten Sitzungsgelder sein:

Sie betrugen bis zu 12 Stunden 17,50 DM, darüber 35,– DM. Befremdlich erscheint es uns heute, dass die 1. und 2. Vorsitzenden der Landeskammer und der Bezirksstellen diese Sitzungsgelder nicht erhiel- ten. In einer seiner ersten Sitzungen beriet der Landesvorstand darüber, ob das Sitzungsgeld auch den Delegierten für die Bezirks- und Landesver- sammlungen gezahlt werden sollte. Es bildete sich die Meinung, dies müssten die Delegiertenver- sammlungen selbst entscheiden. Ein sparsames Vorstandsmitglied rechnete vor, dass bei 55 De- legierten ein Sitzungstag 5.500,– DM verschlingen würde. Dies halte er für untragbar.

In den Monaten Oktober und November 1953 fan- den dann die „1. ordentlichen Hauptversamm- lungen“ der 4 Bezirksstellen statt, in denen außer den jeweiligen 1. und 2. Vorsitzenden die 4 Bei- sitzer des Bezirksstellenvorstandes und die Delegierten für die Landes-Hauptversammlung gewählt wurden.

Die. 1. ordentliche Delegiertenversammlung der Zahnärztekammer Hessen e. V. trat am 28. und 29. November 1953 im Wiesbadener Kurhaus zu- sammen. Damit war, wie Kollege Barchfeld in sei- nem Bericht sagte, der organisatorische Aufbau der Zahnärztekammer Hessen nach dem derzeitigen Stand der Möglichkeiten zum Abschluss gebracht.

Kollege Barchfeld bedauerte, dass in der Bespre- chungsphase mit dem Hessischen Innenminis- terium hinsichtlich der Schaffung einer KZV Hessen und einer LZKH als Körperschaften öffentlichen Rechtes vom Ministerium der Standpunkt vertreten wurde, die Vorsitzenden der Kammer dürften nicht gleichzeitig Vorsitzende der KZV sein, um Interes- senkollisionen zu vermeiden. Nach seiner Beurtei- lung sei das Gegenteil der Fall. Gemeinsam mit den Ärzten werde man mit Nachdruck auf den Verzicht dieser Forderung hinwirken. Wie die Zukunft zeigte, ohne Erfolg.

Oberhessische Kollegen, deren Anliegen durch den Kollegen Windecker vertreten wurde, wollten – um der besseren „inneren Fusion“ willen – in der Satzung verankert wissen, dass die Bezirksstellen als eingetragene Vereine errichtet würden. Diese Forderung fand vehementen Widerspruch. Die Delegiertenversammlung lehnte sie mit 49 gegen 3 Stimmen bei 8 Enthaltungen ab.

Als 1. Vorsitzender der neuen Zahnärztekammer Hessen e. V. wurde Kollege Barchfeld mit 56 Stim- men gewählt. Zum 2. Vorsitzenden wurde Kollege Ludwig Heldmann aus Darmstadt mit 45 Stimmen ernannt. Die 4 Bezirksstellen entsandten die Kollegen Knab für Darmstadt, Zerb für Frankfurt, Riemer für Wiesbaden und Weber für Kassel.

Als nicht unwichtiges Indiz für die schnelle Fusion der geeinten Zahnärzteschaft mag gelten, dass das Protokoll dieser ersten Delegiertenversammlung, für die ja die Satzung die Parität von Alt- und Neu- zahnärzten vorschrieb, nur noch die Namen der in Ämter gewählten Kollegen ohne Titel und sonstige Unterscheidungsmerkmale aufführte.

Erstmalig trat als stellvertretendes Beiratsmitglied Dr. Erich Singer, der spätere Präsident der LZKH in die Geschichte der hessischen Zahnärzte ein.

Eine kleine Randnotiz zu den finanziellen Gegeben- heiten im Jahre 1954: Der neue Vorstand der Zahn- ärztekammer Hessen trat zum ersten Mal am 30. und 31. Januar 1954 in Bad Nauheim zusam- men. Die Einzelzimmer der Herren im Parkhotel, dem ersten Hause am Platz, kosteten pro Nacht 8,– DM.

Im April 1954 weist Kollege Barchfeld das Hessische Innenministerium auf ein drängendes Problem der Jugendzahnpflege hin. Dieses stellt Mittel für die Verteilung von Fluoridtabletten und für Reihenuntersuchungen der schulpflichtigen Kinder zur Verfügung. Der Kariesbefall ist enorm hoch.

Dort, wo diese Untersuchungen stattfinden, werden die Praxen vermehrt von Kindern mit Sanierungs- problemen aufgesucht. Nur, die Zahnärzte erhalten von den Kassen eine Pauschalvergütung, unabhän- gig von der Menge der erbrachten Leistungen.

Diese Pauschalvergütung ist im 4. Quartal 1953 auf eine Auszahlungsquote von 71 Prozent, bezogen auf die Gebühren aus dem Jahr 1924, gesunken.

Barchfeld: „So kann die Jugendzahnpflege nicht gedeihen. Ein Landesausschuss für Jugendzahn- pflege muss geschaffen werden, in dem Zahnärzte, Krankenkassen und staatliche Behörden über die notwendigen Maßnahmen und ihre Finanzierung gemeinsam entscheiden.“

Von fesselnder Problematik war 1954 die Installie- rung der KZVen als eigenständige Institutionen. Am 22.12.1953 wurde das Gesetz über die Errichtung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung verabschie- det. Bereits am 20.01.1954 legt die hessische

(17)

Zahnärzteschaft dem Arbeitsministerium den Satzungsentwurf der KZVH vor, der am 01.04.1954 genehmigt wird.

Den ganzen Sommer 1954 über finden die Sit- zungen der hessischen Leitungsgremien als Vor- standssitzung der Zahnärztekammer Hessen e. V.

bzw. der KZV Hessen statt. Noch ist die Trennung nicht vollzogen. Die Abstimmung über eine Per- sonalunion von Kammer und KZV im Winter 1953 brachte ja bei einer 77-prozentigen Umfragebe- teiligung den 100-prozentigen Wunsch nach dieser Personalunion in allen Gremien zum Ausdruck.

Unter der Prämisse, dass die Organisationsform von Kammer und KZV als Körperschaften öffentli- chen Rechtes gesetzlich vorgegeben wurde, war die Verwirklichung dieses Begehrens absolut nicht einfach.

Das Gesetz über KV und KZV war am 22.12.1953 verabschiedet worden. Das Kammergesetz folgte erst am 10.12.1954.

Die Vertreterversammlung der neuen KZV Hessen trat erstmalig am 27./28. Dezember 1954 in Kassel zusammen. Unter vorläufiger Außerachtlassung der Festlegung der hessischen Regierung, dass die 1. und 2. Vorsitzenden der KZV nicht gleichzeitig Präsident und Vizepräsident der zukünftigen Kammer als Körperschaft öffentlichen Rechtes sein dürften, wählte die VV Dr. Barchfeld zum 1. Vorsit- zenden mit 31 Stimmen. Dr. Erich Singer, der spä- tere Präsident der Landeszahnärztekammer, erhielt 15 Stimmen.

Zum 2. Vorsitzenden wird Ludwig Heldmann mit 24 Stimmen gewählt, Kollege Stein erhält 21 Stimmen.

Aufgrund des neuen Kammergesetzes wird vom Hessischen Innenministerium bis zur Wahl des Kammervorstandes nach § 28 ein „vorläufiger Kammerausschuss“ bestellt. Seine Aufgaben sind die Durchführung der ersten Wahl und die Einbe- rufung der ersten Delegiertenversammlung. Bis zur endgültigen Konstituierung dieser Delegiertenver- sammlung wird der ja bereits gewählte Vorstand der neuen KZV am 11.02.1956 als „vorläufiger Kammerausschuss“ vom Innenministerium einge- setzt. Er beruft einen aus 5 Kollegen bestehenden Wahlausschuss. Die Wahlordnung war bereits 1955 vom Innenministerium erlassen worden. § 10 dieser Wahlordnung legte fest, dass das Land Hessen ein

Wahlkreis ist. Die Konsequenz war, dass die hessi- schen Zahnärzte eine Wahlliste für alle Kreise und Bezirksstellen erstellen mussten. (Natürlich hätte es auch mehrere Landeslisten geben können, so wie dies in späteren Jahren auch der Fall war.) Nach wie vor bestand nach der Mitgliederbefra- gung im November 1953 der einstimmige Wunsch der hessischen Kollegen nach Personalunion der VV der KZVH und der Delegiertenversammlung der LZKH. Da die Wahl der KZVH-Vertreter im Gegen- satz zur Kammer aber in Bezirksstellenwahlen mit Bezirksstellenlisten durchgeführt werden konnten, bedeutete dies, dass zuerst die Mitglieder der KZVH-Vertreterversammlung gewählt werden muss- ten, um diese dann in die Landesliste für die Kammerwahl aufzunehmen.

Am 10.12.1955 wurde sofort nach der KZV-Wahl die Wahlliste für die Kammerwahl erstellt. Als Wahl- frist wurde die Zeitspanne vom 12. bis 21.03.1956 festgelegt.

Die 1. Delegiertenversammlung der Landeszahn- ärztekammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts wird am 9. Juni 1956 abgehalten. Kollege Gerhard Heuß aus Darmstadt wird der 1. Vorsitzen- de der Delegiertenversammlung, Kollege Euler aus Offenbach und Kollege Rossmann aus Frankfurt werden Präsident und Vizepräsident der Landes- zahnärztekammer.

Im Gegensatz zu heute wurden die Vorsitzenden der 4 Bezirksstellen, die ja von den Delegierten der jeweiligen Bezirksstellenversammlung gewählt wor- den waren, kraft Amtes Mitglieder des Landes- kammervorstandes.

(18)

Vorstandsmitglieder der LZKH, gewählt am 9. Juni 1956

Dr. Wilhelm Euler, Offenbach ZA. Willy Rossmann, Wiesbaden Dr. Rudolf Klingelhöffer

Dr. Rudolf Schwab

Dr. Hermann Gerhard Völker Dr. Rudolf Cramer

ZA. Friedrich Fischer Dr. Robert Kron

ZA. Theodor Bachmann ZA. Gustav Rehbein ZA. Karl Müller Dr. Otto Wessel

Verzeichnis zur Wahl der

Delegiertenversammlung der LZKH, 1956

Erster Vorstand der Landeszahnärztekammer Hessen, 1956

(19)

Nachdem die Landeszahnärztekammer Hessen als Körperschaft öffentlichen Rechts konstituiert war, löste sich am Nachmittag des gleichen Tages die Zahnärztekammer Hessen e. V. auf.

Damit war unsere heutige Landeszahnärztekammer endgültig in trockenen Tüchern!

Wichtig ist, dass nach dieser Konstituierung jeder Zahnarzt, der im Lande Hessen seinem Beruf nach- ging, Pflichtmitglied wurde.

Bei der Auswertung der Protokolle von Vorstands- sitzungen und Delegiertenversammlungen des Jahres 1957 gewinnt man den Eindruck, dass alle Gremien der neuen LZKH wie nach einem Einzug in ein neues Haus alles daransetzten, die neue Kammer bewohnbar und funktionsfähig zu machen.

Viele kleine Einzelentscheidungen wurden gefällt.

Alle waren nötig, sind aber für eine Chronik von minderer Bedeutung. Trotzdem soll es hier einmal festgehalten werden, weil ja so vieles in Vorständen und Ausschüssen bearbeitet werden muss, ohne dass die Kollegen draußen etwas davon merken, was für das Funktionieren des Ganzen aber von Bedeutung ist.

Die Kollegen erwarten von der neuen Kammer eine Privatgebührenordnung. Präsident Euler berichtet dem Kammervorstand, dass aufgrund des Zahn- heilkundegesetztes eine Bundesgebührenordnung erstellt worden sei. Diese werde mit Vertretern des Innenministeriums besprochen werden. Der Vor- stand drängt aber darauf, dass der Entwurf zuerst den Länderkammern vorgelegt wird.

Der Bundesverband der Arbeitgeberverbände for- dert in der Öffentlichkeit aufgrund der zunehmend freien Samstage, dass Arbeitnehmer für Arzt- und Zahnarztbesuche nicht mehr die Arbeitszeit benut- zen. Ärzte und Zahnärzte müssten deshalb auch an Samstagen Sprechstunden abhalten. Im Vorstands- protokoll der Kammer vom 8. Mai 1957 steht:

„Der Vorstand ist einhellig der Auffassung, dass auch der Zahnarzt auf ein verlängertes Wochen- ende Anrecht habe und dass deshalb dieser Anregung des Arbeitgeberverbandes nicht stattge- geben werden könne.“

Ein Schlaglicht auf die auch in 1958 noch beste- henden Diskrepanzen zwischen einer wissenschaft- lichen Zahnheilkunde und deren beamtenmäßiger Beurteilung durch Ärzte und Zahnärzte im Staats- dienst wirft der Inhalt einer Besprechung zwischen

dem Kollegen Barchfeld und Sanitätsoffizieren der Bundeswehr im Februar 1958 in Mainz. Die Sani- tätsoffiziere erklären, selbstverständlich sei bei einem Behandlungsfall die volle Gebisssanierung der Soldaten beabsichtigt. Als Barchfeld aber nach- fasst, muss der Oberstarzt zugeben, dass die Ver- sorgung mit „hochwertigem Zahnersatz“, gemeint sind gegossene skelettierte Stahlprothesen, nur bei langfristig dienenden Soldaten möglich sei. Dabei macht er den niedergelassenen Zahnärzten den Vorwurf, dass bei vielen das Ökonomische vorherr- schend sei: Von dreihundert Zahnersatzplanungen im Monat entfielen 95 Prozent auf Stahlprothesen und nur 5 Prozent auf Kunststoffprothesen. Der Fiskus, nicht die Regeln der zahnärztlichen Kunst, ist das Maß aller Dinge.

In der Delegiertenversammlung am 01.06.1958 gibt Kollege Rehbein aus Hanau seinen Platz im Kammervorstand aus gesundheitlichen Gründen auf. Die Versammlung wählt Erich Singer aus Friedrichsdorf zum Vorstandsmitglied. Damit tritt der spätere Präsident in die Leitungsebene der Kammer ein.

In der ersten Jahreshälfte 1958 rollt ein neuer Stolperstein vor das Inkrafttretenkönnen der HZV.

Der Arbeitsminister beanstandet, wahrscheinlich sogar auf Einsprüche aus dem zahnärztlichen Lager hin, dass die vorgesehene Abspaltung von 7 Pro- zent des zahnärztlichen Gesamtberufseinkommens nicht von der KZVH verlangt werden könne, da diese nicht über die Privateinkünfte des Zahnarztes verfügen dürfe. Die Folge ist, dass das Versor- gungswerk zur Landeszahnärztekammer verlagert werden muss. Angesichts der fast völligen Perso- nalunion von Vertreterversammlung und Delegier- tenversammlung gibt es deshalb aber keine großen Diskussionen mehr. Nachdem der Innenminister mit Datum vom 03.09.1958 mitgeteilt hat, dass er gegen das Statut der HZV keine Einwendungen habe, stimmt die Delegiertenversammlung demsel- ben mit 41 Stimmen bei 7 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen zu. Es tritt am 01.01.1959 in Kraft.

Mit der Geschäftsführung soll zunächst Herr Füller beauftragt werden, der bei Bewährung später end- gültig zum Geschäftsführer ernannt werden soll.

Die HZV beginnt zu arbeiten. Die Delegierten- versammlung wählt am 10.05.1959 für 4 Jahre die Mitglieder des Verwaltungsausschusses. Kollege Goldberg aus Wiesbaden wird einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Beisitzer werden die Kolle- gen Geyer aus Gießen, Rohrbach aus Frankfurt,

(20)

Pickerodt aus Kassel und Petri aus Weilburg.

Anschließend wählt die DV den Kollegen Rohrbach zum stellvertretenden Vorsitzenden.

Der Kammervorstand berät ein Memorandum der Landesregierung zur Zahngesundheitspflege in sei- ner Sitzung am 01.11.1958. Dem Plan müsse zuge- stimmt werden, weil er für die Zahngesundheit der Kinder notwendig sei. Ohne die Bereitschaft der Krankenkassen, die zusätzlich entstehenden Kosten zu tragen, sei er aber nicht zu verwirklichen.

So lautet dann auch sinngemäß der entsprechende Beschluss des Vorstandes am Ende der Diskussion.

Anfang März 1960 haben 2 597 Mitglieder der LZKH die Delegiertenversammlung gewählt. Zum ersten Mal bestritten 3 Listen den Wahlkampf. Von den gültigen Stimmen entfallen auf den Wahlvor- schlag 1 68,4 Prozent, auf den Wahlvorschlag 2 24,1 Prozent und auf den Wahlvorschlag 3 7,5 Prozent.

Für den interessierten Standesveteranen ist es bestimmt auch heute noch interessant, die gewähl- ten Kollegen in der Reihenfolge ihrer Wahllisten- plätze nachzulesen.

Wahlergebnis der LZKH, 1960

(21)

Bestimmt ist es richtig, an dieser Stelle einen Blick zur Schwesterorganisation KZVH zu richten, bei der ein Generationswechsel erfolgt. In der Sitzung der erstmalig gewählten VV löst Kollege Cramer aus Wiesbaden den bisherigen 1. Vorsitzenden Barch- feld ab. Zum 2. Vorsitzenden wird Kollege Klingel- höffer aus Alsfeld gewählt.

Unverkennbar ist, dass der Wahl eine heftige inner- zahnärztliche Auseinandersetzung um die richtige Standespolitik vorausgegangen war.

Kollege Cramer, welcher der Liste des Freien Ver- bandes angehörte, erklärte nach seiner Wahl: Es sei sein fester Wille, die Zahnärzteschaft Hessens aus dem derzeitigen Bruderkampf herauszuführen. Er versprach, dass er sein Amt unparteiisch führen würde. Jeder, der ihn kenne, wisse auch, dass er kein Befehlsempfänger sei. Er werde sich – wie auch in der zurückliegenden Zeit – sein eigenes Urteil bewahren.

Am 7. Mai 1960 tritt die DV der LZKH zur Neuwahl ihres Vorstandes und der Delegierten zur Haupt- versammlung des BDZ zusammen. Auch der Versammlungsleiter ist neu zu wählen. Kollege Heuß wird bei eigener Stimmenthaltung einstimmig wiedergewählt.

Die DV spiegelt wie wenig vorher die VV der KZVH wieder, dass auch die hessische Zahnärzteschaft zwei Lagern angehört: Hier diejenigen, die nach all den deprimierenden Verhandlungsergebnissen über die Verbesserung der desolaten finanziellen Lage der Zahnärzte eine härtere Gangart fordern. Dort jene, welche die bisherige Art der Vertretung zahn- ärztlicher Interessen für so falsch nicht halten. Die erste Gruppe gehört dem Freien Verband Deutscher Zahnärzte an, die zweite Gruppe hat sich dem Interessenverband der Deutschen Zahnärzte ange- schlossen.

Die Spielregeln einer funktionierenden Demokratie gelten noch nicht lange. Man hat noch keine Erfahrung darin, wie die Interessen der verschiede- nen Stände und Berufe miteinander ausgeglichen werden. In den beiden standespolitischen Verbän- den agieren ehrenwerte Männer. Das Dilemma, in dem man sich befindet, hat der Historiker Professor Nolte (Jahrgang 1963) wohl sehr gut formuliert. Er fragt sich: „Warum sich viele Deutsche lange Zeit so sehr danach sehnten, in einer möglichst homo- genen Gemeinschaft zu leben, und sich entspre- chend schwer damit taten, die moderne Gesell-

schaft als ein konflikthaftes Nebeneinander rivali- sierender Interessen, Schichten und Klassen zu akzeptieren.“

Zuerst werden die Delegierten für die BDZ-Haupt- versammlung gewählt. Kollege Cramer von der Freiverbandsliste setzt sich mit 31 Stimmen gegen Kollege Euler, der für den Interessenverband kandi- diert und 29 Stimmen erhält, durch. Bei der Wahl des 2. Delegierten liegen zuerst Kollege Singer und Kollege Euler mit je 30 Stimmen gleichauf, bis sich in der Stichwahl Kollege Euler mit 30 Stimmen durchsetzen kann. Ein Wähler hat ihm durch eine Stimmenthaltung dazu verholfen. Auch bei der Wahl des 3. Delegierten liegen wieder Kollege Singer und Kollege Fritz Lotz, der Direktor des Frankfurter Lehrinstituts, zweimal gleichauf, bis das Los für den Kollegen Lotz entscheidet.

Bei der Wahl des 4., 5. und 6. Delegierten können sich die Kollegen Barchfeld, Leimeister und Weber durchsetzen. Den 7. Delegiertenplatz kann Kollege Goldberg mit 32 Stimmen, den 8. Kollege Singer mit 31 Stimmen erringen.

Nach diesen Kampfwahlen einigen sich beide Listen in einer Sitzungspause darauf, je 3 Kollegen von jeder Liste per Akklamation zu wählen. Gewählt werden die Kollegen Vierle aus Sterbfritz, Becker aus Wiesbaden, Deich aus Frankfurt, Haase aus Kassel, Sturm aus Fulda und Heidt aus Wiesbaden.

Nun kommt es zur spannenden Wahl des Präsi- denten. Für die Liste 1 schlägt Kollege Cramer den Kollegen Singer vor. Für die Liste 2 wird vom Kolle- gen Barchfeld der Kollege Euler aus Offenbach vor- geschlagen. Kollege Singer setzt sich mit einer Stimme Mehrheit durch. Damit ist für viele Jahre das hessische Führungsduo mit den Kollegen Cramer und Singer bestimmt.

Zum Vizepräsidenten wählt die Versammlung den Kollegen Fischer aus Kassel. Immer mit Gegen- kandidaten werden als Vorstandsmitglieder die Kollegen Rüsewaldt aus Nidda, Schönwolf aus Frankfurt, Haase aus Kassel, Vierle/Sterbfritz, Deich aus Frankfurt und Möbus aus Hanau gewählt.

In seinem Schlusswort als neu gewählter Präsident erweist sich Kollege Singer erstmalig als das Kraft- paket, das von da an seine Zeitgenossen erlebt haben. Nicht alle mögen es gern gehört haben, als er zunächst einmal postuliert, dass die Kammer die umfassende Organisation sei, die die Aufgabe

(22)

habe, für den gesamten Berufsstand richtungwei- send zu sein, während die KZVH eigentlich nur einen Sektor innerhalb dieser Kammer darstelle.

Seine weiteren Ausführungen darüber, wie er die Kammer zu führen gedenke und was er von den Kammerangehörigen erwarte, verdienen es, im Wortlaut des Protokolls zitiert zu werden.

„Nach dem Gesetz habe die Landeszahnärzte- kammer Hessen vor allen Dingen die Erfüllung der Berufspflichten der Kammerangehörigen zu über- wachen. Dies bringe gerade in der heutigen Zeit eine besonders schwere Verantwortung mit sich.

Die Erfüllung der Berufspflichten gehe Hand in Hand mit der beruflichen Fortbildung. Man müsse sich, nachdem sich die wirtschaftliche Situation wenigstens ein wenig gebessert habe, wieder auf die Berufsethik besinnen. Sie dürfe im Kampf um den wirtschaftlichen Wohlstand des Volkes nicht untergehen. Ein gedeihliches Verhältnis der Kammerangehörigen untereinander, Schlichtung von Streitigkeiten stehe im Vordergrund. Er bedaue- re auf tiefste, daß nicht nur in Hessen, sondern im gesamten Bundesgebiet die Zahnärzteschaft gespalten sei. Alle die Kollegen, die ihn aus seiner Tätigkeit im alten Vorstand kennen würden, wüßten, daß er immer den Versuch gemacht habe, einen Ausgleich herbeizuführen. Wenn sich trotz allem die Fronten verhärtet hätten, so möchte er keinen als Schuldigen bezeichnen. Er möchte aber daran appellieren, daß jeder der anwesenden Kollegen sich die größte Mühe gebe, vor allen Dingen per- sönliche Diffamierungen zu lassen und ausschließ- lich dafür zu arbeiten, daß der Berufsstand nach außen geschlossen zu seinem eigenen Wohl vor- wärts gebracht werde.

Der Kammer obliege außerdem die Aufgabe, den öffentlichen Gesundheitsdienst zu unterstützen.

Auch das sei, nicht einfach, wenn man wisse, daß der öffentliche Gesundheitsdienst sehr oft die Kam- mer vor vollendete Tatsachen stelle. Er bedauere deshalb, daß der Vertreter des Ministeriums nicht mehr in der Versammlung weile.

Zur vordringlichsten Aufgabe, nämlich dem Regie- rungsentwurf zum KVNG, übergehend, führt Herr Kollege Singer aus, seines Erachtens gebe es hier- zu nur einen Grundsatz, daß nämlich der Staat für die soziale Krankenversorgung einzustehen habe.

Man könne nicht durch Gesetz einen Berufsstand dazu verurteilen, für ein zeitweise als Hungerlohn zu bezeichnendes Honorar hochqualifizierte Leis-

tungen zu vollbringen. Der Staat müsse die soziale Krankenversicherung so aufbauen, daß der Arzt ein angemessenes Honorar bekomme, wobei das Wort

‚angemessen‘ einer Definition bedürfe. Ähnlich wie die Preugo müsse die Soziale Gebührenordnung Gebührenspannen enthalten, wobei die seit 1896 notwendig gewordenen Erhöhungen unter

Berücksichtigung des Lebenshaltungsindexes und der Entwicklung der Grundlohnsumme beachtet werden müßten. Nur für tatsächlich minderbemittel- te Teile der Bevölkerung könne die Mindestgebühr der neuen Gebührenordnung in Frage kommen. Es sei nicht möglich, beispielsweise Versicherte mit einem Einkommen über DM 600,– zu Armensätzen zu behandeln. Er befinde sich dabei in Übereinstim- mung mit Herrn Prof. Schellenberg (SPD), der aber andererseits in Wiesbaden auf die Frage ,Wer soll das bezahlen?‘ auch keine Antwort hätte geben können. Wenn aber die vom Staat errichtete soziale Krankenversicherung nicht in der Lage sei, höhere Gebühren für finanziell Bessergestellte zu zahlen, müßte es wohl selbstverständlich sein, daß diese Zahlung durch den Patienten erfolge.

Es sei seiner Meinung nach eine unverschämte Zumutung, dass sich das Arzthonorar nach der wirt- schaftlichen Lage der Krankenkasse zu richten habe. Eine derartige Bestimmung sei von Herrn Dr. Müller aber nicht nur jahrelang geduldet wor- den, sondern sie solle im neuen Gesetz wieder fixiert werden. Auch durch den Begriff ,angemesse- nes Arzthonorar‘ werde dies nicht geändert. Es müsse zumindest im Gesetz festgelegt werden, was unter ,angemessen‘ zu verstehen sei. Dieser Punkt allein genüge schon, um die maßgebenden Herren des BDZ als untragbar zu bezeichnen. Wenn diese Kollegen besonders darauf hinwiesen, daß es ihnen gelungen sei, ohne zu antichambrieren, an dieser Gesetzreform mitgewirkt zu haben, so müsse er kopfschüttelnd fragen, wo eigentlich die Reform bleibe. Man könne höchstens von schwachen Ansätzen hierzu sprechen. In dem vorliegenden Regierungsentwurf würden die beiden eigentlichen Möglichkeiten, nämlich die Einheitskrankenkasse für alle und die Rückkehr zur Kostenerstattung mit vol- ler Selbstverantwortung des Patienten, miteinander verquickt. Mit dem Motto ,Allen gerecht zu werden‘, werde man niemandem gerecht. Der Wunsch, die parteipolitischen Auffassungen, das wirtschaftliche Denken der Wähler, die Einwände der Heilberufe, der Krankenanstalten usw. zu berücksichtigen, würde aber an der Frage scheitern, wie das finan- ziell verkraftet werden könne. Wieder solle die Reform zu Lasten desjenigen Berufsstandes gehen,

(23)

der mit einzigartiger qualifizierter Arbeit und beson- ders hohem ethischen Denken das höchste Gut des Menschen überwache, die körperliche und damit auch die eng damit verbundene seelische Gesund- heit des Volkes zu erhalten habe. Eine derartige Forderung müsse er als unsittlich bezeichnen. Die Einrichtung einer sozialen Krankenversicherung ver- lange zwingend, daß die dafür erforderlichen Mittel von den Versicherten oder durch Staatszuschüsse – damit sich die Last auf alle verteile – aufgebracht würden. Gegen eine andere Regelung, die etwa zu Lasten der Heilberufe gehe, müsse mit allem Nach- druck protestiert werden.

Zum Schluß bitte er alle Anwesenden, sich die von ihm vorgetragenen Grundsätze klarzumachen, zu ihnen zu stehen und in diesem Sinne zu arbeiten, damit der Berufsstand nicht zwischen zwei großen Mühlsteinen zermahlen werde und die Berufsethik nicht immer weiter bergab gehe. Es müsse wieder dahin kommen, daß man klar und sauber sagen könne, die Arbeit der Zahnärzte gelte der Gesundheit der Patienten und damit der Gesundheit des Volkes.

Im übrigen bitte er nach einem einjährigen Wahl- kampf um fruchtbare Zusammenarbeit innerhalb der Delegiertenversammlung und im Vorstand zum Wohle der gesamten hessischen Kollegenschaft.“

Am 15.09.1960 feiert Direktor Eberhard Hesser, der seit 1935 zuerst dem Verband Deutscher Dentisten und ab 1954 der Zahnärztekammer Hessen e. V. als Verwaltungschef diente, sein 25-jähriges Dienst- jubiläum.

Die Chronik der Landeszahnärztekammer hätte in weiten Teilen ungeschrieben bleiben müssen, wenn Direktor Hesser nicht in penibelster Weise in 72 Bänden von etwa je 250 bis 300 Seiten sämtliche Sitzungsprotokolle aller Kammer- und KZV-Vor- standsitzungen, aller hessischen VV- und Delegier- tenversammlungen, aller Bundesversammlungen von BDZ und KZBV und alle Verhandlungsproto- kolle mit den Krankenkassen archiviert hätte.

In seiner Sitzung am 21.09.1960 stimmt der Kam- mervorstand aufgrund einer Ermächtigung durch die DV vom 22.05.1960 der endgültigen Fassung der Fachzahnarztordnung zu. Damit ist offiziell der Status eines Fachzahnarztes für Kieferorthopädie geschaffen worden. Von allgemeinem Interesse dürfte aus dieser Fachzahnarztordnung sein, dass die Zuerkennung des Titels durch einen Fachzahn- arzt-Ausschuss des BDZ ausgesprochen wurde.

Dieser Ausschuss wurde mit 5 Zahnärzten besetzt, von denen 4 die Anerkennung als Fachzahnarzt besitzen mussten und im Benehmen mit der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie bestellt wurden.

Zum ersten Mal seit Bestehen der HZV sieht sich diese 1960 imstande, ihren Mitgliedern Hypo- thekendarlehen zum Erwerb oder Bau von Immo- bilien zu gewähren.

Die später jahrzehntelang unter der Firmierung

„Hessischer Zahnärztetag“ zentrale Fortbildungs- veranstaltung in Frankfurt schickte ihre Strahlen voraus.

Aus den einführenden Worten des Präsidenten sei nur eine kurze Passage zitiert, die aber überdeutlich die Situation der deutschen Zahnheilkunde in den 60er-Jahren beschreibt:

„Wenn der Präsident des BDZ, Herr Kollege Müller- Altona, kürzlich geäussert hat: ‚Die stürmische Entwicklung in der Zahnheilkunde ist der Sozial- versicherung zu verdanken.’, dann kann man das nur teilweise gelten lassen, weil auch die Aufklärung der Öffentlichkeit, Schulzahnuntersuchung usw.

dabei eine Rolle spielten und in Ländern wie zum Beispiel den USA die Sozialversicherung nur unbe- deutend dabei mitwirkte, wobei man aber betonen muss, dass doch gerade in diesem Land die Zahn- heilkunde sich sehr heftig entwickelt hat. Man müsste eher sagen, dass durch die Sozialver- sicherung mehr Patienten in die Lage versetzt wer- den, sich zu Armentaxen zahnärztlich betreuen zu lassen. Ob dadurch gleichzeitig aber auch eine Entwicklung in des Wortes eigener Bedeutung oder vielleicht sogar ein gewisser Rückschritt in der Zahnheilkunde entstanden ist, überlasse ich Ihrer Beurteilung, meine verehrten Zuhörer.“

(24)

Faksimile der Einladung „Hessischer Zahnärztetag“, 1960

(25)

Endlich werden Anfang 1961 nach langer Ver- zögerung die „Richtlinien für die Sanierung in der Jugendzahnpflege“ gemeinsam von LZKH, den Krankenkassen und den hessischen Ministerien verabschiedet. Die Krankenkassen haben sich bereit erklärt, die Jugendzahnpflegefälle außerhalb der Fallkostenbegrenzung zu honorieren. Die Ein- zelleistungsabrechnung mit den Krankenkassen wird durch die Jugendzahnpflege-Sanierungen nicht mehr belastet.

Am 23. Mai 1961 entscheidet das Verwaltungs- gericht Darmstadt aufgrund einer Klage der Kollegen Euler aus Offenbach und Euler aus Darmstadt, dass die Kollegen Singer und Fischer am 07.05.1960 nicht zu Präsident und Vize- präsident gewählt wurden. Nach der am 7. Mai 1960 gültigen Wahlordnung galt der Kandidat als gewählt, der die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhielt. Bei der jetzt als ungültig erklärten Wahl hatten aber Singer und Fischer von 60 Stimmen nur 29 Stimmen erhalten. Man hatte nicht überblickt, dass 29 : 28 bei Singer : Euler und 29 : 27 bei Fischer : Stippich nicht ausreichten.

Singer und Fischer hätten mindestens 31 Stimmen gebraucht. Ein Losentscheid war in der Wahl- ordnung nicht vorgesehen.

Notwendig wurde die „Fortsetzung“ der Präsi- dentenwahl vom 7. Mai 1960, und zwar am 1. Juli 1961. In dieser DV wurde nun zuerst einmal die Wahlordnung geändert:

Gewählt ist, wer die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen auf sich vereint. Wird diese Mehrheit in 2 Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so ist der gewählt, der in einem dritten Wahlgang die meisten Stimmen erhält. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

Die DV beschließt diese Änderung einstimmig. Der anwesende Vertreter der Aufsichtsbehörde macht von seiner Vollmacht Gebrauch, diese Änderung sofort zu genehmigen.

Bei den nachfolgenden Wahlen schöpfen die Delegierten die Möglichkeiten dieser Wahlordnung voll aus. Zweimal erhalten Singer und Euler jeder 30 Stimmen. Beim anschließenden Losentscheid haben beide zwei Lose zu ziehen. Singer zieht das Los mit der Aufschrift 1. Präsident.

Kollege Euler verzichtet darauf, für das Amt des Vizepräsidenten zu kandidieren. Beide Fraktionen einigen sich drauf, Fritz Lotz, der auf der BDZ- Hauptversammlung schon in den BDZ-Vorstand gewählt wurde, zum Vizepräsidenten zu nominieren.

Er wird mit 49 von 60 Stimmen gewählt.

Der Vorstand sieht in der Ausweitung des Fort- bildungsangebotes eine seiner wichtigsten Aufgaben. Im Jahr 1962 steht der neue Bewer- tungsmaßstab für kassenzahnärztliche Leistungen im Vordergrund. Aus dem Bericht des Präsidenten vor der Delegiertenversammlung sei hier ein Satz zitiert, der uns Heutigen ein kleines Lächeln entlo- cken könnte: „Wenn heute noch der Bewertungs- maßstab die Gangränbehandlung enthält, dann ist dies sicher eine Übergangsregel. Zu einem späte- ren Zeitpunkt wird diese Position ganz entfallen.“

Singer stellt fest, dass im Gegensatz zum vergan- genen Jahr jetzt in allen hessischen Stadt- und Landkreisen die Jugendzahnpflege nach dem hes- sischen Jugendzahnpflegeplan durchgeführt wird.

Er stellt mit Befriedigung fest, dass das geplante Jugendzahnpflegegesetz auf Bundesebene nach dem hessischen Vorbild ausgerichtet werden soll.

Hessen vorn!

Keinen Erfolg hatte die DV mit ihrem Wunsch, in der Berufsordnung feste Rahmenzeiten für die aus- gewiesenen Sprechstunden auf den Praxisschildern verbindlich festzulegen. Der Vorstand hatte im Auftrag der DV die Aufsichtsbehörde gebeten, die Festlegung von 8 bis 19 Uhr mit einer obligatori- schen zweistündigen Mittagspause zu genehmigen.

Die Aufsichtsbehörde lehnt diesen Antrag mit der Begründung ab, dass unterschiedliche örtliche Bedürfnisse der Praxen und der Patienten eine sol- che Festlegung nicht zuließen.

Ein großes Ereignis wird die Eröffnung der „Woche der Zahngesundheit“, zu der der Hessische Minister für Arbeit, Volkswohlfahrt und Gesund- heitswesen Hemsath gemeinsam mit Präsident Singer eingeladen hat.

(26)

Ergebnisprotokoll zur Wahl des LZKH-Präsidenten Dr. Singer per Losentscheid, 1961

(27)

Präsident Singer spricht in dieser Eröffnungs- veranstaltung das Schlusswort. Interessant sind seine Sätze, mit denen er auf die Entstehung der Karies eingeht:

„Wenn auch die Wissenschaft teilweise noch dazu tendiert, einen sogenannten Erreger der Karies als existent zu betrachten, die Mehrzahl der Wissen- schaftler jedoch die Karies eher als eine Zivilisa- tionskrankheit, sprich Mangelkrankheit, betrachtet, so dürfte doch jedem urteilsfähigen Menschen klar vor Augen stehen, daß eine derartige Seuche im Gebiß unserer Kinder und Jugendlichen wie auch bei Erwachsenen sich noch nie so stark, so weit man zurückdenken kann, verbreitet hat, wie das zur Zeit der Fall ist und sogar noch immer sehr zu- nimmt. Daraus folgert doch einwandfrei, daß in der Entwicklung des heutigen Menschen in unseren Zonen irgendwelche Fehler gemacht wurden. Diese Erkenntnis zwingt dazu, nachzuforschen, was für Veränderungen in der Lebensweise unserer Bevöl- kerung eingetreten sind und hier läßt sich gar man- ches feststellen. Beziehen wir diese Feststellung jetzt nur auf unser Teilgebiet Mund und Zähne, so zählen wir stichwortartig auf Kaufaulheit, Ver- feinerung der Speisen, zu starkes Ausmahlen des Mehles, zu weiches Brot, immer mehr nachlassende Körperbewegung, Schädigungen des Kreislaufes, falsches Benehmen und falsche Ernährung während der Schwangerschaft, ebensolche Unnatürlichkeit im Säuglingsalter (Stichwort Lutscheffekt bei Brusternährung), Überfütterung und hemmungslose Verabreichung von Süßigkeiten bei Kleinst- und Kleinkindern, Nachlassen der Selbstverantwortung, Haftbarmachung allgemeiner Einrichtungen durch eigene Schuld.“

Der Zucker kommt, geduckt zwischen all den von Singer aufgezählten möglichen Ursachen, damals bedauerlicherweise wesentlich besser weg als bei uns Heutigen.

Am 1. Januar 1963 wird zum ersten Mal der

„Hessische Zahnarzt“ erscheinen. Dies beschließt der Vorstand in seiner Sitzung am 1. September 1962. Er wird regelmäßig alle 2 Monate an die Zahnärzte versendet werden.

In seiner Eröffnungsansprache zur Jahresfort- bildungsveranstaltung 1962 in der Frankfurter Messehalle geißelt der Präsident die völlig unver- ständliche jahrelange Verzögerung des Erlasses einer Bundesgebührenordnung durch die Bonner Ministerien. Seit 1952 habe der Gesetzgeber den

Erlass dieser Gebührenordnung gesetzlich festge- legt. Ein gründlich überarbeiteter Entwurf sei 1958 der damals noch zuständigen Gesundheitsabteilung im Bundesinnenministerium zugeleitet worden. Das jetzige Gesundheitsministerium brauche also, nach- dem die Fachabteilung des Innenministeriums ihre Bearbeitung des Entwurfes auch längst abge- schlossen habe, die Gebührenordnung im Bundes- tag nur noch einzubringen.

Auf das ständige Drängen der LZKH, d. h. ihres Präsidenten, empfängt Frau Ministerin Schwarz- haupt vom Gesundheitsministerium den Kollegen Singer am 22. Dezember 1962 zu einem ausführli- chen Gespräch. Sie stimmt den zahnärztlichen Vorstellungen in weitem Umfang zu. Ein Problem sieht sie allerdings darin, dass neben dem Gesund- heitsministerium auch das Arbeitsministerium und andere Ministerien zu befassen wären. Die Minis- terin sorgt dafür, dass die Kollegen Singer und Cramer mit der grauen Eminenz des Arbeitsminis- teriums, Ministerialrat Dr. Schmatzke, ein langes Gespräch führen können. Bedauerlich, dass sich Dr. Schmatzke in jüngster Vergangenheit von einem Zahnarzt massiv bei der Liquidation überfordert fühlte. Große Bedeutung gewinnen die divergieren- den Vorstellungen über die Höhe des Multiplikators.

Während Dr. Schmatzke glaubt, mit einem Multipli- kator von 0,41 DM dem fähigen Zahnarzt ein mo- natliches Einkommen von 3.000,– DM sichern zu können, halten Cramer und Singer hierzu einen Multiplikator von 0,70 DM für nötig.

Sofort anschließend lassen sie von Unikliniken Zeit- studien durchführen und stellen betriebswirtschaft- liche Untersuchungen an, die ihre Feststellungen bei Dr. Schmatzke im Nachhinein unterstützen.

(28)

Die erfolgte Umstellung der Leistungsbewertungen im neuen Bewertungsmaßstab (Bema) von festen DM-Beträgen auf variable Punktwerte veranlasst den am Gesellschaftsabend gastierenden Mainzer Fastnachter Dr. Willi Scheu zu einem humorvollen Vortrag.

Im Gegensatz zu früheren Wahlverfahren legen die VV der KZVH und die DV der LZKH fest, dass ganz Hessen als ein Wahlkreis gelten soll und dass nach dem Listenwahlverfahren gewählt werden soll.

Nachdem mindestens zwei zahnärztliche Gruppen in der Standespolitik aktiv geworden sind, ist das der sinnvollste Weg. Im Gegensatz zu heute kandi- dierten alle hessischen Kollegen einer standespoliti- schen Gruppierung auf einer Landesliste.

Der Wahlausschuss stellt am 11. Dezember 1963 das Wahlergebnis für die Mitglieder der DV 1964 – 1967 fest. Satte 86 Prozent der hessischen Zahn- ärzte haben an der Wahl teilgenommen. Die Wahlliste des Freien Verbandes erringt 61 Prozent, auf den Interessenverband fallen 39 Prozent der Stimmen.

Die 3 Spitzenkandidaten beider Listen sind beim Freien Verband die Kollegen Singer, Friedrich Fischer aus Darmstadt und Gottfried Sturm aus Fulda und beim Interessenverband die Kollegen Barchfeld, Euler aus Offenbach und Leimeister.

Die konstituierende DV tritt dann am 14. März 1964 in Wiesbaden zusammen. Kollege Singer wird mit 29 von 43 Stimmen wieder zum Präsidenten gewählt. Sein Gegenkandidat, Kollege Roth aus Offenbach, erhält 13 Stimmen.

Vizepräsident wird Kollege Müller aus Frankfurt mit 26 von 28 gültigen Stimmen. 18 Stimmen sind nach der Wahlordnung ungültig.

Zu Beisitzern wählt die Versammlung mit 26 Stim- men den Kollegen Sturm, mit 29 Stimmen den Kollegen Ramb aus Kassel und mit 28 Stimmen den Kollegen Möbus aus Hanau. Zusätzlich gehö- ren dem Vorstand die Vorsitzenden der 4 Bezirks- stellen an. Es sind dies die Kollegen Barchfeld, Kassel, Leimeister, Frankfurt, Schneider, Darmstadt und Weinbrenner, Wiesbaden. Singer berichtet über die Freude des Gesundheitsministeriums, dass Hessen das erste Land der Bundesrepublik sei, welches ein eigenes Referat für die Zahngesund- heitspflege eingerichtet habe.

Er hebt weiter hervor, dass noch im 1. Quartal 1961 nur ganze 1143 Jugendzahnpflegefälle abgerechnet worden waren. Im 1. Quartal 1962 waren es 25 790 Fälle, im 1. Quartal 1963 28 248 Fälle.

Vortrag Dr. Willi Scheu

am Gesellschafterabend der LZKH, 1962

(29)

Auf Grund des schon mehrfach erwähnten Ärger- nisses, dass die Bundesregierung die Verabschie- dung einer zahnärztlichen Gebührenordnung nun schon jahrelang verzögert, gibt der Vorstand der Landeszahnärztekammer „Richtlinien zur Honorar- berechnung für die zahnärztliche Privatpraxis“ her- aus. Der Vorstand hebt hervor, dass die genannten Gebühren für Leistungen ohne Komplikationen bei geringstmöglichem Zeitaufwand und bei Patienten in einfachen Lebensumständen bestimmt seien.

Einige Beispiele von 1963:

Beratung 8,– DM, Röntgenaufnahme 12,– DM, Osteotomie 25,– bis 50,– DM, dreiflächige Amal- gamfüllung 20,– DM, Modellgussprothese mit gegossenen Auflageklammern und 6 Zähnen 588,– DM, Jacketkrone aus Porzellan 160,– DM und eine Vollgusskrone 130,– DM.

Am 3. Juni 1964 tagen die Fortbildungsreferenten der Kammer. Sorge bereiten jene Kollegen, die grundsätzlich an keiner Fortbildungsveranstaltung teilnehmen. Wieder einmal sollen im „Hessischen Zahnarzt“ alle Kollegen auf die Berufsordnung hin- gewiesen werden, in der jeder Zahnarzt verpflichtet wird, sich fortzubilden.

Präsident Singer hält einen Brief, den er von einem Teilnehmer der Landesfortbildungsveranstaltung 1962 erhalten hat, für wert, im „Hessischen Zahn- arzt“ veröffentlicht zu werden. Dieser Kollege mag vielen aus der Seele geschrieben haben. Nicht erst heute ist die „Vereinzelung“ ein Thema. Nicht nur in der Praxis, auch bei größeren Veranstaltungen. Wie oft kann man bei Kursen in kleineren Gruppen die gegenseitige Abkapselung beobachten. Hier der Brief im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Präsident! Sie gestatten mir bitte, dass ich Ihnen ein Anliegen vortrage, das mir am Herzen liegt. Am 20.10.62 war ich auf der Fortbildungstagung der Zahnärzte in Frankfurt a. M.

Solche Reisen bedeuten für mich, der aus der Einsamkeit eines Dorfes fast 200 km nach Frankfurt reist, immer ein gewisses Opfer. Über die Tagung, ihre Themen u. a. hätte ich nichts zu sagen. All das ist für unsereinen ein Stahlbad des Leibes und der Seele. Etwas anderes aber hat mich, wie schon fast immer, maßlos enttäuscht, und hier liegt auch der Grund, warum ich mich am geselligen Abend nicht beteiligt habe.

Es ist im Zuge der Zeit eingerissen, dass ein einzel- ner Teilnehmer anonym unter fremden Menschen bleibt. Ich saß fast vorn an der Tribüne als Erster an einem Tisch. Bis zum Beginn der Tagung nahmen noch sieben Kollegen bei mir Platz. Keiner, und es waren offenbar nur drei dabei, die sich kannten, hielt es für nötig oder angezeigt, sich dem neben- sitzenden Kollegen bekanntzumachen oder auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln. Die Freude also, die jeder solcher Tagung vorangeht, dass man nun einmal wieder einen Kollegen kennen lernen würde und Gelegenheit fände, mit ihm über dies und das zu sprechen, war wieder Essig. Früher gehörte es zur guten Sitte, dass man sich wenigstens dem Nachbarn vorstellte. Heute ist das offenbar, ich habe es auch an anderen Tischen beobachtet, nicht mehr üblich.

Schlimmer noch auf den Gesellschaftsabenden:

Was habe ich davon, wenn ich als Unbekannter unter Unbekannten sitze, evtl. neben einer fröhli- chen Runde sich kennender Kollegen sitze, ohne in diese Runde aufgenommen zu werden?

Ich bitte Sie nun, Herr Präsident, dazuzuhelfen, dass dies besser wird. Ein Hinweis auf diese Kritik, eine kurze Aufforderung des Versammlungsleiters:

„Ehe wir die Versammlung eröffnen, wollen wir uns bekanntmachen. Ich bitte die Teilnehmer, soweit es

(30)

Dr. Erwin Schwarz, Landesvorsitzender des Freien Verbandes in Baden-Württemberg will eine dreitägi- ge(!) Journalistentagung für 30 hochkarätige Presse- und Rundfunkjournalisten aus der ganzen Bundesrepublik veranstalten, um diese mit den heutigen Problemen der Zahnärzte in der Gesell- schaft vertraut zu machen. Dies ist ein absolutes Neuland für die zahnärztliche Öffentlichkeitsarbeit.

Obwohl gewisse Bedenken bestehen, ob eine Kör- perschaft öffentlichen Rechtes einen freien Berufs- verband unterstützen dürfe, beschließt der Vor- stand, für diese Tagung 500,– DM zur Verfügung zu stellen. Diese Tagungen werden in den nächsten Jahren zu einer festen Einrichtung. Sie finden spä- ter in Berlin statt und schaffen eine wesentlich ver- besserte Basis für Kontakte mit den Spitzenredak- teuren auf Bundesebene.

Ende April findet in Kassel eine von der Bundes- zahnärztekammer organisierte große Arbeitstagung über die Anwendung der neuen Bugo statt. Die Tagung bringt leider wenig Richtungsweisendes.

Einige Teilnehmer drängen darauf, nachdem vom ein- bis zum sechsfachen Einfachsatz liquidiert werden kann, den so genannten Mittelsatz als Regelhonorar zu erzwingen. Es setzt sich aber die Auffassung durch, eine größere Flexibilität bei der Honorarbemessung zu wahren.

Vor der Delegiertenversammlung der LZKH am 22.05.1965 erklärt Kollege Singer hierzu: „Der Vorstand lehnt es ab, Richtsätze für die Privatpraxis in der früher üblichen Form herauszugeben. Es muss vermieden werden, dass sich die Kollegen- schaft auch nach Erlass der Bugo an solche Richtlinien klammert, die in der Vergangenheit durchaus ihre Berechtigung hatten. Sie soll wieder lernen, von Fall zu Fall das Honorar nach den ver- schiedenen Gegebenheiten festzulegen. Nur so ist es möglich, echt freiberuflich zu liquidieren!“

Zum ersten Mal berichtet Singer, dass der Vorstand neben den reinen Fortbildungsvorträgen auch Möglichkeiten für die kursorische Fortbildung mit praktischen Übungsmöglichkeiten schaffen wolle.

Immer wieder steht die Jugendzahnpflege als zen- trale Aufgabe von Zahnärzten und Gesundheits- behörden im Mittelpunkt der Diskussionen. Hessen liegt mit 72 Prozent Sanierungen der von den Jugendzahnärzten untersuchten und zur Behand- lung durch niedergelassene Zahnärzte überwiese- nen Kinder im Bundesgebiet an erster Stelle.

Kleines Problem: Die behandelnden Zahnärzte las- nicht schon geschehen ist, sich an den Tischen den

Nachbarn vorzustellen“, dürfte dem Übel abhelfen und der Förderung der Kollegialität durchaus dien- lich sein.

Ich hoffe, Herr Präsident, mit diesem Hinweis, wenn es auch nicht zu Ihren Pflichten gehört, Ihnen selbst einen Anlass gegeben zu haben, auf die engere Verbindung von Kollegen unter Kollegen einwirken zu können.

Eher anekdotisch erscheint der Vorschlag aus dem Vorstand, bei der nächsten Beiratsitzung die Kreis- vorsitzenden aufzufordern, keinerlei Auskünfte mehr an Kollegen zu geben, die die Versammlungen nicht besuchen.

Zum ersten Mal wird in einer gemeinsamen Vorstandssitzung von Kammer und KZV über die Notwendigkeit gesprochen, einen Pressereferenten zu bestellen. Kollege Möbus aus Hanau wird vor- läufig dazu bestellt. Er hat einen guten Kontakt zur Frankfurter Presse.

Zum Trost für alle heutigen Kollegen in Ämtern, die darüber klagen, dass zu viele Kollegen draußen die Rundschreiben und den „Hessischen Zahnarzt“

nicht lesen, sei eingefügt, dass Kramer und Singer diese Tatsache schon 1963 in der gemeinsamen Vorstandssitzung bedauern. Ein wohl meinender Vorstandskollege schlägt zur Abhilfe vor, im

„Hessischen Zahnarzt“ die Kollegen zu bitten, die- sen auch zu lesen. Wohl ohne Erfolg, sonst würde nicht nach 40 Jahren immer noch darüber geklagt.

Im Februar 1965 wird endlich die lang ersehnte Bundesgebührenordnung für Zahnärzte von Bundeskabinett und Bundesrat erlassen. Sie sollte am 01.04. in Kraft treten.

In seiner ersten Sitzung nach Erlass der Bugo hält der Vorstand es für dringend notwendig, die Kollegenschaft mit der Handhabung der neuen Gebührenordnung vertraut zu machen. Eine Serie von Versammlungen wird in Gang gesetzt.

Die Einzelleistungsvergütungen können – auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Patienten – vom einfachen bis sechsfachen Satz angesetzt werden. Jede bewertete Leistung steht in fester Relation zur einflächigen Füllung. Der Basis„punkt- wert“ beträgt –,50 DM.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

b) Für Frau Simmer verschickt die ZFA einen OP-Termin mit verschiedenen Unterlagen. Der Umschlag hat das Format B4, die Sendung wiegt 300 g. Sie wählt die

4. Im Ausbildungsvertrag von Frau Schuster ist eine Probezeit von 3 Monaten vereinbart. Welchem Zweck dient diese Probezeit und wie lange muss sie mindestens bzw. Nennen

Bei gleichzeitigem Vorliegen eines Befundes im Oberkiefer für eine Brückenversorgung zum Ersatz von bis zu zwei nebeneinander fehlenden Schneidezähnen und für

Bei einer Patientin soll der tief zerstörte Zahn 46 entfernt werden. Nachdem die Patientin auf dem Behandlungsstuhl Platz genommen hat, beginnt sie zu

Der Zahn 34 wird trepaniert, der Wurzelkanal wird aufbereitet, es wird eine Nadelmess- aufnahme hergestellt, der Zahn bekommt eine medikamentöse Einlage und wird provisorisch

Nennen Sie drei Gründe, warum nach Abheilen der Extraktionswunde die entstandene Zahnlücke mit einem Zahnersatz versorgt werden sollte!... Eine Möglichkeit zur Lückenversorgung

Die Gemeinschaftspraxis der Drs. Thiele, Winter, Brandau plant ein Labor neu einzurichten. Aufgrund eines vorteilhaften Angebotes der Firma Praxisausstatter Meister GmbH bittet

Zur Fixierung der Füllung an 35 muss ein parapulpärer Stift gesetzt werden, eine Caries Profunda Behandlung wird durchgeführt. Die medikamentöse Einlage an 16