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Auswirkungen hypobarer Hypoxie auf die Reaktionsfähigkeit im Alter

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Academic year: 2022

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Auswirkungen hypobarer Hypoxie auf die Reaktionsfähigkeit im Alter

Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Hohen Medizinischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität

Bonn

vorgelegt von Knut Beitzel

aus Karlsruhe

2006

(2)

Angefertigt mit der Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn

1. Gutachter: Prof. Dr. med. Burkhard Weisser 2. Gutachter: Prof. Dr. med. Dieter Swandulla

Tag der mündlichen Prüfung: 12. Januar 2006

Aus: Medizinische Poliklinik der Universität Bonn

Direktor: Prof. Dr. med. Hans Vetter

Publikation: Diese Dissertation ist auf dem Hochschulschriftenserver der ULB Bonn (http://hss.ulb.uni-bonn.de/diss_online) elektronisch publi- ziert.

(3)

In Dankbarkeit meinen Eltern gewidmet.

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

...7

2 Betrachtung des Themas in der bisher vorliegenden Literatur

...10

3 Stand der Forschung und theoretische Grundlagen

...12

3.1 Bedeutsame physiologische und psychomotorische Anpassungsprozesse unter den Bedingungen der hypobaren Hypoxie ...

12

3.1.1 Physikalische Grundlagen der Höhe...12

3.1.2 Einteilung der Höhenstufen...15

3.1.3 Spezielle physiologische Auswirkungen der Höhenbelastung...15

3.1.4 Auswirkungen der Höhe auf die körperliche Leistungsfähigkeit...23

3.1.5 Auswirkungen der Höhenbelastung auf die Reaktions- und Wahlreaktionsfähigkeit...24

3.2 Bedeutsame physiologische und psychomotorische Anpassungsprozesse im Altersverlauf ...

26

3.2.1 Allgemeine Vorbemerkungen zum Altern...26

3.2.2 Spezielle physiologische Auswirkungen des Alterungsprozesses...27

3.2.3 Auswirkungen des Alterungsprozesses auf die körperliche Leistungsfähigkeit...29

3.2.4 Auswirkungen des Alterungsprozesses auf die Reaktions- und Wahlreaktionsfähigkeit...30

4 Untersuchungsziele und Arbeitshypothesen

...32

5 Material und Methoden

...34

5.1 Untersuchungsgut

...34

5.2 Untersuchungsgang

...36

5.3 Untersuchungsverfahren

...38

5.3.1 Wiener Determinationstest...38

5.3.2 Belastungstest...40

5.3.3 Messung der Sauerstoffsättigung...40

5.3.4 Messung der Herzfrequenz...40

5.4 Untersuchungsmaterial

...41

5.5 Statistische Methoden

...42

(6)

6 Darstellung der Untersuchungsergebnisse

...43

6.1 Darstellung der physiologischen Parameter

...44

6.1.1 Darstellung der Änderung der Herzfrequenz...44

6.1.2 Darstellung der Änderung der Sauerstoffsättigung...46

6.2 Darstellung der Ergebnisse der Determinationstests

...48

6.2.1 Darstellung der zusammengefassten Ergebnisse der Interventionsgruppe...48

6.2.2 Darstellung der zusammengefassten Ergebnisse der Kontrollgruppe...51

6.2.3 Vergleich der Ergebnisse des ersten und dritten Tests der Interventionsgruppe...54

6.2.4 Vergleich der Ergebnisse des zweiten und vierten Tests der Interventionsgruppe...57

6.2.5 Vergleich der Ergebnisse des ersten und dritten Tests der Kontroll- gruppe...60

6.2.6 Vergleich der Ergebnisse des zweiten und vierten Tests der Kontroll- gruppe...63

6.2.7 Darstellung der Reaktionszeiten der Interventions- und Kontrollgruppe...66

7 Diskussion

...68

7.1 Diskussion des Probandengutes

...68

7.2 Diskussion der Untersuchungsmaterialien

...69

7.3 Diskussion der Untersuchungsmethodik

...69

7.3.1 Untersuchungsgang...69

7.3.2 Untersuchungsverfahren...69

7.4 Diskussion der Änderung der physiologischen Parameter

...70

7.5 Diskussion der Ergebnisse der Wahlreaktionstests

...72

7.6 Fazit

...76

8 Zusammenfassung

...78

9 Literaturverzeichnis

...80

Anhang

...85

(7)

1 Einleitung

Alpine Sportarten, wie Skilaufen, Bergwandern, Bergsteigen und andere körperliche Betätigungen, erfreu- en sich heutzutage zunehmend größerer Beliebtheit. Mehr und mehr Menschen suchen in der Bewegung im alpinen Gelände eine Alternative zu ihrem ansonsten körperlich eher inaktiven Alltag. Wenige Frei- zeitbeschäftigungen verbinden das Erleben der Natur so eindrucksvoll mit der Möglichkeit, sich körper- lich und gesundheitlich gewinnbringend zu betätigen. Diesen Wert der alpinen Sportarten erkennen junge aber insbesondere auch mehr und mehr ältere Menschen.

So verbringen pro Jahr schätzungsweise 40 Millionen Touristen ihren Urlaub in den europäischen Alpen.

Von diesen sind 60 % über 40 Jahre alt, 15 % sogar älter als 60 Jahre (BURTSCHERET AL. 2000).

Altersverteilung der alpinen Touristen in Europa

< 40 Jahre 40%

40-60 Jahre 45%

> 60 Jahre 15%

Abbildung 1: Altersverteilung der Alpin-Touristen in Europa (nach BURTSCHER

ET AL., 2000)

Bei dieser großen Nachfrage und all den positiven Aspekten des Sports im alpinen Gelände darf man den- noch nicht übersehen, dass speziell dort besondere Risiken und Gefahren auftreten. Schon 1881 klassifi- zierte der Wiener Arzt Emil Zsigmondy diese laut BERGHOLD (1988) in „objektive“ und „subjektive Ge- fahren“. Hierbei fasst der Begriff „objektive Gefahren“ Ereignisse wie Schlechtwetter, Steinschlag, Lawi- nenabgang etc. und der Begriff „subjektive Gefahren“ Fehler im Denken und Handeln des Bergsportlers zusammen.

(8)

BERGHOLD (1988) trennt sich jedoch von einem unreflektierten Verständnis dieser Aufteilung, indem er feststellt: „Nicht der Berg ist gefährlich, sondern das unbedachte Verhalten des Menschen, wenn er sich am Berg aufhält. [...] Der entscheidende Risikofaktor in den Bergen ist also immer wieder der Mensch selbst.“

Um dieses Verständnis umzusetzen und sich im alpinen Gelände, aber auch auf den gesicherten Skipisten richtig verhalten zu können, müssen dem alpinen Touristen und Bergsportler Informationen an die Hand gegeben werden, die es ihm ermöglichen, sein Können und dessen Grenzen in der Höhe richtig einzu- schätzen.

Schließlich verunfallten im Jahr 2003 nach Angaben des Deutschen Alpenvereins (DAV) in einem Zei- tungsbericht der FRANKFURTER-ALLGEMEINEN-ZEITUNG (2004) von den 700 000 Mitgliedern des DAVs 930 und damit 50 % mehr als im Jahr zuvor. Obwohl die gesicherten Skipisten weniger alpine Gefahren aufweisen, sind auch diese Zahlen beachtlich. Denn nach Statistiken der Auswertungsstelle für Skiunfälle der ARAG Sportversicherung (ASUSKI, 2004) verunglückten 60 000 der etwa 4 Millionen aktiven deut- schen Skifahrer in der Saison 2002/2003. Bei 52 000 war eine ambulante Versorgung ausreichend, etwa 8000 mussten stationär versorgt werden (mittlerer Krankenhausaufenthalt: 8,7 Tage). Weiterhin liegen 38 % der Verletzungen im Bereich der unteren Extremität und dort im Besonderen im Bereich des Kniege- lenkes (HENKEET AL., 2000). Solche Verletzungen ziehen zusätzlich häufig eine lange Berufsunfähigkeit nach sich und stellen demnach einen großen volkswirtschaftlichen Kostenfaktor dar.

Ursächlich für das alpine Unfallgeschehen zeigen sich zumeist Stürze. Laut KRIEGER (2000) kam es bei 64 % aller Bergsportnotfälle zu solchen. In den Disziplinen Pistenskifahren, Skitouren und Bergsteigen wird ein Großteil der Stürze (mit je 91 %, 88 % und 86 %) durch koordinative Mängel, wie Stolpern, Aus- rutschen, Fehltritt, Verkanten der Ski etc. verursacht.

Anhand dieser Unfallursachen zeigt sich, wie wichtig es für den einzelnen Bergsportler ist, unter zeitli- chem Druck schnelle und gleichzeitig korrekte Entscheidungen zu treffen. Oft müssen solch wichtige Ent- scheidungsprozesse in Momenten ablaufen, in denen der Sportler körperlich erschöpft (z. B. beim Berg- wandern, Bergsteigen) oder viele Entscheidungen kurz hintereinander treffen muss (z. B. viel Publikums- verkehr auf Skipisten). Zusätzlich laufen diese Prozesse unter Bedingungen des verminderten Sauerstoff- angebotes in der Höhe ab.

Auch wenn mittlerweile viele Untersuchungen über die physiologischen Auswirkungen der Höhenbelas- tung durchgeführt wurden, ist der Fragestellung der Höhenauswirkungen auf die Wahlreaktionsfähigkeit des Menschen erst wenig Bedeutung geschenkt worden. Zur Frage nach den Auswirkungen von körperli- cher Aktivität in der Höhe, insbesondere auf die Wahlreaktionsfähigkeit älterer Personen, existieren bisher noch keine wissenschaftlichen Daten.

(9)

Im Hinblick auf die schon vorher beschriebene hohe Zahl älterer Bergtouristen, soll in der hier vorliegen- den Arbeit der Frage nach den Auswirkungen eines Sauerstoffmangels auf die Wahlreaktionsfähigkeit von Senioren nachgegangen werden. Somit könnte ein Beitrag zur Primärprävention von Unfällen und Verlet- zungen im alpinen Sport geleistet werden.

Im folgenden Kapitel der theoretischen Grundlagen wird ein Überblick über die bisher vorliegende Litera- tur gegeben und der aktuelle Wissensstand über die für diese Arbeit relevanten Themen zusammengefasst dargestellt. Es schließt sich die Präsentation der Untersuchungsziele, des Untersuchungsverlaufs, der Un- tersuchungsmaterialien und der Ergebnisse an. Zuletzt werden die Ergebnisse kritisch diskutiert und mit den bisher vorliegenden wissenschaftlichen Forschungsergebnissen verglichen.

(10)

2 Betrachtung des Themas in der bisher vorliegenden Literatur

Bisher beschäftigten sich erst wenige Autoren mit den Auswirkungen einer Höhenbelastung und der damit verbundenen Hypoxie auf die Reaktions- und speziell die Wahlreaktionsfähigkeit. Ein Großteil dieser Untersuchungen wurde unter dem Blickwinkel der zivilen und militärischen Luftfahrt in den Vereinigten Staaten von Amerika durchgeführt. Einige andere Autoren untersuchten die Auswirkungen sehr großer Höhen auf die psychomotorischen Fähigkeiten alpiner Profibergsteiger. Fast alle wiesen außerdem ein durchweg junges Probandengut auf.

Die Ergebnisse der Untersuchungen fallen recht unterschiedlich aus, und bis heute können noch keine abschließenden Aussagen über die Reaktionsfähigkeit, insbesondere von Senioren in großen Höhen, getä- tigt werden.

O´CARROLL & MACLEOD (1997) untersuchten an professionellen Rugbyspielern in England die Auswir- kungen mittlerer Höhe (1600 m über Meereshöhe [N.N.]1) auf deren Wahlreaktionsfähigkeit. Es konnte bei diesen hoch trainierten Athleten kein Einfluss der Hypoxie auf die Wahlreaktion festgestellt werden.

Dahingegen zeigten FOWLER & TAYLOR (1987) eine Verlangsamung sowohl der Reaktions- als auch der Bewegungszeit an 14 Probanden (Alter: 20-24 Jahre). Sie ließen die Probanden ein Gasgemisch einatmen, durch dessen Sauerstoffminderung eine Höhe von 4700 m simuliert wurde. FOWLER konnte zusätzlich zusammen mit WHITE (1982) an vier Probanden (Alter: 26-35 Jahre) nachweisen, dass eine simulierte Höhe von 6700 m einen verlangsamenden Einfluss auf die Reaktionszeit aufweist und die Fehlerrate von Entscheidungsprozessen leicht erhöht.

Auch RAMSEY &DAYTON (1970) wiesen zu Beginn der 70er Jahre einen Zusammenhang zwischen Hy- poxie und einer Verlängerung der Reaktionszeit nach. Hierbei atmeten 30 junge Probanden ein hypoxi- sches Gasgemisch ein, wodurch ein durch Autoabgase erzeugter Sauerstoffmangel simuliert werden sollte.

Ebenfalls stelltenNOBLE ET AL. (1993) eine leichte Erhöhung der Reaktionszeit an zwölf, dem Durch- schnitt entsprechenden, Testpersonen fest, nachdem sie diese ein Gasgemisch atmen ließen, und somit eine Sauerstoffsättigung (SaO2) von 78 % erzielten.

Unter realen Bedingungen wurden 1988 durch MACINTOSHET AL. in zwei Hochgebirgsexpeditionen psy- chomotorische Tests an 20 Alpinisten durchgeführt. In diesen Untersuchungen auf 5000 m und 4700 m konnte jeweils eine Zunahme der Reaktions- und Wahlreaktionszeit festgestellt werden, es konnte jedoch

__________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

1 Höhen über N.N. werden im Folgenden nur noch durch Angaben in Metern gekennzeichnet.

(11)

nicht abschließend geklärt werden, welchen Einfluss die bei einigen Probanden diagnostizierte akute Bergkrankheit (acute mountain sickness [AMS]) auf diese Ergebnisse hatte.

Im Rahmen einer Expedition auf den Mount Denali in Alaska stellten KRAMERET AL. (1993) bei 40 Pro- banden eine Verschlechterung und Verlangsamung in psychomotorischen Tests im Vergleich zu gewohn- ten Höhenbedingungen fest.

Durch LI ET AL. (2000) konnte an 18 Probanden eine verminderte psychomotorische Leistungsfähigkeit und eine verlängerte Wahlreaktionszeit in simulierten Höhen von 3600 m und 4400 m festgestellt werden.

Die Probanden wurden bei diesen Untersuchungen in einer Druckkammer nach einer Stunde simuliertem Höhenaufenthalt getestet.

Im Gegensatz zu diesen Ergebnissen ermittelten KELMANET AL. (1969) unter Höhenbedingungen sogar eine leichte Verbesserung von psychomotorischen Funktionen.

Dieser Überblick zeigt die unterschiedlichen Aussagen und Ergebnisse der bisher absolvierten und für das Thema der Arbeit bedeutsamen Untersuchungen. So gut wie alle dieser Untersuchungen wurden mit ei- nem sehr jungen und sportlichen Probandengut durchgeführt. Gleichzeitig wurden die Höhenbedingungen in vielen Experimenten nur durch Druckkammern oder Gasgemische simuliert, so dass diese Aussagen nicht völlig kritiklos auf die realen Umgebungsbedingungen eines älteren Alpintouristen übertragen wer- den können.

(12)

3 Stand der Forschung und theoretische Grundlagen

3.1 Bedeutsame physiologische und psychomotorische Anpassungsprozesse unter den Bedingungen der hypobaren Hypoxie

Durch einen Höhenaufenthalt wird der menschliche Organismus in den Zustand einer Hypoxie versetzt.

Hierunter versteht man eine ungenügende Versorgung der Körperzellen mit Sauerstoff (O2) (KACIREK, 2002). Da die Ursache dieser Mangelversorgung in einem verminderten Umgebungsdruck und einem dar- aus resultierenden verminderten Partialdruck des Sauerstoffes im arteriellen Blut (PaO2) liegt, wird diese Form der Hypoxie auch als hypobare Hypoxie bezeichnet. Dieser Abschnitt stellt nun eine Auswahl der wichtigsten Auswirkungen, welche durch einen Aufenthalt in der Höhe und der somit hervorgerufenen hypobaren Hypoxie auf den menschlichen Organismus entstehen, zusammengefasst dar.

3.1.1 Physikalische Grundlagen der Höhe

Die Veränderungen der Umgebungsbedingungen sind ursächlich für die Belastungen, welche durch den Einfluss der Höhe auf den Menschen entstehen. Im Folgenden werden die relevanten physikalischen Grundlagen aufgezeigt.

Mit zunehmender Höhe ändern sich nach DEETJEN (1981) praktisch alle Komponenten der Atmosphäre:

• Abnahme des Luftdrucks,

• Abnahme des inspiratorischen Sauerstoffpartialdrucks (PiO2),

• Abnahme der Luftdichte,

• Abnahme des Wasserdampfdrucks,

• Abnahme der Temperatur,

• Zunahme der UV- und ionisierenden Strahlung.

Der Luftdruck nimmt mit zunehmender Höhe kontinuierlich ab. Da Luft aus Gasen besteht und diese komprimierbar sind, fällt der Luftdruck allerdings nicht linear. Vergleicht man die in der Tabelle 1 ange- gebenen Werte, so wird deutlich, dass der Luftdruck auf 5000 m etwa nur noch die Hälfte und auf einer Höhe von 8500 m nur noch ein Drittel des Luftdrucks auf N.N. beträgt. Zu beachten ist dabei, dass der Luftdruck zusätzlich von der Temperatur abhängt (die Standardatmosphäre nimmt eine Temperaturab- nahme von 6,5 °C pro 1000 m Höhengewinn an) und daher von den klimatischen Umgebungsbedingungen (Jahreszeit, Breitengrad). Somit darf Tabelle 1 nur der orientierenden Anschauung dienen (DREXEL, 1981).

(13)

Tabelle 1: Standardatmosphärentabelle (nach ELTERMANN, 1964)

Höhe [m]

Luftdruck [mmHg]

PO2 [mmHg]

Temperatur [°C]

Luftdichte [kg/m3]

0 760,0 159,2 15 1,225

1000 674,1 141,2 8,5 1,112

2000 596,3 124,9 2 1,007

3000 526,0 110,2 -4,49 0,909 4000 462,5 96,9 -10,94 0,819 5000 405,4 84,9 -17,47 0,736 6000 354,2 74,2 -23,69 0,66 7000 308,3 64,6 -30,45 0,59 8000 267,4 56,0 -36,94 0,526 9000 231,0 48,4 -43,42 0,467 PO2 = Sauerstoffpartialdruck; mmHg = Millimeter Quecksilbersäule; °C = Grad Celsius;

kg = Kilogramm; m3 = Kubikmeter; m = Meter

Die Zusammensetzung der Luft bleibt im Gegensatz zum Luftdruck bis in eine Höhe von 100 km kon- stant. Jedoch nimmt der Partialdruck aller in der Luft enthaltenen Gase (N2, O2, CO2, Edelgase) proportio- nal zur Abnahme des Luftdrucks ab. Besonders bedeutungsvoll ist dies in Bezug auf den inspiratorischen Sauerstoffpartialdruck (PiO2), der in Höhen von 2000 m schon 20 % niedriger ist, als auf N.N. (HOLL- MANN &HETTINGER, 20004). Dessen Auswirkungen auf den alveolaren und arteriellen PO2 werden in Abschnitt 3.1.3 noch ausführlicher dargelegt.

Parallel zur Verminderung des Luftdrucks nimmt ebenfalls die Luftdichte mit zunehmender Höhe ab. Dies äußert sich allerdings eher in einem verminderten Luftwiderstand, der bei Sportdisziplinen wie Radfahren und Eisschnelllauf von Bedeutung ist. Auf die in der Literatur diskutierten, positiven Auswirkungen auf das Strömungsverhalten der Luft während der Atemtätigkeit (HOLLMANN & HETTINGER, 20004) soll hier aufgrund der wohl geringen Relevanz nicht näher eingegangen werden.

Ebenso wie der Luftdruck und die Luftdichte fällt der Wasserdampfdruck und somit die Feuchtigkeit rasch mit steigender Höhe. Auf Höhen von 2500 m ist der Wasserdampfdruck im Mittel auf weniger als die Hälfte des Wertes von N.N. gesunken. Der Verlust des Wasserdampfdrucks erzeugt erhöhte Flüssigkeits- verluste sowohl über den Respirationstrakt (perspiratio insensibilis) als auch über die Haut (perspiratio sensibilis), infolgedessen beeinflusst er den Wasserhaushalt des Körpers. In moderaten Höhen (bis

(14)

3000 m) scheinen diese Flüssigkeitsverluste jedoch nur eine sehr geringe Änderung des Gesamtkörper- wassers zu bewirken (GUNGAET AL., 2000). Zu beachten ist, dass auch der Wasserdampfdruck wiederum von Temperatur und Barometerdruck abhängt und damit von den gegebenen Witterungsverhältnissen und der Jahreszeit stark beeinflusst wird.

Luftdichte, Luftdruck und Dampfdruck im Höhenverlauf

0 20 40 60 80 100

0 1000 2000 3000 4000 5000

Höhe [m]

Prozent [%]

Dichte Luftdruck Dampfdruck

Abbildung 2: Luftdichte, Luftdruck und Dampfdruck im Höhenverlauf (nach HOLL-

MANN &HETTINGER, 20004) m = Meter; % = Prozent

Die Abnahme der Temperatur wird, wie bereits vorher beschrieben, im Mittel mit 6,5 °C pro 1000 m Hö- hengewinn angegeben. In den vorherigen Abschnitten wurde bereits auf deren vielfältige Auswirkungen auf die übrigen physikalischen Größen eingegangen. Je nach Wetterlage (z. B. eine Inversions-Wetterlage, bei der die Temperaturschichtung der Atmosphäre verändert ist) und Jahreszeit schwankt dieser Mittelwert jedoch erheblich (DEETJEN, 1981).

Die Zunahme der atmosphärischen Strahlung in der Höhe (18 % pro 1000 m Höhengewinn für UVB- Licht, 9 % für UVA-Licht) wird auf einen verkürzten Weg der Strahlen durch die Atmosphäre zurückge- führt (WEBERET AL., 2000). Des Weiteren erhöhen Reflexionen der Strahlung von Eis und Schnee deren Intensität.

(15)

3.1.2 Einteilung der Höhenstufen

Sofern eine langsame Anpassung an die Höhenlage stattfindet, kann man bei Gesunden vier Höhenstufen nach typischen physiologischen Reaktionsunterschieden definieren (BERGHOLD &SCHAFFERT, 20015):

indifferente Höhen: 0-1500 m (keine Anpassung nötig),

mittlere Höhen: 1500-2500 m (eine Sofortanpassung genügt),

große Höhen: 2500-5300 m (eine Sofortanpassung reicht nicht aus, eine Akklimatisation ist erforderlich),

extreme Höhen: 5300-8848 m (Akklimatisation nicht mehr möglich, wohl aber Atemanpassung, daher nur Kurzaufenthalt möglich).

Eine weitere Definition nach POLLARD & MURDOCH (1998) benennt fünf Höhenstufen: Hierbei wird die

„große Höhe“ nochmals in die Stufen „große Höhe“ (2500-3500 m) und „sehr große Höhe“ (3500- 5800 m) unterteilt. Danach folgt die „extreme Höhe“ (ab 5800 m). Die Übergänge zwischen den einzelnen Höhenstufen sollten allerdings nicht als starr angesehen werden. Sie beziehen sich auf gesunde Personen und können je nach Alter, Gesundheitszustand, individueller Akklimatisation und Disposition variieren.

Daher dienen sie lediglich der orientierenden Anschauung (SCHMIDT &THEWS, 199727).

Die in dieser Arbeit untersuchten Höhenlagen von 3100 m fallen somit unter den Begriff: „große Höhen“.

3.1.3 Spezielle physiologische Auswirkungen der Höhenbelastung

Wie bereits in Kapitel 2.2.1 beschrieben, sinkt mit zunehmender Höhe der PiO2 proportional zum Luft- druck. Auf die daraus folgende hypobare Hypoxie reagiert der menschliche Körper im Sinne einer Anpas- sung (Akklimatisation), da ansonsten eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Organismus nicht mehr gewährleistet werden könnte.

Die wichtigsten Mechanismen der Akklimatisation sollen hier dargestellt werden. Laut BERGHOLD (2002) ist die Akklimatisation „jener physiologische Prozess, der bei Exposition an die Höhe stattfindet, um die Sauerstoffversorgung der Gewebe trotz vermindertem atmosphärischen Sauerstoffpartialdruck aufrecht zu erhalten.“

Grundsätzlich hängt nach MAIRBÄURL (2000) die Versorgung des Organismus von mehreren Faktoren ab, dem PiO2, dem Ausmaß der Ventilation und somit dem alveolären Sauerstoffpartialdruck (PAO2), dem Gasaustausch (Diffusion) und der Durchblutung (Perfusion) der Lunge und somit dem PaO2. Im Blut wir- ken sich der Hämoglobingehalt und die Anzahl der Erythrozyten auf die O2-Versorgung aus. Das Herz- Kreislaufsystem bewirkt schließlich die Verteilung des O2 zu den einzelnen Organen. Schließlich hängt im Gewebe die Versorgung von der Dichte der Blutkapillaren und der Gewebsdurchblutung ab. Zuletzt

(16)

bestimmen auf zellulärer Ebene der Besatz mit Myoglobin, Mitochondrien und O2-verbrauchenden Enzy- men sowie der Energiebedarf der Zelle die Ausnützung des O2-Angebotes. Anpassungen an die Hypoxie können auf all diesen Ebenen stattfinden. Sie variieren mit der Höhe, der Zeit der Exposition und können sich interindividuell unterscheiden (MAIRBÄURL, 2000).

Der zeitliche Ablauf dieser Anpassungsvorgänge lässt sich in die Phasen Sofortanpassung (bei akuter Höhenexposition) und dauerhafte Anpassung (bei chronischer Höhenexposition) unterteilen (BERGHOLD

&SCHAFFERT, 20015).

Sofortanpassung

Bei akuter Exposition an die Höhe (z. B. während einer Seilbahnauffahrt) wird die beeinträchtigte O2- Versorgung hauptsächlich durch eine Regulation der Ventilation und des Herz-Kreislauf-Systems kom- pensiert (GÜNTHER ET AL, 1981). Bis in Höhen von 3000 m gelten diese Sofortanpassungen als ausrei- chend (BÄRTSCH, 2000).

Respiratorisches System

Der wahrscheinlich schnellste Anpassungsmechanismus ist die Steigerung des Atemzugvolumens und der Atemfrequenz und damit die Erhöhung des Atemminutenvolumens (Hypoxic ventilatory response [HVR]) (WEILET AL., 1970). Ausgelöst wird die HVR sehr wahrscheinlich durch die Stimulation der Chemore- zeptoren des Glomeris carotici aufgrund des erniedrigten PaO2 und des dadurch erhöhten Sympathikoto- nusses (RICHALET ET AL., 1988). Die individuell unterschiedliche Empfindlichkeit der Chemorezeptoren bedingt „responder“ und „weak responder“ (MAIRBÄURL, 2000). Somit variiert diese Anpassung interin- dividuell sehr stark, so dass z. B. bei gut trainierten Ausdauerathleten eine zeitlich veränderte Anpassung beobachtet wird.

Der positive Effekt dieser Anpassung ist ein Anstieg des PAO2, des PaO2 und der SaO2 bei gleichzeitiger Abnahme des alveolären und arteriellen Kohlendioxidpartialdrucks (PACO2 undPaCO2) aufgrund der Hy- perventilation. Dies ist in den Abbildungen 3 und 4 über den Verlauf von drei Tagen gut erkennbar.

(17)

SaO2 im Verlauf eines Höhenaufenthaltes in 4559 m Höhe

70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90

Tag 1 Tag 2 Tag 3

SaO2 [%]

Abbildung 3: SaO2 im Verlauf eines Aufenthalts in 4559 m Höhe (nach BÄRTSCH, 2000)

SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; % = Prozent

Endexpiratorischer PCO2im Verlauf eines Höhenaufenthaltes in 4559 m Höhe

25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Tag 1 Tag 2 Tag 3

Endexpiratorischer PCO2 [mmHg]

Abbildung 4: Endexpiratorischer PCO2 im Verlauf eines Aufenthalts in 4559 m Höhe (nach BÄRTSCH, 2000)

PCO2 = Kohlendioxidpartialdruck; mmHg = Millimeter Quecksilbersäule

Es resultiert aus der höhenbedingten Hyperventilation eine respiratorische Alkalose. Diese kann grund- sätzlich durch eine renale Bikarbonat-Ausscheidung kompensiert werden. Solch eine Kompensation ist in mittleren Höhen nach 24 Stunden abgeschlossen, in großen und extremen Höhen reicht die renale Kom- pensation jedoch nicht aus, so dass die respiratorische Alkalose dort nicht vollständig kompensiert werden kann (BÄRTSCH, 2000; MAIRBÄURL, 2000).

(18)

Die vorher beschriebenen Änderungen des PCO2, des pH-Wertes des Blutes (Alkalose) und zusätzlich die Änderungen des erythrozytären Stoffwechselmetaboliten 2,3-Diphosphoglycerates (2,3-DPG) während des Höhenaufenthaltes nehmen Einfluss auf die Sauerstoff-Bindungsfähigkeit (O2-Affinität) des Hämo- globins (SCHEID, 1996). So führen der erniedrigte PCO2 und die Höhenalkalose zu einer Erhöhung der O2- Affinität und begünstigen so die O2-Aufnahme in der Lunge. In der Peripherie fördern hingegen der er- höhte PCO2, die Azidose des Blutes, die niedrige Temperatur und das vermehrt anfallende 2,3-DPG die Abgabe des O2 an das Gewebe. In mittleren Höhen ist die O2-Affinität durch das vermehrte 2,3-DPG und den normalen pH-Wert des Blutes geringfügig vermindert. In großen Höhen gleichen sich die Effekte von Höhenalkalose und 2,3-DPG aus, wohingegen die O2-Affinität des Hämoglobins in extremen Höhen auf- grund der ausgeprägten Höhenalkalose deutlich erhöht ist (BERGHOLD, 2000; MAIRBÄURL, 2000).

Eine weitere Auswirkung der akuten Höhenexposition zeigt sich in einer Linksverschiebung der Laktat- leistungskurve und einer somit verminderten Leistungsfähigkeit. Die maximal erreichbare Laktatkon- zentration bleibt jedoch im Vergleich zu geringeren Höhen gleich. Somit liegt der Blutlaktatwert bei glei- cher Belastung höher als auf N.N. (FRIEDMANN, 2000).

Laktatleistungskurve in unterschiedlichen Höhen

0 5 10 15 20

0 1 2 3 4 5

O2-Aufnahme [l/min]

Laktat [mmol/l]

Normoxie 2300m 4000m

Abbildung 5: Laktatleistungskurve in unterschiedlichen Höhen (nach FRIEDMANN

&BÄRTSCH, 1997)

l/min = Liter pro Minute; mmol/l = Millimol pro Liter

(19)

Herz-Kreislauf-System

Der durch die Hypoxie gesteigerte Sympathikotonus führt zu einer sofortigen Erhöhung der Herzfrequenz (sowohl in Ruhe als auch unter Belastung) und damit zu einer Steigerung des Herzminutenvolumens (HMV) (VOGEL &HARRIS, 1967). Ätiologisch ist diese Frequenzerhöhung zusätzlich eine Reaktion auf eine hypoxisch bedingte Abnahme des peripheren Gefäßwiderstandes. Nach einer zwei- bis dreiwöchigen Akklimatisationszeit normalisieren sich dann Schlagvolumen und HMV wieder (BERGHOLD, 2000;

KLAUSEN, 1966).

In akuter Hypoxie werden laut MAIERBÄURL (2000) in mittleren Höhen keine wesentliche Änderung des systemischen Blutdrucks beobachtet, in großen und extremen Höhen ist sowohl der systolische, als auch der diastolische Blutdruck erhöht. Dies ist auf das schon zuvor beschriebene Wechselspiel zwischen Erhö- hung des HMV und der Verminderung des peripheren Gefäßwiderstandes zurückzuführen, wobei die für den Blutdruck relevanten, mittelgroßen Widerstandsarterien durch die gesteigerte sympathische Aktivität kontrahieren.

Dauerhafte Anpassung

In persistierender Hypoxie werden weitere Anpassungsvorgänge ausgelöst, um eine Verbesserung des Sauerstoffgehaltes des Blutes und der Gewebsoxygenierung zu erwirken. Auch diese Akklimatisations- vorgänge wirken sich auf verschiedenen Ebenen des Körpers aus, beispielsweise auf das respiratorische System, den O2-Transport im Blut, das Herz-Kreislauf-System und das zelluläre System.

Respiratorisches System

Die im Sinne der Sofortanpassung einsetzende HVR steigt während des Aufenthaltes in der Höhe in den ersten ein bis zwei Wochen weiter an. Dies wird nach neueren Erkenntnissen auf die Zunahme der Emp- findlichkeit der Chemorezeptoren im Glomeris caroticum auf Hypoxämie zurückgeführt (BÄRTSCH, 2000). Dem durch die renale Bikarbonatausscheidung gesteigerten Atemantrieb wird hingegen nur eine geringere Bedeutung für die weitere Steigerung der HVR zugeschrieben. Ohne diese, durch längere Ak- klimatisation gesteigerte HVR wäre z. B. eine Besteigung des Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff nicht möglich. So registrierten WESTET AL. (1983) bei Chris Pizzo im Gipfelbereich des Mount Everest eine Atemfrequenz von 86 +/- 2,8 Atemzügen pro Minute mit einem Atemzugvolumen von 1,26 Litern.

Auch nach Rückkehr in Tallagen bleibt die erhöhte Atemantwort weiterhin bis zu einer Woche bestehen (MAIRBÄURL, 2000).

(20)

SaO2und Ventialtion im Verlauf eines Aufenthaltes auf 4300 m Höhe

75 80 85 90 95 100

0 5 10 15 20 25

Tage SaO2 [%]

0 5 10 15 20

Ventilation [l/min]

SaO2 Ventilation

Abbildung 6: SaO2 und Ventilation im Verlauf eines Aufenthaltes auf 4300 m Höhe (nach MAIRBÄURL, 2000)

SaO2 = arterielle Sauerstoffsättigung; % = Prozent; l/min = Liter pro Minute

Aufgrund des renalen Bikarbonatverlustes vermindert sich die Pufferkapazität im Blut und in den Zellen.

Dies führt schon bei submaximaler körperlicher Belastung zu einerschnelleren Ansäuerung des Blutes. Es kommt jedoch zu einer Gegenregulation dieses Effektes, hervorgerufen durch die Erhöhung des Hämo- globingehaltes des Blutes und damit der intrazellulären Pufferkapazität (MAIRBÄURL, 2000).

Die bei der akuten Höhenexposition nach links verschobene Laktatkurve verlagert sich im Verlauf der andauernden Höhenanpassung wieder nach rechts, erreicht ihre Ausgangslage jedoch nicht wieder. Sie verläuft nun zwischen der unter akuter Höhenexposition registrierten und der auf N.N. aufgezeichneten Kurve. Dies wird auch als das „Laktatparadoxon“ bezeichnet (FRIEDMANN, 2000).

Dauerhafte Anpassungen finden zusätzlich im Lungenkreislauf statt. So nimmt die alveolo-arterielle Sau- erstoffdifferenz bei Gesunden mit zunehmender Höhe ab, hervorgerufen durch eine Verbesserung des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses der Lunge (V/Q-Verhältnis)(DEETJEN, 19942). Dies wird auf einen pulmonalen Hochdruck zurückgeführt, welcher die schwerkraftbedingte unterschiedliche Blutverteilung verbessert und so in Folge auch das V/Q-Verhältnis positiv verändert. Zusätzlich reduziert die zunehmen- de Hyperventilation das Shuntvolumen der Lungen (FISCHER, 2000).

All diese Änderungen der Lungenfunktion bewirken den in Abbildung 7 erkennbaren verminderten Abfall des PaO2 gegenüber dem durch einen Höhengewinn verursachten deutlichen Abfall des PiO2.

(21)

Verlauf des PaO2 und des PiO2nach vollständiger Akklimatisation an die Höhe

20 70 120 170

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000 8000

Höhe [m]

Druck [mmHg]

PaO2 PiO2

Abbildung 7: Verlauf des PaO2 und des PiO2 nach vollständiger Akklimatisation an die Höhe (nach BERGHOLD &SCHAFFERT, 20015 und ELTERMANN, 1964)

PaO2 = arterieller Sauerstoffpartialdruck; PiO2 = inspiratorischer Sauerstoffpartial- druck; mmHg = Millimeter Quecksilbersäule; m = Meter

O2-Transport im Blut

Der größte Teil des O2 liegt im Blut an das Hämoglobinmolekül gebunden vor. Daher begrenzen die Ge- samtkörpermenge an Hämoglobin (O2-Transportkapazität) und die O2-Affinität des Hämoglobins (Hb-O2- Affinität) den O2-Transport im Blut. Die O2-Affinität des Hämoglobins wird in der Höhe wesentlich durch die Faktoren pH, PCO2 und 2,3-DPG beeinflusst. Die Höhenalkalose und Hypokapnie bewirken eine Er- höhung der Affinität. Dies wirkt sich positiv auf die O2-Bindung in der Lunge aus. Azidose, Hyperkapnie, Temperatursteigerung in der Peripherie und Erhöhung des 2,3-DPG hingegen bewirken eine leichtere O2- Abgabe. Je nach Höhe und Aufenthaltsdauer ändern sich diese, die Hb-O2-Affinität beeinflussenden Fak- toren (BÄRTSCH, 2000).

In mittleren Höhenlagen ist die Hb-O2-Affinität durch einen Anstieg des 2,3-DPGs bei physiologischem pH-Wert des Blutes geringfügig vermindert (DEETJEN, 19942). In extremen Höhen werden die Effekte des 2,3-DPGs durch die zunehmende, nicht mehr kompensierbare Höhenalkalose aufgehoben. In Höhen von 4000 m sind diese beiden Effekte ausgewogen, so dass das Hämoglobin eine ähnliche Affinität zum Sau- erstoff besitzt, wie auf N.N. (MAIRBÄURL, 2000). Laut BÄRTSCH (2000) ist jedoch der Veränderung der O2-Affinität des Hämoglobins für die Akklimatisation im Vergleich zu anderen Mechanismen eine insge- samt eher geringe Bedeutung zuzuschreiben.

(22)

Längerer Aufenthalt in großen Höhen führt zu einer Erhöhung der O2-Transportkapazität. Dies wird auf eine Abnahme des Plasmavolumens und eine Steigerung der Erythropoese zurückgeführt. BÄRTSCH

(2000) beschreibt die höhenbedingte Zunahme der Diurese (Höhendiurese) als eine der Hauptursachen für die Abnahme des Plasmavolumens. Durch einen konsekutiv erhöhten Hämatokrit führt sie zu einer Steige- rung der pro Volumeneinheit Blut transportierten Menge an Sauerstoff. Dieser Effekt wurde bisher jedoch erst unter kontrollierten Laborbedingungen nachgewiesen. Ein entsprechend eindeutiger Nachweis in Feldstudien steht noch aus (BÄRTSCH, 2000). In Bezug auf den Hämatokritwert des Blutes konnten in mittleren Höhen bisher keine signifikanten Änderungen gefunden werden. So scheint die Abnahme des Plasmavolumens auf diesen Höhen keine bedeutende Rolle zu spielen. In einer Höhe von 4500 m wurde jedoch ein Volumenverlust von 10 % innerhalb von 24 Stunden beschrieben, der sich im weiteren Verlauf des Aufenthaltes und mit steigender Höhe noch vergrößert (MAIRBÄURL, 2000).

Eine Steigerung des Gesamthämoglobins in mittleren Höhen wird derzeit widersprüchlich diskutiert. Erst im Verlauf von Wochen konnten Anstiege der Hämoglobinkonzentration festgestellt werden. Sehr wohl ist aber ein Anstieg der Retikulozytenzahl als Parameter für die gesteigerte Erythropoese schon in mittle- ren Höhen nachweisbar, der sich mit zunehmender Höhe deutlich ausprägt. Jedoch erst bei mehrwöchigen Aufenthalten in großen Höhen steigen Hämatokrit und Hämoglobingehalt langsam an (FRIEDMANN &

BÄRTSCH, 1997; MAIRBÄURL, 2000).

Herz-Kreislauf-System

Wie bereits beschrieben, ist das HMV bei akuter Hypoxie sowohl in Ruhe als auch unter submaximaler Belastung um ca. 20 % erhöht. Das maximal erreichbare HMV ist allerdings erniedrigt. Dies wirkt sich verringernd auf die maximale Leistungsfähigkeit in der Höhe aus. Mit zunehmender Dauer des Höhenauf- enthaltes kommt es zu einer Abnahme des HMV in Ruhe und unter submaximaler Belastung. Das maxi- mal erreichbare HMV bleibt weiterhin vermindert. Ein Teil der HMV-Änderung wird auf die Änderung der Herzfrequenz zurückgeführt. Diese nimmt bei längerem Höhenaufenthalt im submaximalen und ma- ximalen Belastungsbereich ab (MAIRBÄURL, 2000). Die Ruheherzfrequenz sinkt wieder und kann in mitt- leren Höhen schließlich die gleichen Werte wie auf N.N. erreichen. MAIERBÄURL (2000) interpretiert diese Verminderung des HMV und der Herzfrequenz als „kardioprotektiven Mechanismus zum Schutz vor übermäßiger Belastung in Hypoxie“ („cardiac-sparing-effect“). Die wahrscheinlichste Ursache ist eine Herabregelung der β-Rezeptoren des Herzens aufgrund der erhöhten Katecholaminspiegel unter Hypoxie- bedingungen (BERGHOLD, 2000).

In der ersten Akklimatisationsphase resultiert aufgrund des verminderten Gefäßwiderstandes zunächst eine geringe Blutdrucksenkung. Mit zunehmender Akklimatisation sinkt das HMV und der periphere Gefäßwi- derstand steigt mit der besseren O2-Versorgung des Gewebes wieder an. Folglich steigt der systemische

(23)

Blutdruck wieder an. BERGHOLD (2002) erklärt hieraus das unterschiedliche Blutdruckverhalten in ver- schiedenen Höhenlagen. In Höhen bis 4600 m kommt es vorerst zu keiner systemischen Blutdruckände- rung. In extremen Höhen (> 5300 m), in denen keine ausreichende SaO2 mehr hergestellt werden kann, steigt der Blutdruck ebenfalls nicht an.

Zelluläres System

Hier wird von BERGHOLD (2002) die hypoxievermittelte Kapillarvermehrung als möglicher morphologi- scher Adaptationsmechanismus diskutiert. Da langandauernde Hypoxiebedingungen zu einer Muskelatro- phie und Abnahme des Muskelquerschnitts bei gleicher Kapillaranzahl führen, steigt die Kapillarisierung des Gewebes relativ gesehen an. Weiterhin werden vielfache Anpassungsmechanismen auf zellulärer Ebe- ne diskutiert, auf die hier allerdings aus Umfangsgründen nicht weiter eingegangen werden kann.

3.1.4 Auswirkungen der Höhe auf die Leistungsfähigkeit

Trotz all dieser Anpassungsmechanismen kann der reduzierte PiO2 in Höhen über 2000 m nicht mehr voll- kommen kompensiert werden und es resultiert hieraus ein Abfall der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Dieser beträgt schätzungsweise 1 % der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) pro 100 m Höhenge- winn über 1500 m (BÄRTSCH, 2000). Bei hoch trainierten Ausdauersportlern ist der Leistungsabfall bereits ab einer Höhe von 1000 m zu beobachten.

In Versuchen mit hypoxischen Gasgemischen zeigte HOLLMANN, dass sich die VO2max bei 15 Vol.% O2 in der Inspirationsluft (entspricht 2200-2400 m) um 8-12 % verringert. Bei einem Gasgemisch mit 12 Vol.% O2 (entspricht 4000 m) nahm die maximale Leistungsfähigkeit um 20-25 % ab (konstante Belas- tung von einer Dauer über drei Minuten) (HOLLMANN &HETTINGER, 20004).

HOLLMANN &HETTINGER (20004) geben unter Bedingungen der mittleren und großen Höhe die Diffusi- onskapazität der Lunge als begrenzenden Faktor für die Ausdauerleistungsfähigkeit an. Ursächlich hierfür seien der verminderte O2-Partialdruck und die entsprechend verminderte O2-Aufsättigung des Blutes bei der Lungenpassage. Auf N.N. hingegen gälten das HZV und die arterio-venöse Sauerstoffdifferenz als hauptsächlich begrenzende Faktoren der Ausdauerleistungsfähigkeit. Mit zunehmender Aufenthaltsdauer in der Höhe steigt die VO2max wieder leicht an, erreicht aber nicht die unter N.N. ermittelten Ausgangswer- te.

(24)

3.1.5 Auswirkungen der Höhe auf die Reaktions- und Wahlreaktionsfähigkeit

Im Folgenden werden die Auswirkungen der Höhe auf die Reaktions- und Wahlreaktionsfähigkeit des Menschen dargestellt. Hierzu wird zuvor ein Überblick über die in diesem Zusammenhang verwendeten Begriffe gegeben.

Die Reaktionsfähigkeit wird generell dem Komplex der koordinativen Fähigkeiten zugeordnet (MARTIN ET AL., 2001). Sie wird meistens durch die Angabe der Reaktionszeit bestimmt, jedoch müssen zur Be- stimmung der komplexen Reaktionsleistung zusätzlich noch weitere Parameter (z. B. die richtigen und falschen Antworten etc.) ermittelt werden.

Nach KRÜGER (1982) kann die Reaktionszeit als zeitlicher Abstand zwischen einem Signal und einer als Antwort auf dieses Signal erfolgenden Bewegung oder Handlung beschrieben werden. HOLLMANN &

HETTINGER (20004) geben für die Mindestmaße der Reaktionszeit für Berührungsreize 0,09-0,18 Sekun- den, für akustische Signale 0,12-0,27 Sekunden und für optische Signale 0,15-0,2 Sekunden an. Die Reak- tionszeit lässt sich jedoch trainieren und zeigt recht große interindividuelle Unterschiede. Des Weiteren kann die Reaktionszeit verkürzt werden, indem der Versuchsperson ein „Vor-Start-Signal“ gegeben wird.

Hierdurch kann die Reaktionsleistung schon vorweggenommen (antizipiert) und folglich die benötigte Zeit verkürzt werden.

Grundsätzlich wird die Reaktionszeit in eine Entscheidungs- und eine Bewegungszeit untergliedert (SCHMIDT, 1988). Da eine Reaktionsleistung das Zusammenspiel unterschiedlicher Sinnesleistungen und Organe des Menschen fordert, setzt sie sich aus mehreren Elementen zusammen.

KRÜGER (1982) unterteilt die Reaktionszeit in folgende Elemente:

• Auftreten eines Reizes im Analysator,

• Übersetzung des Reizes durch das Sinnesorgan in Nervenimpulse,

• Übermittlung des Nervenimpulses an das Zentralnervensystem,

• Identifikation des Signals,

• Antwortauswahl,

• Übermittlung der Antwort vom Gehirn zu den Effektoren,

• Muskelinnervation.

Weiterhin lässt sich eine Einfachreaktion (es erfolgt nur eine Antwort auf nur ein Signal) und eine Wahl- reaktion (auch komplexe Reaktion – unterschiedliche Antworten auf unterschiedliche Reize sind möglich) unterscheiden.

(25)

Es können auf die Wahlreaktion viele Bedingungen der Einfachreaktion übertragen werden. Betrachtet man diese genauer, so zeigt sich allerdings, dass die zentralen Auswahlprozesse eine weitaus größere Be- deutung erlangen als bei der Einfachreaktion. Somit verlängert sich die Reaktionszeit bei Auswahlreaktio- nen in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Wahlmöglichkeiten (KRÜGER, 1982). Für eine einfache Wahlreaktionsaufgabe (zwei Antwortmöglichkeiten auf einen Reiz) geben HOLLMANN & HETTINGER

(20004) eine Verlängerung der Reaktionszeit um etwa 0,1 Sekunden an. Bei weiteren Auswahlmöglichkei- ten steigt die Reaktionszeit jedoch nicht linear an, sondern verhält sich am ehesten nach der in Glei- chung 1 dargestellten und von HICK (1952) gefundenen Beziehung.

tr = k log2 (n + 1)

Gleichung 1: Hicksche Gleichung (nach HICK, 1952)

tr = mittlere Auswahlreaktionszeit; k = Konstante der einfachen Reaktionszeit;

n = Anzahl der Wahlmöglichkeiten

Auch unter körperlicher Belastung verändert sich die Reaktionszeit. So zeigte SZMODIS (1977) an 61 Sportlern, dass sich die Reaktionszeit auf akustische Reize mit zunehmender Belastungsstufe verlängert und bei maximaler Belastung am größten ist. Bei gut trainierten Ausdauersportlern trat dieser Effekt je- doch in geringerem Maße auf. Ähnliche Ergebnisse erzielte auch BRISSWALTER (1998).

Da körperliche Belastung eine nachweisliche Auswirkung auf die Reaktionszeit hat, sollte auch unter den Bedingungen der durch einen Höhengewinn hervorgerufenen Hypoxie eine Veränderung der Reaktions- zeit erwartet werden. Bisher konnten hierzu nur widersprüchliche Aussagen getätigt werden. Dies wurde bereits in Kapitel 2 aufgezeigt.

Prinzipiell werden unter hypoxischen Bedingungen eine herabgesetzte Koordination und verminderte psy- chomotorische Fähigkeiten beschrieben (KACIREK, 2002).RAMSEY &DAYTON (1970) zeigten bei Auto- fahrern eine verlängerte Reaktionszeit unter den Bedingungen einer durch Atmung eines Gasgemisches erzeugten Hypoxie. Solch eine Verlangsamung der Reaktionszeiten konnte auch von KOBRIK &DUSEK

(1970) nachgewiesen werden. Durch einen Aufenthalt in mittleren Höhen wurden jedoch von PAUL &

FRASER (1994) und O´CARROLL &MACLEOD (1997) keine Auswirkungen auf die Reaktions- und Wahl- reaktionsfähigkeit festgestellt.

Insgesamt zeigen diese unterschiedlichen Aussagen, dass bisher noch kein Konsens gefunden wurde, der die Auswirkungen der Hypoxie auf die psychomotorischen Fähigkeiten und hier im Speziellen auf die Reaktions- und Wahlreaktionsfähigkeit abschließend darstellt. Es kann aber wohl davon ausgegangen

(26)

werden, dass die Hypoxie einen Einfluss auf die Informationsverarbeitungsfähigkeit des Menschen nimmt und somit auch die Reaktions- und Wahlreaktionsfähigkeit beeinflusst (FOWLER &TAYLOR, 1987).

3.2 Bedeutsame physiologische und psychomotorische Anpassungsprozesse im Altersver- lauf

Bereits in der Einleitung wurde beschrieben, dass schätzungsweise 15 % aller Touristen im alpinen Raum über 60 Jahre alt sind. Die über 40-Jährigen machen sogar schon 60 % dieser Personen aus (BURTSCHER ET AL., 2000). Macht man sich zusätzlich die zukünftige demoskopische Entwicklung in der Bundesrepu- blik Deutschland bewusst, so zeigt dies, welch aktuelle Bedeutung die Abnahme der Leistungsfähigkeit im Alter in Bezug auf die Risikofaktoren und Unfallzahlen in der Höhe hat.

Beide Faktoren (Höhe und Alter) können die Leistungsfähigkeit des Menschen stark beeinflussen. In die- sem Kapitel sollen die wichtigsten Auswirkungen des Alterungsprozesses auf den menschlichen Organis- mus dargestellt werden.

3.2.1 Allgemeine Vorbemerkungen zum Alter

Das Altern findet in unterschiedlichem Ausmaß und Tempo auf allen Organisationsstufen des Lebens statt. So kann man chronologisches (kalendarisches), biologisches (funktionales) und psycho- soziologisches (subjektives) Alter unterscheiden (METKERET AL., 1994). Üblicherweise wird das chrono- logische Alter genutzt, um Personen in altersbezogene Gruppen einzuteilen. Dies ist einfach zu ermitteln, kann jedoch nicht die vielfältigen Aspekte des Alterns ausreichend erfassen. Somit wurden unterschiedli- che Konzepte des Alterungsprozesses entwickelt. Dementsprechend versucht das Konzept des funktiona- len Alterns, die unterschiedlichen, altersabhängigen Verluste in den einzelnen Funktionsbereichen zu er- fassen und hierdurch einen Altersbegriff zu definieren (SALTHOUSE, 1986). Aufgrund der großen Band- breite der biologischen Systeme und ihrer Subsysteme scheint es jedoch schwierig durch das Modell des funktionalen Alterns einen zusammenfassenden Altersbegriff herzuleiten. Auch das Defizit-Modell des Alterns, welches den Alterungsprozess im wesentlichen durch Verluste der physischen und kognitiven Leistungsfähigkeit und andere Abbauprozesse definiert (FISCHER, 1991), lässt sich heute in dieser Form aufgrund der bekannten interindividuellen Unterschiede des Alterungsprozesses nicht mehr aufrecht erhal- ten. Da sich der Prozess des Alterns in einigen Bereichen durch regelmäßiges Üben und Training aufhal- ten lässt, entwickelte sich das Disuse-Modell (KAUSLER, 1991). Altern wird hierbei nicht als zeitlich de- terminierter Abbauprozess gesehen, sondern kann durch regelmäßigen Gebrauch physischer, psychischer und sozialer Funktionen aufgehalten werden. Ein weiteres Modell entwickelte OLBRICHT (1987) mit sei-

(27)

nem Kompetenz-Modell. Hiernach spiegelt das Verhalten im Alter die Anforderungen an die Person und ihre Ressourcen wider. Somit wird das Altern durch situative und personenspezifische Faktoren bestimmt.

Dieser Überblick zeigt einige der z. Zt. verfügbaren Theorien des Alterns auf. Bis heute kann hingegen keine dieser Theorien allein den vielgestaltigen Prozess des Alterns ausreichend definieren. Somit muss man wohl das Altern durch eine Kombination mehrerer Faktoren und Modelle beschreiben(WEISSER &

OKONEK, 2003).

3.2.2 Spezielle physiologische Auswirkungen des Alterungsprozesses

Der Beginn des Alterungsprozesses im Sinne eines Funktionsverlustes wird mit dem 30. Lebensjahr ange- geben. Zu diesem Zeitpunkt liegt das Funktionsniveau des Organismus bei seinem Optimum (WEISSER &

OKONEK, 2003).

Die folgenden Abschnitte sollen nun die grundlegendsten Auswirkungen des Alterns auf die Bereiche des respiratorischen und des Herz-Kreislauf-Systems aufzeigen.

Respiratorisches System

Die Lunge unterliegt im Alterungsprozess vielen unterschiedlichen Funktionsverlusten. Besonders sind der Elastizitätsverlust des knöchernen Thorax und der Lunge, die Verminderung der Anzahl der Alveolen und die Dezimierung der Lungenkapillaren hervorzuheben. Hierdurch sinkt die Vitalkapazität bei gleich- zeitig steigendem Residualvolumen. Das maximal erreichbare Atemminutenvolumen (AMV) fällt in Folge etwa parallel zum Altersverlauf. Bei einer zusätzlichen, gleichzeitigen Verschlechterung des V/Q- Verhältnisses und einer Abnahme der Diffusionskapazität sinkt der PaO2 schließlich noch weiter (HOLL- MANN &HETTINGER, 20004).

HOLLMANN &HETTINGER (20004) diskutieren als Ursache des verminderten AMV zusätzlich eine limitie- rende Rolle seitens physiologischer Altersveränderungen in den Luftwegen und einer relativen Hypoventi- lation, hervorgerufen durch eine erhöhte CO2-Sensibilitätsschwelle.

Herz-Kreislauf-System

Mit zunehmender Lebensdauer nimmt auch das maximal erreichbare HZV ab. Dies ist sowohl durch eine Verminderung der maximal erreichbaren Herzfrequenz, als auch durch eine Abnahme des Schlagvolu- mens begründet. Die Reduktion des Schlagvolumens wird auf eine verringerte Kontraktilität und Elastizi- tät des Herzmuskels zurückgeführt (WEISSER &OKONEK, 2003). Über die Gründe für die in Abbildung 8 dargestellte Abnahme der maximalen Herzfrequenz im Altersverlauf gibt es unterschiedliche Theorien.

(28)

Eine von LÖLLGEN (20003) aufgezeigte Ursache liegt in der Annahme, eine Herabregelung der β- Rezeptoren würde zu einem verminderten Ansprechen des Herzens auf Katecholamine führen. Wichtig ist jedoch, dass die Abnahme der maximalen Herzfrequenz interindividuell sehr unterschiedlich ausfällt (WEISSER &OKONEK, 2003).

Zusätzlich zur maximal erreichbaren Herzfrequenz nimmt die submaximale Herzfrequenz mit dem Alter ab. Unter Belastungsbedingungen resultiert daraus ein insgesamt langsameres Ansteigen der Herzfre- quenzkurve mit einem früher erreichten Maximum (HOLLMANN & HETTINGER, 20004).

Maximale Herzfrequenz im Altersverlauf nach verschiedenen Autoren

125 145 165 185 205

30 35 40 45 50 55 60 65 70

Alter [J]

Maximale Herzfrequenz [1/min]

Lester Ellestad Bruce

Abbildung 8: Maximale Herzfrequenz im Altersverlauf nach verschiedenen Autoren (nach HOLLMANN &HETTINGER, 20004)

1/min = pro Minute; J = Jahre

Für den systolischen Blutdruck gilt, dass er kontinuierlich mit dem Lebensalter ansteigt. Für den diastoli- schen Blutdruck hingegen, dass er bis zum 50sten Lebensjahr ansteigt und dann, hauptsächlich aufgrund des Elastizitätsverlustes der Aorta (verminderte Windkesselfunktion), leicht abnimmt. Hieraus resultiert eine Zunahme der Blutdruckamplitude mit fortschreitendem Alter (WEISSER &OKONEK, 2003).

(29)

3.2.3 Auswirkungen des Alterungsprozesses auf die körperliche Leistungsfähigkeit

Die Veränderungen der Organfunktionen führen mit zunehmendem Alter zu einer stetigen Abnahme der VO2max (HOLLMANN & HETTINGER, 20004). Zwischen dem 20sten und dem 60sten Lebensjahr beträgt diese Abnahme bei Männern etwa 25-30 % des Ausgangswertes. Dies ist in Abbildung 9 deutlich zu er- kennen. Besonders hervorzuheben ist, dass sich sportliche Inaktivität weitaus stärker auf die Leistungsfä- higkeit auswirkt, als das Alter allein. So wiesen laut HOLLMANN & HETTINGER (20004) CASCH ET AL. einen Verlust der VO2max bei sportlich Aktiven von 5 % und bei sportlich Inaktiven von 19 % pro Dekade nach (zwischen dem 43sten bis 71sten Lebensjahr). ROGERSET AL. fanden in ihren Untersuchungen Ver- luste von 12 % für Untrainierte und von 5,5 % für Trainierte pro Dekade.

O2-Aufnahmefähigkeit im Altersverlauf für untrainierte Personen

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Alter [J]

O2-Aufnahmefähigkeit [l/min]

Männer Frauen

Abbildung 9: O2-Aufnahmefähigkeit im Altersverlauf für untrainierte Personen

(nach Rost, 2002)

l/min = Liter pro Minute; J = Jahre

Belastungsbegrenzend wirken sich sowohl die Veränderungen am respiratorischen System, als auch die Erniedrigung des HZV aus. Auf gegebenen, submaximalen Belastungsstufen bleibt die O2-Aufnahme un- abhängig vom Alter. Hier kann das verminderte HZV noch durch eine vergrößerte arterio-venöse O2- Differenz ausgeglichen werden, die maximal mögliche arterio-venöse O2-Differenz verringert sich jedoch.

Dadurch bleibt während ergometrischer Belastungen die Herzfrequenz bei gegebenen Belastungsstufen vom Alterungsprozess unbeeinflusst (HOLLMANN &HETTINGER, 20004).

(30)

Beobachtungen des Laktatverhaltens unter Belastung zeigten eine Erhöhung der Laktatkonzentration bei gegebener Belastungsstufe im Verlauf des Lebens. Die maximal erreichbaren Laktatwerte scheinen sich jedoch im Laufe des Lebens nicht zu verändern (HOLLMANN &HETTINGER, 20004).

3.2.4 Auswirkungen des Alterungsprozesses auf die Reaktions- und Wahlreaktionsfähigkeit

In zahlreichen Studien wird eine Abnahme der Reaktionsfähigkeit und damit auch der Wahlreaktionsfä- higkeit im Verlauf des Alterns beschrieben (so z. B.: KAY,1954;RIKLI &BUSCH 1986;VERCRUYSSEN, 1992). Der Verlauf des Abbaus dieser Fähigkeiten ist aus den Abbildungen 10 und 11 deutlich erkennbar.

Abbildung 10: Die einfache Reaktionsfähigkeit im Altersverlauf (nach SEIB, 1990) J = Jahre

Die zeitlich verlängerten Reaktionsleistungen werden vor allem mit einem erhöhten Zeitbedarf im prämo- torischen (informationsverarbeitenden) Anteil des Reaktionsprozesses und weniger im motorischen (be- wegungsausführenden) begründet. Hierbei spielen alterungsbedingte Verlangsamungen der Informations- verarbeitungsprozesse sowohl in den Sinnesorganen, als auch im Zentralnervensystem eine Rolle. Diese scheinen auf Verlangsamungen der zentralnervösen Prozesse bei älteren Personen zurückzuführen zu sein.

Es bestehen jedoch große Unterschiede, je nach der Art, Dichte und Komplexität der Reizdarbietung, so- wie der Faktoren Intelligenz, Gesundheit, Sozialstatus und Geschlecht der untersuchten Person (PÖTHING ET AL., 1983 zitiert nach SCHALLER, 2003).

Die einfache Reaktionsfähigkeit im Altersverlauf

50 60 70 80 90 100

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Alter [J]

Prozent

Einfachreaktion

(31)

Da ein Abfall der reaktiven Leistungsfähigkeit insbesondere mit der Komplexität der Aufgabe, den Anfor- derungen an Lernen und Gedächtnis und der Zahl der Reaktionsalternativen zusammenhängt, zeigen sich altersbedingte Abfälle gerade für Mehrfachwahlreaktionen (METKER ET AL., 1994).

Die komplexe Reaktionsfähigkeit im Altersverlauf

100 110 120 130 140 150 160 170 180

20 30 40 50 60 70 80

Alter [J]

Richtige Antworten

Mehrfachreaktion Mindestnorm

Abbildung 11: Die komplexe Reaktionsfähigkeit im Altersverlauf (nach SEIB, 1990 nach SCHALLER, 2003)

J = Jahre

Gerade für den Abbau der Reaktionsfähigkeit im Altersprozess zeigen sich dagegen interindividuell enor- me Unterschiede. Diese sind auf den großen Einfluss des Übens und Trainierens auf die Reaktionsfähig- keit zurückzuführen. So wurden z. B. bei 60- bis 70jährigen Läufern und Tennisspielern bessere Reakti- onszeiten gefunden als bei 20- bis 30jährigen Nichtsportlern (SPIRDUSO &CLIFFORD, 1978).

(32)

4 Untersuchungsziele und Arbeitshypothesen

In den vorausgegangenen Kapiteln wurde beschrieben, dass die Höhe und das Alter Einfluss auf die physi- sche und psychomotorische Leistungsfähigkeit des Menschen nehmen. Physiologische Parameter wie Herzfrequenz, SaO2 und Laktatkonzentration verhalten sich unter den Bedingungen der Höhenexposition anders als unter N.N. Diese Veränderungen der physiologischen Parameter wirken sich auch auf die psy- chomotorischen Fähigkeiten des Menschen aus.

Um die Auswirkungen der, durch den Höhenaufenthalt ausgelösten, hypobaren Hypoxie auf die Wahlre- aktionsfähigkeit des Menschen untersuchen zu können, absolvierten zwölf Probanden im Seniorenalter auf 3100 m und 57 m mehrere computergestützte Wahlreaktionstests mit Hilfe des Wiener Testsystems. Auf jeder Höhenstufe wurde jeweils ein Test vor und nach einer definierten Belastung durchgeführt und gleichzeitig die physiologischen Parameter Herzfrequenz und SaO2 bestimmt. Diese Ergebnisse wurden mit denen einer Kontrollgruppe, welche keinen Höhenaufenthalt und Belastungstests absolviert hatte, ver- glichen.

Im Einzelnen stellen sich die Ziele diese Arbeit wie folgt dar:

1. Untersuchung der Änderung der Wahlreaktionsfähigkeit im Alter im Zustand einer hypobaren Hy- poxie, hervorgerufen durch einen Höhenaufenthalt auf 3100 m, zu derjenigen unter Normoxie auf 57 m.

2. Untersuchung der, durch einen Höhenaufenthalt auf 3100 m hervorgerufenen, Änderung der physio- logischen Parameter Herzfrequenz und SaO2 im Alter im Vergleich zu 57 m.

3. Untersuchung der Änderung der Wahlreaktionsfähigkeit im Alter vor und nach einer Belastung durch einen Stepp-Test auf 3100 m im Vergleich zu 57 m.

4. Untersuchung der Änderung der physiologischen Parameter Herzfrequenz und SaO2 im Alter vor und nach einer Belastung durch einen Stepp-Test auf 3100 m im Vergleich zu 57 m.

(33)

In Bezug auf die Untersuchungsziele und die Ermittlung der Ergebnisse sollen für die Interventionsgruppe schließlich folgende Arbeitshypothesen geprüft werden:

H1a1: Die Probanden zeigen auf 3100 m weniger richtige Reaktionen als auf 57 m.

H1a2: Die Probanden zeigen auf 3100 m mehr falsche Reaktionen als auf 57 m.

H1a3: Die Probanden lassen auf 3100 m mehr Reaktionen aus als auf 57 m.

H1b1: Die Herzfrequenz ist auf 3100 m höher als auf 57 m.

H1b2: Die SaO2 ist auf 3100 m niedriger als auf 57 m.

H1c1: Die Probanden zeigen nach einem Belastungstest auf 3100 m weniger richtige Reaktionen als auf 57 m.

H1c2: Die Probanden zeigen nach einem Belastungstest auf 3100 m mehr falsche Reaktionen als auf 57 m.

H1c3: Die Probanden lassen nach einem Belastungstest auf 3100 m mehr Reaktionen aus als auf 57 m.

H1d1: Die Herzfrequenz steigt nach einem Belastungstest auf 3100 m höher als auf 57 m.

H1d2: Die SaO2 fällt nach einem Belastungstest auf 3100 m tiefer als auf 57 m.

In der Kontrollgruppe sollen folgende Arbeitshypothesen geprüft werden:

H0a1: Die Anzahl der richtigen Reaktionen der Probanden entspricht am ersten Testtag denen des zweiten Testtages.

H0a2: Die Anzahl der falschen Reaktionen der Probanden entspricht am ersten Testtag denen des zweiten Testtages.

H0a3: Die Anzahl der ausgelassenen Reaktionen der Probanden entspricht am ersten Testtag denen des zweiten Testtages.

H0b1: Die Herzfrequenz ist am ersten Testtag gleich hoch wie am zweiten Testtag.

H0b2: Die SaO2 ist am ersten Testtag gleich hoch wie am zweiten Testtag.

(34)

5 Material und Methoden

Im folgenden Kapitel werden die in dieser Arbeit verwendeten Untersuchungsmaterialien und Methoden erläutert. Zu Beginn wird das Untersuchungsgut dargestellt. Darauf folgt die Vorstellung des Untersu- chungsganges und der Untersuchungsverfahren. Schließlich werden noch die verwendeten Untersu- chungsmaterialien und die statistischen Methoden dargestellt.

5.1 Untersuchungsgut

Für die Untersuchung konnten insgesamt 24 Probanden gewonnen werden. Von diesen nahmen 14 an einem zweiwöchigen Skikurs im Rahmen des Seniorensportprogramms des Instituts für Sportwissenschaft und Sport der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn teil. Der Skikurs fand im März 2004 in Saas Almagell (Schweiz) statt. Diese 14 Teilnehmer bildeten die Interventionsgruppe.

Die Kontrollgruppe setzte sich aus zehn Probanden zusammen, die Mitarbeiter oder Teilnehmer an Senio- rensportkursen am Institut für Sportwissenschaft und Sport waren. Sie hielten sich zum Zeitpunkt der Un- tersuchungen in Bonn auf und waren keinen Höhenänderungen ausgesetzt.

Alle Teilnehmer waren nach eigenen Angaben gesund und stellten sich freiwillig für die durchgeführten Untersuchungen zur Verfügung. Sie wurden in einem ausführlichen Gespräch über die Untersuchungszie- le, den Untersuchungsgang und potentielle Risiken aufgeklärt. Der gesamte Untersuchungsablauf wurde schließlich im Einklang mit den Grundlagen der 1983 revidierten Deklaration des Weltärztebundes von Helsinki durchgeführt.

Die Interventionsgruppe bestand aus 14 Probanden, acht weiblichen und sechs männlichen. Das Durch- schnittsalter der Gruppe lag bei 64 Jahren. Sie können als für ihre Altersklasse überdurchschnittlich sport- lich aktiv eingestuft werden, da sie regelmäßig entweder am Seniorensport der Rheinischen Friedrich- Wilhelms-Universität Bonn oder anderen Vereinssportangeboten teilnehmen. Während der Untersuchun- gen mussten eine Probandin krankheitsbedingt und eine Probandin aufgrund der Einnahme von Medika- menten, welche die Reaktionsfähigkeit beeinflussen, ausscheiden. Somit ergab sich für die Interventions- gruppe die in Tabelle 2 dargestellte Zusammensetzung.

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Wert hat, kann sich der Säure- schutzmantel der Haut bis zum nächsten Händewaschen nicht mehr regenerieren.. Sie wird an- fälliger gegen äußere Einflüsse wie Mikroorganismen

„Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden politischen Spannungen zwischen Russland auf der einen und der EU auf der anderen Seite müssen wir auch von Seiten der Wirtschaft