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Das Asylverfahren mit besonderer Berücksichtigung. der Verfahrensdauer

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Academic year: 2022

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(1)

Das Asylverfahren mit besonderer Berücksichtigung der Verfahrensdauer

Diplomarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades

Magister der Rechtswissenschaften

Im Diplomstudium der Rechtswissenschaften

Eingereicht von:

Sebastian Kaiser

Angefertigt am:

Institut für öffentliches Wirtschaftsrecht

Beurteiler:

o. Univ. Prof. Dr. Bruno Binder

Linz, Juni 2016

(2)

Eidesstattliche Erklärung:

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Linz, Juni 2016 ………

Sebastian Kaiser

(3)

Inhaltsverzeichnis

I. Abkürzungsverzeichnis ... 6

II. Vorwort ... 8

III. Asylrechtliche Grundlagen ... 10

A. Völkerrechtliche Grundlagen ... 10

1. Die Genfer Flüchtlingskonvention ... 10

2. Die Europäische Menschenrechtskonvention ... 11

B. Unionsrechtliche Grundlagen... 14

1. Die Dublin III-Verordnung ... 14

2. Die Asylverfahrensrichtlinie ... 14

3. Die Statusrichtlinie ... 15

C. Innerstaatliche Rechtsgrundlagen ... 16

1. Das Asylgesetz 2005 ... 16

2. Das BFA-Einrichtungsgesetz ... 16

3. Das BFA-Verfahrensgesetz ... 17

IV. Der Ablauf des Asylverfahrens ... 18

A. Verfahren vor dem BFA ... 18

1. Verfahrensgrundsätze und Mitwirkungspflichten ... 18

2. Einleitung des Verfahrens ... 20

3. Das Zulassungsverfahren ... 21

a) Drittstaatsicherheit ... 22

b) Schutz im EWR-Staat oder der Schweiz ... 23

c) Zuständigkeit eines anderen Staates ... 23

4. Das inhaltliche Verfahren ... 26

a) Verfahren zur Anerkennung als Asylberechtigter ... 26

b) Verfahren zu Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter ... 35

B. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen ... 41

1. Allgemeines... 41

2. Rückkehrentscheidung ... 41

3. Anordnung zur Außerlandesbringung ... 44

4. Unzulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ... 45

(4)

C. Rechtsmittelverfahren ... 47

1. Verfahren vor dem BVwG ... 47

a) Allgemeines und Verfahrensrecht ... 47

b) Beschwerdefristen ... 48

c) Wirkung von Beschwerden ... 48

d) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ... 49

e) Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ... 51

f) Vorbringen in der Beschwerde und mündliche Verhandlung ... 53

g) Entscheidung durch das BVwG ... 54

2. Verfahren vor den Höchstgerichten ... 56

a) Revision an den VwGH ... 56

b) Beschwerde an den VfGH ... 58

c) Beschwerde an den EGMR ... 59

V. Länge/Dauer der Asylverfahren ... 61

A. Grundlegendes zur Dauer ... 61

1. Entscheidungsfristen im Asylverfahren ... 61

a) Einleitung des Verfahrens ... 61

b) Verfahren vor dem BFA ... 62

c) Verfahren vor dem BVwG ... 63

d) Verfahren vor dem VwGH/VfGH/EGMR ... 64

2. Besondere Entscheidungsfristen ... 66

a) Verkürzte Entscheidungsfrist bei Schubhaft ...66

b) Verkürzte Entscheidungsfrist bei Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ...67

c) Beschleunigtes Verfahren... 69

3. Durchschnittliche Verfahrensdauer ... 72

a) Verfahrensdauer vor dem BFA ... 73

b) Verfahrensdauer vor dem BVwG ... 74

4. Mögliche Ursache für lange Verfahrensdauer ... 75

5. Probleme aufgrund langer Verfahren ... 78

B. Vorgehen gegen Untätigkeit ... 82

1. Säumnis des BFA ... 82

(5)

2. Säumnis des BVwG ... 85

C. Beschleunigungsmaßnahmen ... 87

1. Historische Novellierungen ... 87

a) AsylG 2005 ... 87

b) Novelle BGBl I 2008/2 ... 88

c) Novelle BGBl I 2011/38 ... 89

d) Novelle BGBl I 2012/87 ... 90

e) Novelle BGBl I 2015/70 ... 90

2. Aktuelle Gesetzesnovelle ... 92

VI. Dauer der Asylverfahren in anderen europäischen Ländern ... 94

A. Niederlande ... 94

B. Italien ... 97

C. Deutschland ... 99

VII. Zusammenfassung ... 102

VIII. Schlussbemerkung ... 107

IX. Literaturverzeichnis ... 109

X. Onlinequellen ...110

(6)

I. Abkürzungsverzeichnis

Abs Absatz

Art Artikel

AsylG Asylgesetz 2005

AsylGH Asylgerichtshof

AsylverfahrensRL Asylverfahrensrichtlinie

AVG Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991

B-VG Bundes-Verfassungsgesetz

BAMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl

BFA-G BFA-Einrichtungsgesetz BFA-VG BFA-Verfahrensgesetz

BGBl Bundesgesetzblatt

BVwG Bundesverwaltungsgericht

bzw beziehungsweise

ca circa

dh das heißt

DublinVO Dublin III-Verordnung

EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Menschenrechtskonvention

EU Europäische Union

EWR Europäischer Wirtschaftsraum FPG Fremdenpolizeigesetz 2005

FrÄG Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015

gem gemäß

GFK Genfer Flüchtlingskonvention

GP Gesetzgebungsperiode

GRC Grundrechtecharta

idF in der Fassung

iSd im Sinne der/des

iVm in Verbindung mit

(7)

lit litera

LPD Landespolizeidirektion

ME Ministerialentwurf

NAG Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz

Nr Nummer

Rsp Rechtsprechung

sog sogenannte

StatusRL Statusrichtlinie

StGB Strafgesetzbuch

ua unter anderem

UBAS Unabhängiger Bundesasylsenat

uU unter Umständen

VA Volksanwaltschaft

va vor Allem

VfGH Verfassungsgerichtshof

VfGG Verfassungsgerichtshofgesetz 1953

vgl vergleiche

VwGH Verwaltungsgerichtshof

VwGG Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 VwGVG Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz

Z Ziffer

zB zum Beispiel

ZpzEMRK Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention

(8)

II. Vorwort

Das Jahr 2015 war geprägt von der Flüchtlingsthematik. Nur wenige andere Themen waren in den Medien so präsent wie dieses. Dabei erfuhr das Asyl- bzw Fremdenrecht relativ viel Kritik, insbesondere hinsichtlich der Verfahrensdauer. Von allen Seiten werden immer wieder Forderungen laut, Asylverfahren rascher abzuschließen bzw zu beschleunigen.

Ziel dieser Diplomarbeit ist es, diese Kritik aufzugreifen und einen Überblick über die Verfahrensdauer im Asylrecht zu geben. Wie lange sollten Asylverfahren dauern bzw wie lange dauern diese tatsächlich? Um diese Problematik zu diskutierten, ist es vorher nötig, das Asylverfahren bzw das Asylrecht generell in Grundzügen darzustellen. Zu Beginn sollen daher die relevanten Gesetze erwähnt werden.

Danach erfolgt eine Darstellung des Ablaufs des Asylverfahrens in Österreich, wobei auch auf die Rechtsmittelverfahren eingegangen werden soll.

In einem nächsten Kapitel soll zunächst erörtert werden, wie lange Asylverfahren aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen dauern sollten. Welche Entscheidungsfristen sieht der Gesetzgeber für die einzelnen Instanzen vor?

Danach erfolgt eine Darstellung der faktischen Asylverfahrensdauer. Wie viel Zeit vergeht tatsächlich zwischen Stellung des Antrages und Abschluss des Verfahrens?

Mögliche Gründe für überlange Asylverfahren sowie daraus resultierende Problemstellungen sollen ebenfalls diskutiert werden.

Da das Asyl- und Fremdenrecht eine Materie ist, die relativ häufig geändert wird, soll auch auf einzelne Novellierungen der letzten Jahre eingegangen werden, inwiefern sich diese auf die Verfahrensdauer ausgewirkt haben. Es soll der Frage nachgegangen werden, welche konkreten Maßnahmen unternommen wurden, um Asylverfahren entsprechend zu beschleunigen. Konnten die den Novellierungen zugrundeliegenden Ziele der Verfahrensbeschleunigung erreicht werden oder war eher das Gegenteil der Fall?

(9)

Zum Schluss soll das österreichische Asylverfahren hinsichtlich der Themen Verfahrensdauer, Effizienz und Beschleunigung mit den Verfahren in einigen anderen europäischen Ländern verglichen werden. Deren Verfahren soll überblicksartig dargestellt und insbesondere auch auf die Dauer eingegangen werden.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Diplomarbeit grundsätzlich die Sprachform des generischen Maskulinums angewendet. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.

(10)

III. Asylrechtliche Grundlagen A. Völkerrechtliche Grundlagen

1. Die Genfer Flüchtlingskonvention

Auf völkerrechtlicher Ebene ist das Flüchtlingsrecht va in der am 28. Juli 1951 unterzeichneten „Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ (Genfer Flüchtlingskonvention, GFK) geregelt. Sie wurde durch BGBl 1955/55 in den österreichischen Rechtsbestand übernommen und trat am 30.Jänner 1955 in Kraft.1

Die wichtigsten Regelungen der GFK betreffen den Flüchtlingsbegriff an sich sowie die daraus resultierenden Rechte und Pflichten.

Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definiert den Begriff des Flüchtlings. Demnach ist ein Flüchtling wer „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“2

Das Vorliegen der Voraussetzungen des Flüchtlingsbegriffs der GFK hat gewisse Rechte, wie den Zugang zu Bildung und zu sozialen Rechten sowie einen Rechtsanspruch gegenüber den Unterzeichnerstaaten auf die Gewährung von Asyl, zur Folge.3

Eine weitere Konsequenz des Vorliegens der Flüchtlingseigenschaft iSd GFK ist das sog Refoulementverbot des Art 33 GFK. Demnach darf ein Flüchtling nicht in ein

1 Vgl Schumacher/Peyrl/Neugschwendtner, Fremdenrecht4 (2012) S211 2 Vgl Huber/Öllinger/Steiner-Pauls, Handbuch Asylrecht (2004) S15 3 Vgl Schumacher/Peyrl/Neugschwendtner, Fremdenrecht4 (2012) S209

(11)

Land abgeschoben werden, wo ihm schwerste Menschenrechtsverletzungen drohen würden.4

2. Die Europäische Menschenrechtskonvention

Ein für das Flüchtlingsrecht ebenfalls sehr relevanter völkerrechtlicher Vertrag ist die in Österreich im Verfassungsrang stehende „Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ (Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK).

Im Folgenden soll überblicksartig auf die wichtigsten Rechte aus der EMRK eingegangen werden, die für das Flüchtlingsrecht relevant erscheinen.

Art 2 EMRK schützt das Recht eines jeden Menschen auf Leben. Der Staat steht unter dem Verbot, Tötungshandlungen vorzunehmen sowie unter der Pflicht, das Leben zu schützen. In Art 2 Abs 2 lit a bis c werden abschließend Ausnahmen aufgelistet, wonach eine staatliche Tötungshandlung nicht gegen dieses Recht verstößt, sofern sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt (Tötung zur Verteidigung eines Menschen, Tötung anlässlich der Festnahme, Tötung zur Unterdrückung eines Aufstandes).5

Der Staat ist auch insofern dazu verpflichtet, das Recht auf Leben zu schützen, als dass er Flüchtlinge nicht in Länder ausweisen darf, wo den Betroffenen der Tod droht (Refoulementverbot, siehe oben). Solch eine Ausweisung würde das Recht auf Leben gem Art 2 EMRK verletzen.

In Art 3 EMRK ist das Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung normiert. Da hier keine Ausnahmen aufgelistet werden, stellt somit jeder Eingriff in Art 3 EMRK eine Verletzung dar. In diesem Verbot enthalten sind die drei unterschiedlichen Begriffe der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung sowie der erniedrigenden Strafe oder Behandlung.

Bei der Bezeichnung der Folter handelt es sich um eine absichtliche unmenschliche

4 Vgl Huber/Öllinger/Steiner-Pauls, Handbuch Asylrecht (2004) S78

5 Vgl Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 (2012) S146

(12)

Behandlung, die sehr ernstes und grausames Leid hervorruft.6 Eine Behandlung ist unmenschlich, wenn sie absichtlich schwere psychische oder physische Leiden verursacht.7 Erniedrigend ist eine solche nach der Rechtsprechung des EGMR dann, wenn der Betroffene herabgesetzt bzw. gedemütigt wird und in ihm Gefühle der Angst bzw der Minderwertigkeit hervorruft.8

Art 3 EMRK ist im Asylrecht deshalb von zentraler Bedeutung, da auch hier das Refoulementverbot zu beachten ist. Das Verbot der Folter und unmenschlicher bzw.

erniedrigender Strafe oder Behandlung kann auch dadurch verletzt werden, wenn der Betroffene in einen Staat ausgewiesen wird (sei es in seinen Herkunftsstaat oder in den für das Asylverfahren zuständigen Staat), wo ihm eine Behandlung, die gegen Art 3 EMRK verstoßen würde, droht.9

Art 6 EMRK gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren. Dem Betroffenen wird dadurch das Recht eingeräumt, vor einem Gericht iSd Art 6 Abs 1 EMRK, in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört zu werden. Im Anwendungsbereich des Art 6 EMRK ist dem Betroffenen ein faires Verfahren, somit ein Mindestmaß an Verfahrensgarantien, wie zum Beispiel der Grundsatz der Waffengleichheit, das Recht auf angemessene Verfahrensdauer, das Recht auf Akteneinsicht sowie das Recht auf Begründung von Entscheidungen, garantiert.10

Gemäß dem Wortlaut des Art 6 EMRK findet dieser Anwendung auf Verfahren über

„zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen“ (sog „civil rights“) sowie auf Verfahren über die „Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage“. Bei den zivilrechtlichen Ansprüchen handelt es sich nicht nur um Ansprüche, die im nationalen Recht dem Zivilrecht und den Zivilgerichten zugeordnet sind, sondern zum Teil auch um solche aus dem öffentlichen Recht. Von den zivilrechtlichen Ansprüchen nicht erfasst und somit kein Anwendungsbereich des Rechts auf ein faires Verfahren ist der sog „Kernbereich des öffentlichen Rechts“. Dazu gehört ua auch das Asylverfahren. Daher findet das Recht auf ein faires Verfahren iSd Art 6 EMRK auf Verfahren zur

6 Vgl EGMR, 28.7.1999, Selmouni ./. FRA, Nr.25803/94 7 Vgl EGMR, 15.7.2002, Kalashnikov ./. RUS, Nr.47095/99 8 Vgl EGMR, 21.1.2011 (GK), M.S.S. ./. BEL u. GRE, Nr. 30696/09

9 Vgl Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 (2012) S176ff 10 Vgl Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 (2012) S420

(13)

Gewährung von Asyl keine Anwendung.11 Jedoch finden sich ähnliche Garantien in Art 47 und 48 GRC sowie in Art 13 EMRK (näheres dazu unten).

Art 8 EMRK gewährleistet das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Es schützt den Rechtsunterworfenen vor willkürlichen staatlichen Eingriffen in seine Privatsphäre. Für das Asylrecht ist Art 8 EMRK deshalb von großer Bedeutung, da eine Ausweisung bzw. eine Verweigerung der Einreise eine Verletzung dieses Rechts darstellen kann, wenn der Betroffene dadurch von seinen Familienangehörigen getrennt wird.12

In Art 13 EMRK ist das Recht auf eine wirksame Beschwerde geregelt. Dieses gewährt jedoch nicht so weitgehende Verfahrensgarantien wie Art 6 EMRK. Da Art 6 im Asylverfahren aber nicht anwendbar ist, ist Art 13 dafür von größerer Relevanz.

Dem Einzelnen wird hier ein Beschwerderecht vor einer nationalen Instanz wegen einer behaupteten Verletzung eines Rechts aus der EMRK eingeräumt. Dieses Recht muss immer in Kombination mit einem materiellem Recht aus der Konvention geltend gemacht werden. Die EMRK kennt zwar kein Recht auf Asyl, das verletzt sein könnte, allerdings können von einer negativen asylrechtlichen Entscheidung andere Rechte aus der EMRK verletzt sein (Art 2, 3 und 8 EMRK, vgl oben), die iVm Art 13 geltend gemacht werden können.13

Die Gewährleistung des Rechts auf eine wirksame Beschwerde erfordert, dass ein wirksamer Rechtsbehelf vor einer nationalen Instanz zur Verfügung steht. Des weiteren garantiert es ein subjektives Recht auf rechtliches Gehör sowie ein Recht auf Entscheidung.14

11 Vgl Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 (2012) S389f 12 Vgl Huber/Öllinger/Steiner-Pauls, Handbuch Asylrecht (2004) S74

13 Vgl Stern, Das Recht auf Rechtsvertretung bzw -beratung im Asylverfahren, FABL 3/2009-I, S67 14 Vgl Huber/Öllinger/Steiner-Pauls, Handbuch Asylrecht (2004) S75

(14)

B. Unionsrechtliche Grundlagen 1. Die Dublin III-Verordnung

Die Dublin III-Verordnung15 (DublinVO) ist eine Verordnung der EU, die dazu dient festzustellen, welcher Mitgliedstaat für die Durchführung von Asylverfahren zuständig ist. Sie trat am 19.Juli 2013 in Kraft und ist seit dem 1.Jänner 2014 unmittelbar anzuwenden.

Die Verordnung zielt darauf ab, dass Asylsuchende innerhalb der Mitgliedstaaten nur einen Antrag auf internationalen Schutz stellen und somit nur ein Verfahren geführt wird. Zur Bestimmung der Zuständigkeit enthält die Verordnung einen umfassenden Kriterienkatalog. Grundsätzlich ist derjenige Mitgliedstaat zuständig, in den der Asylsuchende zuerst eingereist ist. Wird entgegen dieser Bestimmung dennoch ein Antrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt, dann wird der Asylsuchende in den zuständigen Staat überstellt und das Verfahren dort geführt.16

2. Die Asylverfahrensrichtlinie

Die neue Asylverfahrensrichtlinie17 der EU ersetzt die Richtlinie 2005/85/EG vom 1.12.2005 und legt gewisse Mindestnormen für das Asylverfahren in den Mitgliedstaaten fest. Einige dieser Mindestanforderungen sind zB, dass Verfahren grundsätzlich nicht länger als sechs Monate dauern sollen (Art 31 Abs 3 AsylverfahrensRL) und dass unter gewissen Voraussetzungen Schnellverfahren mit kürzeren Fristen durchgeführt werden können. Im Sinne einer angemessenen Antragsprüfung und einer raschen Verfahrensdauer sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Entscheidungsträger in den Asylbehörden hinreichend geschult sind und ausreichende Informationen zu den Herkunftsstaaten zur Verfügung haben (Art 10 Abs 3 AsylverfahrensRL).

15 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ABl L 180, 31 vom 29.6.2013 16 Vgl Schumacher/Peyrl/Neugschwendtner, Fremdenrecht4 (2012) S247

17 Richtlinie 2013/32/EU/des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, ABl L 180 vom 29.6.2013

(15)

3. Die Statusrichtlinie

Die Statusrichtlinie (oder auch Anerkennungsrichtlinie)18 der EU ersetzt deren Vorgängerversion, Richtlinie 2004/83/EG, und legt bestimmte Mindestanforderungen für die Gewährung internationalen Schutzes und für die Anerkennung als Flüchtling fest. Die Richtlinie verfolgt das Ziel, einheitliche Mindestgarantien für Asylsuchende in den Mitgliedstaaten zu schaffen. Auch soll sichergestellt werden, wann einem Fremden der Status des Asylberechtigten bzw der des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.19 Durch die neue Richtlinie werden Unterschiede hinsichtlich Status und Rechte zwischen Asylberechtigten einerseits und Personen mit subsidiärem Schutz andererseits verringert.

18 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit internationalem Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 337 vom 20.12.2011

19 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 2 K11

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C. Innerstaatliche Rechtsgrundlagen 1. Das Asylgesetz 2005

Das „Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl“ BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2015/70 (Asylgesetz – AsylG 2005), ist das zentrale Gesetz im österreichischen Asylwesen. Dieses regelt gem dessen § 1 die Zuerkennung bzw die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich (Z 1); wann eine Entscheidung nach diesem Gesetz mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu verbinden ist (Z 2); die Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Z 3) sowie den dazu gehörigen besonderen Verfahrensvorschriften (Z 4).

Erwähnenswert ist, dass das AsylG 2005 in seinen Begriffsbestimmungen den Begriff des Flüchtlings nicht selbst definiert, sondern auf die Genfer Flüchtlingskonvention (siehe oben) verweist, der gegenüber dem AsylG Vorrang zukommt sowie uneingeschränkt anwendbar bleibt.20

2. Das BFA-Einrichtungsgesetz

Mit dem „Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl“, BGBl I 2012/87 idF BGBl 2015/70 (BFA- Einrichtungsgesetz – BFA-G), wurde mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eine dem Bundesminister für Inneres unmittelbar nachgeordnete Behörde mit bundesweiter Zuständigkeit eingerichtet.

In die Zuständigkeiten des BFA fallen gem § 3 BFA-G die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des AsylG 2005 (Z 2) sowie die Vollziehung von Teilen des Fremdenpolizeigesetzes – FPG 2005 (Z 3). Demnach ist das BFA für das gesamte Asylverfahren in erster Instanz zuständig.

20 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 74 K2

(17)

3. Das BFA-Verfahrensgesetz

Das „Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden“, BGBl I 2012/87 idF BGBl 2015/70, (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG) regelt Bestimmungen für Verfahren vor dem BFA sowie Verfahrensbestimmungen für Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gegen eine Entscheidung des BFA.

Dem Bundesamt obliegt daher ua die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gem dem AsylG 2005 (§ 3 Abs 1 Z 1), die Gewährung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem dem AsylG 2005 (Z 2) sowie die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gem dem FPG (Z 4).

Dem BVwG obliegt ua die Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide des BFA (§ 7 Abs 1 Z 1 BFA-VG) sowie wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des BFA (Z 4).

(18)

IV. Der Ablauf des Asylverfahrens A. Verfahren vor dem BFA

1. Verfahrensgrundsätze und Mitwirkungspflichten

Auch wenn im AsylG und im BFA-VG zahlreiche Sonderbestimmungen hinsichtlich des Verfahrens normiert sind, ist im erstinstanzlichen Asylverfahren grundsätzlich das AVG21 anzuwenden. Daher gelten die allgemeinen Grundsätze der Offizialmaxime, der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung sowie der Unbeschränktheit der Beweismittel auch im Asylverfahren.22

Die Grundsätze der Offizialmaxime sowie der materiellen Wahrheit iSd § 39 Abs 2 und 3 AVG besagen, dass die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln hat. Sie bestimmt welche Beweise aufgenommen werden sowie den Gang des Ermittlungsverfahrens, auch wenn das Verfahren mittels Antrag eingeleitet wurde.23 Im Sinne der materiellen Wahrheit muss die Behörde die „objektive Wahrheit“ feststellen. Das heißt, sie muss den wahren Sachverhalt ermitteln, auch wenn die Beteiligten eines Verfahrens etwas zugestehen oder außerstreitstellen.

Die Grundsätze der Offizialmaxime und der materiellen Wahrheit werden hinsichtlich des Asylverfahrens in § 18 AsylG näher konkretisiert. Demnach haben die Behörden von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass der Asylsuchende von sich aus alles für die Entscheidung relevante vorbringt. Das hat den Hintergrund, dass im Asylverfahren die inländischen Behörden nicht im Heimatland des Schutzsuchenden Anfragen stellen können. Daher ergeben sich viele entscheidungsrelevante Umstände nur aus den Angaben des Asylwerbers.24 Die Feststellung des relevanten Sachverhaltes ist daher nur bei einer Mitwirkung des Asylwerbers möglich.

Auf Grund dieser Tatsache sind in § 15 AsylG umfassende Mitwirkungspflichten von

21 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl 1991/51 (WV) idF BGBl I 2013/161 22 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 352

23 Vgl Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 (2014) Rz 303 24 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 18 K4

(19)

Asylwerbern im Verfahren normiert.

Die Intention des Gesetzgebers zur Normierung dieser Pflichten, war va auch um eine Verfahrensbeschleunigung zu erzielen. Die Mitwirkungspflichten sollen zu einer schnellstmöglichen Entscheidung im Asylverfahren führen. Es wurde nämlich immer öfter beobachtet, dass Asylwerber zB versuchten, das Verfahren durch Nichtmitwirkung zu verschleppen, um trotz aussichtslosem Asylantrags länger in Österreich bleiben zu können. Deshalb wurden genau determinierte Mitwirkungspflichten normiert, um diesen Missbrauch zu verhindern.25

Einzelne Mitwirkungspflichten sind zB, dass der Asylwerber seinen Antrag zu begründen sowie alle zur Begründung erforderlichen Anhaltspunkte wahrheitsgemäß darzulegen hat (§ 15 Abs 1 Z 1 AsylG). Die erforderlichen Angaben sind insbesondere der Name des Asylwerbers, sein Geburtsdatum, seine Staatsangehörigkeit, Staaten des früheren Aufenthaltes sowie der Fluchtweg nach Österreich.

Außerdem hat der Asylwerber bei Verfahrenshandlungen und Untersuchungen persönlich und rechtzeitig zu erscheinen, wobei er sich nicht vertreten lassen kann.26

Da es in der Vergangenheit auch vorkam, dass sich Asylwerber durch

„Untertauchen“ dem Verfahren längerfristig entziehen wollten, sieht § 15 Abs 1 Z 4 AsylG eine Meldeverpflichtung des Asylwerbers vor. Dieser muss den Behörden seinen Aufenthaltsort und seine Anschrift unverzüglich bekannt geben. Dazu genügt es, wenn er der Meldepflicht nach dem Meldegesetz 1991 nachkommt.

Eine Verletzung der Mitwirkungspflichten kann natürlich Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit des Asylwerbers haben. Gem § 18 Abs 3 AsylG ist im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit auf die Mitwirkung bedacht zu nehmen. Die Behörde hat dies im Rahmen des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung nach § 45 Abs 2 AVG zu beurteilen. Demnach hat sie nach freier Überzeugung zu bewerten, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht.

25 Vgl ErläutRV 952 BlgNR, XXII GP

26 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 380

(20)

2. Einleitung des Verfahrens

Das erstinstanzliche Asylverfahren wird mit dem Antrag auf internationalen Schutz eingeleitet. Bei diesem handelt es sich gem § 2 Abs 1 Z 13 AsylG um „das – auf welche Weise auch immer artikulierte – Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen (…)“. Der Antrag gilt vorerst als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten. Erst wenn dieser nicht zuerkannt wird, gilt der Antrag, ohne weiteres Zutun des Antragstellers, als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

Der Antrag gilt als gestellt, wenn ein Fremder in Österreich vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder einer Sicherheitsbehörde um Schutz ersucht.

Wird er bei einer anderen Behörde gestellt, so hat diese gem § 17 Abs 5 AsylG die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde oder das nächste Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen.

Die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz hat zur Folge, dass der Antragsteller faktischen Abschiebeschutz genießt. Das bedeutet, dass dieser bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben ober abgeschoben werden kann.

Der faktische Abschiebeschutz wirkt absolut. Das heißt, die oben erwähnten Maßnahmen dürfen weder in den Herkunftsstaat noch in einen anderen Staat gesetzt werden.27

Von der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz ist dessen Einbringung zu unterscheiden. Nach Antragstellung haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine erste Befragung durchzuführen sowie den Fremden erkennungsdienstlich zu behandeln. Anschließend sind das Befragungsprotokoll sowie ein Bericht über Identität und Fluchtroute des Fremden, dem BFA zu

27 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 12 K3

(21)

übermitteln. Danach muss eine Anordnung des Bundesamtes zur weiteren Vorgehensweise eingeholt werden. Diese wird zB im Falle von Fremden, die zum Aufenthalt berechtigt sind, dahingehend lauten, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes den Fremden auffordern, sich binnen 14 Tagen in einer Erstaufnahmestelle oder einer Regionaldirektion einzufinden.28

Mit solch einer Anordnung des BFA gilt der Antrag auf internationalen Schutz als eingebracht und der Fremde wird von da an als Asylwerber bezeichnet.

Sobald der Antrag auf internationalen Schutz eingebracht worden ist, ist das Verfahren mit dem Zulassungsverfahren zu beginnen.

3. Das Zulassungsverfahren

Mit der Einbringung des Antrages beginnt das Zulassungsverfahren. Zu dessen Beginn sind, soweit erforderlich, einige in § 29 Abs 6 AsylG normierte Ermittlungsschritte ohne unnötigen Aufschub durchzuführen (zB erkennungsdienstliche Behandlung, Ermittlungen zur Identität des Asylwerbers). Für die Dauer des Zulassungsverfahren ist der Aufenthalt des Asylwerbers nur im Gebiet der Bezirksverwaltungsbehörde seines Aufenthaltsortes zulässig.

Das Verfahren dient in erster Linie der Überprüfung, ob der Antrag auf internationalen Schutz überhaupt zulässig ist. Die Frage der Zulässigkeit ist eine Prognoseentscheidung. Das heißt, es wird zunächst geprüft, ob der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist.29 Das Verfahren ist zuzulassen, wenn der Antrag wahrscheinlich nach dem derzeitigen Wissensstand nicht zurückzuweisen ist.30

Der Antrag auf internationalen Schutz ist bei Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), bei Schutz in einem EWR - Staat oder der Schweiz (§ 4a) sowie bei Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5) als unzulässig zurückzuweisen.

Im Zulassungsverfahren wird daher geprüft, ob eine dieser drei Alternativen vorliegt.

28 Vgl ErläutRV 582 BlgNR XXV GP 9 ad Z 37 29 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 461 30 Vgl ErläutRV 952 BlgNR XXII GP

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a) Drittstaatsicherheit

Der Antrag auf internationalen Schutz ist gem § 4 Abs 1 AsylG dann als unzulässig zurückzuweisen, „wenn der Drittstaatsangehörige in einem Staat, mit dem ein Vertrag über die Bestimmungen der Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages nicht besteht oder die DublinVO nicht anwendbar ist, Schutz vor Verfolgung finden kann.“

Jeder Staat ist ein Drittstaat, außer ein Mitglied des EWR-Abkommens oder die Schweiz.

Dieser Schutz im sicheren Drittstaat ist dann gegeben, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 iVm § 8 Abs 1 AsylG erfüllt sind. Dies ist demnach dann der Fall, wenn dem Asylwerber in diesem Staat

• keine reale Gefahr iSd Art 2 und 3 EMRK droht,

• für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikt droht,

• ein effektives Asylverfahren nach der GFK offen steht,

• eine Aufenthaltsberechtigung während dieses Verfahrens zukommt, und

• Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat – auch im Wege über andere Staaten (Kettenabschiebung) – zukommt, sofern er im Herkunftsstaat gem § 8 Abs 1 AsylG bedroht ist.31

Gem § 4 Abs 3 wird vermutet, dass dieser Schutz in einem Staat auch tatsächlich gewährt wird, wenn dieser die GFK ratifiziert und gesetzlich ein Asylverfahren eingerichtet hat, welches den Grundsätzen dieser Konvention sowie der EMRK entspricht. Ohne konkrete Anhaltspunkte soll die tatsächliche Effektivität des Schutzes im Drittstaat nicht näher untersucht werden, wenn Abs 3 anwendbar ist.32 Diese Vermutung kann allerdings durch entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers widerlegt werden, bzw können konkrete Behauptungen, dass im Drittstaat ein solcher

31 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 4 K13 32 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 4 K15

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effektiver Schutz nicht gegeben ist, genauere Untersuchungen durch die Behörde auslösen.33

b) Schutz im EWR -Staat oder in der Schweiz

Die in § 4a AsylG normierte Regelung ist für Sachverhalte vorgesehen, in denen Flüchtlinge in Österreich einen Asylantrag stellen, obwohl ihnen bereits in einem EWR–Staat oder in der Schweiz der Status des Asylberechtigten bzw der des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und sie dort Schutz vor Verfolgung gefunden haben. In diesen Fällen ist der Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen.

c) Zuständigkeit eines anderen Staates

Gem § 5 AsylG ist der Antrag, wenn er nicht nach den oben erwähnten Alternativen zu erledigen ist, als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Dublin III-Verordnung zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dabei regelt das AsylG nicht selbst, wann welcher Staat für das Verfahren zuständig ist, sondern knüpft an die Zuständigkeitsbestimmungen des Kapitels III der DublinVO an.

Die Kriterien zur Bestimmung der Zuständigkeit finden in der nun folgenden Reihenfolge Anwendung.

Handelt es sich bei dem Flüchtling um einen unbegleiteten Minderjährigen, so ist jener Mitgliedstaat für das Verfahren zuständig, in dem sich ein Familienangehöriger rechtmäßig aufhält. Dies trifft auch dann zu, wenn der Angehörige das Recht zum Aufenthalt aufgrund seiner Eigenschaft als Flüchtling innehat sowie wenn sich der Angehörige noch in einem laufenden Asylverfahren befindet.34

Falls kein Familienangehöriger anwesend ist, ist jener Mitgliedstaat zuständig, in dem der unbegleitete Minderjährige seinen Antrag gestellt hat.

33 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 493 34 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 532

(24)

Falls mehrere Familienangehörige gleichzeitig oder zeitlich nah beieinander in demselben Mitgliedstaat einen Asylantrag stellen, sieht Art 11 DublinVO Regelungen vor, die dafür sorgen sollen, dass sie nicht getrennt werden und für alle derselbe Staat zuständig ist.

Art 12 DublinVO besagt, dass bei Asylwerbern, welche über einen gültigen Aufenthaltstitel oder ein Visum verfügen, jener Mitgliedstaat zuständig ist, der diesen Titel oder das Visum ausgestellt hat.

Wenn festgestellt wird, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig (Art 13 Abs 1 DublinVO). Wenn ein Asylwerber in das Gebiet eines Mitgliedstaats einreist, in dem er kein Visum benötigt, ist dieser Staat für das Verfahren zuständig.

Schlussendlich ist jener Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, in dem der Antrag das erste Mal gestellt wurde, falls sich anhand der oben genannten Kriterien der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt (Art 3 Abs 2 DublinVO).

Gem § 5 Abs 3 AsylG wird davon ausgegangen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs 1 grundsätzlich Schutz vor Verfolgung finden kann. Diese Bestimmung bezieht sich auf mögliche Verletzungen der EMRK, die bei einer, mit einer zurückweisenden Entscheidung verbundenen, Überstellung in den zuständigen Staat drohen könnten.35 Die Mitgliedstaaten sehen sich als sichere Staaten, va hinsichtlich das Refoulementverbot beachtend, an.36 Der Asylwerber kann diese Vermutung jedoch widerlegen, indem er besondere Gründe vorbringt, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes sprechen. Ein Mitgliedstaat trägt daher, auch bei einer Überstellung bzw Ausweisung in einen anderen Mitgliedstaat, für die Einhaltung der EMRK Verantwortung.37

35 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 5 K18 36 Vgl ErläutRV 952 BlgNR XXII GP

37 Vgl EGMR T.I. vs UK, Rs 43844/98

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Nach § 28 Abs 2 AsylG steht dem BFA für das Zulassungsverfahren grundsätzlich eine Frist von 20 Tagen ab Einbringung des Antrages zur Verfügung. Wenn es den Antrag bis dahin nicht zurückgewiesen hat, so ist dieser zuzulassen. Gegen eine Säumnis des BFA besteht hier keine Rechtsschutzmöglichkeit.38

Diese Frist gilt nicht, wenn Konsultationen nach der DublinVO geführt werden und dies dem Asylwerber innerhalb der Frist mitgeteilt wird. Sie gilt ebenfalls nicht, wenn der Asylwerber seine Mitwirkungspflichten nach § 15 AsylG verletzt oder sich dem Verfahren entzieht. Demnach ist Asylwerbern, die an einer raschen Verfahrensführung interessiert sind, zu empfehlen, am Verfahren auch tatsächlich mitzuwirken.

Kommt das BFA nach den notwendigen Ermittlungsschritten zum Ergebnis, dass das Verfahren zuzulassen ist, erfolgt dies nicht durch Bescheid, sondern durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte nach § 51. Die Zulassung bewirkt, dass dem Asylwerber ein Aufenthaltsrecht gem § 13 im gesamten Bundesgebiet zukommt.

Beabsichtigt das BFA, den Antrag wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen, muss sie dies dem Asylwerber mittels Verfahrensanordnung, gegen die eine abgesonderte Beschwerde nicht möglich ist, vorher mitteilen (§ 29 Abs 3 Z 4). Dabei ist er auch an einen Rechtsberater zu verweisen. Gleichzeitig wird eine 24 Stunden nicht unterschreitende Frist zur Vorbereitung eingeräumt. Es folgt eine erneute Einvernahme im Beisein des Rechtsberaters. Je nach Ermittlungsergebnis kann anschließend entweder die Zulassung erfolgen oder aber auch der Antrag mittels Bescheid wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen werden.

Eine zurückweisende Entscheidung ist gem § 10 mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu verbinden. (siehe unten)

38 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 465

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4. Das inhaltliche Verfahren

Mit der Zulassung des Verfahrens beginnt das eigentliche Asylverfahren. Hier wird geprüft, ob dem Asylwerber der Status des Asylberechtigten zu gewähren ist. Wenn dies nicht der Fall ist, wird als nächster Schritt ermittelt, ob ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

a) Verfahren zur Anerkennung als Asylberechtigter

Gegenstand des zugelassenen Asylverfahrens ist, ob dem Asylwerber Flüchtlingseigenschaft iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK zukommt. Der Status des Asylberechtigten ist zu gewähren, wenn alle Tatbestandselemente des Flüchtlingsbegriffs der GFK vorliegen und keine Abweisungstatbestände gegeben sind.39

Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass der Flüchtlingsbegriff der GFK ein materieller ist. Dies bedeutet, dass die Flüchtlingseigenschaft nicht von einem staatlichen Akt abhängt, der Flüchtling also nicht erst mit positivem Bescheid zum Flüchtling wird. Sondern die staatliche Anerkennung geschieht, eben weil jemand Flüchtling ist.40

Tatbestandselemente des Flüchtlingsbegriffs

Wie oben (siehe Kapitel I. A.1.) schon erwähnt, ist Flüchtling gem Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK wer „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“

39 Vgl Schumacher/Peyrl/Neugschwendtner, Fremdenrecht4 (2012) S259 40 Vgl Schumacher/Peyrl/Neugschwendtner, Fremdenrecht4 (2012) S213

(27)

Demnach beinhaltet der Flüchtlingsbergriff fünf Tatbestandselemente:41

• wohlbegründete Furcht

• Verfolgung

• Vorliegen mindestens eines Konventionsgrundes

• Aufenthalt außerhalb des Heimatlandes

• Keine Möglichkeit/Zumutbarkeit der Inanspruchnahme von Schutz durch den Heimatstaat

Wohlbegründete Furcht

Hier wird deutlich, dass es bei der Flüchtlingseigenschaft nicht nur um vergangene Ereignisse geht. Es ist nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gegen den Flüchtling gesetzt wurden. Vielmehr genügt es, das Vorliegen einer begründeten Furcht vor zukünftigen Verfolgungshandlungen glaubhaft zu machen. Bei der Beurteilung ob die Furcht auch „wohlbegründet“ ist, ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Diese kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie objektiv nachvollziehbar ist. Dies ist danach zu beurteilen, ob sich eine durchschnittlich vernünftige Person in der Situation des Asylwerbers aus Konventionsgründen fürchten würde.42

Verfolgung

Laut Rsp des VwGH handelt es sich bei der Verfolgung, um einen

„ungerechtfertigten Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen“.43 Eine Maßnahme ist daher dann als asylrelevante Verfolgung zu qualifizieren, wenn sie eine gewisse Intensität erreicht.

Dies ist zB bei gravierenden Menschenrechtsverletzungen wie des Rechts auf Leben, auf Freiheit oder auf körperliche Unversehrtheit sowie dann der Fall, wenn der Eingriff ein Ausmaß erreicht, dass dem Flüchtling der Verbleib im Heimatland unzumutbar ist.

Die StatusRL, auf die § 2 Abs 1 Z 11 AsylG verweist, zählt demonstrativ einige

41 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 50 42 VwGH 21.9.2000, 2000/20/0286

43 VwGH 24.11.1999, 99/01/0280

(28)

Handlungen auf, die als Verfolgungshandlungen qualifiziert werden können. So zB die Anwendung physischer, psychischer oder auch sexueller Gewalt, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die diskriminierend angewendet werden sowie unverhältnismäßige Strafverfolgung oder Bestrafung (Art 9 StatusRL).

Ausgehen müssen solche Verfolgungshandlungen grundsätzlich von den staatlichen Stellen im Herkunftsstaat. Bei der staatlichen Verfolgung handelt der Staat direkt durch seine Organe, wie zB Polizei, Armee, Beamtenschaft, Richterschaft. Das Handeln dieser Organe muss dem Staat zugerechnet werden können. Wenn sich herausstellt, dass ein Organ aus eigener Motivation Verfolgungshandlungen setzt, was vom Staat nicht toleriert und effektiv bestraft wird, dann sind derartige Handlungen dem Staat nicht zuzurechnen.

Aber auch nichtstaatliche Verfolgungshandlungen können asylrelevant sein. Dies ist der Fall, wenn Verfolgungshandlungen, die von Dritten, nichtstaatlichen Organen, gesetzt werden, vom Staat nicht effektiv verhindert bzw sogar toleriert werden.44

Die Gefahr vor derartigen Verfolgungshandlungen muss aktuell sein, dh sie muss zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen. Frühere Verfolgungshandlungen reichen also nicht aus, können allerdings ein Zeichen dafür sein, dass die Gefahr auch derzeit noch besteht.45 Wenn sich daher im Zeitpunkt der Entscheidung über den Asylantrag die Verhältnisse im Herkunftsstaat des Asylwerbers dahingehend geändert haben, dass diesem keine Verfolgungsgefahr droht, so schließt dies das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft aus.

Vorliegen eines Konventionsgrundes

Damit Verfolgungshandlungen auch aslybegründend sein können, müssen sie aus einem in der GFK erwähnten Verfolgungsgrund gesetzt werden. § 2 Abs 1 Z 12 AsylG verweist auf die StatusRL, welche in Art 10 die Verfolgungsgründe der GFK näher ausführt. Asylrelevant ist eine Verfolgung einer Person aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung.

44 Vgl Schumacher/Peyrl/Neugschwendtner, Fremdenrecht4 (2012) S219 45 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 3 K59

(29)

Dabei ist es nicht notwendig, dass der Verfolgte auch tatsächlich einen dieser Gründe aufweist. Vielmehr genügt es, wenn ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.46

Der Verfolgungsgrund der „Rasse“ muss im weitesten Sinn verstanden werden. Er beinhaltet die Kriterien der ethnischen, sprachlichen und kulturellen Zugehörigkeit einer Person.47 Nach Art 10 StatusRL bezieht sich der Begriff der „Rasse“ vor allem auf die Aspekte der Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe.

Art 10 Abs 1 lit b StatusRL definiert Religion als „theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme bzw Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen und Verhaltensweisen einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.“

Eine Verfolgung aufgrund der Religion kann sich daher in verschiedenen Formen zeigen. Insbesondere zählen dazu das Verbot, Mitglied einer Glaubensgemeinschaft zu sein sowie das Verbot der privaten oder öffentlichen Ausübung der Riten dieser Religion.

Der Begriff der Nationalität ist nicht auf die Staatsangehörigkeit beschränkt, sondern bezieht sich vielmehr auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, „die durch ihre kulturelle, ethnische, oder sprachliche Identität, gemeinsame geographische oder politische Ursprünge oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird.“ (Art 10 Abs 1 lit c StatusRL)

Der Begriff der Nationalität umfasst daher nicht nur Personen mit einer bestimmten Staatsangehörigkeit, sondern auch Staatenlose und Angehörige bestimmter Volksgruppen und ist kaum von den Begriffen der Rasse sowie der sozialen Gruppe zu trennen.

46 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 77 47 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 79

(30)

Als soziale Gruppe werden Personen mit ähnlichem Hintergrund, Gewohnheiten oder sozialer Stellung verstanden.48 Die StatusRL versteht unter sozialer Gruppe eine Gruppe, bei der die Mitglieder „angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat (...)“.

Angehörige einer bestimmten sozialen Gruppe zeichnen sich also durch ein gemeinsames soziales Merkmal aus, aufgrund dessen die Verfolgung erfolgt. Dh, dass die Verfolgung unterbleiben würde, wenn sie dieses Merkmal nicht hätten.49 Als solch eine Eigenschaft können zB ein bestimmter Berufsstand (zB Beamte), das Geschlecht, die sexuelle Orientierung sowie Behinderungen qualifiziert werden. Die österreichische Rsp hat in den letzten Jahren viele, va frauenspezifische Verfolgungen, unter dem Begriff der sozialen Gruppe subsumiert. So zB Zwangsverheiratungen, Ehrenmorde, Genitalverstümmelungen und Zwangsabtreibungen.50

Die StatusRL versteht als politische Gesinnung, dass „der Antragsteller in einer Angelegenheit, die die in Art 6 genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Antragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.“

Aufenthalt außerhalb des Heimatlandes

Der Definition des Flüchtlingsbegriffs der GFK lässt sich entnehmen, dass der Aufenthalt außerhalb des Heimatlandes bzw des Landes des gewöhnlichen Aufenthaltes bei Staatenlosen ein weiteres Kriterium für das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft ist. Asyl kann somit nur Personen gewährt werden, die sich außerhalb des sie verfolgenden Staates befinden.

48 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 3 K42 49 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 89

50 Vgl Schumacher/Peyrl/Neugschwendtner, Fremdenrecht4 (2012) S224

(31)

Keine Möglichkeit/Zumutbarkeit der Inanspruchnahme von Schutz durch den Heimatstaat

Die letzte Voraussetzung ist die Unmöglichkeit bzw die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes durch den Heimatstaat. Da es ohne Zweifel unzumutbar ist, sich des Schutzes des Heimatstaates zu bedienen, wenn dieser selbst die Verfolgungshandlung setzt, bezieht sich diese Voraussetzung va auf die Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure.51

Diese Voraussetzung ist iSd völkerrechtlichen Prinzips zu verstehen, wonach va der Heimatstaat für den Menschenrechtsschutz verantwortlich ist. Wenn es einem Verfolgtem möglich oder zumutbar ist, sich des Schutzes durch sein Heimatland zu bedienen, so ist diese Voraussetzung nicht gegeben und die Flüchtlingseigenschaft ist zu verneinen.52

Abweisungstatbestände

Nachdem ermittelt worden ist, ob auf den Asylwerber die Flüchtlingseigenschaft iSd GFK zutrifft, wird als nächster Schritt geprüft, ob Tatbestände erfüllt werden die iSd § 3 Abs 3 Z 1 und 2 AsylG zu einer Abweisung des Antrags bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten führen.

Innerstaatliche Fluchtalternative

Der Antrag auf internationalen Schutz ist abzuweisen, wenn dem Asylwerber eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG offensteht. Dies ist dann der Fall,

„wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil zugemutet werden kann.“ Schutz ist gewährleistet, wenn im betreffenden Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (näheres siehe unten) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

51 Vgl Schumacher/Peyrl/Neugschwendtner, Fremdenrecht4 (2012) S228 52 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 101f

(32)

Laut Rsp des VwGH müssen folgende Voraussetzungen für das Vorliegen der innerstaatlichen Fluchtalternative vorliegen: Verfolgungsfreiheit im konkreten Teil des Staatsgebietes, Freiheit von sonstigen unzumutbaren Risiken sowie gefahrlose Erreichbarkeit des Gebietes.53

Schutz vor Verfolgung kann dabei nicht nur von staatlichen Stellen, sondern auch von anderen Akteuren gewährleistet werden, sofern diese eine staatsähnliche Machtposition haben und daher effektiven Schutz bieten können. Dies wird dann der Fall sein, wenn jene Akteure den konkreten Landesteil mittels Festlegung und Durchsetzung von Zwangsnormen tatsächlich unter ihrer Kontrolle haben sowie wenn deren Kontrolle über das Gebiet auch eine längere Dauer aufweist.54

Die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative, also der Aufenthalt im betreffenden Landesteil, muss auch zumutbar sein. Dies wird danach beurteilt, ob die Inanspruchnahme der Fluchtalternative von der betreffenden Person vernünftigerweise erwartet55 bzw ob ein relativ normales Leben ohne besondere Härten geführt werden kann.56 Bei der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit müssen daher neben den allgemeinen Umständen im Herkunftsstaat auch die persönlichen Umstände des Asylwerbers berücksichtigt werden.

Ausschlussgründe

§ 6 Abs 1 AsylG listet vier Asylausschlussgründe auf, die nach § 3 Abs 3 Z 2 zu einer Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz führen. Auf die einzelnen Gründe soll im Folgenden überblicksartig eingegangen werden.

Der erste Ausschlussgrund ist jener des Art 1 Abschnitt D GFK. Demnach findet die GFK keine Anwendung bei Personen, die unter den Schutz einer Organisation der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) stehen.

53 Vgl VwGH 19.10.2000, 98/20/0483

54 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 11 K1 55 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 45

56 Vgl UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz: „Interne Flucht- oder Neuansiedelungsalternative“, 2003

(33)

Dieser Ausschlussgrund ist derzeit praktisch nur auf Flüchtlinge anwendbar, die vom Büro der Vereinten Nationen zur Unterstützung der Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) Schutz erhalten. Auf sie trifft die Flüchtlingseigenschaft grundsätzlich zu, bedürfen aber keines Schutzes, da sie die Hilfe einer eigenen Institution genießen.57

§ 6 Abs 1 Z 2 AsylG verweist als nächstes auf die in Art 1 Abschnitt F GFK erwähnten Ausschlussgründe. Dieser listet drei verschiedene Fallkonstellationen auf, bei deren Vorliegen die betreffenden Personen kein Recht auf internationalen Schutz haben bzw den Schutz nicht verdienen.58 Keinen Schutz soll es demnach bei Personen geben, bei denen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sie

• ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben (…),

• bevor sie als Flüchtlinge in den Aufnahmestaat zugelassen wurden, ein schweres politisches Verbrechen begangen haben,

• sich Handlungen schuldig gemacht haben, die sich gegen die Ziele und Prinzipien der Vereinten Nationen richten.

Die Ausschlussgründe des § 6 Abs 1 Z 3 und 4 AsylG sind an Art 33 Abs 2 GFK angelehnt. Nach Z 3 ist die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn angenommen werden kann, dass der Asylwerber eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt. Nach Z 4 ist die Zuerkennung ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB59 entspricht.

57 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 115

58 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 6 K6

59 Bundesgesetz vom 23.Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB) BGBl 60/1974

(34)

Wenn alle Tatbestandselemente des Flüchtlingsbegriffs vorliegen, der Asylwerber also glaubhaft macht, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd der GFK droht und gleichzeitig keine Abweisungstatbestände gegeben sind, dann wird ihm mittels Bescheid der Status des Asylberechtigten gem § 3 Abs 1 AsylG zuerkannt.

§ 2 Abs 1 Z 15 AsylG definiert den Status des Asylberechtigten als „das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht, das Österreich Fremden nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewährt.“

Wenn hingegen die Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegt und/oder ein Abweisungstatbestand erfüllt wird, dann wird der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen.

Nach § 12 Abs 1 BFA-VG haben die Bescheide des BFA den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung auch in einer Sprache zu enthalten, bei der vernünftigerweise davon ausgegangen werden kann, dass der Asylwerber sie versteht. Das Fehlen dieses Formerfordernis bzw eine unrichtige Übersetzung macht den Bescheid nicht nichtig, sondern begründet das Recht auf Wiedereinsetzung in den Stand nach § 71 AVG.60

Bei einer abweisenden Entscheidung des Antrages hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten kommt es von Amts wegen zur Prüfung des Status des subsidiär Schutzberechtigten. Ein gesonderter Antrag ist dafür nicht nötig.

60 Vgl Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 20056 (2012), § 22 K10

(35)

b) Verfahren zur Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter

Einem Asylwerber ist gem § 8 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn der Antrag (wie oben bereits erwähnt) auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, subsidiäre Schutzgründe vorliegen sowie keine Abweisungstatbestände erfüllt werden.

Subsidiäre Schutzgründe

Das Rechtsinstitut des subsidiären Schutzes resultiert aus dem völkerrechtlichen Refoulementverbot, also aus dem Verbot, eine Person in einen Staat abzuschieben, in dem ihr schwerste Menschenrechtsverletzungen drohen.

Gem § 8 Abs 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen

„(...), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der

Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“

§ 8 Abs 1 erwähnt also zwei alternative Schutzgründe, deren Vorliegen dazu führen, dass einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

Reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 EMRK oder 6. und 13. ZPzEMRK Unter einer realen Gefahr ist eine „ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen.“61 Dh, eine Verletzung dieser Rechte durch aufenthaltsbeendende Maßnahmen setzt nicht nur die bloße Möglichkeit voraus, sondern verlangt eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit, dass diese Gefahr tatsächlich gegeben ist.62

61 Vgl ErläutRV 952 BlgNR XXII GP 62 Vgl VwGH 19.2.2004, 99/20/0573

(36)

Art 2 EMRK (siehe Kapitel I. A. 2.) schützt das Recht eines jeden Einzelnen auf Leben. Jedoch gilt dieses Recht nicht absolut, dh es sind Ausnahmen vorgesehen.

Es beinhaltet zB kein Verbot der Todesstrafe. Nach Art 2 dürfen Todesurteile, die von einem Gericht im Falles eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen werden, vollstreckt werden.

Allerdings ist diese Ausnahme durch die Zusatzprotokolle 6 und 13 zur EMRK mittlerweile hinfällig geworden. Diese normieren nämlich die gänzliche Abschaffung der Todesstrafe.63

Art 2 hat hinsichtlich des subsidiären Schutzes im Vergleich zu Art 3 eine eher untergeordnete Bedeutung. Der Schutz vor einer drohenden Todesstrafe im Zielstaat ist grundsätzlich nicht von Art 2 umfasst. Dies fällt eher in den Schutzbereich der beiden erwähnten Zusatzprotokolle, da diese das Verbot der Todesstrafe normieren.

Der Anwendungsbereich des Art 2 im Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist damit hauptsächlich auf Fälle der Gefahr einer tödlichen Bedrohung durch Privatpersonen beschränkt.64

Hierbei ist zu berücksichtigen, inwiefern der Zielstaat, va im Hinblick auf die Pflicht des Staates, das Recht auf Leben vor Eingriffen sowohl durch den Staat selbst, als auch durch Dritte zu schützen, effektiven Schutz garantieren kann.

Von zentraler Bedeutung im Bereich des subsidiären Schutzes ist Art 3 EMRK. Darin sind das Verbot der Folter sowie der unmenschlichen und erniedrigenden Strafe oder Behandlung geregelt. (Zur näheren Definition der Begriffe Folter, unmenschliche/erniedrigende Strafe und Behandlung siehe Kapitel I. A. 2.)

Aus diesem Artikel ergibt sich das Verbot von Abschiebungen in Staaten, in denen den Betroffenen eine Behandlung iSd Art 3 drohen würde. Dieser Schutz umfasst nicht nur solche direkten Abschiebungen, sondern auch sog Kettenabschiebungen.

Dh auch Abschiebungen in einen Staat, in welchem die konkrete Gefahr besteht, dass der Betroffene in einen derartigen Staat weitergeschoben wird, sind verboten.

63 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 210 64 Vgl Putzer, Leitfaden Asylrecht2 (2011) Rz 183

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