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Archiv "Varicella-Zoster-Virusinfektionen während der Schwangerschaft" (07.05.1999)

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A-1198

M E D I Z I N

(42) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 18, 7. Mai 1999 arizellen während der Gravi-

dität sind mit einer Inzidenz von 0,1 bis 0,7/1 000 Schwan- gerschaften ein seltenes Ereignis. We- sentlicher Grund dafür ist, daß über 90 Prozent aller Frauen im gebär- fähigen Alter bereits eine Varicella- Zoster-Virus-(VZV-)Primärinfektion durchgemacht haben. Seroepidemio- logische Studien in Deutschland ha- ben ergeben, daß lediglich fünf bis sieben Prozent der Frauen im Alter von 16 bis 40 Jahren keine virusspezi- fischen IgG-Antikörper aufweisen (1, 11). Kommt es in den ersten beiden Trimestern der Schwangerschaft zur Primärinfektion, führt diese in etwa 25 Prozent zur intrauterinen Infektion.

Die möglichen Auswirkungen auf den Feten reichen dabei von der asympto- matischen Infektion bis zum Abster- ben der Frucht, insbesondere bei schwer verlaufenden mütterlichen Windpocken. Kindliche Fehlbildun- gen, als fetales oder kongenitales Vari- zellensyndrom bezeichnet, werden in etwa zwölf Prozent der infizierten Fe- ten beobachtet. Wie prospektive Stu- dien gezeigt haben, ist das Risiko einer Embryo- beziehungsweise Fetopathie nach mütterlichen Windpocken in den ersten 20 Schwangerschaftswochen mit 2,2 Prozent relativ niedrig (2, 8).

Das fetale Varizellensyndrom wurde erstmals 1947 von Laforet und Lynch (6) beschrieben. Unseres Wis- sens liegen bis heute nahezu 50 Kasui- stiken im internationalen Schrifttum vor (Tabelle 1). Im Vordergrund der

Symptomatik steht eine Befundtetra- logie aus Hautveränderungen mit der- matomaler Verteilung, Augenerkran- kungen, neurologischen Defekten und Skeletthypoplasien. Etwa ein Viertel

der Kinder, die mit diesen Veränderun- gen geboren werden, sterben in den er- sten Lebenswochen. Pathogenetisch gilt eine transplazentare Infektion über den Blutweg als wahrscheinlich, aber auch eine aszendierende Infekti- on, ausgehend vom Epithel der Cervix

uteri, ist denkbar. Aufgrund der seg- mentalen Verteilung der Symptomatik postulierten Higa et al. (3), daß die kli- nischen Veränderungen nicht die un- mittelbare Folge intrauteriner Varizel-

len sind, sondern daß sie durch nach- folgende, dem Zoster ähnliche VZV- Reaktivierungen mit begleitender En- zephalitis in utero verursacht werden.

Für eigene virologische und sero- logische Untersuchungen wurden 22 Frauen mit Windpocken bis zur 36. Ge- stationswoche erfaßt. Bei 16 konnte zum Geburtszeitpunkt serologisch eine akti- ve VZV-Infektion bestätigt werden. Sie- ben Neugeborene zeigten eine positive ZUR FORTBILDUNG

Varicella-Zoster-

Virusinfektionen während der Schwangerschaft

Andreas Sauerbrei Peter Wutzler

Varizellen in der Schwangerschaft sind selten, können aber nach intrauteriner Infektion zum Abort oder schweren Er- krankungen des Kindes führen. Im Folgenden werden die Konsequenzen mütterlicher Windpocken sowie Maßnah-

men zur Diagnose, Prophylaxe und Therapie dargestellt.

Schlüsselwörter: Varicella-Zoster-Virus, intrauterine Infek- tion, fetales Varizellensyndrom, konnatale Varizellen

ZUSAMMENFASSUNG

Infections with Varicella-Zoster Virus during Pregnancy

Chicken pox is a rare disease in pregnancy, but intrauterine infection may lead to abortion or severe diseases of the in- fant. The consequences of maternal varicella-zoster virus in-

fections during pregnancy as well as measures for prevention, diagnosis and treatment are dis- cussed in this article.

Key words: Varicella-zoster virus, intrauterine infection, congenital varicella syndrome, neonatal varicella

SUMMARY

V

Institut für Antivirale Chemotherapie (Direktor:

Prof. Dr. med. habil. Peter Wutzler), Friedrich-Schiller-Universität, Jena

Tabelle 1

Häufigste Symptome des fetalen Varizellensyndroms (Literatur und 5 eigene Fälle)

Symptome Anzahl der Kinder ( n = 48)

Hautveränderungen 44 (92%), davon 5 eigene Fälle (Narben, Defekte)

Augenerkrankungen 33 (69 %), davon 5 eigene Fälle (Mikrophthalmie, Chorioretinitis

Katarakt, Horner-Syndrom, Optikusatrophie)

Neurologische Defekte bzw. 25 (52 %), davon 3 eigene Fälle Erkrankungen

(Hirnatrophie, Paralysen, Krampanfälle, Schluckstörungen, Enzephalitis)

Skeletthypoplasien 19 (40 %), davon 1 eigener Fall Psychomotorische Retardierung 7 (16 %)

Defekte anderer Organe 7 (16%), davon 1 eigener Fall

(2)

IgM-Antwort, wovon vier an den typi- schen Symptomen des fetalen Varizel- lensyndroms erkrankt waren (Tabelle 2). Besonders auffällig waren bei zwei Kindern die ungewöhnlich großen Hautläsionen mit dermatomartiger Ver- teilung, was die Annahme von intraute- rinen VZV-Reaktivierungen durch Hi- ga et al. (3) stützt. Eines der sieben Neu- geborenen litt an einer pulmonalen In- fektion, zwei wurden gesund geboren.

Ein weiteres Kind mit klinischen Sym-

ptomen eines fetalen Varizellensyn- droms, dessen VZV-spezifische IgG- Antikörper bis über das erste Lebens- jahr hinaus persistierten, erkrankte im zweiten Lebensjahr an einem Zoster (Tabelle 2). Da gezielt eingesandte Un- tersuchungsmaterialien an das Nationa- le Referenzzentrum für α-Herpesviren der vergangenen zehn Jahre ausgewer- tet wurden, lassen sich aus den vorlie- genden Befunden bezüglich der Häufig- keit des fetalen Varizellensyndroms kei- ne Schlußfolgerungen ableiten.

Aufgrund der begrenzten Aussa- gefähigkeit serologischer Untersu- chungen wurde versucht, mittels mo- lekularbiologischer und immunhisto- logischer Methoden den Virusnach- weis zu führen. Dabei gelang es, in den formalinfixierten Gewebeproben von Lunge, Milz, Nebenniere, Bulbus oculi und Plazenta eines weiblichen tot geborenen Säuglings (Abbildung 1) VZV-DNA mittels Polmeraseket- tenreaktion (PCR) unter Verwendung

von Oligonukleotidprimern aus dem Gen 29 des VZV-Genoms Fragmente nachzuweisen (Abbildung 2). Diese Befunde ließen sich mit dem VZV- DNA- beziehungsweise -Antigennach- weis in Milz und Nebenniere durch In-situ-Hybridisierung und Immun- peroxidasetechnik bestätigen. In weite- ren vier Fällen ergab die Untersuchung von Fruchtwasser beziehungsweise em- bryonalem Gewebe nach Abruptio der Schwangerschaft in der PCR negative Befunde.

Konnatale Varizellen

Windpocken in den ersten zehn bis zwölf Lebenstagen werden durch intrauterine Übertragung des Vari- zella-Zoster-Virus in der Perinatalpe- riode verursacht und als konnatale, im amerikanischen Schrifttum als neonatale Varizellen bezeichnet. Mit konnatalen Varizellen ist bei einer Primärinfektion in den letzten drei Wochen der Schwangerschaft zu rechnen. Der Schweregrad der Er- krankung beim Neugeborenen steht dabei in enger Beziehung zum Er- krankungszeitpunkt der Mutter, da transplazentar übertragene materna- le Antikörper in der Lage sind, die Schwere der kindlichen Symptomatik abzumildern. Tritt die mütterliche Er- krankung innerhalb von vier bis fünf Tagen vor beziehungsweise bis zu zwei Tagen nach der Entbindung auf, muß beim Neugeborenen in etwa 30 Prozent der Fälle mit lebensbedroh- lich verlaufenden generalisierten Windpocken gerechnet werden. Zu diesem Zeitpunkt wird das Kind mit der mütterlichen Virämie konfron- tiert, ohne daß schützende maternale Antikörper vorhanden sind. Das Ri- siko schwer verlaufender generali- sierter Varizellen wird mit 20 Prozent angegeben.

Eigene Untersuchungen ergaben bei vier von neun Frauen mit Wind- pocken innerhalb von 14 Tagen vor der Entbindung serologisch eine akti- ve VZV-Infektion zum Geburtszeit- punkt. Von den übrigen fünf Frauen waren keine Serumproben verfügbar.

Sechs von sieben Neugeborenen mit positiver IgM-Antwort entwickelten in den ersten zehn Lebenstagen kon- natale Varizellen, in einem Fall mit tötlichem Ausgang (Tabelle 3). Ein Säugling mit spezifischem IgM wurde durch Krampfanfälle auffällig. Zwei Kinder, deren Mütter innerhalb von zwei Wochen beziehungsweise fünf Tagen vor der Entbindung an Wind- pocken erkrankten, waren klinisch ge- sund. VZV-spezifisches IgM ließ sich in diesen Fällen nicht nachweisen. Bei dem Neugeborenen mit letalen kon- natalen Varizellen (Abbildung 3) konnte VZV-DNA im formalinfixier- ten Lebergewebe mittels PCR und In-situ-Hybridisierung nachgewiesen

werden. !

A-1200

M E D I Z I N ZUR FORTBILDUNG

(44) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 18, 7. Mai 1999 Tabelle 2

Klinische Daten und virologische Ergebnisse bei 5 Kindern mit fetalem Varizellensyndrom

Maternale

Symptome Virologische und

Varizellen serologische Ergebnisse

1 8. SSW Narbige Hautdefekte der rechten VZV-IgM: negativ Inguinalregion, Hypoplasie der VZV-IgG: positiv (bis Bauchmuskulatur, Mikrophthalmie, Ende 1. Lebensjahr) Chorioretinitis

(2. Lebensjahr: Herpes zoster)

2 10. SSW Narbige Hautdefekte der linken VZV-IgM: positiv Gesichtshälfte, rechten Thoraxseite, VZV-DNA (PMNL):

Axilla, linken Hüftregion und des negativ linken Oberschenkels,

Chorioretinitis, Hirnatrophie, Hypoplasie oder Bauchmuskulatur

3 13. SSW Tot geborener Säugling, Extremi- VZV-IgM: positiv tätenhypoplasie, narbige Haut- VZV-DNA (Lunge, Milz, defekte der linken Thoraxseite, Nebenniere, linker Axilla, Schulter und des rechten Bulbus oculi, Plazenta):

Beines, Optikusatrophie, positiv Mikrophthalmie, Chorioretinitis,

Coarcatio aortae, Meckel Divertikel

4 20. SSW Narbige Hautveränderungen der VZV-IgM: positiv linken Gesichtsseite, Hirnatrophie,

Krampfanfälle, Chorioretinitis 5 21. SSW Narbige Hautveränderungen,

Chorioretinitis VZV-IgM: positiv

VZV = Varicella-Zoster-Virus

PMNL = Periphere polymorphonukleäre Leukozyten SSW = Schwangerschaftswoche

(3)

Herpes zoster während der Gravidität

Ein Zoster während der Schwan- gerschaft stellt nach den gegenwärtig vorliegenden Befunden kein Risiko für angeborene Fehlbildungen dar. In den eigenen zehn untersuchten Fällen waren bei den Neugeborenen weder serologische Marker für eine akute Infektion noch klinisch manifeste Krankheitssymptome nachweisbar.

Bei den aus der Literatur bekannten Fällen mit kongenitalen Defekten nach mütterlichem Zoster war eine intrauterine Infektion durch serologi- sche und virologische Untersuchun- gen nicht zu belegen (7). Ein mütterli- cher Zoster in der Perinatalperiode gilt ebenfalls nicht als folgenschwere Erkrankung für das Neugeborene, da das Kind durch maternale Antikörper geschützt ist und die Zostererkran- kung nicht mit einer Virämie einher- geht.

Diagnostik

Hinweise auf einen Zusammen- hang zwischen mütterlichen Varizel- len und fetalem Varizellensyndrom stützen sich nahezu ausschließlich auf klinische Beobachtungen (16). Als Beweis einer pränatalen Infektion wird gewöhnlich die Persistenz VZV- spezifischer IgG-Antikörper über den siebten Lebensmonat hinaus angese- hen. Zu diesem Zeitpunkt sind müt- terliche Leihantikörper normalerwei- se nicht mehr nachweisbar. Zur Be- stätigung einer aktiven Infektion kommt dem Nachweis spezifischer IgM/IgA-Antikörper die eigentliche Beweiskraft zu. Die Präsenz von spe- zifischem IgM wurde bislang nur bei wenigen Neugeborenen mit fetalem Varizellensyndrom beschrieben (12).

In den eigenen Untersuchungen war eine IgM-Antwort bei vier von fünf Kindern mit fetalem Varizellensyn- drom und deren Müttern nachweis- bar, wobei sich die indirekte Immun- fluoreszenz als aussagekräftig erwies.

Auch zur Bestätigung konnataler Va- rizellen beim Neugeborenen hat die VZV-Serologie unter Einschluß von IgG-, IgM- und IgA-Antikörpern ei- nen hohen diagnostischen Stellen- wert. Retrospektiver Hinweis auf eine

fetale VZV-Infektion kann auch eine Zostererkrankung im frühen Kindes- alter sein.

Eine zweifelsfreie Sicherung des kausalen Zusammenhanges zwischen mütterlichen Varizellen und angebo- renen Defekten ist aber letztlich nur über den Virusnachweis beim Kind möglich. Im Gegensatz zu intrauteri- nen Röteln- oder Zytomegalievirus- Infektionen konnte das VZV bis heu- te von keinem Neugeborenen mit fe- talem Varizellensyndrom isoliert wer- den. Versuche, das Virus oder virale Antigene direkt nachzuweisen, waren vor allem deshalb nicht erfolgreich, da sensitive virologische Methoden wie die PCR erst seit wenigen Jahren zur Verfügung stehen. Mittels Dot- und Southern-Blot-Hybridisierung gelang es Scharf et al. (13), VZV-DNA in frischen fetalen Gewebeproben ei- nes Frühgeborenen mit fetalem Vari-

zellensyndrom nachzuweisen.

Die eigenen Ergebnisse unter Einsatz der PCR belegen, daß diese Methode auch zur Dia- gnose des fetalen Varizellen- syndroms herangezogen wer- den kann (10).

Mögliche fetale Verän- derungen im Sinne eines kon- genitalen Varizellensyndroms sollten sonographisch wäh- rend der 20. bis 22. Gestati- onswoche abgeklärt werden (9). Eine pränatale Diagno- stik durch den Nachweis spe- zifischer IgM-Antikörper im fetalen Blut sowie von VZV-DNA in den Chorionzotten oder im Fruchtwasser empfiehlt sich nur, wenn „verdächti- ge“ fetale Veränderungen nachweis- bar sind. Bei der Befundinterpretation muß berücksichtigt werden, daß ent- sprechend den bisherigen Erkenntnis- sen der Nachweis von VZV-DNA nicht zwangsläufig mit einer fetalen Erkrankung korreliert (4). Die Frage nach einem Schwangerschaftsabbruch ist deshalb entsprechend dem gegen- wärtigen Wissensstand nicht eindeutig zu beantworten.

Prophylaxe und Therapie

Nach Exposition mit Wind- pocken oder Herpes zoster in den er- sten beiden Trimestern der Schwan- gerschaft und fehlenden VZV-IgG-

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M E D I Z I N

(46) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 18, 7. Mai 1999

ZUR FORTBILDUNG

Abbildung 1: Weiblicher tot geborener Säugling mit fetalem Vari- zellensyndrom

Abbildung 2: Ergebnisse der Polymerasekettenreaktion (PCR) von Gewebeproben eines Kindes mit fetalem Va- rizellensyndrom. Links: Amplifikate nach Varicella-Zoster-Virus-(VZV-)PCR und Gelelektrophorese. Bahnen 1–5: Gen-29-Primer, 1: VZV Stamm Oka, 2: Nebenniere, 3: Haut, 4: Lunge, 5: Leber des Neugeborenen mit le- talen konnatalen Varizellen als Kontrolle; Bahn 6: Molekulargewichtsstandard IX Boehringer; Bahn 7: Gen-4- Primer, Stamm Oka; Bahn 8: Gen-28-Primer, Stamm Oka. Rechts: PCR-Ergebnisse (von links) nach Southern- blot-Hybridisierung mit internationaler Oligonukleotid-Sonde aus dem Gen 29

(4)

Antikörpern können zur Prophylaxe des fetalen Varizellensyndroms spe- zifische Immunglobuline innerhalb von 72 Stunden appliziert werden.

Dieses Vorgehen ist jedoch nicht un- umstritten (5). So kann eine passive Immunisierung möglicherweise das Risiko einer fetalen Infektion redu- zieren, Beweise für eine Verhinde-

rung der Virämie gibt es allerdings bis heute nicht.

Was die antivirale Therapie zur Verhütung des fetalen Varizellensyn- droms betrifft, so liegen bislang keine kontrollierten Studien vor. Aciclovir ist bei graviden Frauen mit Varizellen- pneumonie als einziges Therapeuti- kum indiziert, da unbehandelt die Mortalitätsrate bei nahezu 40 Prozent liegt (15). Zur Wirksamkeit von Aciclovir bei VZV-Primärinfektionen in der Schwangerschaft kann zum ge-

genwärtigen Zeitpunkt noch keine de- finitive Aussage gemacht werden. Zu- mindest zeigen vorläufige Resultate aus dem Aciclovir-Schwangerschafts- register (14), daß durch eine Behand- lung nicht mit teratogenen Effekten zu rechnen ist. Hinsichtlich einer Thera- pie mit anderen VZV-wirksamen nu- kleosidanalogen Verbindungen wie

Famciclovir und Brivudin liegen bis- lang keine Erfahrungen in der Schwangerschaft vor. Bei Säuglingen mit nachgewiesenem fetalen Varizel- lensyndrom sollte unbedingt eine anti- virale Therapie in Erwägung gezogen werden, um vor allem die Progression von Augenerkrankungen zu verhin- dern.

Nach VZV-Exposition in der Perinatalperiode ist bei seronegativen Frauen mit Risikoschwangerschaft ei- ne passive VZV-Immunprophylaxe

indiziert. Als wirksame Maßnahme zur Senkung der Letalität konnataler Windpocken ist auch eine Verschie- bung des Geburtstermins über den kritischen Zeitraum hinaus in Be- tracht zu ziehen.

Im Falle einer mütterlichen Er- krankung innerhalb von vier bis fünf Tagen vor bis zwei Tagen nach der Geburt sollte das Neugeborene für zwei Wochen unter stationärer Beob- achtung verbleiben. Mit der Applika- tion von Aciclovir und eventuell auch VZV-Immunglobulinen ist es mög- lich, konnatale Windpocken zu ver- meiden oder zumindest schwere Ver- läufe deutlich zu reduzieren. Mütter und Neugeborene mit Varizellen soll- ten dabei auf Entbindungsstationen isoliert werden.

Eine frühzeitige Prophylaxe von Windpocken ist durch eine aktive Im- munisierung seronegativer Frauen vor einer Schwangerschaft möglich. Nach den aktuellen Empfehlungen der Stän- digen Impfkommission am Robert- Koch-Institut (STIKO) ist die Impfung unter Berücksichtigung von Varizellen während der Schwangerschaft indi- ziert bei seronegativen Geschwistern und Eltern von Kindern mit soliden malignen Tumoren, Neurodermitis und vor geplanter Immunsuppression, bei seronegativem Personal, insbeson- dere der Bereiche Pädiatrie, Schwan- gerenfürsorge und der Betreuung von Immundefizienten sowie bei seronega- tiven Frauen mit Kinderwunsch. Auf der Basis des attenuierten Oka-Virus- stammes steht dazu in Deutschland zum Beispiel der attenuierte Lebend- impfstoff Varilrix zur Verfügung.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1999; 96: A-1198–1203 [Heft 18]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über die Inter- netseiten (unter http://www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser Priv.-Doz. Dr. med. habil.

Andreas Sauerbrei

Institut für Antivirale Chemotherapie Friedrich-Schiller-Universität Jena Nordhäuser Straße 78

99089 Erfurt

A-1203

M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 18, 7. Mai 1999 (47) ZUR FORTBILDUNG

Tabelle 3

Klinische Daten und virologische Ergebnisse von 6 Neugeborenen mit konnatalen Varizellen und deren Müttern

Maternale Varizellen Entbindung VZV-spezifisches IgM

(Tage vor Entbindung) Mutter Kind

1 12 nicht bekannt positiv positiv

2 7 41. SSW positiv positiv

3 5 40. SSW n. d. positiv

4 3 37. SSW n. d. positiv

5 2 35. SSW n. d. positiv*

6 0 36. SSW positiv positiv

*letaler Verlauf, Varicella-Zoster-Virus-(VZV-)DNA im Lebergewebe: positiv n. d. = nicht durchgeführt

SSW = Schwangerschaftswoche

Abbildung 3: Neugeborenes mit letal verlaufenen konnatalen Varizellen

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