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Archiv "Internat Salem erhält College" (05.02.1999)

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twa vier Prozent der Er- wachsenen in Industrie- staaten wie den USA oder der Bundesrepublik ha- ben eine Lesefähigkeit, die dem Niveau von Viert- kläßlern entspricht. Obwohl ähnliche Zahlen für die Schreibfähigkeit nicht vorlie- gen, steht für den Kinder- und Jugendpsychiater Dr. med.

Gerd Schulte-Körne von der Universität Marburg fest, daß die Legasthenie, also die strukturelle Lese- und Schreibschwäche, weit ver- breitet ist. Vier bis sechs Pro- zent der Grundschüler hier- zulande sind nach seinen In- formationen Legastheniker.

Hartnäckige Vorurteile über diese Lernschwäche machen den

betroffenen Kindern und ihren Eltern das Leben zu- sätzlich schwer.

So sei längst erwie- sen, daß Legasthenie kein Intelligenzproblem ist, sagt die Bordesholmer Psychologin Dr. Lisa Dum- mer-Smoch. „Es gibt Inhaber von Lehrstühlen, sogar No- belpreisträger, die Legasthe- niker waren.“ Allerdings scheiterten Karrieren leg- asthener Bewerber häufig schon im Ansatz, obwohl sie etwa in technischen Berufen sehr erfolgversprechend ver- laufen könnten: Zu hoch sei- en die Barrieren aus man- gelndem Selbstwertgefühl und Ablehnung durch Aus- bilder und Vorgesetzte.

Dazu kommt erschwe- rend, daß nach Ansicht von Kritikern für die Kranken- kassen Legasthenie oder Le-

se- und Rechtschreibschwä- che (LRS) gar nicht exi- stiert. „Für die ist das ein rein pädagogisches Problem“, sagt Schulte-Körne. „Aber durch eine schlechte Schule allein wird niemand zum Legastheniker.“ Nach seinen Worten fürchten die Kassen bei einer Aner-

kennung als Krankheit ei- ne Kosten- lawine auf sich zurol-

len: „Daß es selbst in kleinen Städten wie Marburg ein halbes Dutzend Therapie- und Beratungsstellen für Legasthenie-Betroffene gibt, zeigt, wie groß der Bedarf ist.“ Bislang können leg- asthene Kinder nur auf Um- wegen in den Genuß von Kassenleistungen kommen.

Wenn etwa psychische Folge- probleme auftreten, erlaubt der § 35 a des Kinder- und Ju- gendhilfegesetzes deren Be- handlung auf Kassenkosten.

Dabei existieren inzwischen

deutliche Anhaltspunkte, daß hirnorganische Veränderun- gen die Krankheit, die es offi- ziell nicht gibt, begünstigen.

Mittels Magnetoenzephalo- gramm analysierte eine Kon- stanzer Forschergruppe bei Legasthenikern und Normal- lesefähigen, in welchen Re- gionen der Hirnrinde be- stimmte Laute verarbeitet werden. Das erstaunliche Ergebnis: Bei Kindern mit LRS werden diese Silben bis zu 1,5 Zentimeter wei- ter vorn auf dem Kortex verarbeitet. „Das bedeutet“, so die Psychologin Sabine Heim, „daß das Sprachver- arbeitungszentrum mög- licherweise fehlentwik- kelt ist.“ Auch Belege für Gen-De- fekte auf be- stimmten Chro- mosomen wur- den schon ge- funden – doch han- delt es sich nicht um spezifische „Legasthe- nie-Gene“, sondern um De- fekte auf einer grundlegende- ren Ebene.

Um das mit Legasthenie verbundene Stigma langsam abzubauen und dem Phäno- men LRS möglichst effizient entgegenzusteuern, versu- chen LRS-Experten neuer- dings verstärkt, interdiszi- plinär zusammenzuarbeiten.

Beim „2. Expertentreffen Legasthenieforschung“ Ende letzten Jahres in Darmstadt trafen sich ein Dutzend Sach- verständige aus den Berei- chen Medizin, Psychologie und Logopädie, um die Überschneidungsbereiche der LRS auszuloten und mehr öf- fentliches Bewußtsein für die

Problematik der Legasthenie zu schaffen. Neben der Uni- versität Marburg, einem Schwerpunktstandort der Leg- asthenieforschung, hatte der Landesverband Legasthenie Hessen zu diesem Symposion eingeladen. Der Verband hat maßgeblich Anteil an der re- lativ vorbildlichen hessischen Schulgesetzgebung, die den Schutz legasthener Kinder betont: Jede Schule des Bun- deslandes ist verpflichtet, sol- chen Schülern Notenschutz und Förderung zukommen zu lassen. Als Dachverband möchte der Bundesverband Legasthenie e.V. (BVL) ähn- liche Regelungen für ganz Deutschland bewirken.

Auch auf dem Behörden- weg bietet der BVL Eltern Hilfe, etwa wenn legasthene Kinder in Sonder-Internaten untergebracht werden müs- sen. Ein weiterer Arbeits- schwerpunkt ist die verbes- serte Früherkennung und Prävention. Daß „Risikokin- der“ mit speziellen Trainings- programmen wirksam vor Legasthenie bewahrt werden können, hat die Würzburger Psychologin Dr. Ellen Roth mit ihrem Konzept zur Förde- rung der „phonologischen Bewußtheit“* nachgewiesen:

„Die gefährdeten Kinder wurden zu durchschnittlich guten Lesern und Schrei- bern.“ Weitere Informatio- nen: BVL, Königstraße 32, 30175 Hannover, Tel 05 11/

31 87 38. Peter Tuch

Internat Salem erhält College

In Überlingen am Boden- see entsteht für knapp 70 Mil- lionen DM ein College für das weltberühmte Internat Schloß Salem. Bereits im Jahr 2000 sollen in das Kolleg 320 Schüler eintreten und dort entweder das deutsche Ab- itur oder das International Baccalaureate nach angel- sächsischem Vorbild ablegen.

Das College soll eine urbane, international und ökologisch orientierte Schule verwirkli-

chen. PT

A-296 (60) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 5, 5. Februar 1999

V A R I A BILDUNG UND ERZIEHUNG

Legasthenie

Schulversagen oder Krankheit?

* publiziert als: Küspert/Schnei- der: Hören, lauschen, lernen.

Sprachspiele für Vorschulkinder, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht

Die Lernschwäche Legasthenie stellt Betroffene in der Informationsgesellschaft oft vor erhebli- che soziale Probleme. Aber ist die Schwäche auch eine Krankheit – oder lediglich eine „Stö- rung“, als die sie bislang von den Kranken-

kassen weitgehend ignoriert wird? In jedem Fall ist Legasthenie weiter verbreitet als viel- fach angenommen. Anhand von Warnzeichen, das zeigen neue interdisziplinäre Forschun- gen, läßt sich jedoch frühzeitig gegensteuern.

Zeichnung: Ralf Br

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