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Archiv "Traumatische: Erstluxation der Schulter Stufenkonzept der Erstversorgung" (10.03.2000)

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ie traumatische Schulter- luxation ist definiert als re- positionspflichtiges trauma- tisches Ereignis bei komplettem und permanentem Kontaktverlust zwi- schen den artikulierenden Gelenk- flächen (11, 14).

Transferiert man die Ergebnisse von internationalen Studien auf die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, so ergeben Hochrech- nungen Morbiditätsziffern bis zu 339 200 Fällen pro Jahr. Der korre- lierte enorme volkswirtschaftliche Schaden kann nur schwer quantifi- ziert werden. Diese Arbeit soll ba- sierend auf gesicherten Erkennt- nissen ein Stufenkonzept zur syste- matischen Behandlung einer trau- matischen Schulterluxation vermit- teln.

Klassifikation von Unfall und Folgeschäden

Es muss für ein adäquates Therapie- konzept zwischen atraumatischer und traumatischer Instabilität sowie zwi- schen Instabilität und Hyperlaxität unterschieden werden (2, 5). Direkte oder durch Hebelmechanismen indi- rekt wirkende Kräfte verursachen ei- ne Schädigung des Labrum glenoida- le (Grafiken/Abbildungen 1 und 2), des inferioren glenohumeralen Liga- mentes (IGHL) oder fakultative der Rotatorenmanschette. Besonders bei Patienten über 35 Jahren entstehen durch das Anschlagphänomen ge- häuft Frakturen des Tuberculum ma- jus und Rotatorenmanschetten-Lä- sionen (8). Bei traumatischen Erst- luxationen fanden wir bei Patienten unter 32 Jahren Partialrupturen in 17 Prozent der Fälle wogegen dies je- doch in 25 Prozent bei Patienten zwi- schen 32 und 40 Jahren diagnostiziert

wurde (1). Besondere Beachtung kommt der Ruptur der Subscapula- rissehne zu, da sie der wichtigste ven- trale dynamische Stabilisator ist und schon beim jüngeren Patienten auf- treten kann. Ein posterolateraler Humeruskopfdefekt (Hill-Sachs-De- fekt) entsteht, wenn bei der Erstluxa- tion der vordere untere Pfannenrand in die posterolaterale Humerusge- lenkfläche impaktiert wird. Arthro- skopisch lässt sich diese Pathologie bei unter 32-Jährigen in 85 Prozent, bei über 32-Jährigen in 67 Prozent der Fälle ausmachen (1). Bei Vorliegen einer gleichzeitigen Rotatorenman- schettenruptur kann die Nervus-axil- laris-Läsion leicht übersehen werden, welche jedoch in 5 bis 14 Prozent der Fälle auftritt (14). Die Zeiten bis zur völligen Remission betragen zwi- schen 18 bis 24 Monate. Nervus-axil- laris-Paresen betreffen häufiger das höhere Alter, wobei komplett irrever- sible Läsionen nur selten auftreten.

Traumatische

Erstluxation der Schulter

Stufenkonzept der Erstversorgung Peter Habermeyer

Thomas Ebert Markus Kessler

Das Ergebnis einer primär-traumatischen vorderen Schulter- luxation wird sowohl von extrinsischen als auch von intrinsi- schen Prognosefaktoren bestimmt. Die Erstbehandlung be- schränkt sich daher nicht nur auf die Reposition und Retenti- on des Gelenks, sondern muss entsprechend der Prognose- faktoren einem definitiven, individuellen Therapieplan unter- liegen. Die verhakte Instabilität sowie ein begleitender Ge- fäßschaden stellen eine Notfallindikation zur operativen So- fortversorgung dar. Die nicht retinierbare Luxation, der knöcherne Bankart-Bruch, begleitende dislozierte Tubercu- lum-majus-Frakturen sowie die Abrissverletzung der Subsca- pularissehne sind absolute Indikationen zur operativen The-

rapie. Eine empfohlene Primärstabili- sierung beim jungen Patient mit ho-

hem Funktionsanspruch setzt definierte Verletzungsmuster voraus.Postprimäre Stabilisierungen sind indiziert bei insuf- fizienter konservativer Behandlung, die zu persistierender Subluxation mit pathologischen Instabilitätstests sowie persi- stierender subjektiver Instabilität führt. Begleitende Rotato- renmanschettenrupturen, wie sie besonders im Alter über 40 Jahren auftreten, sind beim aktiven Patienten mit Funktions- anspruch operativ zu versorgen.

Schlüsselwörter: Traumatische vordere Schultererstluxati- on, pathologischer Befund, abgestuftes Therapiekonzept

ZUSAMMENFASSUNG

Primary Traumatic Anterior Shoulder Dislocation There are extrinsic and intrinsic factors which determine the outcome of the primary traumatic anterior shoulder dislo- cation. The orthopedic surgeon treating the patient at the time of injury needs to design a concise treatment protocol for the patient based on the assessment of the extrinsic and intrinsic factors. An unreducable shoulder dislocation or associated vascular injury requires emergent intervention.

Absolute indications for surgical treatment include: per- sistent dislocation, bony Bankart lesion, a grossly displaced

greater tuberosity fracture, and rupture of the subscapularis tendon. Decision for surgical stabi-

lization of primary anterior traumatic dislocation is based on strict criterias. Post primary stabilization is indicated for persistent subluxation, subjective instability or demon- strated pathologic instability tests. Rotator cuff tears due to traumatic dislocation in the elderly population require sur- gical repair.

Key words: Primary traumatic anterior shoulder disloca- tion, pathologic finding, early operative treatment

SUMMARY

D

Schulter- und Ellbogenchirurgie (Direktor: Prof.

Dr. med. Peter Habermeyer), ATOS-Klinik, Heidelberg

(2)

Prognosefaktoren für eine Reluxation

Der Heilungsverlauf einer pri- mär traumatischen anterioren Schulterluxation wird von extrinsi- schen und intrinsischen Faktoren be- stimmt. Extrinsische Prognosefak- toren bezeichnen wir als Einfluss- größen, welche extraartikulär lie- gen und sich von den intraarti- kulären anatomisch-pathologischen Einflussgrößen (intrinsisch) unter- scheiden.

Extrinsische Prognosefaktoren

Ein entscheidender protektiver Einflussfaktor auf das Rezidivrisiko ist das zunehmende Lebensalter des Patienten (Tabelle 1). Je jünger das Alter des Patienten zum Zeitpunkt des primären Luxationsereignisses, desto prognostisch ungünstiger ist es zu bewerten. Sportli-

che Aktivität erhöht das Rezidivrisiko bis zu 92 Prozent. Darüber hinaus weisen männ- liche Kollektive ein zwei- bis viermal (10) höheres Rezidivrisiko auf als weibliche. Über den Erfolg einer im- mobilisierenden Be- handlung gibt es in der Literatur widersprüch- liche Angaben. Der Behandlungserfolg ei- ner nach Immobilisati- on eingeleiteten Phy- siotherapie hängt von der Instabilitätsform ab. So konnte gezeigt werden, dass bei der atraumatischen Insta- bilität durch eine ge- zielte Physiotherapie in über 80 Prozent gute Ergebnisse erzielt wer- den konnten, wäh- rend bei der traumati- schen Instabilität durch Krankengymnastik ein Erfolg nur in 16 Pro- zent zu erzielen war.

Die Händigkeit hat auf das Rezidivrisiko kei- nen Einfluss.

Intrinsische Prognosefaktoren

Intrinsische Prognosefaktoren wie der intra- und periartikuläre Ge- lenkschaden beim Erstereignis be- stimmen das Rezidivrisiko. Nach un- fallbedingter Erstluxation kommt es zwischen 80 und 100 Prozent zum Labrumabriss (1), der nicht a priori als prognostisch ungünstig eingestuft werden kann.

Die kapsulolabrale Ablösung des inferioren glenohumeralen Liga- mentes (IGHL) ist mit steigender Luxationszahl im zunehmenden Maße zu beobachten (3) und kann als kausale pathologische Läsion für das Rezidiv aufgefasst werden. Wur- de früher der posterolaterale Hu- meruskopfdefekt als rezidivrelevan- ter Prognosefaktor erachtet und ent- sprechend operativ versorgt (15), so wurde diese Meinung durch arthro- skopische Untersuchungen relati-

viert (1). Auch eine instabilitätsasso- ziierte Arthroseentwicklung ist mit diesem Defekt nicht korreliert (13).

Das Risiko zur Ausbildung einer luxationsbedingten Arthrose steigt nicht mit der Anzahl der Rezidive.

Die begleitende Fraktur des Tuber- culum majus hat einen günstigen prognostischen Einfluss auf eine Re- zidivluxation (9) ist jedoch mit ei- nem höheren Lebensalter vergesell- schaftet, was die mit 0,5 bis drei Prozent niedrige Rezidivquote er- klärt.

Behandlungsergebnisse

Die Reluxationsrate nach kon- servativer Versorgung der Erstluxa- tion liegen bis zum 30. Lebensjahr wenig über der 50-Prozent-Grenze (5) und nimmt ab dem 30. Lebens- jahr deutlich auf Werte zwischen 20 und 30 Prozent ab. Im Falle einer so-

M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT

Glenoid

Labrum Grafik 1

Humerus Labrum Glenoid

Grafik 2

Grafik/Abbildung 1: Intraoperativer Aspekt: Abriss der liga- mentären Strukturen einschließlich des Labrums vom knö- chernen Glenoid

Grafik/Abbildung 2: Zustand nach arthroskopischer Refixation des abgerissenen Labrums am Glenoid

(3)

fortigen Stabilisierung nach trauma- tischer Erstluxation wurde für das arthroskopisch stabilisierte Kollek- tiv eine Rezidivrate von zwölf Pro- zent und bei offen operativ behan- delten Patienten von drei Prozent festgestellt (5).

Die Rezidivquote alleine recht- fertigt somit nicht a priori eine primäre Indikation zur operativen Erstversorgung vielmehr sollte eine sehr präzise Selektion von Hochrisi- kopatienten die Operationsindikati- on nach Erstluxation auf das not- wendige Maß beschränken.

Behandlungsstrategie

Die Schultererstluxation erfor- dert eine sofortige Therapie, selbst im präklinischen Bereich ist auch ohne apparative Diagnostik eine notfallmäßige Reposition der Schul- ter durch Helfer indiziert. Eine über Stunden bestehende Luxationsstel- lung erhöht den Weichteilschaden und korreliert mit vermehrten Axil- larisschädigungen.

Untersuchung und Erstversorgung

Die zentrale Frage lautet in wie weit tatsächlich ein adäquat traumati- sches Ereignis vorliegt oder ob eine zugrunde liegende konstitutionelle Laxität die Luxation begünstigt hat.

Unfallschwere, Luxationsrichtung, Luxationsmechanismus und voraus- gegangene Luxations- oder Subluxati- onsepisoden müssen genau eruiert werden. Selbständiges Reponieren der Schulter durch den Patienten oder nahezu müheloses Einrenken durch

den Arzt spricht gegen die traumatische Kom- ponente einer Erstluxa- tion, sondern ist hinwei- send auf eine Gelenkla- xität. Bei der klinischen Versorgung erfolgt vor und nach der geschlosse- nen Reposition obligat die Röntgenstandard- aufnahme im anterior- posteriorem Strahlen- gang sowie die tangen- tiale Y-Aufnahme, um zuverlässig den Fraktur- ausschluss und die Feststellung der Luxationsrichtung zu treffen. Die Re- position selbst erfolgt in Analgosedie- rung.

Bei schmerzhaftem Repositi- onsmanöver empfiehlt sich die in- traartikuläre und subakromiale In- jektion von 0,5-prozentigem Lido- cain von dorsal. Gelingt die Repo- sition nach ein bis zwei Versuchen jedoch nicht, muss eine Kurznarko- se eingeleitet werden. Modernere schonende Repositionsverfahren (7) werden der weichteiltraumatisieren- den Methode nach Hippokrates vor- gezogen.

Die Kontrolle der Sensorik und Durchblutung sowie eine isometri-

sche Überprüfung der motorischen Deltoideusfunktion sollte anschlie- ßend durchgeführt werden. Die ge- fürchtete hintere Schulterluxation muss bei der Untersuchung nach An- fertigen der Röntgenbilder obligat klinisch ausgeschlossen werden. Die Feststellung einer etwaigen beglei- tenden Hyperlaxität erfolgt an der Gegenschulter, da vor allem beidsei- tige Luxationsepisoden auf eine Hy- perlaxität hinweisen.

Beim pathologischen Schubla- dentest vermisst der Untersucher ein stabiles Endgefühl und es lässt sich der Kopf aus der Pfanne drücken und subluxieren. Vermehrte Ver- schieblichkeit von mehr als ein Zen- timeter gilt als Hyperlaxitätskriteri- um. Der Sulcus-Test überprüft die inferiore Hyperlaxität, indem durch Zug am Arm nach unten in Neutral- stellung ein Sulcus unterhalb des Acromions ausgelöst wird.

Weiterführende apparative Diagnostik

Im Stadium der Erstversorgung sind radiologische Spezialprojektio- nen nicht sofort durchführbar, da- her beschränkt sich die Röntgendia- gnostik beim jungen Patienten auf Tabelle 2

Differenzialindikationen zur operativen Stabilisierung der vorderen traumatischen Schultererstluxation

Notfallindikation verhakte Instabilität begleitender Gefäßschaden absolute Indikation nicht retinierbare Luxation

knöcherne Bankart-Fraktur

dislozierte Tuberculum-majus-Fraktur Subscapularis-Ruptur

empfohlene Primärstabilisierung adäquates Trauma Fremdreposition

unidirektionale Instabilität ohne Laxität (Typ II nach Gerber)

Hill-Sachs-Defekt

< 26 Jahre

hohe Sportaktivität gute Compliance

Luxatio Erecta (Sonderform) postprimäre Stabilisierung persistierende Subluxation

persistierende subjektive Instabilität pathologische Instabilitätstests frühe Rekonstruktion Rotatorenmanschettenruptur Tabelle 1

Rezidivrate in Abhängigkeit vom Alter des Patienten bei der traumatischen vorderen Schultererstluxation

Alter (Jahre) Rezidivrate (%) Autor

< 20 95 Mc Laughlin (9)

< 22 55 Hovelius (4)

< 30 48 Hovelius (4)

< 40 12 Hovelius (4)

(4)

die oben erwähnten Röntgentechni- ken. Die CT- oder NMR-Untersu- chung ist nicht generell angezeigt, auch nicht beim obligat auftreten- den posterolateralen Humeruskopf- defekt (8).

Kann bei Patienten unter 30 Jah- ren nicht zwischen traumatischer In- stabilität oder Instabilität mit beglei- tender Laxität unterschieden werden, ist die Indikation zum Doppelkon- trast-Arthro-CT oder zur Doppel- kontrast-Arthro-MRI-Untersuchung gegeben. Beim Patienten über 40 Jah- re hingegen sollte man die MRI- Untersuchung immer durchführen, wenn der sonographische Verdacht auf eine Rotatorenmanschettenläsi- on besteht. Bei Verdacht auf eine Axillarisparese erfolgt die elektro- myographische Abklärung durch den Neurologen.

Weiterbehandlung

Nach durchgeführter Reposition erfolgt für ein bis zwei Wochen die Ruhigstellung der Schulter im Gilch- ristverband. Eine längerfristige Ru- higstellung von drei Wochen und darüber weist keine besseren Ergeb- nisse auf. Von größerer Bedeutung ist die anschließende physiothera- peutische Behandlung mit Vermei- dung der Außenrotation für sechs Wochen und gezieltes Training der Rotatorenmanschette und der Sca- pulastabilisatoren.

Indikationen zur

operativen Stabilisierung

Treffen die nachfolgenden Indi- kationen zu, wird von der konserva- tiven Behandlung abgegangen. Das Spektrum des operativen Einsatzes reicht von der Notfallindikation bis zur postprimären Stabilisierung (Ta- belle 2).

Die operative Notfallindikation wird gestellt bei der verhakten, ge- schlossen nicht reponierbaren Luxa- tion sowie beim seltenen Fall eines begleitenden Gefäßschadens.

Die absolute Operationsindika- tion wird gestellt bei der nicht repo- nierbaren Schulterluxation durch In- terposition von Kapselgewebe, lan- ger Bizepssehne oder Teilen der

rupturierten Rotatorenmanschette.

Die knöcherne Bankartfraktur am vorderen unteren Pfannenrand so- wie primär oder sekundär dislozierte Frakturen des Tuberculum majus von mehr als 5 mm nach cranial und/oder dorsal sind weitere Indika- tionen zur operativen Versorgung.

Die Ruptur der Subscapularissehne stellt aufgrund ihrer zentralen Be- deutung für die dynamische Stabili- sierung und ihrer schnell eintreten- den Retraktion eine absolute Indika- tion zur Operation dar. Verspätet diagnostizierte SCP-Rupturen las- sen sich kaum mehr adäquat rekon- struieren.

Die operative Erstversorgung wird empfohlen nach notwendiger Fremdreposition, bei eingetretener unidirektionaler Instabilität ohne begleitende Gelenklaxität, bei Vor- liegen eines posterolateraler Hu- meruskopfdefektes, im Alter unter 26 Jahre, bei nachweislich hoher Sportaktivität und bei guter Compli- ance.

Für die postprimäre Stabilisie- rung besteht eine Indikation zur operativen Intervention bei subjekti- ven und objektiven Instabilitätsbe- schwerden mit pathologischen Insta- bilitätstests nach Immobilisation und anschließender Rehabilitation (17).

Arthroskopische Erstversorgung

Der frische Abriss des Labrum glenoidale und Deperiostierung des Bandansatzes als klassischer Befund einer vorderen Erstluxation prädis- poniert zur arthroskopischen Inter- vention, da in dieser Situation der Bandapparat und die Bandkonsi- stenz noch keiner chronischen Schä- digung unterworfen sind. Die guten Ergebnisse arthroskopischer Stabili- sierungsoperationen nach traumati- scher Erstluxation favorisieren den geschlossenen Eingriff.

Erstluxation bei Kindern und Adoleszenten

Die gute Prognose bei der kind- lichen Luxation verbietet jeglichen operativen Eingriff. Die Prognose im adoleszenten Alter ist dagegen vergleichsweise schlecht. In diesen

Fällen sollte nach dem ersten oder zweiten Rezidiv die arthroskopische Stabilisierung erfolgen.

Rotatorenmanschettenruptur bei älteren Patienten

Bei begleitender Rotatoren- manschettenruptur des älteren Pati- enten steht klinisch meistens die Ro- tatorenmanschettenpathologie im Vordergrund und weniger das Instabilitätsproblem. Patienten im Alter über 40 Jahre müssen nur sel- ten mit einem Luxationsrezidiv rech- nen. Aufgrund der Progredienz des Rotatorenmanschettenschadens be- steht beim erwerbstätigen Menschen die Indikation zur operativen Ver- sorgung des Rotatorenmanschetten- defektes. Persistiert jedoch die In- stabilitätsproblematik, so genügt in den meisten Fällen die Rekonstruk- tion der Rotatorenmanschette, um die Schulter zu stabilisieren. Chroni- sche Instabilitätsepisoden bei ausge- dehnten Rotatorenmanschettende- fekten des älteren Patienten stellen eine operative Herausforderung dar.

Meist liegt ein komplexer Defekt un- ter Beteiligung der Subscapularis- sehne vor. Durch Muskeltransfer des klavikulären Anteils des Musculus pectoralis lässt sich ein ausgedehnter Subscapularissehnendefekt decken.

Bei isolierter und irreversibler Schädigung des Nervus axillaris be- steht die Indikation zur neurochirur- gischen Versorgung innerhalb der er- sten sechs Monate, der ideale Zeit- punkt liegt etwa bei vier Monaten.

Schlussbetrachtung

Noch sind keine abgesicherten Langzeitstudien erbracht, welche die generelle Notwendigkeit der Primär- versorgung nachweisen (5). Ande- rerseits wissen wir heute, dass mit je- dem Luxationsrezidiv der Gelenk- schaden zunimmt (3). Die therapeu- tische Tendenz in Richtung abgestuf- ter Frühversorgung steht im Zusam- menhang mit der Prävention des chronischen Gelenkschadens und Einsparungen von Behandlungsko- sten. Wichtig ist es, eine patienten- orientierte Therapieplanung vorzu-

nehmen. ✁

M E D I Z I N DIE ÜBERSICHT

(5)

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A-620–624 [Heft 10]

Literatur

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. habil.

Peter Habermeyer ATOS-Klinik Bismarckstraße 9–15 69115 Heidelberg

E-Mail: habermeyer@atos.de

Mit Interesse haben wir den Be- richt zur transienten globalen Amnesie (TGA) gelesen und beglückwünschen die Kollegen zu der umfassenden Dar- stellung der klinischen Befunde. Aller- dings bestehen unsererseits Vorbehalte gegenüber der Darstellung der Befun- de zur diffusionsgewichteten Mag- netresonanztomographie (DWI) bei TGA. Da die DWI-Befunde in der anschließenden Diskussion der „Hypo- thesen zur Ätiopathogenese“ eine we- sentliche Rolle spielen, möchten wir auf einige kontroverse Aspekte einge- hen, die inkomplett dargestellt wurden.

Entgegen der Meinung der Autoren, dass es keine Hinweise auf eine mögli- che ischämische Genese gibt, ist in zwei Fallberichten mit DWI nachgewiesen

worden, dass umschriebene Ischämi- en im hinteren Stromgebiet in selte- nen Fällen eine TGA verursachen können. In eigenen DWI-Untersu- chungen konnte gezeigt werden, dass normalerweise keine ischämischen Gewebeveränderungen bei spontaner TGA auftreten (Stroke 1999; 30:

2070–2072). Darüber hinaus beobach- teten wir mittels quantitativer Aus- wertung der DWI-Daten anhand des Wasserdiffusionskoeffizienten (appa- rent diffusion coefficient, ADC) ins- besondere auch in den Temporallap- pen, im Gegensatz zu dem vorliegen- den Bericht, keine Veränderungen der Diffusion. In der Abbildung 2 des

Artikels, linkes Bild, wird ein DWI- Bild beschrieben, das nach Angaben aus dem Originalartikel nur in einer Raumrichtung diffusionskodiert ist.

Typischerweise resultiert hieraus eine anisotrope Kontrastierung, die in dem vorliegenden Bild nicht zu erkennen ist. Die als Veränderungen bezeichne- ten Bildauffälligkeiten sind weiterhin im Hinblick auf ihre anatomische Ausdehnung nicht verständlich und die Möglichkeit von Bildartefakten wird nicht diskutiert. Die Autoren be- richten, dass neokortikale Areale nicht durch „Diffusionsstörungen“

betroffen seien. Dies steht im Gegen- satz zu der dargestellten Abbildung, die in beiden dargestellten Temporal- lappen eine nahezu homogene Hyper- intensität zeigen. Mit der verwandten Messmethode, einer SSFP-Sequenz, konnte keine quantitative ADC-Be- stimmung vorgenommen werden. Da der Bildkontrast der diffusionsge- wichteten SSFP-Bilder komplexen Mechanismen unterliegt, ist es nicht ohne weiteres verständlich, wie eine eindeutige Unterscheidung der Diffu- sionseinflüsse anhand der gezeigten MRT-Daten vorgenommen werden konnte. Entgegen der Beschreibung in der Legende scheint das rechte Bild der Abbildung 2 keine wesentlich dif- fusionsgewichtete Aufnahme zu sein, da der Liquor signalintensiv zur Dar- stellung kommt.

Im Abschnitt „Hypothesen zur Ätiopathogenese“ werden die Bildbe- funde als gut vereinbar mit der Hypo- these der „spreading depression“ ge- wertet. Dies ist einer der interessante- sten Punkte der Diskussion, allerdings sind die genannten Befunde unserer Ansicht nach nicht geeignet, diese Hy- pothese zu stützen. Das Phänomen der

„spreading depression“ ist in tierex- perimentellen DWI-Untersuchungen sehr gut untersucht, und es ist bekannt, dass es lediglich zu einer sehr kurz an- haltenden Diffusionsverlangsamung kommt. Die Wahrscheinlichkeit, sol-

Transiente

globale Amnesie

Klinik und Pathophysiologie

Kontroverse Aspekte inkomplett

Zu dem Beitrag von

Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Schmidtke, Dr. med. Michael Strupp,

Dr. med. Roland Brüning, Dr. med. Michael Reinhardt in Heft 41/1999

(6)

che transienten, etwa ein bis zwei Mi- nuten andauernden Diffusionsände- rungen beim Menschen mittels DWI- Sequenzen nachzuweisen, ist nicht sehr hoch. Ein Versuch „spreading de- pression“-ähnliche Periinfarktdepola- risationen bei der akuten Ischämie des Menschen mittels DWI darzustellen, hat ebenfalls negative Befunde er- bracht und nochmals die großen me- thodischen Schwierigkeiten der Dar- stellung von „spreading depression“

auch bei speziell ausgelegtem Untersu- chungsdesign gezeigt. Mittels eines an- deren MRT-Verfahrens, des BOLD- Kontrastes (blood oxygenation level dependent), berichtet eine Arbeits- gruppe über eine Suppression der BOLD-Antwort während kontinuier- licher visueller Aktivierung als mögli- chen Hinweis auf „spreading depressi- on“. Allerdings handelt es sich hierbei um vorläufige Befunde, die der weite- ren Konsolidierung bedürfen.

Literatur bei den Verfassern.

Priv.-Doz. Dr. med. Achim Gass NMR Forschung

Neurologie/Radiologie

Neurologische Universitätsklinik 68135 Mannheim

Priv.-Doz. Dr. med. Joachim Röther Neurologische Universitätsklinik Universitäts-Krankenhaus Eppendorf Martinistraße 52

20246 Hamburg

Zunächst möchten wir den Auto- ren für ihre konstruktiven Anmerkun- gen danken. Der auch in unserem Bei- trag zitierte Bericht von Woolfenden et al. behandelt einen Fall von transienter Amnesie, die als – bekannte – Kompli- kation einer zerebralen Angiographie aufgetreten war. Diese Form einer sym- ptomatischen Amnesie kann aber nicht als Modell der spontanen TGA be- trachtet werden. Auch die akute Am- nesie, die selten als einziges Symptom einer fokalen zerebralen Ischämie im hinteren Stromgebiet auftritt, stellt nur eine Differenzialdiagnose dar und hat keinen pathophysiologischen Bezug zur spontan auftretenden TGA.

Zum negativen Befund bezüglich einer Diffusionsstörung: Ein entschei- dender methodischer Unterschied be- steht in der verwendeten Aufnahme- technik. Während die von uns ver- wendete Gradientenechodiffusions- sequenz (SSFP) – im Gegensatz zu der von den Autoren des Leserbriefs ver- wendeten Echoplanarsequenz – weni- ge Artefakte im Bereich des Temporal- lappens zeigt, stehen diesem metho- dischen Vorteil auch Nachteile gegen- über. So ist beispielsweise die Berech- nung des sogenannten „apparent diffu- sion coefficient“ mit dieser Sequenz bislang nicht möglich, weshalb auf rela- tive Werte zurückgegriffen werden muss. In einer von uns durchgeführten Vergleichsstudie beider Sequenzen an bislang vier TGA-Patienten konnten wir mit der der SSFP-Sequenz bei allen vier Patienten in der akuten Phase Sig- nalveränderungen nachweisen, die sich mit Echoplanarsequenz aufgrund star- ker Artefakte im Bereich der Schädel- basis in keinem Fall reproduzieren ließen.

Die diffusionsgewichteten Bilder der SSFP-Sequenz sind in der Tat an- isotrop diffusionskodiert. Leider sind in den vorliegenden Reproduktionen in unserem Beitrag die als pathologisch zu wertenden Änderungen nicht klar genug von anderen Signalanhebungen zu differenzieren. Auf den Originalaus- spielungen auf Röntgenfilm kann die- se Differenzierung vorgenommen wer- den. Bei Abbildung 2 handelt es sich um eine diffusionsgewichtete Sequenz, die bedauerlicherweise etwas anders abphotographiert wurde als Abbildung 1. Unsere Aussage bezüglich des Feh- lens von Diffusionsstörungen im Neo- kortex ist zu präzisieren: Fehlen von Diffusionsstörungen im extratempora- len Neokortex.

„Spreading depression“ ist – wie in unserem Artikel betont – lediglich eine Hypothese zur Erklärung der TGA, die bislang nicht (zum Beispiel durch an- dere apparative Untersuchungsverfah- ren) bewiesen ist. Möglicherweise spie- len bei den betroffenen Patienten gene- tische Faktoren (beispielsweise Muta- tionen von Ionenkanälen) eine Rolle, die zur Entwicklung von „spreading de- pression“ im Bereich des Hippocampus beitragen. Die von uns gezeigten MRT- Aufnahmen stellen lediglich Verände- rungen der Brownschen Molekularbe-

wegung dar. Es bleibt abzuwarten, ob neue technische Entwicklungen der MRT, insbesondere zusätzliche Perfu- sionsmessungen, oder auch molekular- biologische Untersuchungen hier wei- terführen können.

Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Schmidtke Neurologische Universitätsklinik Breisacher Straße 64

79106 Freiburg

Priv.-Doz. Dr. med. Michael Strupp Neurologische Klinik

Dr. med. Roland Brüning Radiologische Klinik

Ludwig-Maximilians-Universität München

Marchioninistrasse 15 81377 München

Dr. med. Michael Reinhardt Abteilung Nuklearmedizin Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Straße 55

79106 Freiburg

M E D I Z I N DISKUSSION/FÜR SIE REFERIERT

Schlusswort

Die Autoren führten eine pro- spektive Studie an über eine Million Erwachsener in den Vereinigten Staa- ten durch, wobei Alter, Geschlecht, Rasse, Raucherstatus und Erkran- kungen mit dem Body-Mass-Index (BMI) korreliert wurden. Während des Beobachtungszeitraumes von 14 Jah- ren kam es zu 201 622 Todesfällen. Bei Personen mit dem höchsten BMI war das Risiko eines vorzeitigen Ablebens um den Faktor 2,5 bei Männern und 2,0 bei Frauen erhöht. Weiße wiesen ein höheres Risiko als Schwarze auf, wobei das Risiko eines vorzeitigen Ablebens praktisch alle Ursachen einschließlich kardio-vaskulärer Erkrankungen und Krebserkrankungen betraf. w Calle EE, Michael PhD, Thun J, Petrelli JM, Rodriguez C, Heath CW: Body-mass- index and mortality in a prospective co- hort of U.S. adults. N Engl Med 1999; 341:

1097–1105.

Department of Epidemiology and Sur- veillance Research American Cancer So- ciety, Atlanta, 1599 Clifton Road NE, At- lanta, GA 30329.

Übergewicht führt zu

erhöhter Sterblichkeit

Referenzen

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