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Balanced Scorecard - ein Werkzeug zur Umsetzung von Strategien

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Balanced Scorecard - ein Werkzeug zur Umsetzung von Strategien

Von peter Horvath, , und lutz Kaufmann

Aus Heft 5 Seite 39 vom 25.07.1998

© Harvard Businessmanager 1998

Produktnummer HBm199805039

(2)

HARVARD BUSINESS manager 5/1998 2

In nahezu allen

Geschäftsumfeldern gibt es heftige Turbulenzen.

Auf diese Heraus- forderungen mit innova- tiven Konzepten zu reagieren, gerät Unternehmensführern immer häufiger zum Balanceakt. Der weltweite Wettlauf um Kapital zwingt sie einerseits zur Verfolgung langfristig wertsteigern- der Strategien, anderer- seits müssen die not- wendigen Veränderun- gen beschleunigt

vorangetrieben werden.

Doch bislang war nicht einmal ein Drittel der 30 größten deutschen Industrieunternehmen imstande, das tägliche Handeln mit dem Shareholder-Value- Ansatz zu vereinbaren.

Das Streben nach raschem Wandel dient

wiederum vielen Kritikern als Argument, den Bedarf an

strategischer Planung grundsätzlich anzu- zweifeln. Ohnehin versanden viele geplante Strategien oft schon in frühen Phasen ihrer Umsetzung. Mit der Balanced Scorecard (BSC) gibt es nun einen ebenso ausgewogenen wie umsetzungs-

orientierten Steuerungs- ansatz. Dieser

ermöglicht es Top- managern, die schwie- rige Balance zu finden zwischen einer

langfristig notwendigen Strategie und den entsprechenden Maß- nahmen. Wie das

konkret zu bewerkstelli- gen ist, wird hier

beschrieben.

Balanced Scorecard – ein Werkzeug zur

Umsetzung von Strategien

PÉTER HORVÁTH, LUTZ KAUFMANN

PROF. DR. PÉTER HORVÁTH

lehrt Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Controlling an der Universität Stuttgart.

DR. LUTZ KAUFMANN ist Habilitand an der Justus-Liebig-Universität Gießen (E-mail:

lutz.kaufmann@wirtschaft.uni-giessen.de).

I

n vielen Unternehmen wird auf den Chefetagen der- zeit diese Frage erörtert: Ob und inwieweit verursa- chen gerade der strategische Managementprozeß und die dabei eingesetzten Steuerungsinstrumente jene Lei- stungslücken, über die geklagt wird. Fehlt es einfach an

„Strategic Fitness“? Wie sich bei genauerem Hinsehen zeigt, sind es offenbar vier Hauptmängel, die den strate- gischen Managementprozeß in zahlreichen deutschen wie kontinentaleuropäischen Unternehmen prägen und belasten:

Mangel Nr. 1:

Fehlende Methodensicherheit bei der Wertsteigerungsanalyse

Bei klassischen Kennzahlensystemen, wie zum Beispiel dem Du-Pont-Kennzahlensystem, sind die einzelnen Elemente und deren Zusammenhänge bekannt: In den Unternehmen, die ein derartiges System verwenden, ha- ben sich – zumindest über die Zeit – allgemein akzep- tierte Definitionen herausgebildet, so etwa für die Er- mittlung des Betriebsergebnisses und des Return on In- vestment (ROI).

Dieses Stadium ist im Fall der Shareholder Value- Ansätze noch nicht erreicht. So unterscheiden sich bei- spielsweise die Residualgewinnkonzepte Economic Va- lue Added (EVA) von Stern Stewart, Economic Profit (EP) von McKinsey, Added Value (AV) von der London Business School und Cash Value Added (CVA), vertre- ten von der Boston Consulting Group, unter anderem hinsichtlich der verwendeten Erfolgsgrößen ebenso wie hinsichtlich der Vermögensgrößen (siehe die Übersicht bei Hostettler 1997, Seite 78).

Auf der Kapitalwertmethode basierende Verfahren wie Discounted Cash-flow (DCF) und Cash-flow Re- turn on Investment (CFROI) arbeiten mit unterschiedli- chen Cash-flows (Free Cash-flow versus Brutto Cash-

Wenn Unternehmensziele in konkrete Handlungsvariable übertragen und kommuniziert werden, können die

Beteiligten ihr Maß an Ziel-

erfüllung selbst verfolgen.

(3)

3 Strategie/Planung

flow) und lassen Interpretationsspielräume auch bei der Festlegung des zur Diskontierung heranzuziehenden Kapitalkostensatzes zu (unterschiedliche Cash-flow- Konzepte diskutiert Günther 1997, Seite 113 ff.).

Wenn sich Unternehmen zudem noch in einer Phase der Adaption internationaler Rechnungslegungsvor- schriften wie US-GAAP beziehungsweise IAS befinden, wird durchaus verständlich, daß in der Praxis derzeit ei- nige Verunsicherung darüber herrscht, welche Me- thode(n) auf welche Weise zur Wertsteigerungsanalyse eingesetzt werden sollte(n).

Mangel Nr. 2:

Geringe öffentliche Akzeptanz des Shareholder-Value-Ansatzes

Der Gedanke des Shareholder Value hat in Kontinen- taleuropa ein negatives Image, denn er wird mit rück- sichtslosem Eigentümerkapitalismus und Stellenabbau assoziiert. Unternehmen, die sich zum Shareholder-Va- lue-Konzept bekannt hatten, distanzieren sich inzwi- schen wieder – zumindest in der Öffentlichkeit – von dieser Spitzenkennzahl (siehe Michel 1997, Seite 274).

Offenbar nutzt es auch wenig zu betonen, der An- satz ziele doch gerade nicht auf kurzfristige Erfolge zu Lasten der Mitarbeiter, sondern auf langfristige Wert- schaffung zugunsten aller Interessengruppen. Darüber zu klagen, der Shareholder-Value-Ansatz sei besser als sein Ruf, erinnert an eine Bemerkung von Mark Twain, der einmal sagte: „Die Musik von Wagner ist besser, als sie klingt.“ Entscheidend ist: Der Shareholder-Value- Ansatz amerikanischer Prägung hat sich in vielen Unter- nehmen als schwer kommunizierbar erwiesen.

Mangel Nr. 3:

Begrenzte Verarbeitbarkeit komplexer Informationspakete

Selbst noch so hervorragende Manager unterliegen dem Phänomen der „Bounded Rationality“. Sie verfügen zwar über ein schier unerschöpfliches Reservoir an

„Hintergrundinformationen“ und können sich über Drill-down-Funktionen moderner Informations- systeme ein umfassendes Bild von ihrem Unternehmen verschaffen. Werden diese Führungs-

kräfte aber gezielt nach denjenigen Steuerungsgrößen befragt, anhand derer sie überprüfen, ob das Unter- nehmen auf dem strategisch richtigen Kurs liegt, so spielt sich eine erstaun- liche Szene ab: Die Führungskräfte nennen spontan eine Handvoll Grö- ßen, überlegen dann eine Weile, fah-

ren mit einer Aufzählung operativer Größen fort und stellen schließlich mit Verwunderung fest, daß es eigent- lich nur wenige wirklich strategierelevante Größen gibt, deren aktuellen Stand sie auch tatsächlich kennen.

Dabei gilt vom Werksleiter über den Leiter einer Strategischen Geschäftseinheit (SGE) bis zum Vorstand

großer Aktiengesellschaften, daß die Mehrzahl der als strategisch relevant eingestuften Steuerungsgrößen keine monetären Größen sind. Zudem bekennen die Manager oft, daß sie bereits bei der Strategieplanung von

„Folienschlachten“ überwältigt werden und nur selten Gelegenheit finden, Strategieinnovationen im Dialog zu erarbeiten.

Mangel Nr. 4:

Hohe Sickerverluste bis zur Strategieumsetzung Seit bekannt ist, welche Schwierigkeiten bei der Strate- gieumsetzung auftauchen können, wird gefordert, die Unternehmensstrategie verständlich zu operationalisie- ren, klar zu kommunizieren und in priorisierte Projekte herunterzubrechen. Nur so kann den einzelnen Res- sorts, Abteilungen und Mitarbeitern die Bedeutung ihrer Leistungen für die Umsetzung der Unternehmensstrate- gien transparent werden. Aber das erfolgt vielfach nicht oder nicht in ausreichendem Maße. Und das liegt daran, daß bereits auf oberster Führungsebene keine vollkom- mene Klarheit über die strategische Ausrichtung des Un- ternehmens herrscht.

Globale Strategieformulierungen – zum Beispiel

„Wir verstärken die Kundenorientierung und werden full service provider“ – lassen große Interpretations- spielräume zu, so daß die Führungskräfte kein wirklich deckungsgleiches Grundverständnis der Strategie besit- zen. Die Folge sind Reibungsverluste und eine schlep- pende Implementierung, was sich in Fällen einer ho- hen Wettbewerbsdynamik existenzbedrohend auswir- ken kann.

Die Balanced Scorecard (BSC)

Viele Unternehmen befassen sich derzeit mit ausgewo- genen und auf den Umsetzungsprozeß fokussierenden Steuerungsansätzen. Dabei kommt vermehrt die Balan- ced Scorecard als Modul einer durchgängig wertorien- tierten Unternehmenssteuerung ins Spiel. Unsere Aus- führungen stützen sich auf Projekterfahrungen in inno- vativen Unternehmen primär aus dem deutschsprachi- gen Raum. Hier konnten zwei interessante, zukunfts- weisende Trends beobachtet werden. Sie sollen den fol-

genden Ausführungen über das Konzept vorangestellt werden:

1. Einige Unternehmensführungen nutzen das Konzept BSC nicht nur zur Steuerung nach innen, sondern eröff- nen ihre regelmäßigen Berichte an ihre Aufsichtsgre- mien (Aufsichts-/Verwaltungsräte oder Beiräte) bereits

Auch Aufsichtsräte und

Aktienanalysten interessieren sich für

die Balanced Scorecard.

(4)

mit einer Unternehmens-BSC. Anhand der BSC werden dann auch Standard-Agendas für die entsprechenden Sitzungen strukturiert. Auf freiwilliger Basis wird den Mandatsträgern damit ein umfassendes Bild vom Unter- nehmen geliefert.

2. Ratingintensive Firmen sahen sich in jüngster Zeit der Situation gegenüber, daß Aktienanalysten offenbar mit einem BSC-Modell im Hinterkopf die Gesprächsinhalte mit dem Bereich Investor Relations zu steuern suchten.

Grundgedanke und Aufbau einer BSC im Überblick Der Balanced-Scorecard-Ansatz (siehe Kaplan/ Norton 1996a) stellt den Vorschlag eines Managementsystems dar, mit dem die Unzulänglichkeiten klassischer Kenn- zahlensysteme (siehe Johnson/Kaplan 1987) beseitigt und eine umsetzungsorientierte, an der Unternehmens- strategie ausgerichtete Steuerung ermöglicht werden soll. „The Balanced Scorecard complements financial measures of past performance with measures of the dri- vers of future performance“ (Kaplan/Norton 1996a, Seite 8).

Die Grundidee ist, daß die finanziellen Zielsetzun- gen mit den Leistungsperspektiven hinsichtlich der Kunden, der internen Prozesse sowie des Lernens strate- gie- und visionsfokussiert verbunden werden. Die Lei- stung einer Organisation im ganzen wird damit als Gleichgewicht („Balance“) zwischen den vier Perspekti- ven auf einer übersichtlichen Anzeigetafel („Scorecard“) abgebildet – daher der Name „Balanced Scorecard“

(siehe Abbildung 1).

Die Balanced Scorecard ist mehr als nur ein neues Kennzahlensystem – sie kann den strategischen Hand- lungsrahmen für den Managementprozeß bilden (siehe Abbildung 2). Ausgehend von den Kennzahlen der Ba- lanced Scorecard, werden vier erfolgskritische Manage- ment-Teilprozesse nach dem Regelkreisprinzip ver- knüpft:

Klären und Übersetzen von Vision und Strategie in konkrete Aktionen;

Kommunizieren und Verbinden strategischer Ziele mit Maßnahmen;

Aufstellen, Planen, Formulieren von Vorgaben und Abstimmen der Initiativen;

Verbessern des Feedbacks und des Lernens.

Konzeptmerkmal 1:

Ausgewogenheit

Die Ausgewogenheit, die den Namen des Konzepts mit- bestimmt, kommt wie folgt zustande:

Es werden sowohl monetäre als auch nichtmonetäre Kennzahlen in die Scorecard einbezogen.

Es werden Größen aufgenommen, die die Leistung der Unternehmenseinheit (zum Beispiel der Business Unit) aus externen Perspektiven (die von Kapitalgebern und Kunden) und aus internen Perspektiven (Prozesse, Mitarbeiter) messen. Der Ansatz ist somit gleicher- maßen kapitalmarkt-, absatzmarkt-, prozeß- und res- sourcenorientiert.

Es werden sowohl nachlaufende als auch vorlaufende Indikatoren herangezogen; nachlaufende Größen finden 4 Balanced Scorecard

Abbildung 1: Die Vision in Strategie übersetzen – aus vier Perspektiven

Vision und Strategie

Quelle: Kaplan/Norton 1996/b, Seite 76.

Strate- gisches

Ziel Kunden Wie sollten wir

aus Kundensicht dastehen?

Meß- größe

Opera- tives

Ziel Akti- vität

Strate- gisches

Ziel

Finanzwirtschaft Wie sollten wir

aus Kapitalgeber- sicht dastehen?

Meß- größe

Opera- tives

Ziel Akti- vität

Mitarbeiter, Lernen Wie können wir

flexibel und ver- besserungsfähig bleiben?

Strate- gisches

Ziel Meß- größe

Opera- tives

Ziel Akti- vität

Strate- gisches

Ziel

Geschäftsprozesse Bei welchen

Prozessen müssen wir Hervorragendes leisten?

Meß- größe

Opera- tives

Ziel Akti- vität

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5 HARVARD BUSINESS manager 5/1998

häufig einstellt, gilt es hervorzuheben, daß es bei der Balanced Scorecard nicht darum geht, unverbunden nebeneinander stehende Schlüsselindikatoren bezie- hungsweise kritische Erfolgsfaktoren zusammenzustel- len. Eine BSC ist ein integriertes System von – in der Regel vier – Kennzahlenkategorien, ein System, bei dem monetäre Kennzahlen über Ursache-Wirkung- Ketten mit den für die Geschäftsstrategie wesentlichen Aspekten von Kunden, Geschäftsprozessen sowie Mit- arbeitern verknüpft werden (siehe Abbildung 3).

Diese Kennzahlen müssen vom Management der Organisationsein- heit, für die sie gelten sollen, auch tatsächlich beeinflußbar sein. Daher werden bei einer BSC in aller Regel Shareholder-Value-bezogene Kenn- zahlen wie der Return on Capital Em- ployed (ROCE) oder der Free Cash -flow (FCF) als ul- timative Zielgrößen von Unternehmen beibehalten (siehe die Controlling-Konzepte von Hahn 1996, Hor- váth 1996 und Reichmann 1995).

Folglich wird der Aufbau wertorientierter Unter- nehmensmodelle und damit die Entscheidung – sowie die Kosten – für eine Shareholder-Value-Methodik oft auch beim Einsatz der BSC erforderlich (siehe Mangel Nr. 1).

sich auch als Ergebnisse bezeichnet. Sie sind meist gene- risch, das heißt sie gelten im Grunde für jedes Unterneh- men (zum Beispiel Return on Capital Employed, relati- ver Marktanteil). Die vorlaufenden Indikatoren werden auch als Leistungstreiber bezeichnet; sie sind meist hochgradig geschäftsspezifisch, bilden also jene wettbe- werbsentscheidenden Zielgrößen, die das Unternehmen besonders gut erfüllen möchte (sogenannte Differentia- tors). Mit zeitlichem Vorlauf gegenüber den anderen

Zielgrößen signalisieren sie, wo gegebenenfalls gegenzu- steuern ist (Feed Forward). Ein Beispiel für einen Lei- stungstreiber in einem Softwarehaus, das seine Kunden- bindungsquote im Segment Banken/Versicherungen verbessern will, ist der Zufriedenheitsindexwert der Fi- nanzdienstleister mit den After-Sales-Aktivitäten wie Kunden-Hotline und ähnliche.

Um einem Mißverständnis vorzubeugen, das sich bei einer ersten oberflächlichen Beschäftigung mit BSC

Abbildung 2: Die Balanced Scorecard (BSC) als strategischer Handlungsrahmen

Quelle: Kaplan/Norton 1996/b, Seite 77.

BSC

Vision und Strategie

Strateg.

Ziel Meß- größe

Oper.

Ziel Akti- vität Kunden

Strateg.

Ziel Meß- größe

Oper.

Ziel Akti- vität Finanzen

Strateg.

Ziel Meß- größe

Oper.

Ziel Akti- vität Mitarbeiter/Lernen

Strateg.

Ziel Meß- größe

Oper.

Ziel Akti- vität Geschäftsprozesse

• Strategie kommunizieren

• Ziele herunterbrechen

• Anreizsysteme mit BSC verbinden

• Strategische Initiativen abstimmen

• Budgetieren

• Meilensteine setzen

• Feedback geben und die Strategie gegebenenfalls anpassen

• Die Strategie weiterentwickeln Übersetzen der Vision

• Vision und Strategie klären

• BSC aufbauen

Businesspläne aufstellen

Kommunizieren und Verbinden Lernen und Anpassen

Die verwendeten Kennzahlen müssen in einen systematischen

Zusammenhang gebracht werden.

(6)

Aber ganz unabhängig davon, ob und, falls ja, wie regelmäßig und nach welcher Methode der Shareholder Value auch berechnet wird: Durch seine Berechnung al- lein hat bis heute noch kein Unternehmen den Sharehol- der Value steigern können. Den Ausschlag gibt ein mehr oder weniger gekonntes Management der werttreiben- den Einflußgrößen (siehe Abbildung 4).

Also beantworten auch bei der Balanced Scorecard die Meßgrößen der monetären Perspektive lediglich die Frage: „Anhand welcher Größen be-

urteilen die Kapitalgeber die Ge- schäftseinheit?“ Typischerweise fin- den sich in dieser Kategorie bran- chenunabhängige Größen wie die oben genannten wieder. Hinzu kom- men je nachdem geschäftsstrategie- spezifische Größen wie die Projekt- rentabilität bei einem Anlagenbauer

oder die ausstehenden Forderungen bei einem Bauunter- nehmen.

Bei der Zusammenstellung der monetären Meß- größen gilt es besonders, die Lebenszyklusphase zu be- achten, in der sich die Produkte einer Geschäftseinheit befinden. Bei Geschäften mit einem hohen Anteil an Neuprodukten werden wachstumskritische Kenn- größen aufgenommen wie etwa Umsatzanteil der neuen Produkte, Dienstleistungen und Kunden. Bei reiferen

Geschäften steht hingegen häufig die Maximierung von Cash-flow-Größen im Zentrum.

Bei der Kundenperspektive können ebenfalls

generische (branchenüblich gültige) Meßgrößen wie Kundenbindungsquoten und Anzahl gewonnener Neu- kunden einbezogen werden, aber auch

spezifische (unternehmensindividuell ausgeprägte) Meßgrößen, die typisch für die Kunden im Zielmarkt- segment sind, etwa Zufriedenheit von Finanzdienstlei-

stern mit dem After Sales Service eines Softwarehauses oder eine imageschonende Reduzierung des Marktan- teils von nicht profitablen Kundengruppen (Kunden- portfolio-Bereinigung).

Bei Beantwortung der Frage „Wie beurteilen die Kunden die Leistungen der Geschäftseinheit?“ zeigt sich somit, welches die absatzmarktbezogenen Treibergrö- ßen zur Erreichung der ultimativen monetären Ziel- größen sind. Zum Ableiten der Meßgrößen für die inter- 6 Balanced Scorecard

Abbildung 3: Auszug aus einer Balanced Scorecard – das Beispiel einer Softwaresparte

Quelle: Kaufmann 1997, Seite 423.

Mitarbeiter-/

Lernperspektive:

Wie können wir flexibel und verbesserungsfähig bleiben?

• Anteil von Leistungen, die jün- ger als 2 Jahre sind, über 60%

Konkrete Ausprägung Strategisches Ziel

Kundenperspektive:

Wie sollten wir aus Kundensicht dastehen?

Prozeßperspektive:

Bei welchen Prozessen müssen wir Hervorragendes leisten?

• Mehr als 20 Vorschläge pro Mitarbeiter

• Kontinuierliche Verbesserung • Jährliche Verbesserungen

um über 10%

• Zufriedenheitsindex über 80%

• Hohe Mitarbeiterzufriedenheit

• Überragendes Projektmanagement

• 90%

• Schnelle Hardware-Installation • 90% unter zehn Arbeitstagen

• Entwicklung des Regionalmarktes A

• Anstieg um 30% p.a.

• Anstieg um 5% p.a.

• Frühes Einwirken auf die Kundenanforderungen

• Vorzugslieferant sein • Anteil über 50%

• Nummer eins bei mindestens 60% der Kunden

• Innovator-Image

• Preis-Leistungs-Verhältnis hervorragend

• Zuwachs von plus 15% p.a.

• Cash-flow steigern

• Wachstumsrate von über 13%

• Schneller als der Markt wachsen

• ROCE über dem Branchen- durchschnitt

• ROCE über 24%

Meßgröße

• Halbwertszeitindexwert

• Anzahl Verbesserungs- vorschläge je Mitarbeiter

• Index Mitarbeiterzufriedenheit

• Anteil Projekte ohne Kostenüberschreitung

• Arbeitstage zwischen Auftrags- erteilung und Hardware- Installation

• Anzahl Neukunden in Region A

• Beratungsstunden für Kunden vor Eröffnung des Angebotsprozesses

• Umsatzanteil durch Stammkunden

• Umsatzanteil neuer Produkte und Dienstleistungen

• Kundenbewertung

• Discounted Free-Cash-Flow

• Umsatzwachstum

• Return on Capital Employed (ROCE)

Finanzielle Perspektive:

Wie sollten wir aus Kapitalgebersicht dastehen?

Noch hat kein Unternehmen den

Shareholder Value allein durch dessen

Berechnung steigern können.

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7 HARVARD BUSINESS manager 5/1998

nen Geschäftsprozesse muß vorausgesetzt werden, daß die Führungskräfte die erfolgskritischen Prozesse im Unternehmen, die sogenannten Kernprozesse, identifi- ziert haben.

Da bei einer BSC die Anforderungen an interne Prozesse streng strategiegeleitet aus den Ansprüchen ex- terner Gruppen wie Kunden und Kapitalgeber abzulei- ten sind, kann der Einsatz der BSC den Blickwinkel der Führungskräfte auf die Unternehmensprozesse erwei-

tern: Die Identifikation beschränkt sich nämlich nicht mehr – wie in der Praxis allzuoft der Fall – auf vorhan- dene, ressourcenintensive Prozesse.

Die BSC zwingt vielmehr dazu, alle strategisch er- forderlichen Prozesse ins Visier zu nehmen, auch wenn diese vielleicht bisher im Unternehmen noch gar nicht existieren oder nicht als Teil einer zusammenhängenden, wettbewerbsentscheidenden Prozeßkette gesehen wur- den. Beispiele, die wir bei BSC-Projekten kennenlern- ten, sind das Erkennen von Trends bei der Vergabepraxis

öffentlicher Aufträge oder das Aufspüren von Koopera- tionspartnern.

Unter der Mitarbeiter-/Lernperspektive sind Kennzahlen aufzunehmen, die unter einem längerfristi- gen Horizont als Quellen des Unternehmenserfolgs an- gesehen werden können. Hierbei handelt es sich bei- spielsweise um generische Größen wie Mitarbeiterzu- friedenheit, aber wiederum auch um geschäftsspezifisch relevante Treibergrößen, wie zum Beispiel die Messung des produktlinienübergreifenden Know-hows bei Kundenberatern ei- ner Bank.

Die ausdrücklich gesamthafte Sicht des Unternehmens, unter der die Perspektiven von Interessengruppen wie Kapitalgebern, Kunden und Mit- arbeitern mitberücksichtigt werden, erweist sich in Europa als erheblich konsensfähiger als „pure“ Shareholder-Value-Konzepte (siehe Mangel Nr. 2).

Der BSC-Gedanke findet nicht zuletzt deshalb großen Anklang, weil mehrdimensionale Beurteilungs- instrumente unterschiedlicher Art gerade im deutsch- sprachigen Raum keineswegs neu sind – zu denken ist beispielsweise an die Nutzwertanalyse. Was zählt: Es dürfen nur Faktoren in die BSC aufgenommen werden, die hochgradig wettbewerbsentscheidend sind. Nicht je- der Interessengruppe steht somit zwingend eine eigene Abbildung 4: Shareholder Value und Balanced Scorecard sind zu verketten

Quelle: Michel 1997, Seite 281.

Kennzahlen Wertsensitivität Umsatz

F+E-Kosten Umsatzrentabilität

GuV Bilanz Cash-flow

Anzahl Verkaufs-

stellen Anzahl

Kunden

Absatz- menge Betriebs-

ergebnis Umsatz Preis

Kosten

Kennzahl Veränderung (in Prozent)

Wertsen- sitivität (in Prozent) Kunden

Verkaufs- stellen Herstell- kosten

+1

-1

Vision

und Strategie

Strateg.

Ziel Meß- größe

Oper.

Ziel Akti- vität Kunden

Strateg.

Ziel Meß- größe

Oper.

Ziel Akti- vität Finanzen

Strateg.

Ziel Meß- größe

Oper.

Ziel Akti- vität Mitarbeiter/Lernen

Strateg.

Ziel Meß- größe

Oper.

Ziel Akti- vität Geschäftsprozesse

+1 Unternehmens-/Geschäftsmodell

Top-down-Analyse

Sensitivitätsanalyse

Bei niedriger Fertigungstiefe

ist das Lieferantenmanagement oft eine

weitere Scorecard-Perspektive.

(8)

8 Balanced Scorecard

Perspektive zu. Faktoren, die isoliert von der Strategie quasi „unter Kontrolle“ bleiben sollen – Hygienefakto- ren des Geschäfts –, sind mit Hilfe anderer Berichtsfor- men zu beobachten, zu diagnostizieren und gegebenen- falls (nach dem Prinzip des Management by Exception – MbE) zu beeinflussen.

Was jedoch in Anbetracht sinkender Fertigungstie- fen und damit steigender Beschaffungstiefen an der BSC-Urkonzeption von Kaplan/Norton verwundert,

ist die Tatsache, daß Meßgrößen für das oft wett- bewerbsentscheidende Zuliefermanagement unter der Perspektive „Interne Geschäftsprozesse“ subsumiert werden. In der Praxis rücken Unternehmen mit niedri- ger Fertigungstiefe in diesem Punkt von dem klassischen Konzept ab und führen eine gesonderte Lieferantenper- spektive ein. Dies gilt insbesondere im Handel, wo der Beschaffungsbereich naturgemäß klar dominiert.

Auch Praxisbeispiele aus Großbritannien zeigen, daß das Vier-Perspektiven-Modell von Kaplan/Norton sich nicht in jedem konkreten Fall eignet. Zum Einsatz kommen auch Modelle mit den drei Perspektiven Shareholder, Wachstum und Kontinuierliche Verbesse- rungsprozesse (siehe Butler et. al. 1997, Seite 247 ff.).

Das ursprüngliche Konzept läßt sich also bei Bedarf durchaus modifizieren: Die BSC liefert zunächst nur ei- nen Denkrahmen, der bezüglich Perspektivenanzahl und Inhalte unternehmensspezifisch flexibel (aus)ge- staltbar ist.

Abgesehen von der Zweck-Mittel-Beziehung zwi- schen der Kapitalgeber-Perspektive und den übrigen Blickwinkeln werden in dem klassischen Konzept von Kaplan/Norton die vier Perspektiven implizit pa- ritätisch behandelt. Anders als bei Nutzwertanalysen werden unterschiedlich dimensionierte Kennzahlen durch die Zuweisung von Scoring Points nicht gleichna- mig gemacht, dann mit Gewichtungen versehen und schließlich zu einem Gesamtnutzwert zusammenge- führt. Gleichwohl läßt das Konzept dieses Verfahren grundsätzlich zu. Selbst wenn dies nicht für die BSC selbst erfolgt, ergeben BSCs hervorragende Grundlagen, auf denen zum Beispiel nutzwertanalytische Investiti- onsbeurteilungen aufgesetzt werden können.

Konzeptmerkmal 2:

Konzentration auf den Umsetzungsprozeß

Eines der wichtigsten BSC-Prinzipien lautet, die Zahl der Meßgrößen auf nur 4 bis 7 Größen je Perspektive zu beschränken. In der Summe enthält eine BSC also etwa 25 Meßgrößen. Dies sichert die Konzentration auf die

wichtigsten Schlüsselgrößen des Geschäfts und schirmt das Management vor der Gefahr ab, in einer Datenflut unterzugehen (siehe Mangel Nr. 3).

Ein Beispiel: Eine in der Lebensmittelbranche tätige Geschäftseinheit beschränkte sich, um ihre Strategie ab- zubilden, auf 18 Meßgrößen. Ein anfänglicher Vor- schlag, auch die Sauberkeit im Herstellungsprozeß ein- zubeziehen, wurde abgelehnt; Sauberkeit sei zwar sehr wichtig, aber in der Branche nur eine Basisanforderung, aus der sich kein Beitrag zur Diffe- renzierung von Wettbewerbern ent- wickeln lasse, also kein „Differen- tiator“.

Im strategischen Management- prozeß dient die BSC als zentrales Kommunikationsinstrument, das zu interdisziplinären Diskussionen an- regt und Führungskräften hilft, einen wirklichen Konsens über die relative Gewichtung strate- gischer Ziele herzustellen. In der BSC spiegelt sich als Ergebnis ein Modell des gesamten Geschäfts wider, dem alle Führungskräfte zustimmen („Shared world-view of the business“). Dies erleichtert es wiederum, verbindli- che Zielvereinbarungen zu treffen, Bereitschaft zu ge- meinsamer Verantwortung zu erreichen und Ressort- egoismen zu mildern.

Wie schon betont, sollte jede Meßgröße letztlich in einem – direkten oder indirekten – Ursache-Wirkung- Verbund mit den obersten monetären Zielgrößen ste- hen. Die Führungskräfte werden durch die BSC dazu aufgefordert, quasi eine Geschäftstheorie aufzustellen:

Aus der Strategie heraus lassen sich dann geschäftsspezi- fische Ursache-Wirkung-Beziehungen ableiten, die Be- ziehungsstärke kann möglichst genau quantifiziert wer- den, und auch Reaktionszeiten zwischen Veränderun- gen der Größen (zum Beispiel bezüglich der Zeitspanne zwischen einer Verbesserung der Produktqualität und einem Anstieg des Marktanteils) lassen sich abschätzen.

Zusammengenommen ergeben solche Hypothesen aber dennoch kein deterministisch rechenbares Modell – ein solches Modell bleibt nach wie vor eine Wunsch- vorstellung, die zu erfüllen auch eine BSC nicht leisten kann.

Gleichwohl werden die Führungskräfte in diesem Prozeß stärker für die Frage sensibilisiert, zwischen wel- chen strategischen Zielen Konflikte herrschen. In der Folge lassen sich strategische Priorisierungen besser ver- stehen und akzeptieren. Kaplan/Norton beschreiben dies plakativ so: „Companies that try to be everything to everybody usually end up being nothing to anyone“

(Kaplan/Norton 1996a, Seite 64).

Das Konzept der BSC dient der beschleunigten Strategieumsetzung (siehe Mangel Nr. 4): Zur Aufstel- lung einer BSC gehört, die Vision und Strategie des Un- ternehmens anhand von quantitativen Größen aus (in der Regel) vier Perspektiven zu operationalisieren. Eine BSC soll somit nicht der grundlegenden Formulierung von Strategien dienen, sondern deren präzisen Ausfor- mulierung – das könnte auch „Ausquantifizierung“

In der BSC spiegelt sich ein

den Führungskräften gemeinsames

Modell des gesamten Geschäfts.

(9)

9 HARVARD BUSINESS manager 5/1998

heißen. Dabei sind Rückkoppelungen zur Strategiefor- mulierung natürlich nicht ausgeschlossen, sondern sogar beabsichtigt. Die strategischen Ziele werden auf ihre Plausibilität hin überprüft und Strategieprämissen auf ihre Gültigkeit hin getestet. Möglicherweise folgt hierauf eine Zielrevision (siehe Horváth 1998).

Durch Balanced Scorecards auf allen Ebenen des Unternehmens werden

kaskadenartig durchgängige,

streng visions- und strategiegeleitete sowie

mehrdimensionale

Ziel(größen)ketten geknüpft. BSCs können beispiels- weise auf der Ebene des Gesamtunternehmens, einzelner

Geschäftseinheiten oder Abteilungen und sogar für ein- zelne Personen erstellt werden. Es ist nicht erforderlich, daß die betriebliche Einheit, für die eine BSC erstellt wird, einen direkten Marktzugang hat – hier kann viel- mehr das Konstrukt des internen Kunden ins Spiel kom- men.

So kann zum Beispiel eine BSC durchaus für den Bereich Finanzen und Controlling entwickelt werden.

Auch für völlig neue Geschäfte lassen sich BSCs erstel- len. Die Erfahrung zeigt, daß hierdurch Geschäftspläne solider werden und „Blue-sky projects“ ein Riegel vor- geschoben wird.

Wie eine BSC aufgebaut wird

Eine BSC zu erarbeiten erfordert als erstes eine klare Zielsetzung und die Grundkenntnis des Konzepts. Der Arbeitsprozeß startet mit der Festlegung der Organisati- onseinheit, auf die sich die BSC beziehen soll. Da die BSC eine strenge Strategieorientierung vorsieht, emp- fiehlt sich bei der Ausgestaltung der BSC-Kaskaden ein Top-down-Vorgehen. Es geht darum, daß nach dem Ge- genstromprinzip durchgängige Zielketten über alle Un- ternehmensebenen geknüpft werden und alle Mitarbei- ter nachvollziehen können, was sie zur Erreichung der obersten generellen Unternehmensziele beizutragen ha- ben. Einen Wildwuchs an Scorecards gilt es zu verhindern, auch darum sollte der Prozeß also auf der höchst- möglichen Ebene begonnen werden.

Dies bedeutet aber keineswegs, daß für BSC-Projekte erst eine Verfah- rensrichtlinie gefunden, erlassen und allseits bekanntgemacht werden müßte.

Auch sollte eine Führungspersönlichkeit der ober- sten Ebene die Patenschaft für das BSC-Projekt über- nehmen. Sie sollte anerkannt sein und das interdiszi- plinäre Arbeitsteam betreuen, antreiben sowie dafür sor- gen, daß das Konzept unternehmensintern als integrier- ter Ansatz professionell kommuniziert wird. Oftmals ergeben sich politische Konflikte zwischen der Abtei- lung Strategische Planung und dem Bereich Finanzen &

Controlling bezüglich der Methodenherrschaft bei BSC-Projekten. Sie lassen sich oft nur durch ein solches Champion-Modell zielführend beenden. Schließlich machen die inhaltliche Nähe der BSC zur strategischen

Strategiekonforme und meßbare

Ziele lassen sich nur vorgeben, wenn die Strategie ausquantifiziert wird.

V

ereinfachungen sollten nicht nur bei den Steuerungsgrößen ange- strebt werden. Auch die Planungspro- zesse selbst lassen sich effizienter und effektiver gestalten. So hat eine Reihe von Unternehmen durchaus er- kannt, daß ein hoher Aufwand für Steuerungsinstrumente und -pro- zesse der Planung noch keineswegs hohe Qualität sicher t.

Zur Senkung der Prozeßkosten der Unternehmensplanung bieten sich mehrere Möglichkeiten an: Zum Bei- spiel können die Planungshorizonte verkürzt werden. Oder die Planungs- genauigkeit wird etwa dadurch redu- zier t, daß man Absatzzahlen für Ni-

schenmärkte nur noch sehr grob und unternehmensweit plant, außerdem grundsätzlich nicht mehr einzelar ti- kel-, sondern nur noch produktgrup- penbezogen.

Neben solchen effizienzsteigernden Maßnahmen ist vor allem eine Ver- schiebung der frei werdenden Pla- nungskapazitäten in den strategi- schen Bereich zu beobachten: Er folg- reiche Firmen konzentrieren sich auf Instrumente, die den Dialog zwischen Management und Belegschaft för- dern. Bereits in der Phase der Strate- giefindung werden Präsentationsfo- ren zurückgedrängt – zugunsten von Gesprächsforen: „Management by

Discussion, Not by Char ts and Pa- pers“. Dementsprechend geben bei diesen Strategieforen die Perspekti- ven der BSC – finanzielle Perspektive, Kundenperspektive, Prozeßperspek- tive, Mitarbeiter – häufig Tagesord- nungspunkte ab, ein Vorgehen, das kaskadenar tig durch das ganze Un- ternehmen for tgesetzt wird.

Nicht selten führ t das dazu, daß die klassischen monetären Steuerungs- größen die strategierelevanten, nicht- monetären Kennzahlen nur noch er- gänzen, aber nicht länger dominieren.

Freilich muß bei diesem Vorgehen in vielen Unternehmen auch die Control- ler-Rolle neu definier t werden.

Balanced Scorecard –

Planungsprozesse lassen sich effektiver gestalten

(10)

HARVARD BUSINESS manager 5/1998 10 Balanced Scorecard

Planung einerseits und das Gewicht einer unterneh- mensweiten Controlling-Organisation andererseits eine konstruktive Zusammenarbeit beider Einheiten bei BSC-Projekten unabdingbar.

Um die geschäftsspezifischen strategischen Ziele zu definieren, sind Einzelinterviews mit den Topmanagern zu führen. Dabei kommt üblicherweise ein Sammelsu- rium an Kennzahlen heraus; meist wird deutlich, daß die Hauptprobleme darin bestehen, die Meßgrößenzahl auf maximal zwei Dutzend Zahlen zu beschränken und eine

innere Logik zwischen den Kennzahlen herzustellen. Es empfehlen sich daher Workshops und weitere Inter- views mit allen Beteiligten, um daraus neue Entwürfe der BSC abzuleiten.

Dabei gilt es, nicht aus den Augen zu verlieren, daß der iterative Prozeß der Erarbeitung einer BSC minde- stens so wertvoll ist wie die resultierende Scorecard selbst. Da eine BSC-Diskussion provoziert, bindet der Prozeß ihrer Erarbeitung auch relativ viel Topmanage- ment-Kapazität. Doch die Einbindung vieler Führungs- kräfte sichert der BSC die spätere Akzeptanz und damit ihre Umsetzung beziehungsweise Anwendung.

Große Sorgfalt sollte bei der Definition der einzel- nen Meßgrößen walten. Insbesondere die Methode der Berechnung, die Datenquellen, die Berichtsformate so- wie die Berichtsrhythmik sollten in einem Kennzahlen- Stammblatt klar dokumentiert werden.

Gerade die unterschiedliche Meßbarkeit einzelner Größen bereitet mitunter Umsetzungsprobleme, ein Aspekt, der bereits in der Definitionsphase berücksich- tigt werden muß.

Schwierig ist es auch, die Beziehungen zwischen Meßgrößen zu spezifizieren. Hier wird man sich anfangs zumeist mit subjektiven und qualitativen Schätzungen begnügen müssen. Mit der Zeit lassen sich aber im Um- gang mit der BSC Erfahrungen sammeln, so daß die Be- ziehungen zunehmend objektiver und quantifizierbarer festgelegt werden können.

Als positiv hat sich die vertrauensvolle Zusammen- arbeit mit externen Beratern erwiesen. Diesen wird in Einzelinterviews oft mehr Offenheit und Deutlichkeit – gerade bezüglich politischer Hintergründe („policies follow politics“) – entgegengebracht. Diese Chance zu nutzen erfordert vom Beratungsteam allerdings eine sehr hohe Sozial- und Moderationskompetenz sowie, wenn auch in geringerem Maße, ein umfangreiches Branchen- Know-how. Systemseitig stehen bereits einige Soft- warepakete zur Verfügung, die die Arbeit mit der BSC erleichtern. Exemplarisch sei hier auf Ergometrics (www.ergometrics.com) verwiesen.

Resümee

Balanced Scorecards dienen der Implementierung von Unternehmensstrategien. Ihr Grundgedanke ist nicht neu. Neu ist bei ihnen jedoch die explizite Betonung

der drastischen Komplexitätsreduktion,

der Übersetzung der individuellen Geschäftsstrategie in operationale Meßgrößen und

das Aufdecken der Wirkungszusammenhänge zwi- schen den Meßgrößen.

Die gegebenen Ursache-Wir- kung-Zusammenhänge zu identifi- zieren stellt die größte Herausforde- rung beim praktischen Einsatz einer BSC dar. Gleichwohl ist keine BSC ein Ersatz für das operative Informa- tionssystem des Unternehmens: Die Scorecard lenkt die Aufmerksamkeit der Topmanager auf in der Regel vier wesentliche Perspektiven, reduziert die Datenflut auf eine begrenzte Zahl an Meßgrößen und verhütet, scha- blonenhaft Normstrategien zu verfolgen.

Wenn das Arbeiten mit der BSC frühzeitig gestartet und konsequent – auch über mehrere Jahre – fortgesetzt wird, so besteht eine große Chance, die vier eingangs hier angeführten Mängel im Prozeß der Strategieimplemen- tierung zu beseitigen oder zumindest ihre nachteiligen Effekte nachhaltig zu mildern.

Literatur

A. Butler/S. R. Letza: Linking the Balanced Scorecard to Strategy, in:

Long Range Planning, 30. Jg. 1997, Seite 242–253.

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D. Hahn: PuK – Controllingkonzepte, 5. Auflage, Wiesbaden 1996.

P. Horváth: Controlling, 6. Auflage, München 1996.

P. Horváth: Wissensmanagement mit Balanced Scorecard, in: H. D.

Bürgel: (Hrsg.) Wissensmanagement, Berlin/Heidelberg 1998, Seite 153–162.

S. Hostettler: Economic Value Added (EVA): Darstellung und Anwen- dung auf Schweizer Aktiengesellschaften, Bern 1997.

T. H. Johnson/R. S. Kaplan: Relevance Lost – The Rise and Fall of Ma- nagement Accounting, Boston 1987.

R. S. Kaplan/D. P. Norton: The Balanced Scorecard – Translating Stra- tegy into Action, Boston 1996 (b). Dt. Übersetzung: Stuttgart 1997.

R. S. Kaplan/D. P. Norton: Using the Balanced Scorecard as a Strategic Management System, in: Harvard Business Review, 74. Jg. 1996/b, Seite 75-85.

L. Kaufmann: Balanced Scorecard, in: Zeitschrift für Planung, Bd. 8, 1997, Seite 421–428.

L. S. Maisel: Performance Measurement: The Balanced Scorecard Approach, in: Journal of Cost Management 6, Sommer 1992, Seite 47–52.

U. Michel: Strategien zur Wertsteigerung erfolgreich umsetzen, in: P.

Horváth (Hrsg.): Das neue Steuerungssystem des Controllers, Stuttgart 1997, Seite 273–287.

T. Reichmann: Controlling mit Kennzahlen und Managementberichten, 4. Auflage, München 1995.

© 1998 by HARVARD BUSINESSmanager.

Ein Scorecard-Champion

kann verhindern, daß gerade gestartete

Projektaktivitäten versanden.

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