BUNDESÄRZTEKAMMER
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
Tretinoin-haltige Arzneimittel zur topischen Anwendung
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte:
Abwehr von Arzneimittelrisiken, Stufe II
NNTGABEN
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat am 18. Juli 1994 im Rahmen einer schriftlichen An- hörung nach dem Stufenplan die betrof- fenen pharmazeutischen Unternehmer zu folgendem Sachverhalt und über folgen- de für erforderlich gehaltene Maßnah- men informiert:
„Auf der Basis der uns vorliegenden Unterlagen und Erkenntnisse ergibt sich der begründete Verdacht auf teratogene Wirkungen von Tretinoin-haltigen Arz- neimitteln bei topischer Anwendung. Aus diesem Grunde hält es das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte für erforderlich, daß die Gebrauchs- und Fachinformationen der betroffenen Arz- neimittel geändert werden:
1. In die Fachinformation ist — unter dem Abschnitt Gegenanzeigen aufzuneh- men: ,Tretinoin darf während der Schwangerschaft nicht angewendet wer- den.' — unter dem Abschnitt Toxikologi-
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft gibt nachfolgend eine Arzneimittel-Schnellinformation (ASI 7/94) des Bundesinstitutes für Arz- neimittel und Medizinprodukte wieder:
„In den letzten Jahren wurde im Rah- men von klinischen Prüfungen unter- sucht, ob die Verstärkung zytotoxischer Wirkungen bei kombinierter Gabe von 5-Fluorouracil (5-FU) und Calciumfoli- nat (CF) in der antineoplastischen The- rapie von Nutzen sein könnte. In der
sche Eigenschaften aufzunehmen: Repro- duktionstoxikologie. ,Tretinoin ist als Te- ratogen einzuordnen. In Tierversuchen zeigten sich nach systemischer Gabe von Tretinoin gehäuft Mißbildungen der in utero exponierten Feten. Auch nach lo- kaler Applikation wurden Mißbildungen beobachtet. Da kontrollierte Studien am Menschen nicht vorliegen und ein Risiko teratogener Wirkungen auch bei lokaler Anwendung nicht unwahrscheinlich ist, ist Tretinoin während der Schwanger- schaft kontraindiziert.'
2. In die Gebrauchsinformation ist unter Gegenanzeigen aufzunehmen: ,Tre- tinoin darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden, da die Gefahr einer Mißbildung des Kindes unter einer Tretinoinbehandlung nicht ausgeschlos- sen werden kann.'" Die Begründung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte kann bei der Ge- schäftsstelle der Arzneimittelkommission angefordert werden.
Therapie des fortgeschrittenen kolorek- talen Karzinoms, bei der das Zytostati- kum 5-FU eine wesentliche Bedeutung hat, waren diese Untersuchungen bisher am umfangreichsten.
Zehn Studien zu dieser Fragestellung, in denen jeweils ein Teil der Patienten mit einer Kombination aus 5-FU/CF, der andere Teil mit einer 5-FU-Monothera- pie behandelt wurde, sind einer Meta- analyse unterzogen worden (1). Aus neun Studien lagen den Autoren die Original-
studiendaten vor. Die Metaanalyse war eigentlich nicht mit dem Ziel durchge- führt worden, einen Vergleich zwischen den toxischen Wirkungen einer Therapie mit 5-FU allein, und denen einer Kombi- nationsbehandlung 5-FU/CF vorzuneh- men, sondern allein, um Überlebenszei- ten und Tumorremissionen vergleichend zu analysieren. Die Metaanalyse hat un- ter anderem zwei Ergebnisse erbracht:
— Mit der Kombinationsbehandlung wurden häufiger Tumorremissionen er- zielt als mit der Behandlung mit 5-FU al- lein. Die positiven Ergebnisse mit der Kombinationsbehandlung korrelierten aber nicht signifikant mit einem Vorteil im Sinne einer Verlängerung der Überle- benszeit.
— Für die Kombination 5-FU/CF er- gab sich in denjenigen Studien kein the- rapeutischer Vorteil im Hinblick auf Tu- morremissionen, in denen in der Mono- therapie höhere Dosen von 5-FU einge- setzt wurden als in den zum Vergleich herangezogenen Kombinationsbehand- lungen mit 5-FU/CF.
Unsere ergänzende Analyse der publi- zierten Daten zu den eingetretenen und von uns als therapiebedingt bewerteten Todesfällen ergab, daß mehr Patienten im Zusammenhang mit der Kombinati- onsbehandlung 5-FU/CF starben (2,3 Prozent) als bei einer Behandlung mit 5-FU allein (0,5 Prozent). Für 14 der 20 therapiebedingten Todesfälle unter der Kombinationsbehandlung wurden gastro- intestinale Komplikationen (im wesentli- chen nicht beherrschbare Diarrhöen) als Ursache angegeben. Bei den Todesfällen unter einer Monotherapie wurden ga- strointestinale Komplikationen nicht als Todesursache genannt Allerdings traten 11 der 14 Todesfälle auf Grund von ga- strointestinalen Komplikationen in einer einzigen Studie auf (2). Aber selbst wenn diese Studie nicht in die statistische Aus- wertung einbezogen worden wäre, hätte sich eine erhöhte Rate von Todesfällen bei der Kombinationsbehandlung ge- zeigt.
Trotz langjähriger Erfahrungen aus der Behandlung mit variablen Kombina- tionen von 5-FU und CF hat sich bisher noch kein Dosierungsregime herausgebil- det, das als Standard anerkannt wird. In den Studien der Metaanalyse bestanden erhebliche Unterschiede bei den 5-FU- Dosierungen und den CF-Dosierungen.
Die Ergebnisse der klinischen Studi- en, in denen die Wirksamkeit niedriger und hoher Dosen CF verglichen wurden, sind widersprüchlich.
Die bisher vorliegenden Erkenntnisse über den therapeutischen Nutzen und die möglichen Risiken einer Behandlung mit variablen Kombinationen von 5-FU und
Verstärkung toxischer Wirkungen durch die kombinierte Gabe von
5-Fluorouracil und Salzen der Folinsäure
Arzneimittel-Schnellinformation
des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte
Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 31/32, 8. August 1994 (57) A-2123
KASSENÄRZTLICHE BUNDESVEREINIGUNG
Vereinbarung von
Qualitätssicherungsmaßnahmen
beim ambulanten Operieren gemäß § 14 des Vertrages nach § 115 b Abs. 1 SGB V
Stand: 13. 6. 1994
zwischen 1. dem AOK-Bundesverband, Bonn; dem Bundesverband der Be- triebskrankenkassen, Essen; dem IKK-Bundesverband, Bergisch Gladbach; der See-Krankenkasse, Hamburg; dem Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen, Kassel; der Bundesknappschaft, Bochum; dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e. V., Siegburg; dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassen- Verband e. V., Siegburg und 2. der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Düs- seldorf sowie 3. der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Köln.
BEKANNTGABEN
CF sind vorwiegend aus offenen Studien gewonnen worden. In einer Studie, die doppelblind angelegt und plazebo-kon- trolliert durchgeführt wurde und die in- sofern ein für die Fragestellung besser geeignetes Studiendesign zur Grundlage hatte, werden allerdings die Ergebnisse der Metaanalyse bestätigt (3). Allein der Nachteil der erhöhten gastointestinalen Toxizität konnte gesichert werden. Solan- ge ein Vorteil der Kombination 5-FU/CF gegenüber 5-FU allein bezüglich Überle- benszeit oder Lebensqualität nicht belegt ist, fehlt der Kombination die rationale Begründung. Sie ist zudem mit hohen Ri- siken behaftet.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weist die Fachkrei- se darauf hin, daß die Behandlung des fortgeschrittenen kolorektalen Karzi- noms mit der Kombination von 5-FU und CF nicht zugelassen wurde, sondern daß sie eine experimentelle Therapie dar- stellt. Da sie schon bisher verbreitet ein- gesetzt wird, wird auf die schwerwiegen-
§1 Inhalt
Die Vertragspartner vereinbaren ent- sprechend der in § 14 des Vertrages nach
§ 115 b SGB V getroffenen Regelung Maßnahmen zur Sicherung der Qualität für die gemäß § 3 des Vertrages nach
§ 115 b SGB V katalogisierten ambulan- ten Operationen und Anästhesien.
Die Vereinbarung gilt sowohl für am- bulante Operationen und Anästhesien im Krankenhaus als auch für ambulante
den Risiken der Kombinationsbehand- lung hingewiesen."
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und das Bundesin- stitut für Arzneimittel und Medizinpro- dukte bitten, Berichte über unerwünsch- te Wirkungen (auch Verdachtsfälle) bei einer Behandlung mit 5-FU oder mit 5-FU/CF auf dem im Deutschen Ärzte- blatt abgedruckten Berichtsbogen oder auch formlos mitzuteilen.
Literatur:
1. The Advanced Colorectal Cancer Meta- Analysis Project, J. Clin. Oncol. 10 (1992) 896-903
2. Petrelli, N. et al., J. Clin. Oncol. 7 (1989) 1419-1426
3. Laufman, L. R. et al., J. Gin. Oncol. 11 (1993) 1888-1893
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
Aachener Straße 233-237 50931 Köln
Tel 02 21/40 04-5 20 Fax 02 21/40 04-5 11
Operationen und Anästhesien im Rah- men der vertragsärztlichen Versorgung.
Die Pflicht zur Erfüllung gesetzlicher Bestimmungen, insbesondere solche ge- sundheits- und berufsrechtlicher Art, bleibt unberührt.
§ 2 Erklärungspflicht
(1) Die Erbringung der nach § 3 des Vertrages nach § 115 b SGB V katalogi-
sierten ambulanten Operationen und/
oder Anästhesien ist im Krankenhaus und in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann zulässig, wenn die in dieser Vereinbarung festgelegten Anforderun- gen erfüllt sind.
(2) Krankenhäuser, die ambulante Operationen und/oder Anästhesien er- bringen wollen, haben zugleich mit der Mitteilung gemäß § 1 Abs. 1 des Vertra- ges nach § 115 b SGB V eine Erklärung abzugeben, daß sie die Anforderungen dieser Vereinbarung erfüllen. Eine gleichlautende Erklärung erhält die Lan- deskrankenhausgesellschaft.
(3) Ärzte, die in der vertragsärztli- chen Versorgung ambulante Operatio- nen oder Anästhesien erbringen wollen, haben eine Erklärung gegenüber der zu- ständigen Kassenärztlichen Vereinigung abzugeben, daß sie die Anforderungen dieser Vereinbarung erfüllen.
§3
Anforderungen an die fachliche Befähigung der ambulant operierenden/anästhesierenden Ärzte
(1) Ambulante Operationen und An- ästhesien sind nach Facharztstandard zu erbringen. Danach sind ambulante Ope- rationen und Anästhesien nur von Fach- ärzten, unter Assistenz von Fachärzten oder unter deren unmittelbarer Aufsicht und Weisung mit der Möglichkeit des un- verzüglichen Eingreifens zu erbringen.
(2) Ambulante Operationen dürfen in der vertragsärztlichen Versorgung auch von Fachärzten für Allgemeinmedi- zin und Praktischen Ärzten sowie von Ärzten ohne Facharztbezeichnung er- bracht werden, sofern und soweit sie das Recht zum Führen der Facharztbezeich- nung eines Fachgebietes haben, zu des- sen Weiterbildungsinhalt obligatorisch der Erwerb von eingehenden Kenntnis- sen, Erfahrungen und Fertigkeiten in den Operationen des Fachgebietes gehören.
Für Anästhesien gilt dies entsprechend unter der Voraussetzung, daß die in Satz 1 genannten Ärzte das Recht zum Führen der Facharztbezeichnung haben.
(3) Ist für bestimmte Operationen über das Recht zum Führen einer Fach- arztbezeichnung hinaus der Erwerb einer Schwerpunktbezeichnung, einer Fach- kunde oder der Abschluß einer fakultati- ven Weiterbildung Voraussetzung, kön- nen solche operativen Leistungen nur er- bracht werden, wenn der erfolgreiche Ab- schluß dieser zusätzlichen Weiterbildung durch entsprechende Zeugnisse und/oder Bescheinigungen gern. § 2 Abs. 2 und 3 nachgewiesen worden ist.
A-2124 (58) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 31/32, 8. August 1994