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Archiv "Therapie der chronisch-venösen Insuffizienz" (04.05.1984)

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DEUTSCHES itRZTEBLATT

Therapie der

chronisch-venösen Insuffizienz

Bericht über das 4. Hauptthema des

VIII. Interdisziplinären Forums der Bundesärztekammer

"Fortschritt und Fortbildung in der Medizin"

Aus dem Fachgebiet der Venen- krankheiten war die chronisch-ve- nöse Insuffizienz als eines der Rahmenthemen für das diesjähri- ge Interdisziplinäre Forum der Bundesärztekammer ausgewählt worden. Was schon lange bekannt war, ist durch die epidemiologi- schen Studien in den letzten Jah- ren an exakten Zahlen noch über- troffen worden. Die Zahl der Ve- nenkrankheiten ist ungewöhnlich hoch und hat in den letzten Jahr- zehnten stetig zugenommen. Die chronisch-venöse Insuffizienz stellt einen Symptomenkomplex dar, der es dem untersuchenden Arzt erlaubt, aufgrund vorliegen- der klinischer Krankheitszeichen die Diagnose zu stellen. Soll dar- über hinaus eine Aussage über die Pathogenese gegeben wer- den, sind apparative Untersu- chungsmethoden mit einzubezie- hen, die -wie die Doppler-Uitra- schallsonographie, die Venen- druckmessung oder die Lichtre- flexionsrheographie - nicht sehr aufwendig und damit auch in der breiten Praxis durchführbar sind.

Die Unterteilung der chronisch- venösen Insuffizienz in eine su- prafasziale und in eine subfaszia- le Form gilt nicht nur dem wissen- schaftlichen Interesse. Sie bein- haltet auch für die Praxis wichtige therapeutische Konsequenzen.

Aus Zeitgründen war auf dem In- terdisziplinären Forum eine Ein- engung der Themen auch inner- halb der chronisch-venösen Insuf- fizienz erforderlich, um den Vor- trag wie auch die Diskussion effi- zient gestalten zu können. Es wur-

de lediglich die Therapie behan- delt und auch diese nur fragmen- tarisch. Das praktisch wichtige Thema der medikamentösen The- rapie konnte aus Zeitgründen in den Vorträgen nicht berücksich- tigt werden.

Im Rahmen dieses Themas be- schränkten sich die Referenten auf folgende Teilgebiete:

1. Kompressionsverband- und Kompressionsstrumpfbehandlung (Prof. Dr. R. Schmitz, Eßlingen); 2.

Sklerosieru ngstherapie (Dr. R.

Stemmer, Straßburg); 3. Physikali- sche Therapie (Dr. U. Dembowski, Bad Nauheim); 4. Operative The- rapie (Prof. Dr. W. Hach, Bad Nau- heim).

Die Kompressionsbehandlung als bewährte und durch nichts zu er- setzende Basistherapie von Ve- nenkrankheiten bietet keine revo- lutionären Neuheiten. Bei der Kompressionsstrumpfbehandlung verdient die Tatsache besondere Beachtung, daß die Kompres- sionsstrümpfe der Konfiguration des Beines entsprechen müssen, wenn diese Therapie sinnvoll sein soll, das heißt, daß gegebenen- falls Kompressionsmaßstrümpfe in vielen Fällen nicht zu umgehen sind. Wichtig ist die Beachtung folgender Fakten durch den be- handelnden Arzt:

Die Kompressionstherapie hat an- dere Angriffspunkte als die ödem- protektiven Medikamente.

.,.. Kompressionsstrümpfe der Klasse I sind nur als Prophylaxe indiziert (zum Beispiel in der Gra-

KONGRESS-BERICHT

vidität). Die Kompressionsthera- pie setzt voraus, daß der Patient sich bewegen kann. Die Toleranz der Kompressionstherapie hängt weitgehend vom Zustand der di- stalen Arterien ab. Schon leichte arterielle Zi rku lationsstöru ngen können zur Einschränkung der Kompressionstherapie führen.

Bereits die periphere Arterien- druckmessung mit einem einfa- chen Doppler-U ltraschallgerät er- möglicht oft eine entsprechende Beurteilung.

.,.. Die inte.rmittierende apparative Kompressionstherapie hat sich als zusätzliche Methode zur Ver- bands- und Strumpftherapie be- währt, vor allem auch bei Kran- ken, bei denen gleichzeitig arte- rielle und venöse Zirkulationsstö- rungen bestehen.

Bei der Sklerosierungstherapie darf die Vorstellung als obsolet gelten, daß diese Behandlungs- methode mit der operativen The- rapie konkurriert. Vielmehr ergän- zen sich beide Methoden sinnvoll, weil heute jede eine festgelegte Indikation hat. Neubildungen von Varizen liegen im Wesen der Er- krankung und sind bei richtiger Wahl der Indikation und bei opti- maler Technik weder der einen noch der anderen Methode anzu- lasten. Für den Arzt ergeben sich folgende Regeln:

1. Den Mündungsstellen (Kros- sen) der großen Stamm- in die großen Leitvenen ist besondere Beachtung zu schenken. Dazu be- darf es in der Regel der Anwen- dung apparativer Methoden (Doppler-Ultraschall).

2. Die Funktionsfähigkeit des tie- fen Venensystems ist abzuklären (Venendruckmessung, Lichtrefle- xionsrheographie, gegebenen- falls die Phlebographie).

3. Bei Verschluß tiefer Venen ist zu klären, ob die vorliegenden Venektasien idiopathische Vari- zen sind oder einen Kollateral- kreislauf darstellen. 1>

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 18 vom 4. Mai 1984 (85) 1467

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DEUTSCHES itß.ZTEBLATT

Chronisch-venöse Insuffizienz

4. Zu den Kontraindikationen zählt die Bettlägerigkeil (Varizen sind stets ambulant zu sklerosie- ren).

5. Bei fieberhaften und schweren allgemeinen Krankheiten ist die Verödungstherapie kontraindi- ziert Eine relative Kontraindika- tion ist die Einschränkung der Be- weglichkeit des Patienten.

6. An Komplikationen sind zu nennen: der Kreislaufkollaps und der bei den heutigen Verödungs- mitteln sehr selten gewordene anaphylaktische Schock. Zu mei- den sind paravasale Injektionen.

Schlimmste Folgen hat eine unbe-

absichtigte intraarterielle Injek- tion, die eine sofortige Thrombo- lyse erfordert.

Ziel der Sklerosierungstherapie ist die Verhinderung einer mit tro- phischen Störungen, also mit Un- terschenkelgeschwüren einher- gehende chronisch-venöse Insuf- fizienz. Ganz zu Unrecht hat in diesem Zusammenhang die physi- kalische Therapie in der ärzt- lichen Praxis nicht den Steilen-

wert, den sie verdient.

Als neueres Behandlungsprinzip hat sich die intermittierende ap- parative Kompressionsmethode als eine ausgezeichnete Maßnah- me zur raschen Entstauung einer Extremität bewährt. Wegen ihres großen Anwendungsbereiches ist diese Methode, die die frühere manuelle Massageform des

"Drückens" weitgehend ver-

drängt hat, auch für die ärztliche Praxis von Bedeutung.

Die älteren physikalischen Be- handlungsverfahren wie Lage- rung, Bewegungstherapie und Kaltwasseranwendung sind zu Unrecht in den Hintergrund gera- ten. Sie stellen nach wie vor die physikalische Basistherapie dar. Als obsolet sind heute bei venö- sen Stauungen die Massagefor- men des "Streichens" oder des

"Druckstreichens" anzusehen,

wie auch warme oder wechsel- warme Teilbäder.

Die operative Behandlung hat pri- mär die Beseitigung der unmittel- baren Ursachen der venösen Stauungssyndrome anzustreben.

Zweitrangig ist der Versuch, die Abheilung von Gewebedefekten durch eine plastische Operation zu beschleunigen.

Bei folgenden Venenkrankheiten sollte der praktisch tätige Arzt die Möglichkeiten operativer Thera- pie berücksichtigen:

~ Bei der Stammvarikosis, wenn eine massive Insuffizienz der Mündungen (Krosseninsuffizienz) der Saphena-Venen vorliegt.

~ Bei der subfaszialen chro- nisch-venösen Insuffizienz mit Verschlüssen tiefer Venen kann unter Umständen ein Umge- hungskreislauf angelegt werden.

Am bekanntesten ist die Palma'- sche Operation.

~ Kongenitale Fehl- und Mißbil- dungen des Venensystems mit persistierenden arteriovenösen Fisteln oder mit Aplasien von Ve- nenklappen oder Venensegmen- ten ergeben unter bestimmten Voraussetzungen operative Indi- kationen.

in der Diskussion wurde wieder- holt auf das Kasten-Nutzenver- hältnis eingegangen. Bei der Kompressionstherapie, sei es mit Verbänden oder mit Strümpfen nach Maß, ist zweifellos die Thera- pie teurer als der ambulante Ge- samtdurchschnitt des Kostenin- dex in der ärztlichen Praxis. Das führt oft zu erheblichen Schwie- rigkeiten der Kassenärzte gegen- über den kassenärztlichen Verei- nigungen.

Bedacht wird dabei offenbar aber nicht, daß durch diese kostspieli- gere ambulante Behandlung ein Vielfaches an Kosten durch Ver- meiden einer stationären Behand- lung eingespart wird. Auch bei der Diskussion um die apparative intermittierende Kompressions- therapie sind diese Fragen in ana- loger Weise beantwortet worden.

1468 (86) Heft 18 vom 4. Mai 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

in diesem Zusammenhang wurde auch gefragt, ob nicht allein die Kompressionstherapie mit Ver-- bänden und Strümpfen ausrei- chend sei und man daher auf die apparative intermittierende Korn- pressionstherapie verzichten kön-

ne. Das wurde nachdrücklich ver-

neint.

Besonders wertvoll ist diese The- rapie, wenn neben der chronisch- venösen Insuffizienz eine arteriel- le Verschlußkrankheit vorliegt, was bei älteren Leuten öfter vor- kommt.

Zur Frage nach neuen Aspekten in der medikamentösen Therapie wurde auf die Tonisierung der Ve- nenwand durch Medikamente hin- gewiesen, die im Gegensatz zu früheren Vorstellungen tatsäch- lich möglich und inzwischen be- wiesen ist.

Zum Schluß der Sitzung betonte der Moderator nochmals die gro- ße Bedeutung, die die Venen- krankheiten für die in der Praxis tätigen Ärzte und Spezialärzte ha- ben. Das Besondere hier ist die Möglichkeit für den niedergelas- senen Arzt, bei Venenkranken, mit Ausnahme der operativen Maßnahmen und der Thromboly- se, alle Therapieverfahren selbst anwenden zu können. Auch in der Diagnostik ergeben sich analoge Möglichkeiten. Eine entsprechen-

de, intensive Fortbildung ist aller-

dings erforderlich. Voraussetzung hierzu ist die lnstitutionalisierung,

die in der Anerkennung der Zu-

satzbezeichnung "Phlebologie"

gegeben wäre.

Professor Prof. h.c.

Dr. med. Dr. h.c.

Norbert Klüken Hufelandstraße 55 4300 Essen

(Der Kongreß fand vom 11. bis zum 14. Januar 1984 in Köln statt)

Referenzen

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