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P H Y S I K I M A L LTA G

48 Physik Journal 15 (2016) Nr. 11 © 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

E

lektrische Energie ist in den Industriestaaten zuverlässig verfügbar. Dies wird möglich durch eine passende Auslegung der Netze, den koordinierten Betrieb der Kraftwerke sowie definierte Gegen- maßnahmen bei einer Störung. Das Energieversorgungsnetz in Europa ist ein Verbundnetz, das aus meh- reren Teilnetzen besteht, die sich durch die Staatsgrenzen und die jeweils erforderlichen Betriebsspan- nungen ergeben. In Deutschland besteht das Netz aus vier Ebenen.#)

Die elektrische Energie wird per Wechselspannung übertragen.

Die entscheidenden physikalischen Größen für einen reibungslosen Betrieb des Versorgungsnetzes sind dabei Frequenz und Spannung. Im Höchstspannungsnetz der 220-kV- und 380-kV-Überlandleitungen darf die Frequenz um nicht mehr als vier Promille vom Sollwert 50 Hz abweichen. Dagegen muss die Spannung von 230 Volt im Niedrigspannungsnetz auf zehn Prozent konstant bleiben.

Weichen Soll- und Istwert der Frequenz zu stark voneinander ab, kann in den betroffenen Netz- bereichen der Strom ausfallen.

Bei einer Frequenz unterhalb von 49 Hz werden daher Transforma- toren oder Leitungen zum Verbrau- cher in Umspannwerken teilweise automatisch vom Netz getrennt.

Die Frequenz schwankt, weil sich elektrische Energie in einem Ver-

sorgungsnetz kaum speichern lässt.

Daher muss die eingespeiste Ener- gie immer etwa so groß sein wie die entnommene Energie und die Ver- luste aufgrund des Transports.

Die Generatoren in den Kraft- werken bestimmen durch ihre Rotationsgeschwindigkeit die Netzfrequenz. Durch ungeplantes Zu- und Abschalten von Erzeugern oder Verbrauchern kann die Wirk- leistungsbilanz ins Ungleichgewicht kommen: Wird zu viel Leistung verbraucht, sinkt unter der zusätz- lichen Last die Rotationsgeschwin- digkeit der Generatoren und damit die Netzfrequenz. Die kinetische Energie der Generatoren bestimmt, wie rasch dies geschieht. Dieser zeitliche Puffer ist als Momentan- reserve bekannt: Bei einem Defizit von einem Prozent der Last sinkt die Netzfrequenz innerhalb von 20 bis 30 Sekunden auf 49 Hz ab.

Um die Netzfrequenz über die Momentanreserve hinaus zu stabilisieren, gibt es die Primär-, Sekundär- und Tertiärregelung. Bei der Primärregelung verändern die Kraftwerksbetreiber die Einspei- sung der Leistung eigenständig, wenn die Momentanreserve nicht ausreicht, um die Netzfrequenz zu stabilisieren. Hierfür wird die Frequenz in den Kraftwerken kontrolliert. Im kontinentaleuro- päischen Verbundnetz stehen zur

Primärregelung ständig drei Giga- watt Leistung, wie sie etwa zwei große Kraftwerke erzeugen, bereit.

Deutschland hält davon ungefähr 600 Megawatt vor. Die Primärrege- lung begrenzt die Abweichung von der Sollfrequenz auf 200 mHz. Sie greift spätestens 30 Sekunden nach einer erkannten Frequenzabwei- chung. Dabei ist die Regelleistung proportional zur Frequenzabwei- chung, sodass bereits 200 mHz Abweichung die volle Primärregel- leistung ausschöpfen.

Mit der Sekundärregelung lässt sich die Netzfrequenz wieder auf den Sollwert zurückführen. Der Betreiber des gestörten Versor- gungsnetzes fordert sie an. Sie greift nach 30 Sekunden, damit die Re- serven der Primärregelung wieder verfügbar werden. Deutschland hält dazu eine Leistung von rund zwei Gigawatt vor.

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, damit die Netzfrequenz ihren Sollwert erreicht, greift die Tertiärregelung. Typische Beispiele sind der Ausfall eines Kraftwerks oder ein länger andauernder Pro- gnosefehler für Erzeugung oder Verbrauch. Die Tertiärregelleistung muss innerhalb von 15 Minuten aktiv werden – der Netzbetreiber kauft die Leistung elektronisch von Kraftwerken zu und entlastet damit die Sekundärregelleistung für den

n Verlässlicher Strom

Netzbetreiber stellen die Versorgung der Bevölkerung mit elektrischer Energie sicher.

Dazu müssen sie Spannung und Frequenz im Netz konstant halten.

Verbrauchern – z. B. in der Automobilindustrie – stehen dyna- mische Systeme zur Verfügung, um Blindleistung aus schnel- len Lastwechseln zu kompensieren.

Janitza electronics GmbH

Innenansicht eines Mastes im Höchstspannungsnetz

TransnetBW GmbH

#) Physik Journal, April 2014, S. 45

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© 2016 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 15 (2016) Nr. 11 49 nächsten Einsatz. In Deutschland

liegt die verfügbare Tertiärregel- leistung zwischen 1,5 und zwei Giga watt. Der tatsächliche Bedarf an Sekundär- und Tertiärregel- leistung schwankt abhängig von Temperatur, Wetter, Wochentag und Uhrzeit.

Geregelte Spannung

Neben der Frequenz muss für einen reibungslosen Betrieb des Versor- gungsnetzes auch die Spannung konstant bleiben, da den Verbrau- cher, also z. B. Elektrogeräte, eine Überspannung beschädigen und eine Unterspannung in der Funk- tion beeinträchtigen kann. In den Niederspannungsnetzen müssen dazu erzeugte und verbrauchte Wirkleistung ausgeglichen sein.

In den Übertragungsnetzen, die große Dis tanzen überbrücken, ist zudem die Blindleistung für den Spannungsabfall zu berücksichti- gen. Aufgrund der Blindleistung sind Strom und Spannung in einem Wechselspannungsnetz phasenver-

schoben. Das zeitliche Mittel der Blindleistung ist null – aber sie os- zilliert zwischen Erzeuger und Ver- braucher und belastet Leitungen, Generatoren und Transformatoren.

Ohne eine lokale Kompensation der Blindleistung müssten diese Netz- komponenten größer dimensioniert werden als für die Übertragung der reinen Wirkleistung.

Kraftwerksseitig geschieht die Kompensation durch Synchron- generatoren, z. B. wenn der Genera- tor als so genannter Phasenschieber dient: Schließt man einen Genera- tor im Leerlauf ans Netz an, gibt er keine Wirkleistung ab. Der Erreger- strom, der durch die Läuferspule des Generators fließt, steuert aber trotzdem, ob Spannung und Strom phasenverschoben sind und da- durch Blindleistung entsteht. Fällt der Erregerstrom größer aus als im Leerlauf benötigt, gibt der Genera- tor induktive Blindleistung ins Netz ab, wirkt also wie ein Kondensator.

Im umgekehrten Fall nimmt der Generator induktive Blindleistung

aus dem Netz auf, was der Abgabe kapazitiver Blindleistung ins Netz entspricht. Beides lässt sich auch im Lastbetrieb eines Generators ausnutzen, um zusätzlich zur Steue- rung der Wirkleistung Änderungen des Blindleistungsbedarfs zu kompensieren. Der Netzbetreiber fordert diese Kompensation zum Beispiel bei Wasserkraftwerken an. Weitere Optionen zur Blind- leistungskompensation sind das Zuschalten von Drosselspulen und Kondensatorbänken, die über das Netz verteilt sind.

Im Normalbetrieb erfolgen Fre- quenz- und Spannungsregelung unabhängig voneinander, da sich beides auf sehr unterschiedlichen Größenskalen abspielt: Die Blind- leistungskompensation geschieht lokal, die Frequenzregelung im Netz. Im besten Fall merken die Verbraucher nichts von diesen Regelungen und beziehen die elektrische Energie ohne Unterbre- chung.+)

Michael Vogel

+) Ich danke Joachim Lehner und Pavel Zolo- tarev von der Stuttgarter TransnetBW GmbH für hilfreiche Erläuterungen.

Referenzen

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