A 2578 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 48|
2. Dezember 2011 Ursprünglich sollte lediglich ein diagnostischerTest entwickelt werden, mit dem sich Autoanti- körper entdecken lassen, die zu einer Kardio- myopathie und damit zur chronischen Herzin- suffizienz führen. Doch schließlich gelang der Forschungskooperation der Charité – Universi- tätsmedizin Berlin mit dem Max-Delbrück- Centrum für Molekulare Medizin und der Apta- Res AG ( unterstützt von der Investitionsbank Berlin und der Stiftung Pathobiochemie der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin) sogar ein Schritt in Richtung therapeutische Anwendung: Die For- scher entwickelten Bindungsmoleküle, soge- nannte Aptamere, die hochspezifisch Autoanti- körper binden, die gegen den beta1-adrener- gen Rezeptor im Herzmuskel gerichtet sind.
Mittlerweile erhielten sie dafür auch einen Pa- tentschutz.
Bei den synthetisch hergestellten Aptame- ren handelt es sich um kurzkettige Einzel- und Doppelstrang-RNA- und DNA-Moleküle, die vor allem die Autoantikörper gegen den be- ta1-adrenergen Rezeptor neutralisieren. Diese würden bei mehr als drei Viertel der Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie, bei nahezu al- len Patienten mit Chagas-Kardiomyopathie und bei Patientinnen mit Peripartum-Kardio- myopathie beobachtet, berichteten Dr. Anneka- thrin Haberland und Prof. Dr. Ingolf Schimke in der Fachzeitschrift „Circulation Reasearch“
(Circ.Res.2011; 109: 986–92). Die normale physiologische Regulation der Herzrezeptoren bleibt jedoch davon unbeeinflusst, wodurch ei- ne gezielte medikamentöse Beeinflussung des beta1-adrenergen Rezeptors möglich bleibt.
Beim Gesunden regeln Gewebshormone wie das Adrenalin die Herzfunktion über den be-
ta1-adrenergen Rezeptor. Die Autoantikörper greifen in diese Regulation ein, indem sie den Rezeptor dauerhaft aktivieren.
Künftig könnten die Aptamere aufgrund ihrer Eigenschaft, Autoantikörper gezielt zu neutralisieren, eine Möglichkeit darstellen, die Kardiomyopathie zu behandeln. Es gebe bereits erste hoffnungsvolle Tierversuche, erklärte Schimke dem Deutschen Ärzteblatt.
Darüber hinaus bieten die Aptamere weitere Einsatzmöglichkeiten: So könnten sie in der extrakorporalen Apherese als Autoantikörper- binder eingesetzt werden, um diese zu neu- tralisieren. Aber auch in diagnostischen Tests könnten Aptamere die Autoantikörper gegen den beta1-adrenergen Rezeptor auf- spüren und somit zeigen, welche Patienten von einer Therapie mit Aptameren profitieren würden. Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
NEUE THERAPIEOPTION FÜR DIE KARDIOMYOPATHIE
Die Wirksamkeit des Mammogra- phie-Screenings, das 2005 einge- führt und seit 2009 flächendeckend angeboten wird, lässt sich frühestens neun bis zwölf Jahre nach Einfüh- rung anhand der Inzidenz-basierten Brustkrebsmortalität beurteilen. In einer aktuellen Stellungnahme defi- niert das Wissenschaftliche Gremi- um der Kooperationsgemeinschaft Mammographie vier unterschiedli- che Phasen der Evaluation.
Nach diesem Modell könne frü- hestens 2018 mit der Messbarkeit MAMMOGRAPHIE-SCREENING
Evaluation in vier Phasen
der Abnahme der Brustkrebsmorta- lität (Phase IV) zu rechnen sein, doch bereits die vorherigen Phasen könnten Hinweise darauf geben,
„ob das Programm den gewünsch- ten Effekt auf die Brustkrebssterb- lichkeit entwickeln kann“. Denn man gehe davon aus, dass sich in bestimmten Zeiträumen (Phasen) anhand von spezifischen Indikato- ren wie Stadienverteilung oder Inzi- denzrate für bestimmte Tumoren (T2-Tumoren) auch ganz bestimm- te Effekte feststellen ließen. zyl Patienten sollten einen direkten Zu-
gang zu Hochschulambulanzen er- halten, und zwar ohne dass sie dafür eine Überweisung von einem nie- dergelassenen Facharzt benötigen.
Für diesen freien Zugang sollte es je nach Fach Fallzahlobergrenzen ge- ben. Das hat die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizini- schen Fachgesellschaften (AWMF) gefordert.
Zur Begründung verwies AWMF- Präsident Prof. Dr. med. Karl Heinz Rahn darauf, dass die Verlagerung von Krankenversorgung aus dem stationären in den ambulanten Be- reich zwar aus Sicht der Patienten HOCHSCHULAMBULANZEN
Direkter Zugang für Patienten gefordert
wünschenswert sei. Sie habe aber Konsequenzen für Forschung, Leh- re und Weiterbildung, weil in den Universitätskliniken nicht mehr ge- nug Patienten mit unkomplizier- ten oder chronischen Erkrankungen versorgt würden. „Große Volks- krankheiten wie Diabetes mellitus zum Beispiel werden praktisch nicht mehr stationär behandelt“, sagte Rahn. Auch den Forschern fehle
Für eine umfas- sende Forschung
und Lehre muss die Arbeit der Am- bulanzen ausgewei- tet werden. Das for- dern die Hochschul- mediziner.
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es an ausreichend Fällen für ihre Studien.
Rahn verwies darauf, dass Hoch- schulambulanzen einen Anspruch auf Teilnahme an der ambulanten Versorgung hätten, soweit dies für Lehre und Forschung notwendig sei. Durch Vorgaben von Kassen- ärztlichen Vereinigungen und Kran- kenkassen würden ihnen aber zu wenig Patienten zugestanden. Rie/jp