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Bekommst Du Dein Recht?

Corona und Urlaub – was müssen Arbeitnehmer wissen?!

Auch im ver.di Bezirk Augsburg gibt es vermehrt Rechtsanfragen zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung beziehungsweise zum Verfall von Urlaubstagen bei behördlich

angeordneter Quarantäne aufgrund Covid-19. Daher soll im Folgenden die Rechtslage hierzu zusammengefasst werden, um einen kurzen Überblick über die wichtigsten Regelungen zu geben.

Quarantäne nach der Urlaubsrückkehr – besteht Anspruch auf Bezahlung?

Bei Verdacht, mit dem Virus SARS-CoV-2 infiziert zu sein, müssen sich Arbeitnehmer in häusliche Quarantäne begeben. Ist der Arbeitgeber in dieser Zeit zur Entgeltfortzahlung verpflichtet?

Muss ein Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anweisung in Quarantäne zu Hause bleiben, ohne erkrankt zu sein, stellt sich die Frage, was mit seinem arbeitsrechtlichen

Vergütungsanspruch geschieht.

Verdienstausfallentschädigung oder Lohnfortzahlung während (angeordneter) Quarantäne Arbeitsunfähig ist der Beschäftigte in diesem Fall nicht. Übt der Arbeitnehmer eine Tätigkeit aus, die er auch von zu Hause aus im Homeoffice ausüben kann, dann besteht insoweit kein Problem: Er kann während der Quarantäne zu Hause weiterarbeiten und behält seinen Vergütungsanspruch. Oft wird dies jedoch nicht möglich sein. Ein Anspruch auf

Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) scheint in diesem Fall ausgeschlossen. Denn der Arbeitnehmer ist nicht arbeitsunfähig erkrankt. Es kommen aber gegenüber der öffentlichen Hand Entschädigungsansprüche wegen Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder eventuell gegenüber dem Arbeitgeber ein Anspruch aus § 616 BGB in Betracht.

Wer aufgrund des IfSG unter Quarantäne gestellt wird oder mit einem Tätigkeitsverbot belegt wurde und einen Verdienstausfall erleidet, ohne krank zu sein, hat nach § 616 BGB (Vorübergehende Verhinderung) einen Lohnfortzahlungsanspruch, soweit dieser nicht arbeitsvertraglich abbedungen ist. § 616 BGB setzt voraus, dass der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist.

Der Eintritt eines infektionsschutzrechtlichen Beschäftigungshindernisses stellt insofern einen Hinderungsgrund dar. In diesem Fall hat der Beschäftigte weiterhin einen Anspruch auf seine Vergütung und ein Anspruch nach § 56 IfSG besteht solange nicht. Wie lang eine

"verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" genau ist, lässt sich nicht definitiv sagen, da es auf die Umstände des Einzelfalles ankommt. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten

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Rechtsbegriff. Im Regelfall dürfte ein Zeitraum von etwa fünf Tagen als "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" anzusehen sein. Weitergehende Ansprüche auf Fortzahlung der Vergütung können sich gegebenenfalls auch aus einem Tarifvertrag ergeben.

Besteht kein Anspruch aus § 616 BGB oder ist dieser trotz fortbestehender Quarantäne bereits ausgeschöpft, erhält der Arbeitnehmer grundsätzlich eine Entschädigung, die in §56 IfSG geregelt ist. Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für längstens sechs Wochen, soweit tarifvertraglich nicht anders geregelt, die Entschädigung auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag erstattet. Bei einer längeren Quarantäne wird nach Ablauf der sechs Wochen der Verdienstausfall in Höhe des Krankengeldes gewährt.

Letzteres wird aber nur in Ausnahmefällen zum Tragen kommen.

Sonderfall: Urlaub im Risikogebiet (Lohnfortzahlung während selbstverschuldeter Quarantäne)?

Wenn Arbeitnehmer in Risikogebieten Urlaub gemacht haben, können sie nicht ohne

Weiteres an den Arbeitsplatz zurückkehren. Aufgrund der geltenden Quarantänevorschriften sind sie verpflichtet, sich beim zuständigen Gesundheitsamt zu melden und zwei Wochen in häuslicher Quarantäne zu bleiben. Welche Auswirkungen hat das auf das Arbeitsverhältnis?

Ist der Arbeitgeber in dieser Zeit zur Lohnfortzahlung verpflichtet?

Grundsätzlich geht es den Arbeitgeber nichts an, wo und mit wem seine Mitarbeiter ihren Urlaub verbringen. Um einem Ansteckungsrisiko vorzubeugen, muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber aber mitteilen, ob er sich in den letzten 10 Tagen in einem Corona-Risikogebiet aufgehalten hat oder Kontakt zu jemandem hatte, der unter Infektionsverdacht steht oder infiziert ist. Ohne Nachweis, aktuell nicht infiziert zu sein, muss sich der Arbeitnehmer nach seiner Rückkehr aus einem Risikogebiet für einen Zeitraum von 10 Tagen in häusliche Quarantäne begeben.

Reisen Arbeitnehmer wissentlich in ein Land, für das eine Reisewarnung besteht, handeln sie schuldhaft im Sinne der Entgeltfortzahlungsbestimmungen, weil nach den jeweiligen

Landesverordnungen der Bundesländer hieraus die Verpflichtung entsteht, sich bei der Rückkehr in Quarantäne zu begeben. Als Folge eines solchen Verhaltens seitens des Arbeitnehmers entsteht eine vorübergehende Verhinderung der Erbringung der

Arbeitsleistung gemäß § 616 BGB, die der Arbeitnehmer durch sein Verhalten verschuldet hat. Dementsprechend steht den Arbeitnehmern in einem solchen Fall kein

Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB zu.

Dass auch eine Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz

ausgeschlossen ist, ist nun explizit im IfSG geregelt. In § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG wurde durch eine Änderung des Gesetzes, die am 19.11.2020 in Kraft getreten ist, nun ausdrücklich geregelt, dass kein Entschädigungsanspruch besteht, wenn eine Quarantäne durch

Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet hätte vermieden werden können. Eine Reise ist nach Definition des Gesetzes

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dann vermeidbar, wenn zum Zeitpunkt der Abreise keine zwingenden und unaufschiebbaren Gründe für die Reise vorlagen.

Falls der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, während der Quarantänephase seine Arbeitsleistung aus dem Homeoffice zu erbringen, bleibt sein Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts natürlich bestehen.

Was passiert, wenn der Urlaubsort plötzlich zum Risikogebiet wird?

Für den Fall, dass das vom Arbeitnehmer bereiste Urlaubsland erst nach dem Antritt seiner Reise aufgrund steigender Infektionszahlen (erneut) zum Risikogebiet erklärt wird, hat der Arbeitnehmer mit seiner Reise nicht schuldhaft gehandelt und hätte für einen

vorübergehenden Zeitraum einen Lohnfortzahlungsanspruch nach § 616 BGB. Hier greift jedoch vor allem § 56 IfSG, nach welchem der Arbeitnehmer einen Entschädigungsanspruch für die Zeit der Quarantäne hat. In der Praxis leistet der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung und kann sich diese Zahlungen von der zuständigen Behörde erstatten lassen (§ 56 Abs. 5 IfSG).

Quarantäne während des Erholungsurlaubs – verfallen die Urlaubstage?

Muss ein Arbeitnehmer aufgrund behördlicher Anweisung in Quarantäne zu Hause bleiben, ohne erkrankt zu sein, stellt sich neben dem Vergütungsanspruch auch die Frage, was mit dem in dieser Zeit genommenen Urlaubstagen geschieht.

Grundsätzlich gilt: Wer im Urlaub krank wird, bekommt seine Urlaubstage vom Arbeitgeber wieder gutgeschrieben. Das regelt das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) in § 9. Schließlich soll der Urlaub der Gesundheit und dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit dienen. Voraussetzung ist jedoch die Krankmeldung. Wer seine Urlaubstage wieder gutgeschrieben haben möchte, muss seinen Arbeitgeber über seine Krankheit informieren und sich umgehend krankmelden und dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.

Wie aber ist die Situation rechtlich einzuordnen, wenn man sich - ohne selbst erkrankt zu sein - als Kontaktperson einer positiv auf Covid-19 getesteten Person während des laufenden Erholungsurlaubs in behördlich angeordnete Quarantäne begeben muss? Werden die

während der Quarantäne „verbrauchten“ Urlaubstage analog zur Regelung in § 9 BUrlG (Erkrankung während des Urlaubs) gutgeschrieben oder verfallen diese und gelten als

„genommener Urlaub“?

Da man nicht „erkrankt“ ist, liegt in diesem Fall die Voraussetzung des § 9 BUrlG gerade nicht vor, weshalb die Urlaubstage nicht auf Basis der Regelung des § 9 BUrlG gutzuschreiben sind.

Eine der Norm des § 9 BUrlG für den Fall ohne Erkrankung in Quarantäne zu müssen vergleichbare Regelung existiert derzeit nicht. Daher kommt es hier auf das

Entgegenkommen der Arbeitgeber an, ob Sie die Urlaubstage, die auf die Zeit der Quarantäne fallen, gutschreiben oder dies verweigern.

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Da in diesen Fällen der Urlaub schließlich nicht mehr den Erholungszweck erfüllt, ist diese Konstellation – auch wenn es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung hierzu gibt - durchaus mit dem in § 9 BUrlG geregelten Fall der Krankheit während des Urlaubs

vergleichbar, da auch hier die Beschäftigten den Urlaubsanspruch aufgrund von besonderen Umständen, die sie nicht zu vertreten haben (behördlich angeordnete Quarantäne), nicht verwirklichen können.

„Weil sich mit diesem Argument durchaus ein Änderungsanspruch der Beschäftigten

herleiten lässt, lohnt es sich in jedem Falle, den Arbeitgeber darauf hinzuweisen und mit ihm über die Verlegung des Urlaubs zu verhandeln“, so der Augsburger ver.di Jurist Florian Ott.

Hier stehen sich das sogenannte allgemeine Lebensrisiko, sich aufgrund des Kontakts mit einer positiv auf Covid-19 getesteten Person in behördlich angeordnete Quarantäne begeben zu müssen und der Wortlaut der in § 9 BUrlG getroffenen gesetzlichen Regelung, der eine Gutschrift der Urlaubstage nur für den Fall einer „Erkrankung“ während des Urlaubs vorsieht, gegenüber.

Darf der Arbeitgeber nach Urlaubsrückkehr die Vorlage eines Corona Tests verlangen?

Eine weitere immer wiederkehrende Frage, ob der Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern verpflichtende Corona Tests anordnen darf, soll im Folgenden beleuchtet werden.

Zuerst ist festzuhalten, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner allgemeinen Fürsorgepflicht nach § 618 BGB bei Ausübung seiner Rechte das Wohl und die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen, die Entstehung eines Schadens beim Arbeitnehmer

verhindern, aber auch dessen Würde und Persönlichkeit achten muss. Bezüglich der Beantwortung der Frage, ob der Arbeitgeber für die Mitarbeiter verpflichtend die Durchführung eines Corona Tests anordnen darf, ist daher zwischen der Schutz- und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auf der einen und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der jeweiligen Mitarbeiter auf der anderen Seite abzuwägen.

Aus der gesetzlich geregelten Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergibt sich insbesondere auch die Pflicht, dafür zu sorgen, dass für die Arbeitnehmer keine Gesundheitsrisiken bestehen.

Im Zusammenhang mit der Corona Pandemie bedeutet das, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Schutz- und Fürsorgepflicht dazu verpflichtet ist, das Ansteckungsrisiko für seine Arbeitnehmer möglichst gering zu halten.

Dabei ist bezüglich der Maßnahmen des Arbeitgebers zwischen Arbeitnehmern, die aus einem Risikogebiet zurückkehren und solchen, die sich nicht in einem Risikogebiet aufgehalten haben, zu unterscheiden.

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Rückkehr aus einem Risikogebiet

Um überhaupt die Möglichkeit zu haben, seiner Fürsorgepflicht nachkommen zu können und seine Arbeitnehmer vor einer Ansteckung schützen zu können, muss der Arbeitgeber auch die entsprechende Kenntnis darüber haben, ob sich ein Arbeitnehmer in einem

Risikogebiet aufgehalten hat. Im Rahmen seiner Fürsorge- und Schutzpflicht nach § 618 BGB steht ihm daher ein solches Fragerecht zu. Der betroffene Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber wahrheitsgemäß Auskunft darüber zu geben, ob er sich in einem Risikogebiet aufgehalten hat.

Da eine Person seit Einführung der Testpflicht nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet ohnehin dazu verpflichtet ist, einen Corona-Test durchzuführen und sich bis dahin in häusliche Quarantäne zu begeben, stellt sich nunmehr die Frage, ob der Arbeitgeber die Vorlage des Testergebnisses verlangen kann. Der Arbeitgeber hat darauf zu achten, dass ein Arbeitnehmer nur dann zur Arbeit zurückkehrt, wenn aus arbeitsmedizinischer Sicht

feststeht, dass er kein Sicherheitsrisiko für den Betrieb darstellt (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.08.2012, 19 Sa 306/12). Es besteht hier jedoch ein erhöhtes Infektionsrisiko für die Arbeitnehmer, die mit einem aus einem Risikogebiet zurückkehrenden Arbeitnehmer in Kontakt treten. Der Arbeitgeber kann andere Arbeitnehmer mithin nur dann wirksam vor einem erhöhten Infektionsrisiko schützen, wenn er Kenntnis vom Testergebnis hat. Er kann daher auch die Vorlage des Testergebnisses verlangen.

Rückkehr aus keinem Risikogebiet

Für alle anderen Urlaubsrückkehrer, die aus einem Urlaubsland zurückkehren, das nicht als Risikogebiet eingestuft ist, gilt, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Durchführung eines Corona-Tests haben muss, um einen solchen anordnen zu können. Ein solches ist allerdings regelmäßig zu verneinen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine erhöhte Infektionsgefahr im Unternehmen vorliegen. Hierbei ist zu beachten, dass der Arbeitgeber keine eigene Einschätzung darüber vornehmen darf, wann eine erhöhte Infektionsgefahr vorliegt, sondern vielmehr Verordnungen und Analysen des Robert-Koch- Instituts und der Behörden hierfür maßgeblich sind. Wird ein Urlaubsgebiet danach nicht als Risikogebiet eingestuft, wird es schwer für den Arbeitgeber, eine erhöhte Infektionsgefahr zu rechtfertigen.

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