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TKG-Wegerecht - §§ 68-77 TKG

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(1) Ergibt sich nach Errichtung einer Telekommunikationslinie, dass sie den Widmungszweck eines Verkehrsweges nicht nur vorübergehend beschränkt oder die Vornahme der zu seiner Unterhaltung erforderlichen Arbeiten ver- hindert oder die Ausführung einer von dem Unterhaltungspflichtigen beab- sichtigten Änderung des Verkehrsweges entgegensteht, so ist die Telekom- munikationslinie, soweit erforderlich, abzuändern oder zu beseitigen.

(2) Soweit ein Verkehrsweg eingezogen wird, erlischt die Befugnis des Nut- zungsberechtigten zu seiner Benutzung.

(3) In allen diesen Fällen hat der Nutzungsberechtigte die gebotenen Maß- nahmen an der Telekommunikationslinie auf seine Kosten zu bewirken.

Schrifttum:

Biletzki, Gregor, Folge- und Folgekostenpflichten von TK-Unternehmen, MMR 1999, 80; Freund, Matthias, Folge- und Folgekostenpflichten gegenüber den Wegeunterhal- tungspflichtigen und den Betreibern besonderer Anlagen, in: Hoeren, Thomas (Hrsg.), Handbuch Wegerechte und Telekommunikation, 2007, S. 180; Greindl, Gerhard, Kolli- sionsrechtliche Fragen der Drittveranlassung in der Praxis, in: Königshofen, Thomas (Hrsg.), Das neue Telekommunikationsrecht in der Praxis, 1999, S. 46; Königshofen, Thomas, Anmerkung zu LG Bochum v. 13.2.1982 – 1 O 738/91 –, Archiv PT 1992, 159;

Ronellenfitsch, Michael, Aktuelle Entwicklung der Folgekostenproblematik, in: Grupp, Klaus (wiss. Betreuer), Nichtverkehrliche Sondernutzung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft S 29, 2002, S. 20; Schmidt, Joachim, Aktuelle Probleme des Fern- meldeleitungsrechts, Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1979, S. 251; Schmidt, Joa- chim, Anmerkung zu OVG Lüneburg v. 4.4.1979 –, Archiv PF 1980, 177; Schmidt, Joa- chim, Anmerkung zu BVerwG v. 23.10.1981 – 7 C 67/79 –, Archiv PF 1982, 355;

Schmidt, Joachim, Anmerkung zu VGH Mannheim v. 26.7.1983 – 10 S 1563/82 –, Archiv PF 1984, 307; Schmidt, Joachim, Anmerkung zu BGH v. 1.2.1994 – VI ZR 229/92 –, Archiv PT 1994, 140; Schmidt, Joachim, Anmerkung zu OVG Münster v. 14.4.1994 – 20 A 2575/93 –, Archiv PT 1994, 334; Schmidt, Joachim, Anmerkung zu BayOblG v. 4.4.1989 – 2 Z 488/87 –, Archiv PT 1994, 79; Schmidt, Joachim, Anmerkung zu OLG Dresden v. 13.1.1999 – 14 U 1096/97 –, RTKom 1999, 32; Schütz, Peter, Kosten der

„drittveranlassten“ Verlegung einer Telekommunikationslinie, NVwZ 2001, 740.

A. Regelungsbereich der Norm . . 1 B. Entstehung und Kontext . . . . 2 I. Europäischer Rechtsrahmen . . 2 II. Rechtsentwicklung . . . . 3 III. Verhältnis zu § 68 und §§ 70 ff

TKG . . . . 6 IV. Verhältnis zu Zustimmungsbe-

scheiden nach § 68 Abs. 3 TKG und vertraglichen Regelungen 10 V. Reichweite und Auslegungs-

vorgaben . . . 12 C. Inhalt der Regelung . . . 14

I. Folgepflicht wegen nachträgli- cher Unverträglichkeiten

(§ 72 Abs. 1 TKG) . . . 14 1. Allgemeines . . . 14 2. „Ergibt sich nach Errichtung

der Telekommunikations- linie …“ . . . 17 3. Nicht nur vorübergehende

Beschränkung des Widmungs-

zwecks (§ 72 Abs. 1 Alt. 1 TKG) . . . 19 4. Verhinderung von erforderli-

chen Unterhaltungsarbeiten (§ 72 Abs. 1 Alt. 2 TKG) . . . 22 5. Verhinderung beabsichtigter

Änderungen des Verkehrswegs (§ 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG) . . . 27

a) „Änderung des Verkehrs- wegs“ . . . 27 b) Vom Unterhaltungspflichti-

gen „beabsichtigte“ Ände- rung, insbesondere Dritt- veranlassung der Verkehrs- wegeänderung . . . 33 c) „Entgegenstehen“ . . . 38 6. Inhalt der Folgepflicht . . . 40 7. Durchsetzung der Folgepflicht 45 II. Erlöschen der Nutzungsbe-

rechtigung bei Fortfall des Ver- kehrswegs (§ 72 Abs. 2 TKG) 50

(2)

III. Folgekostenpflicht

(§ 72 Abs. 3 TKG) . . . 56 1. Grundsatz . . . 56 2. Reichweite des § 72 Abs. 3

TKG bei Verkehrswegeände- rungen, die durch „besondere Anlagen“ iSd § 74 Abs. 1 TKG veranlasst werden . . . 61 3. Reichweite des § 72 Abs. 3

TKG bei Verkehrswegeände-

rungen, die durch im öffentli- chen Interesse liegende Infra- strukturmaßnahmen veran- lasst werden . . . 64 4. Reichweite des § 72 Abs. 3

TKG bei Verkehrswegeände- rungen, die von Anliegern ver- anlasst werden . . . 68

Regelungsbereich der Norm

§ 72 TKG regelt die sog. Folgepflichten und Folgekostenpflichten des Nut- zungsberechtigten gegenüber dem Wegebaulastträger. Unter Folgepflicht wird die Verpflichtung eines Versorgungsunternehmens verstanden, die im Hinblick auf eine Baumaßnahme am Verkehrsweg technisch notwendigen Maßnahmen an der Leitung durchzuführen; unter Folgekostenpflicht die Pflicht zur Übernahme der Kosten für die Änderung oder Sicherung von Versorgungsleitungen infolge von Baumaßnahmen am Verkehrsweg (hierzu Nr. 1.3.2 und 1.3.3 der „Hinweise 2006“ des BMV, vgl § 68 Rn 32). Auch

§ 72 TKG ist – wie § 71 TKG – vom Grundsatz des Vorrangs des Wid- mungszwecks des Verkehrsweges geprägt, s. § 71 Rn 16. § 72 TKG erfasst dabei den Fall, dass sich herausstellt, dass Widmungszweck des Verkehrs- wegs und die Ausübung der Nutzungsberechtigung miteinander kollidieren, s. Rn 17 ff, 50 ff, § 71 Rn 12.

Entstehung und Kontext Europäischer Rechtsrahmen

§ 72 TKG ist als Norm, die die Nutzungsberechtigung nach § 68 TKG nur näher ausgestaltet, nicht europarechtlich vorgegeben. Er widerspricht auch nicht den maßgeblichen Richtlinienbestimmungen, insbes. nicht Art. 14 Abs. 2 GRL, s. EuR Rn 119. Generell lässt das EU-Recht den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Ausgestaltung der Wegerechte sehr viel Freiraum, s. EuR Rn 17 ff, 118 ff. Auch bei Anwendung des § 72 TKG ist allerdings das Dis- kriminierungsverbot des Art. 2 WRL (EuR Rn 121 f) zu beachten.

Rechtsentwicklung

§ 72 TKG entspricht weitgehend wortgleich seinen Vorläuferbestimmungen (s. Anh.), nämlich § 3 TWG (zum TWG § 68 Rn 5 ff) und § 53 TKG (1996).

In den Gesetzesmaterialien zu § 3 TWG findet sich dabei wenig mehr als eine Paraphrasierung des Gesetzeswortlauts.1 In den Begründungen der Regie- rungsentwürfe zu § 53 TKG (1996)2 und zu § 72 TKG3 heißt es zudem nur, dass die Bestimmung der jeweiligen Vorgängerregelung entspreche und un- A.

B.

I.

II.

1 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags Band 173 (10. Le- gislaturperiode, I. Session 1898/1900, Anlagenband II), Aktenstück Nr. 170, S. 1253, 1260; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags Band 175 (10.

Legislaturperiode, I. Session 1898/1900, Anlagenband II), Aktenstück Nr. 498, S. 2624, 2627.

2 BT-Drucks. 13/3609, S. 50 (zu § 52 des Entwurfs).

3 BT-Drucks. 15/2316, S. 84 (zu § 70 des Entwurfs).

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2

3

(3)

verändert fort gelten solle. In der Regierungsbegründung zum TKG (2004) wird indes noch „klargestellt“, eine Änderung nach § 72 Abs. 1 TKG sei auch dann geboten, wenn bei Änderung des Verkehrswegs nach den üblichen Baumethoden entsprechend den anerkannten Regeln der Technik die Leitung Probleme bereitet. Von Städten und Gemeinden könne nicht verlangt wer- den, dass im Leitungsbereich „archäologische“ Arbeitsweisen anzuwenden seien,4 s. hierzu Rn 39.

§ 3 TWG enthielt jedoch anders als § 72 TKG/§ 53 TKG (1996) in Abs. 1 das Wort „Gemeingebrauch“ an Stelle des Wortes „Widmungszweck“, vgl a. Rn 69, § 68 Rn 106, 109, § 71 Rn 3, 33. Zudem enthielt § 3 Abs. 3 TWG – ebenfalls anders als § 72 TKG/§ 53 TKG (1996) – das Wort „Änderungen“

anstelle des Wortes „Maßnahmen“. Beide Abweichungen zum Wortlaut des

§ 3 TWG wurden nicht begründet. Die Ersetzung des Wortes „Änderungen“

durch das Wort „Maßnahmen“ lässt sich allerdings damit erklären, dass es in Abs. 3 der entsprechenden Bestimmung des Regierungsentwurfs zum TKG (1996) hieß: „Maßnahmen im Sinne des Absatzes 1 an den Telekommuni- kationslinien“. Auch diese Einschränkung gegenüber § 3 Abs. 3 TWG blieb unbegründet. In seiner Stellungnahme hatte der Bundesrat jedoch darauf hingewiesen, dass Maßnahmen nach Abs. 2 jedenfalls dann nicht mehr um- fasst seien, wenn die Entwidmung aus anderen als verkehrlichen Gründen durchgeführt werde (denn hier sei Abs. 1 nicht anwendbar, vgl hierzu aber Rn 29, 33 ff, 54, 59 ff), was nicht „sachgerecht“ sei. Deshalb wurde die Streichung der Worte „im Sinne des Absatzes 1“ beantragt,5 während die Ersetzung des Wortes „Änderungen“ durch „Maßnahmen“ unbeanstandet blieb. Die Bundesregierung stimmte dem zu.6

Wohl nur als Redaktionsversehen ist zu erklären, dass bei § 72 Abs. 1 TKG anders als bei § 53 Abs. 1 TKG (1996) und § 3 Abs. 1 TWG vor den Worten

„Ausführung einer von dem Unterhaltungspflichtigen beabsichtigten Ände- rung“ ein „die“ statt ein „der“ steht.7 Der letzte Oder-Satzteil ist nunmehr nur dann grammatikalisch korrekt, wenn angenommen wird, dass nicht mehr (wie zuvor), die TK-Linie (schlechthin) der Ausführung der Verkehrs- wegeänderung, sondern die Ausführung der TK-Linie der Änderung des Verkehrswegs entgegensteht. Selbst wenn man diese Wortlautänderung als gewollt behandelt, ist nicht ersichtlich, was sich hierdurch inhaltlich geändert haben soll, s.a. Rn 27.

Verhältnis zu §68 und §§70ff TKG

§ 72 TKG ergänzt ausschließlich die Nutzungsberechtigung aus § 68 Abs. 1 TKG, nicht die Nutzungsrechte aus § 70 und § 76 TKG. Fragen der Instand- setzung und etwaiger Schadensersatzansprüche bestimmen sich im Anwen- dungsbereich von §§ 70, 76 TKG nach allgemeinen zivilrechtlichen Grund- sätzen, s. § 70 Rn 19, § 76 Rn 46 ff.

III.

4 BT-Drucks. 15/2316, S. 84 (zu § 70 des Entwurfs).

5 Stellungnahme des Bundesrates: BT-Drucks. 13/4438, S. 17.

6 Zustimmung der Bundesregierung: BT-Drucks. 13/4438, S. 37.

7 Hierzu und zum Folgenden Dörr in: Säcker, § 72 Rn 10.

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6

(4)

Hinsichtlich des Verhältnisses des § 72 TKG zu § 68 TKG s. bereits § 71 Rn 8 ff, 16 ff. Die in § 68 Abs. 2 TKG angesprochenen Regeln der (Verle- gungs-)Technik sind auch zur Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale des

§ 72 Abs. 1 TKG heranzuziehen, s. Rn 39, 41. Besteht eine Pflicht zur Ver- legung und Änderung von TK-Leitungen nach § 72 Abs. 1 TKG, kann die Durchführung der notwendigen Maßnahmen dennoch eine „Änderung einer vorhandenen TK-Linie“ iSd § 68 Abs. 3 S. 1 TKG sein, wenn die geänderte TK-Linie den Wegekörper nunmehr in größerem Umfang oder an anderer Stelle als zuvor in Anspruch nimmt, s. § 68 Rn 190 ff. Daher kann die Durch- führung von nach § 72 Abs. 1 TKG notwendigen Änderungen nach § 68 Abs. 3 TKG zustimmungspflichtig sein (näher § 68 Rn 194), sodass mit der Durchführung der Maßnahme erst begonnen werden darf, wenn die hierfür notwendige Zustimmung erteilt worden ist, s.a. Rn 47, § 68 Rn 182. Soweit vorhandene TK-Linien nach § 72 Abs. 1 oder Abs. 2 TKG beseitigt werden müssen, besteht dagegen (insoweit) keine Zustimmungspflicht, sodass es auch an einem Anknüpfungspunkt für den Erlass etwaiger Nebenbestim- mungen nach § 68 Abs. 3 S. 3 und 4 TKG fehlt. Eine erteilte Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG steht allerdings einem Änderungsverlangen nach § 72 Abs. 1 TKG auch nicht entgegen, näher Rn 17 f.

Bei der Durchführung von Maßnahmen nach § 72 Abs. 1 und 2 TKG sind zudem zusätzlich die Rücksichtnahmepflichten des § 71 Abs. 1 TKG und die Instandsetzungs- und Schadensersatzpflichten des § 71 Abs. 3 TKG zu be- achten, s. Rn 44, § 71 Rn 12, 49 f. Zudem kann im Einzelfall § 71 Abs. 2 TKG bei Verhinderung der Wegeunterhaltung analog anzuwenden sein, nä- her § 71 Rn 12, 46.

Zum Verhältnis zwischen § 72 TKG und §§ 74 f TKG s. Rn 20, 30 ff, 58, 61 ff, 68 ff, § 71 Rn 16 f, 50, § 74 Rn 11, § 75 Rn 20, 41, 45. Zum Verhältnis zu § 73 TKG s. § 73 Rn 8.

Verhältnis zu Zustimmungsbescheiden nach §68 Abs.3 TKG und vertraglichen Regelungen

Die von § 72 TKG erfassten Sachverhalte können nicht durch Nebenbestim- mungen zu Zustimmungsbescheiden nach § 68 Abs. 3 TKG geregelt werden, s. § 68 Rn 283. Soweit derartige rechtswidrige Nebenbestimmungen be- standskräftig geworden sind, gehen sie jedoch § 72 TKG vor. Ob ein An- spruch auf Aufhebung derartiger Nebenbestimmungen besteht, bestimmt sich nach allgemeinen Grundsätzen, insbes. §§ 48 ff VwVfG.8

Im Verhältnis zwischen Nutzungsberechtigtem und Wegebaulastträger kön- nen die Regelungen des § 72 TKG (rahmen-)vertraglich konkretisiert wer- den, vgl § 71 Rn 15. § 7 des vom Deutschen Städte- und Gemeindebund empfohlenen Muster-Rahmenvertrags9 enthält solche Regelungen, die sich aber am Wortlaut des § 72 TKG anlehnen.10 Soweit vertragliche Regelungen getroffen werden, die dem Nutzungsberechtigten gegenüber § 72 TKG er- weiterte Folgepflichten auferlegen, besteht allerdings die Gefahr, dass diese IV.

8 Vgl hierzu U. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 36 Rn 50 ff.

9 DStGB Dokumentation Nr. 43, S. 13.

10 Heun in: Heun, F Rn 171 f.

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(5)

zum Anlass genommen werden, den Vertrag insgesamt als nichtig zu quali- fizieren; die Rspr ist insoweit kaum vorhersehbar, näher § 68 Rn 52.

Reichweite und Auslegungsvorgaben

§ 72 TKG betrifft ausschließlich die Rechtsbeziehungen zwischen dem Nut- zungsberechtigten und dem Unterhaltungspflichtigen, also dem Wegebau- lastträger iSd § 68 Abs. 3 TKG (s. § 68 Rn 198).11 Er schließt Ansprüche gegenüber Dritten weder aus, noch werden sie hierdurch begründet, näher Rn 20, 33 ff, 58 ff. Nach Auffassung des BVerwG ist die Regelung des § 72 TKG im Verhältnis zwischen Nutzungsberechtigtem und Wegebaulastträger aber auch abschließend.12 Daher können im Wege der Rechtsfortbildung weder über § 72 TKG hinausreichende Pflichten des Nutzungsberechtigten noch irgendwelche besonderen Kooperationspflichten des Wegebaulastträ- gers begründet werden, näher Rn 53, 59, § 71 Rn 76 ff.

Bei der Auslegung des § 72 TKG kann grundsätzlich auf die Rspr und Lit.

zu dem weitgehend wortgleichen § 3 TWG zurück gegriffen werden;13 aller- dings ist auch hier zu berücksichtigen, dass nunmehr nicht mehr nur ein Träger öffentlicher Verwaltung, sondern viele private Unternehmen nut- zungsberechtigt sind, was gegenüber der früheren Rechtslage ein noch deut- licheres Übergewicht der Interessen der Wegebaulastträger gegenüber den allein privatwirtschaftlichen Interessen der Nutzungsberechtigten begründet, s. Rn 15, 29, 32, 53, 64 ff.

Inhalt der Regelung

Folgepflicht wegen nachträglicher Unverträglichkeiten (§72 Abs.1 TKG) Allgemeines

§ 72 Abs. 1 TKG begründet eine Folgepflicht (zum Begriff Rn 1) des Nut- zungsberechtigten für den Fall, dass ein Verkehrsweg als solcher zwar be- stehen bleibt, sich jedoch herausstellt, dass die örtlich oder technisch unver- änderte Beibehaltung der vorhandenen TK-Linie in einen dauernden direkten oder indirekten Konflikt mit dem Widmungszweck des Verkehrswegs tritt oder die Erfüllung anderweitiger Pflichten des Wegebaulastträgers im Hin- blick auf den Bau und die Unterhaltung des Verkehrswegs verhindert. Die Voraussetzungen dieser Folgepflicht beschreibt § 72 Abs. 1 TKG in drei Al- ternativen.

Liegen die Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 TKG nicht vor, hat der Wege- baulastträger von der geplanten Änderung des Verkehrswegs Abstand zu nehmen, sofern er sich nicht mit dem Nutzungsberechtigten über die Folge- pflicht und Folgekostenpflicht (vertraglich) einigt.14 § 68 Abs. 1 TKG be- gründet daher ein Recht des Nutzungsberechtigten auf unveränderte Beibe- haltung des tatsächlichen Zustandes eines Verkehrswegs, sofern nicht die Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 oder 2 TKG vorliegen. Da ein Recht auf V.

C.

I.

1.

11 Heun in: Heun, F Rn 116.

12 BVerwG v. 28.3.2003 – 6 B 22/03 – ZUM-RD 2004, 133, 135.

13 BVerwG v. 1.7.1999 – 4 A 27/98 – BVerwGE 109, 192, 199; BVerwG v. 28.3.2003 – 6 B 22/03 – ZUM-RD 2004, 133, 134.

14 So wohl auch BGH v. 23.3.2006 – III ZR 141/05 – BGHZ 167, 1, 6.

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Aufrechterhaltung einer bestimmten Ausgestaltung eines Verkehrswegs dem Straßenrecht im Übrigen völlig fremd ist (niemand hat ein Recht darauf, dass und wie die Straßenbaulast erfüllt wird),15 sind jedoch die Folgepflichten des

§ 72 Abs. 1 TKG extensiv zulasten des Nutzungsberechtigten auszulegen.

Soweit § 3 Abs. 1 TWG zugunsten der Bundespost restriktiv ausgelegt wur- de, lässt sich dies nicht auf § 72 Abs. 1 TKG übertragen, da § 72 Abs. 1 TKG – anders als § 3 Abs. 1 TWG – nicht mehr den Ausgleich der Interessen zweier gleichberechtigter Verwaltungsträger regelt, sondern den Umfangder Sub- ventionierung Privater zulasten der öffentlichen Haushalte bestimmt.

Umgekehrt ist der Nutzungsberechtigte natürlich auch im Falle des Nicht- vorliegens der Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 TKG berechtigt, seine TK- Linien neuen Erfordernissen anzupassen. Werden insoweit freiwillig TK- Leitungen verlegt oder geändert, geschieht dies jedoch nur in „einfacher“

Ausübung der Nutzungsberechtigung iSd § 71 Abs. 1 TKG. Der Nutzungs- berechtigte hat auch kein Recht auf Abstimmung der von ihm beabsichtigten Maßnahmen mit etwaigen Änderungs- und Unterhaltungsmaßnahmen des Wegebaulastträgers, da § 71 Abs. 1 TKG nicht zu dessen Lasten gilt, s. § 71 Rn 76.

„Ergibt sich nach Errichtung der Telekommunikationslinie …“

Allen Varianten des § 72 Abs. 1 TKG ist gemeinsam, dass sie sich dem Wort- laut nach erst „nach Errichtung“ der TK-Linie „ergeben“ dürfen. Dies ist unter Geltung des TWG dahin gehend verstanden worden, dass auf Grund- lage des § 3 Abs. 1 TWG die Beseitigung einer Fernmeldelinie nicht verlangt werden könne, wenn bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses nach

§ 7 TWG (vgl Anh. und § 68 Rn 56 ff) festgestanden hatte, dass die Linie den Gemeingebrauch des Verkehrswegs etc. beeinträchtigen würde, da die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1 TWG (= § 68 Abs. 1 TKG) eben Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens sei. Der Wegebaulastträger sei daher gehalten, derartige Einwendungen im Verfahren nach § 7 TWG gel- tend zu machen.16 Übertragen auf die heutige Rechtslage würde dies bedeu- ten, dass die Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG dem Nutzungsberechtigten Bestandsschutz jedenfalls insoweit vermittelt, als die Beseitigung einer TK- Linie auf Grundlage des § 72 Abs. 1 TKG nicht verlangt werden könne, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass bei der Zustimmungserteilung fehler- haft angenommen worden sei, die TK-Linie werde zB den Widmungszweck nicht dauernd beschränken (dies gehört zum Prüfprogramm der Zustim- mung, s. § 68 Rn 214). Folge dieser Sichtweise wäre, dass eine Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG erst nach § 48 Abs. 1 VwVfG zurückgenommen wer- den müsste (wobei ggf eine Entschädigung nach § 48 Abs. 3 VwVfG zu zah- len wäre), bevor der Wegebaulastträger (auf straßenrechtlicher Grundlage, vgl § 68 Rn 182, 293) eine Änderung der TK-Linie verlangen könnte.

2.

15 Vgl BVerfG (K) v. 10.6.2009 – 1 BvR 198/09 – NVwZ 2009, 1426, 1428 f; v. Dan- witz in: Schmidt-Aßmann/Schoch, 7. Kap. Rn 56; Rinke in: Kodal/Krämer, Kap. 12 Rn 5; Steiner in: Steiner, Kap. IV Rn 124.

16 Aubert/Klinger, 2. Kap. Rn 211; Neugebauer, § 3 TWG Anm. 1, S. 425; aA jedoch v. Rohr, § 3 Anm. 3, S. 39; J. Schmidt, RTKom 1999, 32, 33.

16

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(7)

Der Wortlaut des § 72 Abs. 1 TKG zwingt allerdings nicht dazu, der Zu- stimmung nach § 68 Abs. 3 TKG eine so weitreichende Legalisierungswir- kung zuzusprechen. § 72 Abs. 1 TKG stellt nicht ausdrücklich auf eine nach- trägliche Änderung der Sach- oder Rechtslage ab, sondern darauf, dass sich nachträglich eine Änderungsnotwendigkeit „ergibt“. Ein solches „Sich-Er- geben“ kann daher – entsprechend wohl heute hM – auch dann vorliegen, wenn im Zustimmungsverfahren die Wirkungen der Linie falsch eingeschätzt worden waren.17 Dies entspricht zunächst dem Zweck des § 72 TKG, dem Widmungszweck des Verkehrswegs gegenüber seiner Benutzung durch TK- Leitungen den Vorrang einzuräumen. Zudem dürfte sich vielfach erst nach tatsächlicher Errichtung der TK-Linie herausstellen, ob eine bestimmte Be- einträchtigung des Widmungszwecks tatsächlich eintritt. Auch besteht kein Grund, das Risiko der Fehlprognosen von vornherein einseitig dem Wege- baulastträger zuzuweisen. Zum Schutz des Nutzungsberechtigten dürfte die Möglichkeit einer Haftung des Wegebaulastträgers wegen Amtspflichtver- letzung hinreichen, wenn der Wegebaulastträger schuldhaft (!) eine Zustim- mung nach § 68 Abs. 3 TKG erteilt, obwohl er von Umständen Kenntnis hatte, die die alsbaldige Änderung des von der Zustimmung gedeckten Vor- habens nach § 72 TKG als möglich erscheinen lassen,18 vgl § 71 Rn 77.

Nicht nur vorübergehende Beschränkung des Widmungszwecks (§72 Abs.1 Alt.1 TKG)

Eine nicht nur vorübergehende Beschränkung des Widmungszwecks liegt vor, wenn der Widmungszweck iSd § 68 Abs. 1 TKG dauernd beschränkt wird. Nur vorübergehende Beschränkungen sind dagegen nach § 71 Abs. 1 TKG zu dulden, soweit ihre Vermeidung unmöglich ist, s. § 71 Rn 36. Zum Begriff der dauernden Beschränkung des Widmungszwecks s. ausführlich

§ 68 Rn 106 ff, § 71 Rn 33 ff. Soweit das „Sich-Ergeben“ der dauernden Be- schränkung des Widmungszwecks nicht auf einer Fehlprognose hinsichtlich der Vereinbarkeit der TK-Linie mit dem Widmungszweck beruht, also tat- sächlich von Anfang an gegeben war (s. Rn 17 f), kann sich eine solche Be- schränkung nachträglich idR nur wegen eines Anstiegs der Verkehrsverhält- nisse ergeben. In diesem Fall werden vielfach auch die Voraussetzungen einer beabsichtigten Änderung des Verkehrswegs iSd § 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG vor- liegen.19

Da vom Widmungszweck auch der Anliegergebrauch umfasst ist (ausführ- lich § 68 Rn 109), gehören zu § 72 Abs. 1 Alt. 1 TKG aber auch die Fälle, in denen eine TK-Anlage (zB ein Verteilerkasten) der Errichtung eines neuen Zugangs zum Grundstück eines Anliegers entgegen steht. Zu Anliegerzu- 3.

17 So wohl VG Frankfurt aM v. 8.2.2005 – 10 E 2118/02 V – juris Rn 48 f; Freund in:

Hoeren, Kap. 4.2 Rn 9; Reichert in: Scheurle/Mayen, § 72 Rn 5; P. Schütz in: Arndt/

Fetzer/Scherer, § 72 Rn 4; R. Schütz in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 72 Rn 5;

ebenso zum Verhältnis zwischen § 3 Abs. 1 und § 7 TWG v. Rohr, § 3 Anm. 3, S. 39.

18 Zur Amtshaftung der Genehmigungsbehörde gegenüber dem Antragsteller wegen rechtswidriger Erteilung einer Genehmigung, vgl BGH v. 25.1.1973 – III ZR 256/68 – BGHZ 60, 112, 117; BGH v. 6.5.1993 – III ZR 2/92 – BGHZ 122, 317, 320 ff;

BGH v. 1.12.1994 – III ZR 33/94 – NVwZ 1995, 620, 622; Windthorst in: Detter- beck/Windthorst/Sproll, Staatshaftungsrecht, 2000, § 9 Rn 119 ff.

19 Heun in: Heun, F Rn 128.

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20

(8)

fahrten Rn 32. In derartigen Fällen besteht daher gegenüber dem Wegebau- lastträger eine Folgepflicht nach § 72 Abs. 1 TKG wegen dauernder Verhin- derung des Widmungszwecks; ob der Anlieger einen Anspruch auf Durch- setzung dieser Folgepflicht gegenüber dem Wegebaulastträger hat, bestimmt sich nach Straßenrecht. Der Anlieger kann jedoch nach § 1004 Abs. 1 BGB vom Nutzungsberechtigten auch unmittelbar die Beseitigung/Verlegung der TK-Anlage verlangen, da er wegen § 72 Abs. 1 TKG insoweit nicht (mehr) zur Duldung der Anlage verpflichtet ist, s. § 68 Rn 148. Die §§ 74 f TKG sind in derartigen Fällen wegen Nichtvorliegens einer „besonderen Anlage“ nicht anwendbar, s. § 74 Rn 34. Zur Folgekostenpflicht in diesen Fällen s. Rn 68 ff.

Kein Fall des § 72 Abs. 1 Alt. 1 TKG liegt dagegen vor, wenn nicht die ver- legte TK-Linie selbst, sondern Verlegungs- und Unterhaltungsarbeiten den Widmungszweck nicht nur vorübergehend beschränken, weil sie nicht hin- reichend zügig durchgeführt wird. Solche Maßnahmen sind jedoch nicht mehr von § 68 Abs. 1 TKG gedeckt und können daher vom Wegebaulast- träger auf wegerechtlicher Grundlage untersagt bzw vom insoweit nicht mehr Nutzungsberechtigten nur aufgrund von wegerechtlichen Sondernut- zungserlaubnissen zu Ende gebracht bzw durchgeführt werden, näher § 68 Rn 116, 129, § 71 Rn 38.

Verhinderung von erforderlichen Unterhaltungsarbeiten (§72 Abs.1 Alt.2 TKG)

Zur „Unterhaltung“ des Verkehrswegs, die nicht verhindert werden darf, gehören sowohl technisch notwendige Unterhaltungsmaßnahmen als auch Maßnahmen zur Erfüllung von Verkehrssicherungspflichten und Maßnah- men die nur verschönernd wirken, wie zB die Neupflasterung einer Fußgän- gerzone mit optisch ansprechenden Pflastersteinen, ausführlich hierzu § 71 Rn 23 ff. Zur Straßenbeleuchtung § 71 Rn 26.

Keine Einschränkung der Folgepflicht ergibt sich daraus, dass die Unterhal- tung des Verkehrswegs nach § 72 Abs. 1 TKG „erforderlich“ sein muss. Art, Umfang und Zeitpunkt der Erforderlichkeit von Unterhaltungsmaßnahmen bestimmt ausschließlich der Wegebaulastträger, der Nutzungsberechtigte hat die entsprechende Entscheidung des Wegebaulastträgers hinzunehmen.

Alles andere würde auf die Begründung subjektiv-öffentlicher Rechte auf ei- ne bestimmte Wahrnehmung von Aufgaben der Wegebaulast herauslaufen, die dem (Wasser-)Straßenrecht fremd ist, s.a. Rn 15.

Abzugrenzen ist die Verhinderung der Unterhaltung von der nach § 71 Abs. 1 und 2 TKG gegen Entschädigung vom Wegebaulastträger zu dulden- den bloßen Erschwerung der Unterhaltung, s. § 71 Rn 29. Eine Verhinderung liegt nur vor, wenn die Durchführung der beabsichtigten Unterhaltungs- maßnahmen durch die TK-Linie tatsächlich unmöglich gemacht wird. Zur analogen Anwendung des § 71 Abs. 2 TKG bei Verhinderung der Wegeun- terhaltung s. § 71 Rn 12, 46.

Nur wirtschaftliche Unmöglichkeit iSd § 275 Abs. 2 BGB der Unterhaltungs- arbeiten begründet kein Verhindern der Unterhaltungsarbeiten. Der Nut- zungsberechtigte muss also in diesem Fall die TK-Linie nicht verlegen, son- dern kann sich darauf beschränken, dem Wegebaulastträger nach § 71 Abs. 2 TKG die Mehrkosten zu erstatten. Aus § 72 Abs. 1 TKG lässt sich 4.

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insoweit auch keine Pflicht des Wegebaulastträgers herleiten, den Nutzungs- berechtigten über die voraussichtlich entstehenden (exorbitanten) Mehrkos- ten einer nur wirtschaftlich unmöglichen Durchführung von Unterhaltungs- arbeiten vorab zu informieren, s. § 71 Rn 76. Vielmehr sind die Mehrkosten durch den Nutzungsberechtigten nach § 71 Abs. 2 TKG auch dann zu er- statten, wenn eine Verlegung der TK-Leitung, die nach § 72 Abs. 1 TKG vom Nutzungsberechtigten nicht hätte verlangt werden können, für diesen güns- tiger gewesen wäre als die Erfüllung des Anspruchs aus § 71 Abs. 2 TKG.

Soweit das „Sich-Ergeben“ der Verhinderung der Unterhaltung nicht auf ei- ner Fehlprognose bei Erteilung der Zustimmung nach § 68 Abs. 3 TKG be- ruht (Rn 17 f), ist allerdings nur selten der Fall gegeben, dass die TK-Linie erst nachträglich die Durchführung von Unterhaltungsarbeiten verhindert, ohne dass dem nicht eine „Änderung“ iSd § 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG voraus- ging.20 Der BGH hat dies in einem Fall angenommen, in dem sich aufgrund tatsächlicher, zuvor nicht erkennbarer Umstände die Notwendigkeit von Baumaßnahmen zur Beseitigung von Gefahren für Leib und Leben ergab (hier: Gefahr durch einen im Erdreich vermuteten Blindgänger).21 Soweit hieran Kritik geübt wird, wird dies zumeist nur damit begründet, dass Maß- nahmen zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht nicht zur „Unterhal- tung“ iSd § 72 Abs. 1 TKG zu zählen sei, was jedoch nicht überzeugt, näher

§ 71 Rn 25.

Verhinderung beabsichtigter Änderungen des Verkehrswegs (§72 Abs.1 Alt.3 TKG)

„Änderung des Verkehrswegs“

Alt. 3 des § 71 Abs. 1 TKG begründet eine Folgepflicht der TK-Linie für den Fall, dass die Ausführung der TK-Linie einer beabsichtigten Änderung des Verkehrswegs (bzw die TK-Linie der beabsichtigten Ausführung der Ände- rung des Verkehrswegs, s. Rn 5) entgegen steht. Eine Änderung des Ver- kehrswegs in diesem Sinne liegt nur vor, wenn der Weg auf demselben Grund und Boden verbleibt und lediglich baulich in den Verkehrsweg eingegriffen wird.22 Unerheblich ist, ob diese Änderung von Dauer sein soll oder ob es sich um einen übergangsweisen Eingriff in den Straßenkörper handelt. § 72 Abs. 1 TKG gilt daher auch dann, wenn der Verkehrsweg wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurück versetzt werden soll, nachdem der mit der Änderungsmaßnahme, die ihrerseits eine Änderung der TK-Linie erfordert, verfolgte Zweck erreicht worden ist.23 Der Einschub „nicht nur vorüberge- hend“ bezieht sich nur auf die Alt. 1 des § 72 Abs. 1 TKG.24 § 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG ist daher auch einschlägig, wenn zB wegen Durchführung von 5.

a)

20 Heun in: Heun, F Rn 131.

21 BGH v. 18.9.1986 – III ZR 80/85 – BGHZ 98, 244, 253.

22 So zu § 53 TKG (1996): BVerwG v. 1.7.1999 – 4 A 27/98 – BVerwGE 109, 192, 197;

VGH Mannheim v. 1.4.2003 – 5 S 748/02 – DÖV 2003, 910, 911; ebenso zu § 3 TWG: OVG Lüneburg v. 22.3.1993 – 3 L 1422/91 – NuR 1995, 201, 203; krit.:

Freund in: Hoeren, Kap. 4.2 Rn 17.

23 So zu § 53 TKG (1996): BVerwG v. 1.7.1999 – 4 A 27/98 – BVerwGE 109, 192, 197;

BGH v. 27.2.2003 – III ZR 229/02 – NVwZ 2003, 1018, 1019; Ronellenfitsch in:

Grupp, S. 20, 22.

24 So zu § 3 TWG: BVerwG v. 20.5.1987 – 7 C 78/85 – BVerwGE 77, 276, 283 f.

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Bauarbeiten auf der Fahrbahn der Verkehr übergangsweise auf den Bürger- steig als Behelfsfahrbahn umgeleitet werden soll und (nur) die Einrichtung dieser Behelfsfahrbahn Änderungen an den TK-Leitungen erforderlich macht.25

Wird der Verkehrsweg örtlich verlegt, liegt dagegen keine „Änderung“ iSd

§ 71 Abs. 1 TKG, sondern eine Einziehung des konkret betroffenen Flächen- teils des Verkehrswegs vor, deren Folgen sich nach § 71 Abs. 2 TKG bestim- men.26 In diesem Fall entfällt für das entsprechende nunmehr entwidmete Verkehrswegestück die Nutzungsberechtigung nach § 71 Abs. 2 TKG voll- ständig. Ob für den neuen Verkehrswegeteil eine Nutzungsberechtigung be- steht, bestimmt sich insoweit nach § 68 Abs. 1 TKG. Dies gilt auch dann, wenn die Verlegung nur unerheblich ist: Wie § 2 Abs. 6 a FStrG und die ent- sprechenden Landesstraßengesetze zeigen, werden in diesem Fall zwar die formellen (Ent-)Widmungsvoraussetzungen erleichtert, aber dennoch von einer Kombination von Widmung des neuen Straßenteils und Entwidmung des alten Straßenteils ausgegangen, was sich wegen der Widmungsakzess- orietät der Nutzungsberechtigung (§ 68 Rn 34) auch auf diese auswirkt.27 Der Fall der Verlegung eines Verkehrswegs ist vom Fall der Teileinziehung zu unterscheiden, deren Rechtsfolgen sich nach § 72 Abs. 1 TKG richten, näher Rn 50.

§ 72 Abs. 1 TKG verlangt nicht, dass die Änderung des Verkehrswegs – also die bauliche Umgestaltung des Verkehrswegekörpers – verkehrsbezogenen Interessen dient, insbes. der Abwicklung des Straßenverkehrs förderlich ist.28 Daher kann auch die nur aus städtebaulichen Gründen erfolgende Ver- schönerung von Straßen und Plätzen, zB durch eine besondere Pflasterung oder die Anpflanzung von Bäumen, die Folgepflicht nach § 72 Abs. 1 TKG auslösen.29 Entsprechendes gilt, wenn zB eine Baumanpflanzung unter Um- weltschutzgesichtspunkten erfolgt.30 Die wohl herrschende Gegenauffas- sung, die eine „verkehrsbezogene“ bzw „baulastspezifische“ Änderung ver- langt,31 findet im Wortlaut des § 72 Abs. 1 TKG keine Stütze (von einer

25 So zu § 3 TWG: BVerwG v. 20.5.1987 – 7 C 78/85 – BVerwGE 77, 276, 281 f.

26 OVG Magdeburg v. 22.10.2009 – 2 L 244/08 – juris Rn 33; Demmel/Manssen in:

Manssen, § 72 TKG Rn 9; Dörr in: Säcker, § 72 Rn 8; Freund in: Hoeren, Kap. 4.2 Rn 17; Reichert in: Scheurle/Mayen, § 72 Rn 8; R. Schütz in: Beck’scher TKG-Kom- mentar, § 72 Rn 9; Ulmen in: Scheurle/Mayen, TKG, 1. Aufl. 2002, § 53 Rn 6; eben- so zu § 3 TWG: RG v. 16.3.1932 – IX 504/31 – RGZ 136, 26, 30; BGH v. 23.12.1953 – VI ZR 141/52 – LM Nr. 4 zu §§ 3, 6 TelegraphenwegeG; OVG Lü- neburg v. 22.3.1993 – 3 L 1422/91 – NuR 1995, 201, 203.

27 Deutlich zu § 3 TWG: OVG Lüneburg v. 22.3.1993 – 3 L 1422/91 – NuR 1995, 201, 28 Wie hier VG Frankfurt aM v. 8.2.2005 – 10 E 2264/02 V – juris Rn 28 f.203.

29 Wie hier VG Frankfurt aM v. 8.2.2005 – 10 E 2118/02 V – juris Rn 45 ff; Trute in:

Trute/Spoerr/Bosch, § 53 Rn 10; so deutlich bereits auch zu § 3 TWG: VGH Mann- heim v. 26.7.1983 – 10 S 1563/82 – Archiv PF 1984, 304, 305 f; VGH Mannheim v. 7.6.1988 – 10 S 453/87 – NVwZ-RR 1989, 105 f.

30 VG Frankfurt aM v. 8.2.2005 – 10 E 2264/02 V – juris, Rn 28.

31 So VG Darmstadt v. 18.6.2001 – 5 G 749/01 (2) – NVwZ-RR 2002, 699; Freund in:

Hoeren, Kap. 4.2 Rn 18; Heun in: Heun, F Rn 132; Ronellenfitsch in: Grupp, S. 20, 23; R. Schütz in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 72 Rn 10; ebenso zu § 3 TWG:

OVG Münster v. 14.4.1994 – 20 A 2575/93 – Archiv PT 1994, 331, 334;

J. Schmidt, Archiv PF 1983, 307 f.

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„Änderung des Verkehrswegs“ kann auch gesprochen werden, wenn in des- sen Bausubstanz nicht aus „verkehrsbezogenen“ Gründen eingegriffen wird)32 und ist vor allem aus den in § 71 Rn 24 genannten Gründen abzu- lehnen,33 vgl a. § 68 Rn 163, § 71 Rn 53. Daher liegt eine Änderung des Verkehrswegs auch im Falle eines Rückbaus von Straßen zu Zwecken der Verkehrsberuhigung vor, die ebenfalls eine Folgepflicht nach § 72 Abs. 1 TKG auslösen können.34 Zur Straßenbeleuchtung s. § 71 Rn 26.

Keine Änderung des Verkehrswegs ist dagegen bei einer Änderung nur von

„besonderen Anlagen“ iSd § 74 Abs. 1 TKG gegeben,35 s.a. Rn 61 ff. Inso- weit ist hier die Abgrenzung von Verkehrsweg und „besonderen Anlagen“

von Bedeutung, wobei alle Bestandteile des Verkehrswegs, die nach wege- rechtlichen Grundsätzen zum Verkehrsweg zählen (§ 68 Rn 71 ff), keine be- sonderen Anlagen sind, s. § 74 Rn 28, 31 ff. Daher können etwa auch Än- derungen an Tunneln oder Brückenanlagen Änderungen des Verkehrswegs iSd § 72 Abs. 1 TKG sein,36 ebenso wie die Neuanpflanzung von Bäumen37 oder die Errichtung oder Änderung von Fußgängerunterführungen (soweit sie Straßenbestandteil sind).38

Teile des Verkehrswegs und keine „besonderen Anlagen“ iSd § 74 Abs. 1 TKG sind aber auch Sonderfahrstreifen für den Linienbus- und Taxiver- kehr, die mit dem Zeichen 245 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO ausgewiesen sind, s. § 68 Rn 72, § 74 Rn 28. Daher fällt auch die Errichtung und Ände- rung derartiger Fahrstreifen und die damit ggf verbundene Straßenumge- staltung insgesamt in den Aufgabenbereich des Straßenbaulastträgers,39 so- dass derartige Maßnahmen eine Verkehrswegeänderung darstellen können, die Folgepflichten nach § 72 Abs. 1 TKG auslösen kann. Die Gegenansicht, die Busspuren zu den besonderen Anlagen zählt,40 beruft sich auf ein Urteil des BVerwG aus dem Jahre 1981,41 das jedoch nichts zu der Frage sagt, ob eine solche Busspur eine besondere Anlage ist, sondern das Problem der Kol- lision der TK-Linie mit den auf dieser Busspur ebenfalls verlegten Straßen- bahngeleisen behandelt (die unstreitig zu den „besonderen Anlagen“ gehö-

32 AA aber zu § 3 TWG: J. Schmidt, Archiv PF 1983, 307 f.

33 Ebenso bereits zu § 3 TWG: VGH Mannheim v. 26.7.1983 – 10 S 1563/82 – Archiv PF 1984, 304, 305 f.

34 AA Ronellenfitsch in: Grupp, S. 20, 23.

35 So zu § 3 TWG: RG v. 30.10.1912 – VI 197/12 – RGZ 80, 287, 288 f.

36 So zu § 53 TKG (1996): BVerwG v. 1.7.1999 – 4 A 27/98 – BVerwGE 109, 192, 197;

BGH v. 27.2.2003 – III ZR 229/02 – NVwZ 2003, 1018.

37 VG Frankfurt aM v. 8.2.2005 – 10 E 2264/02 V – juris Rn 28; Demmel/Manssen in:

Manssen, § 72 TKG Rn 10; ebenso zu § 3 TWG: VGH Mannheim v. 26.7.1983 – 10 S 1563/82 – Archiv PF 1984, 304, 305 f; VGH Mannheim v. 7.6.1988 – 10 S 453/87 – NVwZ-RR 1989, 105 f; differenzierend: J. Schmidt, Archiv PF 1983, 307 f.

38 So zu § 3 TWG: VG Köln v. 25.11.1994 – 11 K 8890/93 – Archiv PT 1995, 338, 339 f.

39 Grote in: Kodal/Krämer, Kap. 24 Rn 73.

40 Bosch in: Trute/Spoerr/Bosch, § 55 Rn 5; Demmel/Manssen in: Manssen, § 74 TKG Rn 6; Dörr in: Säcker, § 74 Rn 4; Freund in: Hoeren, Kap. 4.2 Rn 47; Reichert in:

Scheurle/Mayen, § 72 Rn 9; R. Schütz in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 74 Rn 4;

ebenso bereits zu § 5 TWG: Aubert/Klinger, 3. Kap. Rn 51.

41 BVerwG v. 27.2.1981 – 7 B 15/81 – Archiv PF 1983, 160, 162 f.

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ren, s. § 74 Rn 29).42 Tatsächlich besteht auch kein Grund, diese Sonder- fahrstreifen anders als die übrigen Sonderwege des Abschnitts 5 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (zB Rad- und Fußgängerwege) als „besondere Anla- gen“ zu behandeln, zumal dies auch zur Folge hätte, dass sich die Nutzungs- berechtigung nach § 68 Abs. 1 S. 2 TKG dann nicht auf diese Fahrstreifen erstrecken würde, da „besondere Anlagen“ iSd § 74 Abs. 1 TKG nicht zu- gleich Verkehrswegebestandteile iSd § 68 Abs. 1 S. 2 TKG sein können, § 74 Rn 28 ff.

Teile des Verkehrswegs und keine „besonderen Anlagen“ iSd § 74 Abs. 1 TKG sind zudem Anliegerzufahrten (Garagenzufahrten), da vom Wid- mungszweck, der gegenüber der Nutzungsberechtigung vorrangig ist, auch der Anliegergebrauch umfasst ist (ausführlich § 68 Rn 109). Daher kann eine durch eine vom Anlieger gewünschte Anpassung des Verkehrswegs an seine Anliegerbedürfnisse (zB Absenkung und Verstärkung des Gehwegs, um eine Grundstücks- oder Garagenzufahrt, ggf auch für Lastautos zu ermöglichen, Einrichtung einer Tankstellenzufahrt) eine Verkehrswegeänderung darstel- len, die Folgepflichten nach § 72 Abs. 1 TKG auslösen kann,43 s. § 74 Rn 30.

Die Gegenauffassung44 beruft sich auf die Rspr zum TWG, die derartige Zu- fahrten als „besondere Anlagen“ qualifiziert hatte, an der jedoch aus den in Rn 68 ff genannten Gründen nicht festgehalten werden kann. Im Übrigen lässt sich der Konflikt zwischen den Interessen der Anlieger und der Nut- zungsberechtigten nicht bereits auf der Ebene der in § 72 Abs. 1 TKG gere- gelten Folgepflicht, sondern allenfalls auf der Ebene der Folgekostenpflicht des § 72 Abs. 3 TKG lösen, näher Rn 36 f.

Vom Unterhaltungspflichtigen „beabsichtigte“ Änderung, insbesondere Drittveranlassung der Verkehrswegeänderung

Die Verkehrswegeänderung muss von dem Unterhaltungspflichtigen „beab- sichtigt“ sein. Diesem Tatbestandsmerkmal wurde bei Erlass des TWG keine besondere Bedeutung zugemessen; es ist in den Gesetzesmaterialien nicht ge- sondert erläutert worden,45 vgl Rn 3. Es wurde auch in der Lit. zunächst nicht beachtet.46 Erst später „instrumentalisierte“ die Postverwaltung das Tatbestandsmerkmal „beabsichtigt“, um zu einer Einschränkung ihrer Fol- ge(kosten)pflichten zu kommen. Nach ihrer Auffassung konnte eine „beab- sichtigte“ Änderung nur vorliegen, wenn diese „einer eigenen Anregung des Wegeunterhaltungspflichtigen entsprungen sei, und in seinem Interesse und b)

42 Nur der nicht-amtliche redaktionelle Leitsatz Nr. 1 zu dieser Entscheidung, der ihrer Veröffentlichung im Archiv PF 1983, 160 vorangestellt ist, ordnet Busspuren generell den „besonderen Anlagen“ zu. Ebenso unergiebig ist insoweit das in diesem Zusam- menhang ebenfalls oft zitierte, zum selben Fall ergangene Urteil des VGH München v. 9.10.1980 – 357 VI 78 – BayVBl. 1981, 86 = Archiv PF 1983, 160, 161.

43 Demmel/Manssen in: Manssen, § 71 TKG Rn 4; R. Schütz in: Beck’scher TKG-Kom- mentar, § 68 Rn 33, § 71 Rn 6, § 72 Rn 3.

44 Demmel/Manssen in: Manssen, § 74 TKG Rn 6; Dörr in: Säcker, § 74 Rn 4;

Freund in: Hoeren, Kap. 4.2 Rn 46; R. Schütz in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 68 Rn 33, § 71 Rn 6, § 74 Rn 4.

45 Hierzu auch Biletzki, MMR 1999, 80, 81.

46 Vgl Hotz, § 3 Anm. 7, S. 21; Rohr, § 3 Anm. 10, S. 40; Wiltz, S. 7; Schelcher, S. 18 f.

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auf seine Rechnung erfolge.“47 Das Reichsgericht war dem jedoch nicht ge- folgt, sondern betonte, dass in der Formulierung „beabsichtigt“ keine be- sondere Interessenlage zum Ausdruck kommen sollte, man vielmehr die Ver- kehrswegeänderung mit dem Wegeunterhaltungspflichtigen in Verbindung bringen wollte und das Wort „beabsichtigt“ gewählt habe, weil man an den Regelfall gedacht habe, dass erst die Telegraphenlinie verlegt und dann die Wegeänderung ausgeführt werde, sodass die Wegeänderung gegenüber der Änderung der Telegraphenlinie erst noch in der Zukunft liegt und daher

„beabsichtigt“ sei. Daher liege eine „Absicht“ auch dann vor, wenn der Un- terhaltungspflichtige einer Wegeänderung zustimme, unabhängig davon, wessen Interesse sie diene und wer sie veranlasst habe.48

Seitens der Bundespost und später der TK-Unternehmen ist diese Rspr jedoch nicht akzeptiert worden. Sie hielten an dem engen, auf das Interesse des We- gebaulastträgers abstellenden Absichtsbegriff fest.49 BVerwG50 und BGH51 sind dem teilweise gefolgt und haben die Folgepflicht nach § 72 Abs. 1 TKG und seinen Vorläuferbestimmungen eingeschränkt, dies aber eher mit teleo- logisch-systematischen Argumenten begründet, sodass die Bedeutung des Absichtsbegriffs offen blieb. Im Einzelnen ist jedoch nach wie vor umstritten, ob eine Folgepflicht nach § 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG auch dann besteht, wenn die Änderung des Verkehrswegs nicht aus „verkehrsbezogenen“ bzw „bau- lastspezifischen“ Gründen erfolgt, sondern notwendig wird wegen der Er- richtung oder Änderung

n einer „besonderen Anlage“ des Wegebaulastträgers oder Dritter, s. Rn 61 ff;

n einer Anliegerzufahrt, s. Rn 32, 68 ff;

n eines anderen Verkehrswegs (zB Notwendigkeit einer Anpassung einer Gemeindestraße an eine geänderte Autobahnbrücke), insbes. soweit die Änderung als Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) Teil eines Planfest- stellungsbeschlusses/einer Plangenehmigung ist, s. Rn 64 ff, § 75 Rn 23 ff;

n eines sonstigen (privatnützigen) Vorhabens, insbes. soweit die Änderung als Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) Teil eines Planfeststellungsbe- schlusses/einer Plangenehmigung ist, s. Rn 67, § 75 Rn 23 ff.

Juristischer Hintergrund des Streites sind mögliche Wertungswidersprüche insbes. zu §§ 74 f TKG, wenn jede Verkehrswegeänderung, deren Durch- führung Änderungen auch einer TK-Linie notwendig macht, unabhängig von ihrer Veranlassung Folge(kosten)pflichten auslösen würde. So wäre wider-

47 Vgl die Wiedergabe der Revisionsschrift bei RG v. 9.5.1921 – VI 63/21 – RGZ 102, 184, 185; dem folgend: Neugebauer, § 3 TWG Anm. 7, S. 426 ff.

48 RG v. 9.5.1921 – VI 63/21 – RGZ 102, 184, 186.

49 Das Verständnis der Bundespost zum „Absichtsbegriff“ kommt zum Ausdruck in dem äußerst ausdifferenzierten Allgemeinem Rundschreiben Straßenbau Nr. 7/81 v. 8.4.1981 – StB 17/08.33.06 –, veröffentlicht in VkBl. 1984, 266 f; ferner: Aubert/

Klinger, 2. Kap. Rn 135 ff; Eidenmüller, § 3 TWG Anm. 7; Greindl in: Königshofen, S. 46, 48 und 51 f; J. Schmidt, Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1979, S. 251, 256.

50 Eher offen lassend allerdings BVerwG v. 1.7.1999 – 4 A 27/98 – BVerwGE 109, 192, 198 ff.

51 BGH v. 27.2.2003 – III ZR 229/02 – NVwZ 2003, 1018, 1019; BGH v. 23.3.2006 – III ZR 141/05 – BGHZ 167, 1, 6 f.

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sprüchlich, wenn der Nutzungsberechtigte nach § 72 TKG die Kosten einer Verlegung oder Änderung einer TK-Linie auch dann tragen müsste, wenn diese Änderung wegen einer Verkehrswegeänderung notwendig wird, die ih- rerseits durch die Änderung einer besonderen Anlage (erst) notwendig wird, obwohl nach § 75 TKG keine Folgepflicht bestünde, wenn die TK-Linie und die fragliche besondere Anlage in einem unmittelbaren Konflikt zueinander stünden,52 s. Rn 61 ff. Allgemeiner wird angenommen, die unbedingte Fol- gepflicht und Folgekostenpflicht des Nutzungsberechtigten nach § 72 TKG rechtfertige sich allein durch die Unentgeltlichkeit des Nutzungsrechts, diese Rechtfertigung könne aber nur im Verhältnis zum eigentlichen Widmungs- zweck des Verkehrswegs greifen, während in §§ 73 ff TKG ein Grundsatz der Gleichrangigkeit der Nutzungsberechtigung nach § 68 TKG mit allen übrigen Formen der Straßennutzung zum Ausdruck komme.53 Bei dieser Sichtweise ist der Wortlaut des § 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG insgesamt zu weit geraten,54 weil er eine Folgepflicht auch in solchen Fällen zu begründen scheine, in denen es keine Rechtfertigung gibt, die Folgekosten einseitig dem Nutzungsberechtigten aufzuerlegen.

Derartige Bedenken sind grundsätzlich berechtigt, auch wenn keine Einigkeit darüber besteht, was hieraus in den in Rn 34 genannten Konstellationen konkret folgt,55 hierzu Rn 59 ff. Sie rechtfertigen jedoch keine Einschrän- kung der Folgepflicht nach § 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG, sondern ein diesen Be- denken entsprechendes Verständnis des Regelungsbereichs des § 72 Abs. 3 TKG, der die Folgekostenpflicht regelt. Dieser Auffassung scheint mittler- weile auch der BGH zu sein.56 Den Bedenken nicht bereits auf der Tatbe- standsebene des § 72 Abs. 1 TKG ausschlaggebende Bedeutung zuzumessen, rechtfertigt sich insbes. dadurch, dass die genannten Wertungswidersprüche nicht nur im Fall einer Verkehrswegeänderung iSd § 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG auftreten können, sondern auch bei einer Verkehrswegeverlegung, deren Konsequenzen sich auch nach § 72 Abs. 2 TKG richten,57 Rn 54. Um auch in diesem Fall zu einer sachgerechten und an den Wertungen auch der

§§ 74 f TKG orientierten Verteilung der Folgelasten zu kommen, kann sich die Einschränkung der Folgepflichten des Nutzungsberechtigten nicht allein auf § 72 Abs. 1 TKG beschränken.58 Zudem bedeutet eine restriktive Aus- legung des § 72 Abs. 1 TKG eben nicht nur eine Einschränkung der Folge- kostenpflicht, sondern vor allem auch der Folgepflicht, sodass der Nut- 52 BVerwG v. 20.5.1987 – 7 C 78/85 – BVerwGE 77, 276, 281 ff.

53 Biletzki, MMR 1999, 80, 81; Freund in: Hoeren, Kap. 4.2 Rn 25; Greindl in: Kö- nigshofen, S. 46, 56 f; Ronellenfitsch in: Grupp, S. 20, 25 f; P. Schütz, NVwZ 2001, 740, 743.

54 So die Formulierung bei BVerwG v. 20.5.1987 – 7 C 78/85 – BVerwGE 77, 276, 283 f.

55 Vgl insoweit die unterschiedlichen Ansätze bei Biletzki, MMR 1999, 80, 81 ff;

Freund in: Hoeren, Kap. 4.2 Rn 28 ff; Greindl in: Königshofen, S. 46, 54 ff; Ronel- lenfitsch in: Grupp, S. 20, 25 ff; P. Schütz, NVwZ 2001, 740, 743 ff.

56 So wohl auch der Ansatz bei BGH v. 23.3.2006 – III ZR 141/05 – BGHZ 167, 1, 6 f; BGH v. 19.6.2008 – III ZR 266/07 – NVwZ-RR 2008, 734, 736.

57 Vgl den Fall von OVG Lüneburg v. 22.3.1993 – 3 L 1422/91 – NuR 1995, 201, 203 f; BGH v. 23.12.1953 – VI ZR 141/52 – LM Nr. 4 zu §§ 3, 6 TelegraphenwegeG.

58 Hierauf zu Recht hinweisend J. Schmidt, Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1979, S. 251, 257 f; ferner Aubert/Klinger, 2. Kap. Rn 142; Greindl in: Königshofen, S. 46, 56.

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zungsberechtigte im Falle des Nichtvorliegens einer „Absicht“ in diesem Sin- ne eine Verlegung oder Änderung der TK-Linie verweigern könnte, s. Rn 15.

Dass dies selbst im Fall der privatnützigen Drittveranlassung kein sachge- rechtes Ergebnis ist, wird auch von denjenigen angenommen, die sich für eine restriktive Auslegung des Tatbestandsmerkmals „beabsichtigt“ aussprechen und dennoch annehmen, dass der Nutzungsberechtigte der Sache nach auch bei Fehlen einer Absicht iSd § 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG (zwar nicht folgekos- tenpflichtig aber) folgepflichtig sei, da er sich rechtsmissbräuchlich verhalte, wenn er eine Änderung einer TK-Linie, zu der er nach § 72 Abs. 1 TKG „an sich“ nicht verpflichtet sei, auch dann nicht vornehme, wenn ihm eine Kos- tenübernahme angeboten werde.59

Das Problem der interessengerechten Folgekostenverteilung bei Drittveran- lassung ist daher entgegen nach wie vor verbreiteter Auffassung nicht durch eine bestimmte (restriktive) Auslegung des Absichtsbegriffs in § 72 Abs. 1 TKG zu lösen.60 Daher ist das Tatbestandsmerkmal „Absicht“ in § 72 Abs. 1 TKG nach wie vor entsprechend der in Rn 33 geschilderten Rspr des Reichsgerichts zu verstehen. Eine die Folgepflicht auslösende beabsichtigte Änderung des Verkehrswegs liegt also immer schon dann vor, wenn in die Bausubstanz des Verkehrswegs durch den Wegebaulastträger selbst bzw mit dessen Zustimmung eingegriffen wird, unabhängig davon, ob der Wegebau- lastträger zur Vornahme des Eingriffs verpflichtet war oder dieser in seinem Ermessen stand, und unabhängig davon, ob die Änderung dem Widmungs- zweck des Verkehrswegs dient, den Interessen anderer Verkehrswege för- derlich ist oder nur im Partikularinteresse Einzelner liegt.

„Entgegenstehen“

Die TK-Linie muss der beabsichtigten Änderung des Verkehrswegs schließ- lich „entgegenstehen“. Das ist immer schon dann der Fall, wenn die Ände- rung, so wie vom Wegebaulastträger geplant, ohne eine Änderung der kon- kret verlegten TK-Linie nicht durchgeführt werden kann. Der Wegebaulast- träger muss also bei der Planung keine Gestaltung wählen, die die Belange der Nutzungsberechtigten möglichst wenig beeinträchtigt. Jedoch wird man annehmen können, dass der Unterhaltungspflichtige bei der Auswahl zwi- schen mehreren Gestaltungsalternativen auch die Interessen des Nutzungs- berechtigten mit zu berücksichtigen hat. Bestehen mehrere Gestaltungsalter- nativen, von denen eine den Nutzungsberechtigten weniger belastet, ist diese zu wählen, soweit sich für die Wahl anderer Gestaltungsformen kein sach- licher Grund finden lässt.

Maßstab des „Entgegenstehens“ ist entsprechend § 68 Abs. 2 TKG der heu- tige Stand der Verlegungstechnik. Dies wurde in der Regierungsbegründung c)

59 So Greindl (in: Königshofen, S. 46, 49) und J. Schmidt (Jahrbuch der Deutschen Bundespost 1979, S. 251, 256) unter Berufung auf BVerwG v. 7.11.1975 – VII C 25.73 – NJW 1976, 906, 908.

60 Deutlich auch BVerwG v. 20.5.1987 – 7 C 78/85 – BVerwGE 77, 276, 282 ff; ähnlich wie hier Trute in: Trute/Spoerr/Bosch, § 53 Rn 10; aA noch Demmel/Manssen in:

Manssen, § 72 TKG Rn 11 ff; Dörr in: Säcker, § 72 Rn 9; Freund in: Hoeren, Kap. 4.2 Rn 24 ff; Greindl in: Königshofen, S. 46, 54 ff; P. Schütz, NVwZ 2001, 740, 743;

ders. in: Arndt/Fetzer/Scherer, § 72 Rn 10; R. Schütz in: Beck’scher TKG-Kommen- tar, § 72 Rn 12 ff; Ulmen in: Scheurle/Mayen, TKG, 1. Aufl. 2002, § 53 Rn 5.

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zum TKG (2004) ausdrücklich klargestellt: Entscheidend sei, ob die Leitung bei Änderung des Verkehrswegs nach den üblichen Baumethoden entspre- chend den anerkannten Regeln der Technik Probleme bereitet. Von Städten und Gemeinden könne nicht verlangt werden, dass im Leitungsbereich „ar- chäologische“ Arbeitsweisen anzuwenden seien.61 Dem ist auch unter Be- rücksichtigung der Wertung des § 71 Abs. 1 TKG zuzustimmen, nach der bereits jede Erschwerung der Unterhaltungspflicht zu vermeiden ist und diese Vermeidungspflicht durch den heutigen Stand der Technik konkretisiert wird, s. § 71 Rn 27 ff.

Inhalt der Folgepflicht

Liegen die Voraussetzungen einer der Alternativen des § 72 Abs. 1 TKG vor,

„so ist die Telekommunikationslinie, soweit erforderlich, abzuändern oder zu beseitigen“. Abänderung umfasst zB die nunmehr unterirdische Verlegung zunächst oberirdischer Leitungen oder die Entfernung der Leitung auf einer Straßenseite und Verlegung auf die andere. Beseitigung meint die Entfernung sämtlicher störender Telekommunikationslinien auf einem Verkehrsweg.62 Die Erforderlichkeit einer Änderung oder Beseitigung bestimmt sich nach

§ 68 Abs. 2 TKG entsprechend den anerkannten Regeln der Technik. Der Nutzungsberechtigte ist insoweit nur zur Vornahme der „mildesten“ Maß- nahme verpflichtet, die geeignet ist, den die Folgepflicht auslösenden Kon- flikt aufzulösen.63 Dieser Konflikt kann seine Ursache zunächst darin haben, dass die in § 72 Abs. 1 TKG genannten Maßnahmen ohne eine Änderung/

Beseitigung technisch nicht oder nur völlig unwirtschaftlich durchgeführt werden können. In diesem Fall hat der Unterhaltungspflichtige den Umfang der vom Nutzungsberechtigten zu ergreifenden Maßnahmen darzulegen und ggf zu beweisen.64

Das Abänderungs- oder Beseitigungserfordernis kann sich aber auch daraus ergeben, dass die Änderung des Verkehrswegs bzw seine Nutzung zusätzliche Schutzmaßnahmen an den TK-Linien technisch erforderlich macht, um einen störungsfreien Betrieb der TK-Linie sicher zu stellen und sie vor Beschädi- gungen zu schützen (vgl § 109 Abs. 2 TKG).65 In diesem Fall stellt die Fol- gepflicht letztlich nur eine Obliegenheit des Nutzungsberechtigten dar, über deren Notwendigkeit der Durchführung der Nutzungsberechtigte selbst ent- scheiden kann, sodass insoweit auch keine Notwendigkeit der Durchsetzung der Folgepflicht besteht, s. Rn 48 f. Letztlich beschränkt sich § 72 Abs. 1 iVm Abs. 3 TKG insoweit darauf, auch für diesen Fall klarzustellen, dass die Kosten derartiger Schutzmaßnahmen allein der Nutzungsberechtigte trägt.

Zudem gewinnt in dieser Konstellation die rechtzeitige Information des Nut- zungsberechtigten von beabsichtigten Maßnahmen des Wegebaulastträgers an Bedeutung.

Soweit die Änderungsmaßnahmen an den TK-Linien nach § 68 Abs. 3 TKG zustimmungspflichtig sind (s. Rn 7, § 68 Rn 194), ergibt sich zudem aus der 6.

61 BT-Drucks. 15/2316, S. 84 (zu § 70 des Entwurfs).

62 Heun in: Heun, F Rn 135; ebenso zu § 3 TWG: Eidenmüller, § 3 TWG Anm. 8.

63 Heun in: Heun, F Rn 135.

64 Demmel/Manssen in: Manssen, § 72 TKG Rn 14; Dörr in: Säcker, § 72 Rn 9.

65 So der Fall bei BVerwG v. 20.5.1987 – 7 C 78/85 – BVerwGE 77, 276, 283 ff.

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Folgepflicht des § 72 Abs. 1 TKG auch die Pflicht, einen entsprechenden An- trag auf Zustimmung zu stellen, s. § 68 Rn 199 f. Vor Erlass des Zustim- mungsbescheides darf dann der Nutzungsberechtigte die Änderungsmaß- nahmen nicht durchführen, s. § 68 Rn 182 ff. Insofern bestehen für den Bau- lastträger Möglichkeiten, über Nebenbestimmungen des Zustimmungsbe- scheides Vorgaben für die Baukoordinierung und Bauausführung zu treffen, s. Rn 7, § 68 Rn 250 ff.

Im Übrigen gelten zulasten des Nutzungsberechtigten die Rücksichtnahme- pflichten des § 71 Abs. 1 TKG: Er ist im Rahmen des Möglichen (§ 71 Rn 30 ff) verpflichtet, die erforderlichen Arbeiten baldmöglichst durchzu- führen und insoweit mit dem Baulastträger zu kooperieren, um die Be- schränkung des Widmungszwecks oder die Verhinderung der Unterhaltung baldmöglichst abzustellen bzw die Verkehrswegeänderung baldmöglichst zu ermöglichen, vgl § 71 Rn 33. Nach Abschluss der Arbeiten an den TK-Linien ergibt sich aus § 71 Abs. 3 TKG eine Instandsetzungspflicht bzw die Pflicht, die Kosten der vom Baulastträger durchgeführten Instandsetzung zu tragen, s. § 71 Rn 12, 49 f. Die Durchsetzung dieser Pflichten richtet sich nach den bei § 71 Rn 72 ff geschilderten Grundsätzen.

Durchsetzung der Folgepflicht

Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich, wie die Folgepflichten aus § 72 Abs. 1 TKG gegenüber dem Nutzungsberechtigten durchgesetzt werden können.

Auszugehen ist davon, dass die Pflichten aus § 72 Abs. 1 TKG öffentlich- rechtlicher Natur sind, vgl § 71 Rn 18. Das BVerwG scheint davon auszu- gehen, dass sie (nur) mit Hilfe der verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage gerichtlich durchgesetzt werden können; ggf komme eine einstweilige An- ordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO in Betracht. Eine Selbstvornahme sei – anders als bei § 71 Abs. 3 TKG – nicht vorgesehen, sodass es dem Wegebau- lastträger verwehrt sei, die nach § 72 Abs. 1 TKG erforderlichen Maßnah- men an den TK-Linien selbst vorzunehmen und vom Nutzungsberechtigten Kostenersatz entsprechend den Grundsätzen über die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag zu verlangen; dem stehe die abschließende Regelung des Nutzungsverhältnisses des TKG entgegen.66

Den Ausführungen des BVerwG ist zu entnehmen, dass es auch eine Durch- setzung der Pflichten aus § 72 Abs. 1 TKG durch Erlass eines Verwaltungs- akts mit ggf anschließender Vollstreckung nach den Verwaltungsvollstre- ckungsgesetzen für ausgeschlossen hält. Teilweise wird jedoch angenommen,

§ 72 Abs. 1 TKG enthalte eine „implizite“ Verwaltungsakt-Befugnis,67 so- dass nach Maßgabe der Verwaltungsvollstreckungsgesetze insoweit eine Vollstreckung per Ersatzvornahme auf Kosten des Nutzungsberechtigten möglich wäre, vgl a. § 71 Rn 48, 72 ff. Näher dürfte hier allerdings die An- 7.

66 BVerwG v. 28.3.2003 – 6 B 22/03 – ZUM-RD 2004, 133 ff; aA (als Vorinstanz) OVG Koblenz v. 10.12.2002 – 6 A 11416/02 – DVBl. 2003, 411, 412; offen gelassen bei VGH Kassel v. 5.12.1989 – 11 UE 128/84 – juris Rn 42; OVG Münster v. 14.4.1994 – 20 A 2575/93 – Archiv PT 1994, 331, 332.

67 Dörr in: Säcker, § 72 Rn 17; R. Schütz in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 72 Rn 23;

wohl auch P. Schütz in: Arndt/Fetzer/Scherer, § 72 Rn 17; aA Heun in: Heun, F Rn 137.

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nahme liegen, dass sich der Nutzungsberechtigte bei Nichtbeachtung der Folgepflichten außerhalb der Nutzungsberechtigung bewegt, sodass er vom Unterhaltungspflichtigen insoweit auf wegerechtlicher Grundlage (vgl § 8 Abs. 7 a FStrG) zur Abänderung oder Beseitigung seiner Leitungen herange- zogen werden kann,68 näher § 68 Rn 170 ff, § 71 Rn 40.

Ist die vom Nutzungsberechtigten vorzunehmende Änderung der TK-Linie nach § 68 Abs. 3 TKG zustimmungspflichtig, muss der Durchsetzung der Änderungspflicht eine Durchsetzung der sich aus § 72 Abs. 1 TKG zunächst ergebenden Pflicht vorausgehen, einen Zustimmungsantrag zu stellen, s. Rn 41. Eine ausdrücklich gesetzliche Ermächtigung zur Erzwingung eines solchen Antrags besteht jedoch nicht.69 Kommt der Nutzungsberechtigte ei- ner Aufforderung zur Antragstellung nicht nach, wird man aber den Wege- baulastträger jedenfalls in eiligen Fällen für berechtigt halten können, einen Zustimmungsbescheid auch ohne Antrag zu erteilen.70 Soweit eine materi- ellrechtliche Pflicht zur Antragstellung bestand, kann ein antragsloser Zu- stimmungsbescheid jedenfalls den Nutzungsberechtigten nicht in seinen Rechten entsprechend § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO verletzen.

Im Übrigen besteht die Notwendigkeit einer regelrechten Durchsetzung der Folgepflicht in den Fällen nicht, in denen die notwendigen Änderungen einer TK-Linie ausschließlich darin bestehen, dass diese mit zusätzlichen Schutz- vorkehrungen versehen werden müssen, um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, s. Rn 40. Hier entscheidet über die Notwendigkeit solcher Schutzvorkehrungen ausschließlich der Nutzungsberechtigte. In dieser wohl allein im Fall des § 72 Abs. 1 Alt. 3 TKG denkbaren Konstellation ist es nicht Aufgabe des Wegebaulastträgers, den Nutzungsberechtigten zu einer solchen Anpassung zu zwingen. Es genügt, wenn der Wegebaulastträger den Nut- zungsberechtigten auf die von ihm beabsichtigten Baumaßnahmen am Ver- kehrsweg rechtzeitig hinweist. Sieht der Nutzungsberechtigte darauf hin kei- nen Anlass, seine TK-Linie zu schützen, und wird er deshalb selbst nicht tätig, kann der Baulastträger die Änderung durchführen. Stellt sich anschließend heraus, dass die TK-Linie durch die Änderung beeinträchtigt wird, muss der Nutzungsberechtigte nachträglich entsprechende Unterhaltungsmaßnahmen im Rahmen des § 71 Abs. 1 TKG auf seine Kosten (§ 72 Abs. 3 TKG) durch- führen. Für die anschließende Instandsetzung des Verkehrswegs gilt auch in diesem Fall § 71 Abs. 3 TKG.

Entsprechendes gilt soweit der Folgepflicht nur durch Beseitigung der TK- Linie genügt werden kann. Wird der Nutzungsberechtigte nach entsprechen- der Information durch den Baulastträger nicht tätig, kann der Baulastträger die erforderlichen Baumaßnahmen durchführen, auch soweit hierdurch die TK-Linie beschädigt wird. In diesem Fall handelt er nicht widerrechtlich, sodass insoweit keine Schadensersatzhaftung gegenüber dem Nutzungsbe- rechtigten in Betracht kommt, vgl § 71 Rn 79. Nach der oben geschilderten Rspr (Rn 45) kann der Baulastträger aber keinen Kostenersatz für die Besei- tigung der TK-Anlagen verlangen.

68 Wie hier Hermanns, KommJur 2009, 208, 212.

69 Zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung zur Antragserzwingung s.

U. Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 Rn 232.

70 So im Ergebnis auch VG Ansbach v. 13.10.2005 – AN 5 K 05.00548 – juris Rn 19.

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Erlöschen der Nutzungsberechtigung bei Fortfall des Verkehrswegs (§72 Abs.2 TKG)

§ 72 Abs. 2 TKG regelt die Rechtsfolgen der Einziehung eines Verkehrswegs (vgl § 2 Abs. 4 FStrG). Erfasst wird hierbei nur der Fall der (vollständigen) Entwidmung, bei dem die betroffene Bodenfläche den Status als Verkehrs- weg vollständig verliert. Nicht erfasst ist der Fall der sog. Teileinziehung, die eine Beschränkung der vom Gemeingebrauch umfassten Nutzungen dar- stellt, den grundsätzlichen Charakter der in Anspruch genommenen Fläche als Verkehrsweg jedoch unberührt lässt.71 Ob eine solche Teileinziehung Folgepflichten für den Nutzungsberechtigten auslöst, bestimmt sich aus- schließlich nach § 72 Abs. 1 TKG.72 Dagegen betrifft § 72 Abs. 2 TKG auch den Fall der örtlichen Verlegung eines Verkehrswegs, näher Rn 28.

Im Fall der Einziehung iSd § 72 Abs. 2 TKG „erlischt“ die „Befugnis zur Benutzung“ des Verkehrswegs. Dieses Erlöschen ist notwendige Folge da- von, dass die Nutzungsberechtigung aus § 68 Abs. 1 TKG überhaupt nur an Verkehrswegen iSd § 68 Abs. 1 S. 2 TKG besteht.73 Insoweit ist § 72 Abs. 2 TKG streng genommen überflüssig, da selbstverständlich74 die Nutzungsbe- rechtigung aus § 68 TKG selbst tatsächliche öffentliche Verkehrswege nicht umfasst, vgl § 68 Rn 68 ff. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Ein- ziehung zulässig und wirksam ist, bestimmt sich nach Straßen- und Was- ser(wege)recht. Der Nutzungsberechtigte kann aus § 68 Abs. 1 TKG keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung der Widmung herleiten.75

Aus § 72 Abs. 2 TKG folgt nur ein Erlöschen der „Befugnis zur Benutzung der Verkehrswege“, keine unmittelbare Pflicht zur Beseitigung der TK-Lini- en. Ob diese Pflicht besteht, bestimmt sich vielmehr nach allgemeinem Recht.76 Mit der „Befugnis“ ist zudem nur die Nutzungsberechtigung aus

§ 68 Abs. 1 TKG gemeint, Nutzungsrechte aus anderen Rechtstiteln bleiben unberührt.77 Ob der (vormals) Nutzungsberechtigte zur Beseitigung seiner TK-Linien verpflichtet ist, bestimmt sich daher ausschließlich nach dem Rechtsverhältnis, das (jetzt) zwischen dem (vormals) Nutzungsberechtigten und dem Grundstückseigentümer besteht. Insoweit ist der Nutzungsberech- tigte nach § 1004 Abs. 1 BGB grundsätzlich zur Beseitigung seiner TK-Linie verpflichtet,78 soweit der Eigentümer dies verlangt und er nicht seinerseits zur Duldung der Leitung (§ 1004 Abs. 2 BGB) aufgrund eines privatrechtli- chen Vertrages (schuldrechtlicher oder dinglicher Natur) oder § 76 Abs. 1 TKG verpflichtet ist,79 s.a. § 68 Rn 134, § 76 Rn 74. Entsprechende Beseiti- gungsansprüche sind im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen, s. § 76 II.

71 v. Danwitz in: Schmidt-Aßmann/Schoch, 7. Kap. Rn 48; Steiner in: Steiner, Kap. IV Rn 53.

72 Demmel/Manssen in: Manssen, § 72 TKG Rn 14.

73 So zu § 3 TWG: RG v. 16.3.1932 – IX 504/31 – RGZ 136, 26, 28.

74 So zu § 3 TWG: v. Rohr, § 3 Anm. 11, S. 40.

75 Demmel/Manssen in: Manssen, § 72 TKG Rn 22; Dörr in: Säcker, § 72 Rn 14;

R. Schütz in: Beck’scher TKG-Kommentar, § 72 Rn 18; Trute in: Trute/Spoerr/

Bosch, § 53 Rn 14.

76 Freund in: Hoeren, Kap. 4.2 Rn 41.

77 So bereits zu § 3 TWG: v. Rohr, § 3 Anm. 11, S. 40.

78 So zu § 3 Abs. 2 TWG: BGH v. 1.2.1994 – VI ZR 229/92 – BGHZ 125, 56, 62 f.

79 Greindl in: Königshofen, S. 46, 56; P. Schütz in: Arndt/Fetzer/Scherer, § 72 Rn 19.

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