Eckpunkte zur BAföG-Reform
Gemeinsame Pressekonferenz
von Deutschem Gewerkschaftsbund und Deutschem Studentenwerks Mittwoch, 9. Dezember 2009, 10:30 Uhr
Statement
des Generalsekretärs des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde
- Es gilt das gesprochene Wort! -
Die Forderungen, die wir Ihnen vorstellen, haben die 58 Studentenwerke, die im Deutschen Studentenwerk organisiert sind, vergangene Woche auf ihrer
Mitgliederversammlung formuliert.
Ich darf sie an zwei Punkten ergänzen bzw. konkretisieren.
1. ) Was meinen wir damit, wenn wir schreiben, das BAföG müsse „Bologna-kompatibel“
werden?
Bachelor/Master führen Lebenslanges Lernen im tertiären Sektor ein und ermöglichen ein Wechselspiel von Studium, Berufsphase, Weiterbildungsstudium, erneuter Berufsphase, wissenschaftlicher Weiterbildung etc.
Die staatliche Studienfinanzierung muss diesem alternierenden System gerecht werden.
Deshalb muss das BAföG dringend an das System zweistufiger Studiengänge angepasst werden.
Wir haben derzeit beim BAföG Förderlücken:
1. beim Übergang vom Bachelor zum Master. Hier muss eine kontinuierliche Förderung gesichert werden.
2. Auch wenn Bachelor nach einer Phase der Berufstätigkeit einen Master
draufsatteln wollen – und genau das sollen sie ja tun können! –, muss ein solcher Master-Studiengang förderungsfähig sein.
3. Das BAföG ist im Zusammenhang mit anderen Fördergesetzen zur Fort- und Weiterbildung so auszuweiten, dass Studieren auch in späten Phasen der Erwerbsbiografie möglich wird. Auch das BAföG muss Lebenslanges Lernen ermöglichen!
2 Die noch geltende Altersgrenze von 30 Jahren ist nicht mehr zeitgemäß. Sie passt nicht zur Studienstrukturreform, zu den stets flexibler werdenden Arbeitsmärkten und der demografischen Entwicklung.
Sie passt auch nicht zum Ziel der Bundesregierung, die Hochschulen für vormals berufstätige Studierende zu öffnen.
Wir fordern auch, den Fachrichtungswechsel in deutlich größerem Ausmaß als bislang beim BAföG zuzulassen. Dies würde helfen, Studienabbrüche zu vermeiden.
Wir brauchen beim BAföG eine Kultur der zweiten Chance. Auch im Masterstudium muss ein Fachrichtungswechsel möglich sein, ohne den Anspruch auf eine BAföG-Förderung zu verlieren.
Auch sollte die Förderungshöchstdauer erweitert werden. Dies gilt vor allem für die Anerkennung von Pflegeleistungen der Studierenden für ihre kranken oder behinderten Eltern und andere Familienangehörige, nicht nur in eng begrenzten Ausnahmefällen.
2.) Gibt es einen Zusammenhang von BAföG und dem neuen Stipendienprogramm der Bundesregierung?
Beim entscheidenden Thema Studienfinanzierung lässt Schwarz-Gelb einen „Dreiklang“
erklingen von „BAföG, Bildungsdarlehen und Stipendien“.
Das ist aus unserer Sicht wenn nicht ein Missklang, so sicher kein Wohlklang.
Der erste Akkord „BAföG“ stimmt.
Das neue, nationale Stipendienprogramm, das jetzt nach NRW-Vorbild bundesweit aufgesetzt werden soll, haben wir als Deutsches Studentenwerk vom Grundsatz her begrüßt – solange es nicht zu Lasten des BAföG geht.
Aber ich sehe viele Fragezeichen:
360 Millionen Euro im Jahr wollen Bund und Länder jährlich dafür aufwenden – wird dann nicht doch irgendwann beim BAföG gespart?
Warum legt man beim Stipendienprogramm nicht endlich auch soziale Kriterien an, sondern spricht immer nur von den „Besten“ oder „Leistungsstärksten“?
Warum nutzt man die Stipendien nicht, um genau jene Gruppen zu fördern, die bisher unterrepräsentiert sind, also Studierende aus einkommensschwächeren, bildungsfernen Familien, oder Studierende mit Migrationshintergrund?
Die Begabtenförderungswerke sollen sich für sie öffnen, warum gilt das nicht auch für das nationale Stipendienprogramm?
Beim Thema „Bildungsdarlehen“ werde ich hellhörig.
Studienkredite sind der falsche Weg.
Die jüngste Schulabsolventen-Befragung des Hochschul-Informations-Systems hat einmal mehr gezeigt: Schulden schrecken viele junge Menschen ab, vor allem aus
einkommensschwächeren Haushalten – genau diese jungen Menschen brauchen wir aber als Studentinnen und Studenten!
3 Studienkredite können in bestimmten Phasen des Studiums sinnvoll sein, etwa zur
Finanzierung eines Auslandssemesters, oder im Examen.
Wir raten aber dringend davon ab, ein Studium vollständig über einen Kredit zu finanzieren – die Verschuldungsgefahr ist zu groß!
Selbst beim Studienkredit der staatseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW, welcher Kredit relativ gute Konditionen hat, kann sich die Gesamtrückzahlungssumme, wenn man den Kreditrahmen von 650 Euro im Monat voll ausschöpft, auf bis zu 60.000 bis 90.000 Euro belaufen!
Die soziale Schieflage an unsere Hochschulen korrigiert man mit Studienkrediten oder auch dem Bildungssparen sicher nicht. Wir brauchen eine starke staatliche
Studienfinanzierung übers BAföG. Ein starkes BAföG ist das beste Argument für ein Studium!
Und übrigens ist die Quote der BAföG-geförderten Studierenden gerade in den MINT- Fächern am höchsten. Wer also diese Fachkräfte will, muss das BAföG stärken!