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Notizen, Correspondenzen und Vermischtes.
Ueber den Thierkreis des Heter.
Schreiben des Herrn Lauth, Prof. am Wilhelms-Gymnasium in Mün¬
chen, an Hra. Dr. Brugsch in Berlin.
Als ich vor Ihrer Abreise oacb Persieo Ibr verbindliches Sebreiben er¬
biell, worin Sie mich zur Forlselzung meiner ägyptischen Studien ermunter¬
ten, drängte es mich bereits, über den Thieikreis des Heter, desseo Ent¬
deckung und Reitung Ibrem rastlosen Eifer zu verdanken isl, mich mit Ihnen zu benehmen, um auch meinerseits zur Erklärung dieses werthvollen Denk¬
mals elwas beizutragen. Was damals Ihre Entfernung aus dem Valerlande, so wie eigenes Misstraueo in meine Kräfte verbinderte, will ich Jetzt nach¬
holen und wem sollle icb diesen Versuch lieber zur Beurtheilung vorlegen, da er zunäcbst nur die demolischen Beisehriften belrilft, als dem Ver¬
fasser der „Grammaire demotique", der zuersl für die Aegyptologie dieses neue und weitausgedebnle Gebiet erobert hat ? Sollle ich so glücklich sein mit meiner Lesung und Deulung Ibren Beifall zu gewinnen , so erstatte ich damil nur zum kleinsten Tbeile zurück , was icb an Belehrung aus Ibreo Schriften geschöpft habe.
Der Anblick des Denkmals selbsl, dessen getreue Abbildung sowohl in der Zeitschrifl der DMG. XIV. p. 15—28 als aucb nunmebr iu Ihrem Recueil de Monuments Egyptiens pl. XVll vorliegt, überzcugl den vorurtbeilsfreien Forscher augenblicklieb, dass Sie in der Bestimmung der fünf Planeten, deren Bezeicbnung Sie zuerst aus Stobart's Tabletten enlnommen babeo, den ricb¬
tigen Weg gegangen sind. Dieses für die Wissenschaft höchst wichtige Er¬
geboiss wird durcb meine sogleicb folgende Erklärung der den beiden Nameo der Planeten J u p i t e r und Saturn beigefügten Bemerkung nicht aogelaslet, obgleich ich von Ihrer neulichsl geäusserten Ansicbt in etwas abzuweichen mieb genöthigt sehe.
l'nmiltelbar binter der Doppellegende : Bnr pe seto (Jupiter) , Bar pe ka (Saturnus), die beide durch je einen kleioen Stern determiniit sind, folgt
„en pe" =in dem. Das zu diesem Artikel gehörige Hauptwort lese ich
•ber nichl „taa" der Morgen, sondern mit Ergänzung des obersteo Zei¬
cbeos') zu der demolischen Sichel, „mRO=:Löwe". Das Deulbild dieses Thieres brauchte oicbt eigens beigesetzt zu werdea , da die Richluog der
I) Gr. demot. labL B. Nr. 179, 1.
Laulh , üfter den Thierkreis des Beter, 359
Scbrirtzeile gerade auf den Vordertheil des Löwen hinfahrt. Allerdings fohlt zu der vollen Schreibung manu, wie sie bieroglyphisch laulet, das allein aucb sonst ') beisst der Löwe demotisch nur mn, wenn schon zugestanden
werden muss, dass der Auslant a in diesem Falle anch graphisch aus mt
(Blatt uod Huhn) enlstanden ist. Jedoch würde andererseits nach meinem Vorschlage in unserer Beischrirt das ersle a der demolische Adler, wieder
mehr an die hierogl. Schreibung') erinnern. Was endlicb den Auslant •
betrilTt, so würde er auch dem Worte „taa Morgen" mangeln, wo er in Hinsicht auf das kopl. Tooye. und das demot. „tu"') ebenso wesentlich er¬
scheint als in manu, woraus das kopt. stxoys geworden ist. Der klein«
determinirende Stern , der von den grösseren zu beiden Seiten der Nut sich deutlich unterscheidet, spricht für ,,m<ut" als Constellation so ^sl wrie für
„taa" den Zeitbegrifl'; alleio durcb die weiteren Beispiele wird der tiedanke an das Slernbild besser gerechirerligl. Auch der Platz der Beischrirt ist nicbt gleichgültig, da er absichtlioh gewäblt scheint, nm „den Stand der
heideo grössten Planeten Jopiler und Saturnus im Anfange
des Löwen" zu bezeichnen. Befremden muas es allerdings, dass nicht der allägyptische Name <n^=KlSdius (C]'0 (ifoi Säb-el?) für dieses Stern¬
bild beliebt wurde, wie in den Stobart'schen Tabletten (wenigstens figorativ) ; uod diese Abweichung verdient jedeoralls die sorgfältigste Seachloog. Ob die Conjunction des Jupiter und Saturnus, di« ungefähr alle fiO Jahre wieder¬
kehrt, gemeint sei, muss wegen eines mangelnden Anbattspniikles unentschie¬
den bleiben; indess deutet die Nähe und parallele Ricirtung der betreffendea Legenden aat' nachbarliche Stellung.
Vor dem Sternbilde der Jung Trau stebt io senkrechter Lioie der Name Har teier nebst einem kleinen Sierne als Determinativ ; diese absicbtlich gewählte Stelle der Inschrift deatet an, dass der Planet Mars CEpzcoot) im Anränge dieses Sternbildes zu denken sei. Die ipier darüber stebeslle Gruppe betrachte icb nichl als Einleitung, sondern als Sfcbloss der oben er¬
wäbnten Legende und lese nicht neter seh la-bem „la constellation divine de Ia remme", soodero „ eu la erpi " = in der JiingFraa. Die sitzende Figur ist eine Recapitulation des Har teiser , des Plaoeleo Mars, der als Horus ein Gott ist; die Präposition „en = io" nnter einem der grössern Sterne, der dessbalb hier nicbt Tbeil der Legende, sondern nnr decoraliv ist, steckt allerdings ziemlich verborgeo ; allein dieser l'msland bsweist our , dass die
demetische Beischrirt nachträglich nod später als Figuren und Sterne
aurgelrageo worde. Das demotiscbe Bild hinter dem Arlikel „ta = die" fasse icb nicbt so allgemein als „'hem = femme", soodern als erpi*), wie in Slo¬
barl'a Tabletten, wo dagegen hinter der jthooet. Gruppe erpi die sitzende Figur der Jungfrau fehlt. Beide ergänzen sich also gegenseitig und die Lesuog ta erpi erscheiot um so oatärlicher, als in dem Nameo der Göltin
1) Gr. demou p. 2.i, 40, 9.
2) Recueil pl. XLVI c 6/7.
3) Nouvelles reeherches p. 46 sqq. Tabi. IV, 2, 3, 6, 12.
4) Vergl. Zeitsehr. d. DMG. VI, 256.
360 Laulh , über den Thierkreis des Ueler.
Opinis aod @Qifis die Verbindung des weiblicben Artikels mit dem nämlichen Worle constant ist.
L'eber der zweiten Schale des Sternbildes der Wage, also am Ende
desselben, stehl in deutlicher Schrift: sebek mit dem Determinative des klei¬
nen Sterns. Es isl kein Zweifel, dass hiemit der Planet Merenr bezeichnet wird, wie Sie richtig bemerkl baben. Daran scbliesst sicb wieder die Prä¬
position „enssin" und lässt uns also wieder den Namen des Stern¬
bildes erwarlen, in dem der Mercur sicb damals befand. In der Tbat
bietet die zweite , parallel dahinter berablaufende Zeile zuerst den Arlikel
ia, den Sie bereits, sowie das in der Mitle vorkommende I und das den
Schluss bildende ( richtig beslimml haben. Nach reiflicher Erwägung der drei noch unentzifferten Zeicben glauhe icb die Lesnng (n ■xel (xv^v) vor¬
schlagen zu dürfen. Denn das binler dem Arlikel „ta" folgende Zeichen isl ein demotisehes Vorbild des koptischen "X. und da, wie die Namen «^p'Xl*
■^«.juon ') und Avrifia'S.ot ») beweisen, dieser Bnchstahe slatt des griechi¬
schen X eintreten konnte, so ist mit Hinzunahme des ganz denilichen I das Wort xri^ fertig. Was dieser Lesung zur Bestätigung dient, ist zunächst
das demot. Deulbild der Tbierklaae, über weicbe Sie früher ziemlich
erschöpfend gehandelt haben Der daneben siebende kleine Strich ist
wohl derselhe, der in der Insebrift von Rosette lin. 23 unter der Klaue angebracht ist. Alsdann folgt das demot. Determinativ der Körpertheile und zuletzl der Articulus postpositivns t, hier aber so wenig als die beiden Deulbilder, ausgesprocben, weil das Wort xV^V hereits durch den vollen Arlic. praepos. ta eingeleitet ist. Stobart's Tabletten haben statt dieser Le¬
gende das kalendarische Bild der Wage. Aus dieser, wenn aucb kurzen
Legende ergibt sich eine äusserst wicblige Folgerung: Was Letronne mit genialem Blicke zuersl hebauplele „dass alle ägyptischen Denkmäler mit dem zwölftheiligen Zodiacus keiner früheren als der Ptolemäer Zeit angehören"*), ist hiedurch zum erslen Male nrkundlicb erhärtet. Die beigefügte Tbier- klaue beweist, dass sich der Schreiber wobl bewusst war, was er schrieb, wie ja auch die Hierogrammalen der XIX. Dynastie die semitiscben Wörler
richlig delerminirten. Zugleich beweist die Thierklaue, dass Butt¬
mann's Versuch*), x^Xrj u. x"?^"' a's Wag schale zu erklären, jelzt nicht mehr wiederbolt werden kann, so günstig andererseits das Bild der Wage unler der Beischrift ta %el dafür zu sprecben scheint. Dieses Bild der Wage selbst, deren Schalen allerdings aus den Scheeren des Scorpions enlstanden sind '), gieht uns die obere Grenze für die Zeit uoseres Denk-
1) Schwarlze, kopt. Gramm, p. 289.
2) Pap. bil. Paris. Col. II. lin. 6.
3i Zeilschr. d. DM(i. IX, 123 ff.
4) Sur l'origine da zodiaque grec, p. 19 sqq.
5) Bei Ideler: l'ntersuchangen über die aslronom. Beobachtungen der Alleo S. 374.
6) Die älteren Tbierkreise haben nur eilf Bilder: z. B. der bei Hug:
Uolersuchungen üher den Mythus Tafel I abgebildete ; der Scorpion zerliel natürlich in zwei Tbeile: den vorderen der Scheere(n) xv^V (.XV^o-^) "od deo hinteren des Tbierleibes selbst.
Laulh, über den l'hierkreis des Heier. 361
mais: es kann keiner frUheren Zeit angehören als der des
Hipparchus, oder des Geminus and Varro, die in der Mitte des
erslen Jahrhunderls vor unserer Zeitrechnung lebten, und zuerst von der
Wage unter dem Namen ^vyös Meldung tbun ■).
l'eber dem Scorpion slehl eine Gruppe, von der Sie richtig vermutben, dass sie den Namen dieses Sternbildes entbalten müsse; zugleicb aber ver¬
hehlen Sie die Schwierigkeiten dieses „nom obscur" keineswegs. Ich lese
„te hö[" oder Afd " = „ die S c h la n g e ", wie dieses Sternbild in den Tablellen beständig figuraliv dargestelll ist. Da das Denkmal aus Theben stammt, fügt es sich sebr gut, dass der Sabidische Dialect '^£5jai sagt,
während der Mempbiliscbe dafür m g^oq setzte. Die sonderbare Form des
weiblicben Artikels te anlangend, der jetzt bereits, trotz der wenigen Zei¬
chen, als dritte Variante auftritt, erinnere ich an die ganz adäquaten 3 Va¬
rianten des männlicben Artikels fe anf unserm Denkmale. Die aufgerichtete
Schlange, aus welcher sicb das kopt. 4 selbst am besten ableitel, er¬
scbeint eben so in der Ueberschrift des Südwindes: pir tm ttpeh.tef; in
dem Namen der Tßovs (hierogl. ta.hfut der in dem bil. Pari«. Papyrus
Qaßtis') lautet, ist bezeichnender Weise die Schlange regelmässig auf¬
gerichtet — sollte es die durcb Starrkrampf in einen Stab verwandelte Schlange vorslellea?
Ueber dem Scbützen steht der Arlikel pe mit dem Bilde des Pfeiles : Sit kopt. Cb,'Xi, COTC. Dieser Punkt inacbt nacb Ihrer Erörterung keinerlei Scbwierigkeit, so wie Ihre gründliche Untersuehnng •) der senkrecht im rechten Winkel daranslosseaden Gruppe: „pe neter tau c= le dieu du inatin"
daraus unwiderleglich den Planeten Venus „den Morgenstern" gewonnen hat. Aber was besagen die näcbsten drei Zeichen? Da sie io keinem Falle die Praeposition „in" ergeben und die Stelluug der Zeile, genau zwiscben Scorpion und Scbütze, eine absichtliche scheint, so lese ich aut=o\'te.
inter 'J. Durch diese Wahrnehmung wird meine Ansicht, dass der Plalz der Legenden die gewollte Slellung der betreffenden Planeten anzeigt , nicht unerheblich bestätigt.
Soll ich scblüssiicb eine Vermuthung über die Entstehungszeit unseres Denkmals äussern, so finde ich unter Anleitung der Stobart'schen Tabletten, mit Ausschluss jeder aslrouom. Berechnung, dass das 7te Jahr des Kaisers Hadrian so ziemlicb allen Bedingungen entsprechen därAe.
München, den 22. Juli 1862.
1) Vergl, Letronne 1. c, p. 22 u. 56.
2) Bilinguer Sarg im britt. Museum.
i) Pap. demot. Berolin. collect. Minutoli No. 18. Sammlang demot. Ur¬
kunden Taf. X. col, III Zeile 11: tah. f.
4.) Nouvelles reeherches p. 44 seqq.
5) In der Gramm, demotique p. 167, 322 steht eine ganz ähnliche Form dieser Praeposition.
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Arabische Klingeninschrift.
Von Vwatt. llr- meliren.
Die auf der beifolgenden Lithographie genau in der Grösse des Originals dargestellte Insebrift in Goldbuehst.iben befindet sich auf der einen Breitseite einer prdcbligen Damascenerklinge, die, angeblich scbon lange, im Besitze einer adligen Familie zu Stockholm ist. Griff und Scheide, letztere von Maroqutoleder, sind ehenfalls acht morgeiiländiscb , beide mit Silberarbeit
verziert, die aber jedenfulls erst in Schweden hinzugekommen isl. Das
Ganze wurde hier in Kopenhagen für 500 dän. Tbaler znm Verkauf ausge¬
boten , ging aber wegen der unverhältnissmässigen Höhe dieses Preises nach Schweden zurück. Oie Inschrift lautet: ^!ä^'i\ ^jISoLmJ] f3\js>. ^^^^i
^^(, vyJIj >iJyc:t üiyi- 4^ vLäj AJL, ^^■^\
„hettimmt für die Wn/feiiinmmer des grössten, gerechtesten md edelsten
Sultans, des Machthabers über die Kacken der Völker, des Nerrti dtr
Könige der TUrken, Araber und Perser" (wahrscheinlich eines Mamluken- Sullans vop Aegypten, vgl. Ztschr. XIII, S. 269). L'nler ihr stehen die Koranworle Sur. 27, V, 30 «. .^t :
^jrJ\ ^
CKt*^ Sßi 'S^ ^ 'J
„Im Kamen Jes AUbarmlterzigen : Erhebt euch nickt gegen mich und kommt
zu mir in ErgettenheilI " und zum Schluss: Jc^ii »iJ .
„hob Golt, dem höchtten Könige".
Kopenbagen, d. 16. Januar 186:2.
Eine türkische Badeinschrift in Ofen.
Von Prof. Fleischer.
Herr Dr. Friedrich Müller, Amanuensis der kaiserlichen Hofbibliotbek in Wien, schickte mir im August 1862 eine pbotographirle tUrkisebe In¬
schrift, üher weicbe er bemerkte: „Beifolgende Photographie isl einem von dem Originale gemachten Abdruck entnommen. Die Inschrift selbsl, von der Dr. Linzbauer in seinem Buche : Die warmen Heilquellen der Hauplstadl
OfeD, Pest b. Hartleben, 1837, S. 125 nähere Nachricht') ood am Ende
1) Nacb einem zweiten Briefe des Herrn Dr. Müller erzählt Linzbauer dort, wie ihm vor der Erkläruog der Inschrift hangle, bis ein glücklicher