Ül7i
Sarva darpana sangraha
(1. i.
iDbegriir der vecscliiedenen Sysleme der Indischen Philo¬
sophie , von Mädhava kärya.
Erster Artikel.
Vorbemerkung.
Der Snrvn dnr^iina sangralia d. i. Compendium sämmtli-
clier systemutisclien Ansiclilcn, dessen der nun verewigte H.H. Wilson sich bediente bei der Abfassung seiner Sketcb of tbe religious Sects
of the Hindus (As. Res. XVI. XVII. Separatdruck, Calcutta 1846.
p. 4. note*) p. 87. note.) ist das Werk des jüngeren Mä¬
dhava, Solines des Mäyaiia und Bruders des Säyana, in dessen
(;emeinschaft er eine erbliche Hofcliarge beim Kiinig Bukka zu
Vidyänagara um' Godaveri bekleidet und an den berühmten Veda-
commentaren gearbeitet hat, um die Mitte des XIV. Jahrb. n.Chr.
Der Index der neuesten Ausgabe von Colebrooke's Essiiys on the
Religion and Philosophy of tbe Hindus (Williams & Norgate, 1858.
1 Vol. 8vo.) confundirt ihn noch mit dem „gleichnamigen" älteren
Stifter der Secte der Mädhava^äris oder Brahma Sunipradäyis ,
einem Tuluva-Brahmanen, dessen Vater Madbigabhutta hiess. Als
Geburtsjahr dieses älteren Mädhaväcärya wird das letzte Jahr des
XII. Jahrb., 1199 n. Chr., angegeben; doch scheint die Verwech¬
selung den Indern selbst zur Last zu fallen, da unter den 37
Werken, die man nach Wilson's Erkundigung (a. a. 0. p. 88.
n. t) diesem Sectenstifter zuschreibt , ausdrücklich der Commentar
zum Rgveda, das Rgbäsbyam, genannt wird. Seine Doctrin wird
neben der Lebre der Rämänui^as oder ^ri Sampradäyis als be¬
rühmtes Vaishnava System unter dem Namen eines Purna pra^da-
darganam d. i. System des vollkommeoen Weisen inmitten der
Sarva dargana sangraha skizzirt, und der Verfasser stfmmt nach
Darlegung ihrer Argumente in die Meinung des Begründers ein,
dass die Vishnu-Wahrheit dns non plus ultra aller Satzungsweis-
heit sei — tasmät survasya gästrnsya Visbnutatlvan sarvottamam ify
atra tätparyam iti sarvuii niravadyam. Offenbar eine Veranlassung
mehr, den chronologischen Unterschied der Epochen zu über¬
sehen und den Verfasser des Sarva durgana sangraha für identisch
.518 Sarva darfana sangraha.
mit dem ItcgrUnder des Pilrnnpragna durganum zu lialten. Der
Text unsers C(im|ieridiums erscliien 1853 und 1858 in zwei Ab-
tlieilung-en sub Nos. 63 u. 142 der Uibiiutbeca Indien, nacb einem
l'aar der Asiatiscben Gesellschaft von Uengalcn uod dem Sanskril-
Collegium zu Calcutta gehöriger Handschriften , mit welchen drei
durch Dr. Kdward Hall aus Benares herbeigeschaffte Mss. colla¬
tionirt wurden siud. Die Redaetion besorgte der eingeborene
Principal des genannten CoUegiums , Pandita Igvaracandra Vidyä¬
sägara, mit dfm Beistande seiner heiden Collegen, der Profes¬
ren öayanäräyuiia Tnrkapanöänanu und Täränätha Tarkava6aspati.
Das engliscbe Vorwort des Herausgebers vom 20. Januar 1858
rügt den verwunderlichen Mungel an Interesse, den die indischen
Sanskrit-Gelehrten sich gegen diesen wichtigen Tructat zu Schul¬
den kommen lassen ; die grössere Mehrzahl kennt sein Dasein
nicht einmal, uod Mss. sind äusserst selten. Sollte er nicht das
Schicksal der vielen untergegangenen Scliätze der Sanskrit-Gelehr¬
samkeit theilen , so musste er jetzt zum Druck befördert werden.
I(;vara6andra nennt denselben: „a work by Madhavacharya, the
well known scholiast of the Vedas," scheint ulso keine Schwie¬
rigkeit gefunden zu haben bei der .Auslegung folgender Strophen,
die der zweiten Hälfte des mitabgedruckten Mangalä^aranam oder
vcrsificirten Eingaugsspruches angehören :
primat säyana dugdhäbdhikaustubhena mahaugasä
Kriyate mädhaväryena sarvadar(;ana sangrahah.
Pürveshäm atidustaräni sutaräm älodya <-ästräny asau
primat säyana mädhavah prabhur upanyästhat satäm pritaye.
Da der Herausgeber eine Nachahmung des Babu Räjendraläl
Mittra, der im Jahr^ 1854 mit dem ersten Heft einer commentirten
Uebersetzung der Chändogyopanishad in englischer Sprache zum
Vorschein kam (Bibl. Ind. No.78), vielleicht mit Recht verschmäht
und ausser der englischen Vorrede uur den Text geliefert hat, so
wird vielleicht eine in bequemen Zwischenräumen un diesem Orte
mitzutheilende Verdeutschung dieses Textes noch auf Anerken¬
nung rechnen dürfen. In der Aufgabe des Uebersetzers liegt es
aber nicht, nach vorstehenden Strophen eine Vermuthung darüber
aufzustellen, ob und in wie weit uuch bei der Abfassung des
Sarva darpana sangraha ein Bruder mit des andern Kalbe pflügte,
oder die grammatische Frage zu discutiren, was der obige ^rimat
Säyana mädhava genau genommen sei. Möge der Kenner sicb
hei der formellen Erklärung dieses Compositums für diejenige
Classe der Composita entscheidea, welche ihm am passendsten
erscheint zur Motivirung des wahrscheinlichen Sinnes: ein Mä¬
dhava, der mit seinem Bruder Säyana ein Herz und eiue Seele
ist. Oder sollte unser Verfasser hier eben der ,,SAyunamädbava"
genannt sein zum materielleu Unterschiede vun dem älteren Mä¬
dhava des ^11^ Jahrhunderts? Dauu wäre freilich die herrschende
Sarva darfana sangraha. 519
CunfusioD ilcn Uriieberu des Missverständiiisscs um so nielir zur
Last zu legen. Bei Wulirneliniung der unausbleibliclien •Scliwäclicn
der nacbstclienden Verdcutscliungsprohe werden die Leser sicli
erinnern wollen, duss engliscli redende Burnpiier nicht seilen in
der Luge waren, die grammulisclie und philosophische Termino¬
logie Altindiens für unübersetzbar zu erklären; hätte der Ueber¬
setzer hier und da den Sinn des Originals getroß'en , so würde
daher nicht ihm , sundern der deutschen Muttersprache ein Ver¬
dienst zu vindiciren sein.
Den vollständigen lubalt des Sarva darfana sangraha an¬
langend , so behandelt das Compendium in geordneter Reihen¬
folge, deren Anschaulichkeit nichts zu wünschen lässt, folgende
15 Systeme: 1) Cärväka- 2) Bauddha- 3) Ärbata 4 u; 5)
Rämänuja- und Püniaprajna- (Vaishnava) 6 — 9) Nakuligapä-
gupafa-, 9<'iva-, Pratyabhi jnä-, Ragesvara-darganain. Dann
»lie zwei Nyäya-Systeme 10) Aulukyn- (= Vaiceshika) 11) Aksha-
päda-; feruer 12) Gaiinini- uud daneben merkwürdig genug 13)
Pänini-; denn von der Uttarainimänsä beisst es nach Analyse der
heiden übrigen Systeme, des 14) Sänkhya- und 15) Pätanjali-
darganam , zum Scbluss in der Exergue nur: Ital.i paran sarva
darfana girumunihbütan gankarudarganuiu auyutru likhi¬
ta ni ity atro 'peksliituin iti. —
Aller Systeme Inbegriff.
1. System des Cärväka.
Wohlan! wie dünket euch um den Ausdruck: Beseliguug vom
Höchsten'); da solche durch Brbaspatis^ Lchrnachfolger , der uls
aller Nihilisten Krone dasteht, durch Cärväka, ius Weite ge¬
jagt') worden ist? Uebel auszurotten ist fürwahr des Cärväka
Vuroehinen.
„Insgemein so lange wie jeoes athmendcn Geschöpfes 5) Lc-
„ben währt, soll man lustig leben; nicbts ist cs mit des Todes
„unwegsamem Labyrinth Woher soll dem in Asche zerfalle-
,, nen Leichnam ein Wiederkehren') kommen? Der Welt Melodie
„will ich singen*^)". An derlei Reden sind die, welclie ihren
Buhlregeln gemäss ') Reichtlium und Wollust für die zwei höch¬
sten Güter des Menschen achtend und_ die überwcitlichcn Gütcr
abläugueud ") nach der Lehre des C.irvAka wandeln, eben zu
1) Parame(;asya iiiliyreyasaprailalvaiii, die Kigenscliafl des höchsten Herrn, nach welclier er das siimmiiin bonum geben will und kunn.
2) dürotsärila, ins Weile verfolgt, mit Anspielung auf das vorhergehende Wort matiuiusürin , Lehrnacbfolger.
pränin. 4) nä 'sli mrtyor agocarah. 5) punnrüguniiinum. S. u. 80, H) lukiigälhäiu anurundbüiiüiii. 7) käiniii,'üstrünusiirt'na.
8) arlbakümüv evu purusbärlbau manyamünäh püraluukikam arlbum upabnu- vüiiävca.
520 Sarra dar cana sangraha.
erkennen. Dalier eben ward solclier Cärviik.llebre der sacbgc-
uiä.sse itciname: das Wcltmensclieiisystcin ■').
Darin giebt es, die Erde voran, vier wahre Elemente '");
aus diesen, wenn sie sich iu Kiirpergcstalt vereinigt haben, wird,
wie ous Hefen u. dgl. der Spiritus, das Denkvermögen '') ge¬
boren. Mit ihrem Untergänge geht es selbst zu Grunde. Hier uls
Kenntnissmasse '') eben uus jenen Elementen entstanden, muss
es ihnen nach vergehen; keiu Jciiseitsbegrilf findet statt ' ^). So
vertritt der mit Denkkraft gezierte Körper eben einen den Kör¬
per übertreffendeu Geist ''); denn im Punct des Geistes muss
es am Beweise niaiigclii, insofern der Augenschein '<') die
einzige Beweisquelle ) heisst; und, insofern Folgerungu. s. w.
gar nicht anerkannt wird , uiuss auch das Bcweisubjcct ' ") ganz fehlen.
Aus Weiberumarinung n. dgl. spricssende Lust ''^) ist eben
das höchste Gut. Und man darf nicht ineinen, duss sie wegen
der Puarpng mit Schmerz ''") dus höchste Gut eben nicht ist;
denn, indem man den unschuldig erfahrenen .Schmerz veruclitet,
muss man die Lust allein ehen geniessbar finden. Gleichwie
der, der Fische will, mit den Schuppen und Grälen die Fiscfie
nimmt; oder wie der, der Korn begehrt, mit den Hülsen die
Körner sammelt: und aufliört, nachdem er zugegriffen hat, su
lange zuzugreifen war. Desshalb ist es unreebt, ans Furcht vor
Schmerz die frenndlicb anzusehende Lust vermeiden.
Es sind ju keine Hirsche — CS sind ja niclit Bettelmönche :
het solchen Gedanken werden Iltisse nicht gejagt '') und Kessel-
träger niclit gespeist. Wenu irgend einer blöde sichtliche I.iiist
vermeiden will, dann sei er iminer wie dus Vieh so närrisch.
Darauf geht dei" Sprach :
„Zu meiden sei die Lust, die aus Berührung mit den Aussen-
„dingen^^) sich erzengt, für Männer; die Lust, die mit .Schmerz
„verwuben ist.'" — solches ist das Urtheil des Narren.
Wer, wie er immer heissen möge, begehrt je was gut ist
und vcrschinnlit den Reis voll weisser herrlicher Körner, um¬
gehen von ein wenig Spreu?
Heisst es nun: Falls üherweltliche Lust nicht existirte, wie
9) Inküyatiiin ify anv.irlhain pnrui'i ntlmadeyiiin. l'eher diu Identität der Rärhu.spalyus , Loki'ivalas und Därväkas vgl. Ciih'hr. Trans. R. A. S. vol. I.
und Kssays. IN. Ed". 18.')8. p. 259 If. //. fl. Wi/so«, Hindu Sects, p. 4.
und A. Weber, Vorl. üb. Ind. Lil.-Gesch. p. 220, wo-selbst aucb die i;.\i-
«tenz des Härbaspaiya Sülrain beiläufig vermuthet wird.
JO) bhüläiii i'alväri taltvüui. Ii) cuituiiyam. 12) vignänaghaiia.
13) na prelya aaugnä 'sti. 14) carlanyavi^'isb!udcbu evi 'linä drhälirikla.
15) pramäna. 16) pratyaksha. 17) anumäna. 18) präinänya.
19) ungaliuganädiganyuri sukham. 20) duhkhasumbhinnutä.
21) uu' pyante conj. nu' sbyuutu. 22) vishaya sanguma.
Sarra darfana sangraha. 521
sollten dnnn die alten Weisen") sich den mit vieler Güter Kin-
hnsse und Leilics Ucscliwerde lu vullziclicnden Uräuchen , das
Feueropfer '') an der Spitze, zugewendet hüben? — sn gilt auch
das nicbt, da man verhindert ist, auf den Haufen der Beweise")
einzugehen, insofern daran ein Makel klebt, herrührend eben von
den mit allen Fehlern der unrechten, widerstreitenden und tauto-
logisclicn Aussage - f^) behafteten, Vcdastolzen Schurkengeistern;
indem gegenseitig von den Vcrtheidigern der Haltbarkeit des
Werkkapitcis das Kapitel von der Erkenntniss'') und von den
Vcrtheidigern der Haltbarkeit des Erkenntnisskupitcis das Kapitel
von den Werken bestritten wird; der dreifache Veda nur voll
SchurkengcscbwStz -"), das Feueropfer und der sonstige Rest
ähnlicher Uränriic nur zum Lebensunterhalt ein Werkzeug ist.
Und so sagt Äbhänukas :
Das Feueropfer, die drei Vedas, das Tridandnm , das Be¬
streichen mit Asche sind der Vernunft- uud Kruftlosen Lebens¬
unterhalt, erklärt Brhaspati'-'^).
Daher ist eben der von Dornen u. dgl. erzeugte Schmerz die
Hölle'"), der von den Leuten anerkannte König der Höchste ''),
das leibliche Verscheiden die Erlösung ''), Und da der Leib
das Selbst genannt wird ''), so ist der .Ausdruck: „Ich bin
schlank! Ich hin schwarz!" der, welcher zum ordentlicben
Hauptsinn vernünftig stimmt^*); der Spruchgehrauch: „Mein
Körper!" ist nach Art des Ausdrucks: „Rähu's Kopf!" uneigent¬
liche Redensart '').
Das Alles ist zusammengefasst worden in die Verse:
Hier giebt es vier Elemente, Erde, Wasser, Feuer, Wind;
uus den vier Elementen nun wird die Denkkraft geboren wie
uus dem Gemisch von Hefen u. dgl, Dingen ein Spiritus.
,,Ich bin dick, schlank bin ich!" so spricht man aus dem
Streben ordentlicher Sinnesbezeichnung; und der Leib aus der
Verbindung der Eigcnschafteu von Dick u. 8, f., der und kein.
undcrer ist eben das Selbst,
23) vidyTivrdJIia. 24) agnibotra. 25) prumnnakoli.
26) anrta vyägbäta punarukta.
27) Wilson I. c. |>. I : ,,lbe Vedas .. bave tbeir liaruiakändu and Jniina Kända, or Itiluul ;iud Tbeulogy."
28) dbürlu|iraläpa. — Die i!ärlia.spalyas nebmen narb Wilson I. c. p. 4.
an keiner Arl des Oulliis Tbeil und siud trotz ibrer Frcchbeit den Sclilügcn der liuddhislenverfulgung enlgangen.
29) S. u, Aucb vgl. m. Wilson, I. c. p. 4. nole +. Abbünaku ist
unbekaunl.
30) narakam. 3t) loka siddho räga paramesvara. 32) moksba.
33) debälmüvädc. 34) säniänäilbikaranyupapalli.
35) aupacärika. — Der Dämuii Itäbu (Svarbhäiiu) wurde von Visbnu mit dem Discus gelödtel, aber seiu Koni'blieb lern am Himmel schweben, weil er diu Ambrosia an den Lippen halle, lihüguv. l'uräiiu \'lll. 9. 25.
3 4
522 Sarva darfana sangraha.
„Dieser mein Leib!" selche Sprechweise kunn zulässig sein
als uneigentliche Redensart.
Das mächte sein, diese Sinnesrichtung möcbte gelten, wenn
Folgern u. dgl. uicht zu beweisen wäre'^). Und es ist zu be¬
weisen. Wie käme sonst beim Rauchdampfwalirnehmen unmittel¬
bar den Vernünftigen der Gedanke an ein Rauchfeuer? '') Wie
heim Hören der Kunde, dass am Flussufer Früchte sind, gleich
unmittelbar den Fruchthegierigen das Trachten nach dem Fluss¬
ufer? . US ist nun jene souveräne Sinneserlustigung ' ^).
Den Vcrtheidigern der Beweisbarkeit des Folgerns ist
die Existenz des logischen Kennzeichens, das auf einen Gegen¬
stand hinweist und von dem Gegenstand belegt wird , begründet
durcb den Umstand, dass durchgängige Begriffe für ein¬
seitige Fälle passen *"). Und ein durchgängiger Begriff ist eine
von jeder Condition*'; nach beiden Seiten unabhängige Ideen-
verbindung; in der Wirklichkeit kann er auch keinesweges gleich
dem Augapfel u. dgl. des concreten Daseins theilhaftig sein*'),
sondern nur in der Erkenntniss. Welches möchte denn zu dem
Erkennen das Mittel sein? Keinesweges einstweilen das
Wahrnehmen und zwar gleichviel, ob als äusseres oder
als inneres gefasst. Nicht ist der erste Zustand dabei ange¬
bracht, weil, indem dieser Aussendinge *') zu erkennen giebt,
hei aller Brauchbarkeit für die räumliche Gegenwart doch für
das Gewesene und Zukünftige unzustäudig iat, und alles Mög¬
liche zusammenfasst, sich der Durchgängigkeitshegrilf schwerlich
zu erkennen giebt. Man muss nicht meinen, der Durchgängig-
keitsbegriff sei Jedermann bequem zugänglich * °) ; denn in der
Duppelnatur der sichtbareu Dinge liegen Unzertrennlichkeit und
.3R) yady anuminadeh prumänyan na syät.
37) dliämadhva^a , der den Rauch zur Fahne hat, der Brand, das Feuer.
38) tad etan manorä^yavi^rmhhanam.
39) Vgl. Tatlvacintämanau Anumänakhandah. Ed. Calcutt. Samv.
1905 (1849).
40) vyäpii paksha dharmala (;äli hi lingan gamakam ahyupagatam anu- mänapräraänyavädihih. L'eher „vyäpti" und die folgenden liegrilfe vgl.
Tarka S ing rah a ed. Allahabad, 1849. (Lectures on Ibe Nyäya Fb. -
Ballant.) p. 31. Bhäsha pariccbeda, division of Ihe categories ete. ed.
Röer. p. 31. Dgl. M. .Müller in der Ztsch. d. D.VIG. VI. p. 234.
4t) upädhi. Man versäume nicbt, diesen einfacbcn logischen npäühi- Begrilf aul's Surgfulligsle zu unterscheiden von den dreifiicben ontniogischcn upädhi des Vedänla-Systems, welcher sich als kärana ^ariram — Mäyä,
suksbma ^arlrain — yvx.v , slhüla {ariram — idri verkörpert unter den entsprecbenden Zuständen des bewussllosen Tief¬
schlafs, halbwachen Träumens, wirklichen Bewusstseins im wachen
Gebrauch uller Organe.
42) nä 'ngahhävam bbagale. 43) giiäiiopaya. _ 44) pratyaksham.
45; vishoya. 4t)) sämänyagocara.
Sana darfana sangraha. 523
Niclilscin nebeneinander"). — Anch nicht der letzte Zustand,
weil, indem das Innere die Aussensinne lenkt*"), und der äusser¬
liehe Stoff auch seiner Leitung folgt, eine Entwicklung uner¬
reichbar ist. Das wird bezeugt durch den Text:
Die Dinge, das Auge obenan, sind fremder Lenkung unter¬
than; äusserlich ist das Sensorium "').
Eben so wenig ist das Poigern '"') das Mittel zur Er¬
kenntniss der Durchgängigkeit, weil, wo man: „Da und so auch
drüben!" sagen kann, ein Spiel'') der Unbeständigkeit verblei¬
ben muss.
Viel minder liefert Verkündigung '') dazu das Mittel,
weil selbige Kanäda's Systeme nach in der Folgerung schon mit¬
begriffen ist; oder, weil, wenn .sie nicht darin mitbegriffen ist,
insofern ein Ausspruch der Alten mit der Deutung eines formel¬
len Zeichens unter gleichen Gesichtspunkt fällt''), das eben
genannte fehlerhafte Ucberher- und Hin-Fliegen stattfindet; und
weil die Ueberzeugung mit nichten da ist, sobald nur das Wort,
als spräche es Munu oder ein anderer Gesetzgeber, erschallt:
Rauchwolke und Rauchfeuer sind unzertrennlich!'*) Ingleichen,
weil eine Vermischung des Hergangs des subjectiven Folgerns ")
mit dem entgegengesetzten Hergang möglich ist in dem Falle,
wo keine objective Folgerung'^) beim Erblicken des fremden
Objectes") dem Menschen gelingt, welchem der Unzertrennlich- keitsbegriff nicht aufgewiesen wurde'").
Vergleichung u. dgl.'^) aber gehört nicht im Entfernte¬
sten hieher, weil mit der Anzeige eines Zusammenhangs zwischen
Benennung und benanntem Gegenstand^") eine Anzeige des con-
ditionslosen Zusammenhangs*") ja noch keineswegs gegeben ist.
Und wie sollte nicbt die Conditionslosigkeit ^ ') uuch schwer zu
fassen sein , weil der beim Hinblick auf das Folgern u. s. w.
erwähnte Einwurf unvermeidlich^'), insofern die Conditionen
47) vyaktyor avinabbavabhivaprasangät.
48) aatahkaranasya vahirindriyatantratvena.
49) cakshuräüyuktavisbayam parataatram vahir manu iti.
50) anumänam. 51) dauslhya. 52) fabda.
53) vrJdbavyavahärurüpa linguvagalisapekshatayä.
54) dhüma dbümadhva^ayor avinübhüvo ' sti 'ti vauunamätre manvüdivad vifväsabhävarca.
55) svarlhänumänakatha. Vgl. Tarka sangraha p. 3t, 37.
56) arthäniaränumitl. 57) arthäntnradar^anam.
68) anupadishtävinabhüvah purusbah.
59) upamänädikam. 60) san^na san^ni sambandha.
6t) anaupädhika sambandha. 62) upadhynbhüva. Vgl. 4l.
63) ukladüshanänalivrtteh conj. uktadusbanütivrtteh.
524 Sarva darfana sangraha.
durch Wahrnehmung zu hcslimnicn unmöglich isf, und, wenn
nuch dns Fehlen von wahmehuiliaron Dingen augcnrallig heissen
mag, doch die Abwesenheit unsichtbarer Kigenschaften der äus¬
seren Wuhrnehniung sich entzieht ? —
Ferner auch : wo das constatirende Moment nicht durchgrei¬
fendes Itiudcgiied ist, du mag von der zu consfatirendcn Scliluss-
uussage die durchgängige Wirkung ausgehn! wenn so: so muss
für diese Proposition ein Beleg ans F^iicht gefördert werden"'').
Mclbiges wird ausgesprocheu in der Sentenz:
Was, bei der constatircnden Ursacbc nicht durchgängig pas¬
send, bei dem zu constatircnden Schluss in durchgängiger
Wirksamkeit geschildert wird, das ist Condition.
Wo hei dem Schall die Zeitlichkeit constatirt werden soll"'),
da sind drei Puncte der Reilie nacb gegeben: duss er gemacht
wird, dass er sinnlich ist wie ein irden Gefäss, dass er das
Nichtbören aufhebt; darum ist diess ein tadelloser Schluss
der von den Meistern verfasst ist in den .Spruch:
Wo , gleich und ungleich unzertrennlich gesellt an einem
Platze sind, da ist, wenn nicht von einem gleichmässig durch-
gehcuden Gemeinbegriff getragen , beider Unverträglichkeit eine
gehobene.
Wenn da aus der Idee des regelmässigen Anhaltcns"') die
Krkenntniss der Conditioo der gestörten Continuität"") geworden
ist, ergiebt sich bald nuch die Vorstellung einer durcb deren
totalen Mangel characterisirten bindeförmigen Durchgängigkeit uud
ein auf die Durchgängigkeitserkenntniss gegründetes Bewusst¬
sein der Condition"''): so explodirt ein Fehler wie ein Donner¬
schlag über dem underen. Daher bleibt, insofern die Unzertrenn¬
lichkeit schon übel zu begreifen ist, für das Folgern u. s. f.
gar kein Raum. Die Neigung, nach dem Erkennen von Rauch
u. dgl. sofort »uf Ursachen wie Feuer zu scblicssen, erklärt sich
aus Wahrnehmung oder aus Verirrung '"). Muucherwärts findet
64) s.i(lliiiniivyi'i|i.ikatvc sali säiUiyasamavy.iplir ili lallakslianan kakshikar- tavyain. Zur Dciinilion von säilliunu , siulliya, upäilhi u. s. f. Vgl. Anu- jiiänakb. \>. 3. — 'farka Sangr. p. 45. — B h ä s Ii ä Farii'ch. p. 70.
65) Nyäya Sütr. 11. Allah. 1853. p. 78. (XI. 81 ll.) p. 91 ir.
(\1. 101 f.)
R(i) iii;iäv,iniiläm lovj. ayriivanaläni. B"J>f> , kl. Gr. 2. Ausg. 1845.
p. XM. { Doch will) in iler Calc. Ed, des Tarka sangraha stets i;vä-
vanatä mit Wrddhi gelesen.)
ti7) vidhyadhy.ivnsäya, 68) nishcdhädhyavasäya.
69) vyäpliiiiiäiiädhiiianro 'pädhiinänam : das absurd ciiiierrtc Gegentheil der condiliun.slii.sen Krkcnnlniss des logisihen Substrats (vyäpti) der Folge¬
rung. Vgl. iNule 41 u. 61.
70) pialyakshamülatayä bhräntyäva.
Snrva darfana sangraha. 525
man ulicr Friiclilc, wie aurli Perlen, Sentenzen, lleilkränter u,
ilgl. m. zufällig' uline Ursaclie''). Dalicr ist audi das dadurcli
zu Cnnslutircnde , das uiisiclitbare Verliangniss ud. dgl.'') niclit vorlianden. Vielleiclit niöclite Verseilung und Missgeschick
die so von ungefähr sich bietende bunte Wechselgestult der Welt
ausmachen? — fragt man so: dann heisst es: nein! die Herr¬
lichkeit kommt eben von sich selbst '''); weil dus bequem sich
denken lässt. Darauf gebt der .Spruch:
Feuer ist heiss, Wasser kalt, kalt zu fühlen sodann der
Wind; von wem wäre das je so mannigfach bereitet? Darum
kommt dessen Einrichtung vun selbst.
Das alles ist durch Brhaspati") gleichfalls ausgesprochen,
wenn er sagt: •
Es giebt weder Himmel noch Seligkeit, auch keinen über¬
wcitlichcn Geist, noch auch verdienstliche Werke der Kasten,
I.ebensstufen u. s. w. '").
Feueropfer, die drei \'edas, dreifache Zähmung der Gedan¬
ken, Worte uud Handlungen''), Bestreichen mit .4scbe sind
für Geist- und Kraftlose als (luellen des Erwerbs von den
Vätern angeordnet.
Wenn ein Vieh'"), im Gyotishtoma geschlachtet, gen Him¬
mel fährt; warum wird dann der eigene Vater von dem Opferer
hei diesem Opfer nicht geschlagen?
Ferner, wenn für gestorbene Geschöpfe das Maneuopfer ' *)
Sättigung bewirkt: so ist es unnütz für die hier wuudelnden
Geschöpfe Futter zu bereilen.
Wofern die Himmlischen droben satt würden durch Gaben,
warum wird von den Aufsehern der Götzenspeise hier nichts
gespendet ?
Dieweil man lebt, lebe man lustig Schulden machend,
schlürfe Butter ; woher soll dem in .Asche zerfallenen Leichnam
ein Wiederkehren "") kommen?
Falls man , aus dem Leibe gefahren , zur andern Welt hin¬
überginge: warum kommt man von Liebe zu den Verwandten
gerührt, nicht manchmal wieder?
71) phalnpratilumhhah yüdrcchikah.
7'J) lalsüdhyam aürshtädikam. Bhäsha Paricch. p. 79.
7;<) adr.'ihtäiiishtau. 74) tadhliadraii svabhätäd eva. 75) s. n. iXulr 9.
7(>) ua svargo, nä 'paviirgo vä , nai 'va "linä pärnlaukikah , nai 'va varnä^rainädinän kriyäcca phaladäyikäh.
77) tridandaiu s. o. Note 29.
7S) pa^u, ein Ausdruck, den schon die Pä(upatas identiliciren mit i;i>älinä, lebende Seele. Vgl. Nole 3 pränin. — l'olebr. I. c. p. 262.
79) v''äd<lbain. 80) S. o. Note 5.
W •
516 Sarva darfana anugraha.
ünd daher sind ein Br-wcrhsmiltcl , von Brahmanen erfanden,
leider die Todtenceremonien "'); nichts anders ist daran zu
finden.
Die drei Verfasser des Veda waren Gaukler, Schurken,
Finsterlinge "'); Kauderwelsch ist der Gelehrten Tradi-
tiousgerede *').
» *
♦
Darum gefällt es, nm der vielen^ lebenden Gescböpfe Zufrie¬
denheit willen müsse man zur Cärväkalehre seine Zuflucht
nehmen. —
^Soweit in Säyana Mädhavas InbegriiT aller Systeme
das Cärväka-System.
81) mrtänam pretakaryäni.
82) Oder: die Verfasser des Veda waren drei, ein Gaukler, ein Schurke, ein Finsterling — ni^äcara. S. o. Note 28, woselbst dhürlavaka vorherge¬
gangen war. — Bei jeder l'ebersetzung liegt die Heterodoxie des Verses auf der Hand.
8,1) ^arpbartlurpharityadi , Lari fari u. dgl.
84) panditänäm vacas smrtain. Es folgt eine Obscönität in einem
Schluss^loka von drei Zeilen:
a^va^vä 'Ira Iii ^i^nan In patnigrähyam prakirlitam, banda'is ladval paran cai 'va grijbyagätain prakirlitam, mühsünün khädanan tadvan ni^äcarasamiritam. Iti.
85) hahiiniim präninäm anugrahärtbam.
86) säyanamädhaviye s. die Vorbemerkung.
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Einige bisher wenig oder garnicht bekannte
arabische und türkische Handschriften.
Von Prof. fi. Flflsel.
Se. Exc. der Englische Gesandte zu Dresden , the Honourable
Charles Murray, welcher einen grossen Theil seines Lebens in
Aegypten und Persien verbracht und sich die Sprachen jener
l..änder zu einer in seinem Kreise seltenen Vollkommenheit an¬
geeignet hat, besitzt eine beachtenswerthe Sammlung orientali¬
scher Handschriften, unter denen sich mehrere beiinden, die
Häji Chalfa nicbt kennt und von denen zum Theil eine Notiz
in den mir zugänglichen Catalogen von orientalischen in Europa
vorbandenen Manuscripten bisber vergeblich gesucht wurde. Zu
den Seltenheiten dieser Handschriften gesellt sich ihr Inhalt,
der wichtig genug ist, um auf sie aufmerksam zu machen und
sie näher kenneu zu lernen.
I. — Gleich das erste zu erwähnende Werk bat einen Mann
zum Verfasser, der, so viel er aucb verhältnissmässig scbrieb,
dennocb bis jetzt völlig unbekannt geblieben ist. Ein glücklicher
Umstand liess ibn in seinem Werke auf sicb selbst zurückkom¬
men und von seinem Leben sovicj mittheilen als hinreicht, um
ihn in die arabische Literaturgeschichte am gehörigen Orte ein¬
zuführen.
Die Handschrift, in KIcin-Quart 318 Bl. zu 21 Zeilen auf
der Seite, führt den Titel:
Jsoj ^^.^ i o^y^i
Der kostbare Juwel,
eine Geschichte der Stadt Zabid,
und ist, obwohl flüchtig gescbrieben und deshalb in Hinzufügung
der diakritischen Puncte nicht eben sorglich, doch recbt correct
und wie das om Rande öfter wiederkehrende ^ beweist ver¬
glichen, wovon auch die in Folge der Vergleicbung am Rande bei¬
gefügten Verbesserungen und nachgetragenen Auslassungen er¬
freuliches Zeugniss geben. Die ersten drei verloren gegangenen
Blätter sind wie das letzte von anderer Hand ersetzt, und Ueber¬
schriften und Uebergänge mitten im Laufe der Rede sowie die
Anfänge der vielen Namen sämmtlich rotb ausgezeicbnet. Ausser-