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«Keine Fluorochinolone bei unkomplizierten Infekten!»

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Academic year: 2022

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Ars Medici: Herr Dr. Osthoff, wie sieht es mit dem ambulanten Gebrauch von Fluorochinolonen in der Schweiz aus?

PD Dr. med. Michael Osthoff: In der Schweiz werden im Vergleich zu anderen Ländern im ambulanten Bereich prozen- tual zu viele Fluorochinolone verschrie- ben. Zuletzt waren das immerhin 12 Prozent aller ambulant verschriebenen Antibiotika beziehungsweise 1,28 DDD*

pro 1000 Einwohner, dies gegenüber 1 Prozent in Australien mit 0,24 DDD pro 1000 Einwohner. Der europäische Durch- schnitt liegt bei zirka 8 Prozent.

In einer Studie aus Basel** zeigte sich, dass Fluorochinolone ambulant falsch verschrieben werden, sprich gegen Erkran- kungen, bei denen sie nicht indiziert sind, zum Beispiel bei Blasenentzündungen, Pneumonien, Sinusitis, Bronchitis und so weiter, und besonders älteren Patienten werden sie zu häu- fig verordnet. Andere Länder haben es geschafft, den Ver- brauch an Fluorochinolonen zu reduzieren. In der Schweiz ist ambulant höchstens ein Trend zu sehen, von früher 1,53 auf 1,28 DDD pro 1000 Einwohner. Im stationären Bereich stehen wir besser da, dort ist ein klarer Rückgang zu verzeichnen.

Welche Risiken sind mit Fluorochinolonen verbunden?

Übermässiger Fluorochinolonverbrauch ist zum Beispiel mit einem erhöhten Risiko für C.-difficile-Kolitis und mit einer erhöhten Resistenzrate assoziiert. So steigen in der Schweiz die Raten an Fluorochinolon-resistenten E. coli seit Jahren.

Im ambulanten Bereich ist das Risiko-Nutzen-Verhältnis von Fluorochinolonen aus meiner Sicht meist in Richtung Risiko verschoben. Dazu gehören die bereits erwähnte C.-difficile- Kolitis sowie Nebenwirkungen wie QT-Zeit-Verlängerung, Tendinopathie, Aortenaneurysma und Netzhautablösung. Das sind zwar seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkungen.

Sollen Fluorochinolone im ambulanten Bereich überhaupt noch verordnet werden?

Letztlich gibt es im ambulanten Bereich fast keine Indika- tion für Fluorochinolone, mit wenigen Ausnahmen wie der Divertikulitis, aber nur bei Penicillinallergie, und der Pyelo- nephritis.

Natürlich haben Flurochinolone noch ihren Platz bei resis- tenten Erregern oder zur Weiterbehandlung bei komplizier- ten Infektionen, wie beispielsweise Prothesen- und Knochen- infektionen und Tuberkulose, um nur einige zu nennen.

Für Harnwegsinfektionen und andere unkomplizierte Infek- tionen sollten Fluorochinolone aber nicht primär zum Ein- satz kommen. Es gibt für die häufigsten in der Praxis anzu- treffenden Infektionen bessere Alternativen, die in den Richt- linien der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie***

als First-line-Therapie empfohlen werden.

*DDD: defined daily dose, statistische Durchschnittsdosis, die pro Tag verordnet wird

**Glinz D et al.: Quality of antibiotic prescribing of Swiss primary care physicians with high prescription rates: a nationwide survey. J Anti- microb Chemother 2017; 72: 3205–3212.

*** http://www.sginf.ch/guidelines/guidelines-overview.html

INTERVIEW

434

ARS MEDICI 12 | 2019

«Keine Fluorochinolone

bei unkomplizierten Infekten!»

Fluorochinolone werden in der Schweiz noch immer zu häufig verordnet

Anfang des Jahres warnte Swissmedic erneut vor dem allzu leichtfertigen Verordnen von Fluorochino - lonen in der Hausarztpraxis. Wir sprachen darüber mit PD Dr. med. Michael Osthoff, Infektiologe und leitender Arzt an der Klinik für Innere Medizin des Universitätsspitals Basel.

Fluorochinolone in der Schweiz

Die ersten Fluorochinolone wurden in Schweiz Ende der 1980er-Jahre zugelassen; zurzeit sind auf dem Markt:

Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin.

Im Januar 2018 sprach Swissmedic eine Anwendungs - einschränkung wegen der erhöhten Risiken für Tendinitis, Sehnenrupturen und periphere Neuropathie aus (1). Im Februar 2019 folgte ein weiterer Warnhinweis, weil Fluoro- chinolone auch das Risiko für Aortenaneurysmen und -dissektionen erhöhen können, insbesondere bei älteren Patienten. Als zusätzliches Risiko gehören neben häufigen Befunden wie Hypertonie und Atherosklerose auch selte- nere rheumatologische Erkrankungen dazu. Ausführlicher als im Vorjahr warnte Swissmedic vor dem allzu leichtferti- gen Verordnen von Fluorochinolonen (2): «Generell gilt bei der Anwendung unbedingt zu beachten, dass eine Erstlini- entherapie mit Fluorochinolonen bei bakteriellen unkom- plizierten Infektionen wie zum Beispiel akute Sinusitis, akute Exa zerbation der chronischen Bronchitis oder un- komplizierten Harnwegsinfektionen, falls dieseüberhaupt eine antibiotische Therapie erfordern, nicht angezeigt ist.»

RBO 1. Swissmedic HPC, 21.1.2018; 2. Swissmedic HPC 4.2.2019

PD Dr. med. Michael Osthoff

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