• Keine Ergebnisse gefunden

Zeitgemässe Antibiotika-therapie – Less is more!

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Zeitgemässe Antibiotika-therapie – Less is more!"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

EDITORIAL

ARS MEDICI 12 | 2018

505

Antibiotika sind die Erfolgsstory der modernen Medizin schlechthin. Sie habe zu einem deutlichen Rückgang der Sterblichkeit beigetragen und sind aus der heutigen Spit- zenmedizin nicht mehr wegzudenken. Antibiotika sind aber auch die einzigen Medikamente, deren Verwendung den Therapieerfolg bei zukünftigen Patienten beeinträchtigen kann – Stichwort: Resistenzentwicklung.

Multiresistente Bakterien sind weltweit auf dem Vor- marsch und machen auch vor den Toren der Schweiz nicht halt. So stieg beispielsweise die Inzidenz bei ESBL-(exten- ded spectrum betalactamase-)bildenden cephalosporin - resistenten E.-coli-Bakterien zwischen 2004 und 2017 von 0,9 Prozent auf über 10 Prozent an. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren für die zu beobachtende Resistenzent- wicklung ist der übermässige und unsachgemässe Einsatz von Antibiotika. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass fast die Hälfte aller im humanmedizinischen Bereich ver- schriebenen Antibiotika nicht indiziert ist oder unsach - gemäss verabreicht wird. Da zirka 80 Prozent des Antibio - tikaverbrauchs in der Humanmedizin auf den ambulanten Sektor entfallen, steht dieser Sektor besonders in der Pflicht. Trotz eines im internationalen Vergleich tiefen am- bulanten Antibiotikaverbrauchs gibt es auch in der Schweiz zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten, insbesondere bei der übermässigen Verschreibung von Fluorchinolonen und Makroliden und bei der unnötigen und potenziell schädli- chen antibiotischen Therapie von meist viral verursachten

respiratorischen Infektionen oder der asymptomatischen Bakteriurie (1). Im Gegensatz dazu konnten im stationären Sektor vor allem der Einsatz von Antibiotika mit zu breitem Spektrum und eine zu lange Therapiedauer als dringliche Probleme identifiziert werden.

Evidenzbasierte Massnahmen zur Reduktion des Antibioti- kaverbrauchs und zur sachgemässen Anwendung gibt es zur Genüge (2) – allerdings fehlte es bisher in der Schweiz an umfassenden Massnahmen, die die rationale Anwen- dung von Antibiotika überwachen und unterstützen. Diese sogenannten Antibiotic-Stewardship-Programme können die Verschreibungspraxis eines jeden einzelnen Arztes im Spital und der Praxis optimieren mit dem Ziel, bestmögli- che Behandlungsergebnisse zu erreichen bei gleichzeitiger Minimierung von Nebenwirkungen und der Entstehung von Resistenzen (3).

In diesem Sinne ist es nur zu begrüssen, dass in der vom Bundesrat im Rahmen seines gesundheitspolitischen Prio- ritätenleitbildes «Gesundheit 2020» lancierten, natio nalen Strategie gegen Antibiotikaresistenzen (StAR) der Fokus auf die Entwicklung von Programmen zum sachgemässen Umgang mit Antibiotika und zur Überwachung des Anti- biotikaverbrauchs gelegt wird.

Less is more – braucht der Patient wirklich eine antibioti- sche Therapie? Falls ja: Ist das gewählte Antibiotikum das richtige? Und stimmt die gewählte Behandlungsdauer?

Stellen wir uns diese Fragen noch bewusster bei der Wahl der richtigen Therapie, um die Wirksamkeit von Antibiotika für zukünftige Generationen zu erhalten!

Michael Osthoff

PD Dr. med. Michael Osthoff ist leitender Arzt an der Klinik Innere Medizin des Universitätsspitals Basel.

E-Mail: michael.osthoff@usb.ch

Literatur:

1. Glinz D et al.: Quality of antibiotic prescribing of Swiss primary care phy- sicians with high prescription rates: a nationwide survey. J Antimicrob Chemother 2017; 72: 3205–3212.

2. Barlam TF et al.: Implementing an Antibiotic Stewardship Program: Guide- lines by the Infectious Diseases Society of America and the Society for Healthcare Epidemiology of America. Clin Infect Dis 2016; 62: e51–77.

3. Baur D et al.: Effect of antibiotic stewardship on the incidence of infec- tion and colonisation with antibiotic-resistant bacteria and Clostridium difficile infection: a systematic review and meta-analysis. Lancet Infect Dis 2017; 17: 990–1001.

In der Online-Version finden Sie zusätzlich eine Tabelle mit Massnahmen, die im ambulanten oder stationären Sektor helfen, Antibiotika zu sparen (2).

Zeitgemässe Antibiotika-

therapie – Less is more!

(2)

EDITORIAL

ARS MEDICI 12 | 2018 Tabelle:

Auswahl an evidenzbasierten bzw. zukünftigen Massnahmen, die eine rationale Antibiotikatherapie unterstützen

Massnahme Ambulanter Sektor Stationärer Sektor

Regionale/nationale Verschreibungsrichtlinien X X

Übersicht über lokale Resistenzraten X X

Praxisnahe/schnelle Diagnostik (z.B. Procalcitonin, virologische Schnelltests) X X

Verwendung von selektiven Antibiogrammen X X

Fokussierte Weiterbildung X X

Multidisziplinäres Antibiotic Stewardship Team X

Antibiotic Stewardship Visiten («audit and feedback») X

Restriktion von Reserveantibiotika X

Richtlinien zur Oralisierung von parenteralen Antibiotika X

Patienteninformation über Nutzen und Risiken einer antibiotischen Therapie X Alternative Therapien (z.B. Ibuprofen bei Zystitis, Komplementärmedizin) X

Verzögerte Verschreibung von Antibiotika X

Decision Support Tools (die Zukunft?) X X

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In der Vollzugsweisung des BAFU und des BFE an die EnAW zu Handen der dort angeschlossenen Unternehmen über die Erarbeitung von Vorschlägen zur Emissionsbegrenzung und

TTM Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4 Delayed purchase of a new mobile phone: Effects of Perceived Behavior Control on TTM. (All other variables are held constant at their mean when

Um Strategien und Massnahmen gegen eine weitere Zunahme resistenter Keime entwickeln und beurteilen zu können, sind neben Resistenzmonitorings vor allem auch Kenntnisse zum

Urikosurische Substanzen wie Probenecid (Santuril®) und Sulfinpyrazon (in der Schweiz nicht erhältlich) können bei Patienten mit normaler Nierenfunktion alternativ zu

Kann eine Behandlung nicht im wachen Zustand durchgeführt und eine Narkose nicht zeitnah organisiert werden, muss als erste Massnahme eine korrekte orale Anti- biose erfolgen..

Calculations in this index on the percentage change in real annually committed funds per capita to the 11 th EDF compared to the 10 th EDF indicate that the EU12 Member States’

This report presents preliminary results for the analysis of 605 bilateral negotiations in which only 20.8% of negotiators who achieved an inefficient compromise entered

velopment is convergent in the three industrialized countries and is accompanied by more rapid changes in the developing countries, especially in India which has much higher