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A Dichte(r)stress

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Academic year: 2022

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ls ich ankündigte, über welches Thema ich schreiben wolle, ging ein Protestschrei durch die Redaktion. Einzig der Verleger akzeptierte meine Sujetwahl, aber er seufzte leise und hoffte, dass er diesmal weniger Anrufe und Mails von Journalisten und Empörten bekäme. Der Layouter war bereit, halt auch diese Glosse outzulayen (Anm. des Layouters:

Klar, kann ja immer noch schlimmer kommen). Doch die eingewanderten Massen, die im Rosenfluh-Verlag arbeiten – Schwoobe, Halbtschingge –, legten ihr Veto ein. Sogar der Redaktionshund, ein Deutscher Schäfer (nicht etwa ein Appezöller Bläss), knurrte.

Selbst die alten Neuhauser murrten. «Dichtestress» sei ein «Unwort», gab der Korrektor zu bedenken, ein Urschweizer, der Germanistik studiert hat, obwohl er ausgezeichnet Deutsch kann. Er gestand aber ein, dass man mit diesem Unwort – genau wie mit Untoten – Menschen auf- und erschrecken, Schlagzeilen und Geld machen kann. Im Gegensatz zu Zombies ist die Existenzfrage aber klar: Es gibt den Begriff «Dichte- stress» wirklich: Tiere sterben daran, wenn zu viele von ihnen zu wenig Platz haben. Lemminge zum Beispiel.

Und ostasiatische Sika-Hirsche, die aber laut Wikipedia durch Einbürgerungen (!) in vielen Teilen der Welt vor- kommen. Ob nur Tiere von Dichtestress betroffen sind oder auch rurale Innerschweizer Platzhirsche in Villen mit viel Umschwung, die sich selbst als menschlich bezeichnen würden, ist unklar. Die SVP hat nicht ausrei- chend definiert, was sie mit dem Schlagwort meint.

Sommerschlussverkauf bei Loeb am Wühltisch erzeugt vermutlich Dichtestress. Oder das Gstungg am Berner Zibelemärit, wo sich zudem noch viele Menschen aus ländlichen Gebieten befinden, die augenscheinlich sehr sensibel für Dichtestress sind. Schuld an der Drug- gede der Basler Fasnacht sind hingegen eindeutig die Schwobe und Waggisse, die für drei Tage in Massen als Serviererinnen einwandern, damit die Basler ohne Stress dicht sein können. Wer aber für alles Fremde derartig offen ist wie die Nein-Stimmer am Rheinknie,

der kann nicht ganz dicht sein. Fehlende Abschottung führt auch zur Einreise asiatischer Touristen, die meist aus Grossstädten kommen und es hierzulande daher eher leer finden. Es gilt daher, die Grenzen abzudich- ten, um Dichtestress durch übermässiges Einströmen zu vermeiden. Das preisgekrönte Multi-Swell-Dich - tungs material des Produkts «Stress-Saver» könnte helfen, da es laut Hersteller auch dort abdichtet, wo herkömm liche Dichtungen versagen. Zum Beispiel bei Flanschen, die nicht steif genug sind – was immer dies auch sein mag. Hauptsache: dichtmachen und dichthalten.

Weder Dichtestress noch Distress verursacht die Lek- türe von Thomas Hämmerlis Essaysammlung «Der Zug ist voll». Psychotherapeut Schneider, ein eingewander- ter Schwob, bewies dort, dass er rechnen und der Satirefreund auf ihn zählen kann. «Magazin»-Quoten- frau Michèle Roten aus Rüti, Spitze im Spitzenverteilen, schreibt süffig über Defäkation und dünnes Papier, eigene Abszesse und Alkoholintoxikationen, alles zwi- schen Risotto und einem amerikanischen zeitgenös - sischen Roman eingeklemmt. Kein Aber: Das Büchlein ist so gut geschrieben, dass der Autor dieser Zeilen Dichterstress entwickelte. Bei diesem Syndrom, wel- ches nicht nur Lyriker, sondern auch Epiker und Drama- tiker befällt, handelt es sich um einen Mix aus Neid auf andere Schreiber, um Gag- und Reimfindungsstörun- gen sowie Panik vor dem Redaktionsschluss. Dichter- stress verschont auch Eingewanderte nicht. Vermutlich packt er den Lausanner Esten Andres Andrekson, aka Stress, wenn er den Text «MundART»von Bligg hört.

Denn der Schwamendinger – als gelernter Sanitärin- stallateur – kennt sich mit Dichtungen natürlich bestens aus. Man könnte ihn als Stressdichter bezeichnen, so wie er über Style und Chefs rappt. Beide Störungs- bilder, Dichte- und Dichterstress haben gemeinsam, dass sie medizinisch noch nicht gut erforscht sind.

Weitere Studien und Publikationen darüber sind erfor- derlich …

Dichte(r)stress

A R S E N IC U M

A

MEDIEN, MODEN, MEDIZIN

232

ARS MEDICI 5 2014

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