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They all got into the car and went as far as the Pyramids

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Academic year: 2022

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Englische Übersetzung des Linguaphone Institutes: (für vorstehende Tabelle)

1. Several people agreed to go for a trip to the Pyramids and take their lunch with them. As they came from the country, they engaged a dragoman to show them the Pyramids and their sunoundings.

2. The dragoman called for them at their hotel at eight o'clock in the morning. They all got into the car and went as far as the Pyramids; they paid the driver a pound.

3. When they arri ved at the Pyramids, they wanted to see the inside of one. The dragoman took them in. After giving them each a torch - for it is very dark in a Pyramid - he led them into the Pyramid by a little door.

4. Once inside, they walked through a long tunnel to a very beautiful central room, the walls of which were covered with hieroglyphics. After seeing the interior of the Pyra-mid, ihcy came out, the dragoman climbed up the Pyramid and they followed him.

5. From the top of the Pyramid they saw Mina House Hotel, its fine swimming pool, the golf course, the small Arab houses, the desert, the Pyramids of Sakkara and many other things.

After they had got down, they photographed themselves beside the Sphinx. When they had admired the Sphinx, die dragoman called the camel-driver and argued about the cost of hiring camels as far as the Sakkara Pyramids.

6. After they had come to an agreement, they got on the camels and went to see the Sakkara Pyramids. All along the road the dragoman told them the story of the Pyramids from the beginning.

7. After their visit to the Pyramids, they were saüsfied. they spread out a cloth on the sand and got out their lunch. They sat down, had something to eat, and drank the iced water which they had brought wilh üiem in a Thermos flask.

8. After they had had lunch, one of them made coffee for them on a spirit stove which he had brought with him. Having drunk the coffee they smoked cigarettes and related stories to one another, and they laughed togedier. They returned to the hotel at nightfall.

DER VERLUST DES VATERS

Von Nagi Naguib, Berlin

Vorbemerkung

Ein wiederkehrendes, wenn auch bisher kaum beachtetes Motiv der moder¬

nen arabischen Literatur ist der Niedergang der väterlichen Autorität, ebenso

das Verstummen der väterlichen Botschaft und die vergebliche Suche nach dem

Vater, der letztlich die Gottvaterinstanz ist.

Diese Thematik durchzieht auf bemerkenswerte Weise das Werk von Na¬

gib Mahfüz. Das Verlassen des Vaterbildes begründet er in seinen Romanen

immer wieder mit der Erschütterung metaphysischer Gewißheit, der tiefgrei-

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fenden sozio-kulturellen Wandlung und der Veränderung der Familiensmak-

tur. In seinem Roman Bidäya wa-nihäya („Anfang und Ende", 1950), signa¬

lisiert der plötzliche Tod des Vaters den unaufhaltsamen Ruin der Famihe, den die Mutter vergeblich aufzuhalten versucht und der ihre Kinder ins Verderben und in den Selbstmord führt. In at-Tarlq („Der Weg", 1964) führt die besessene

Suche nach dem verlorenen Vater, genauer, die Suche nach dem verlorenen Ich,

unversehens ins Verbrechen und in den Tod.

Zentrales Thema von Mahfüz' Trilogie Bain al-qasrain, Qasr aS-Sauq und

as-Sukkariya (1956/57), einem Generationsroman und einer Chronilc der

sozialen und politischen Bewußtwerdung Ägyptens von der Volkserhebung

1919 bis Ende des Zweiten Weltkrieges, ist der Niedergang der patriarcha¬

lischen Geseüschaftsordnung und das Zusammenbrechen des väterlichen

Mythos. Das Verstummen der väterlichen Botschaft bzw. die tatenlose Abge¬

schiedenheit Gottes (al-Gabaläwis) hinter den hohen Mauem seines Hauses im

„leeren Raum" {halä') steht im Mittelpunkt von Mahfüz parabolischem Werk

Auläd häratnä (, J)ie Leute unseres Viertels", 1959), das die Heilsgeschichte bis zum wissenschafdichen Zeitalter als die Geschichte eines alten Kairoer Viertels erzählt. Im fünften und letzten Teil des Romans betritt ein Mann unbekannter Herkunft, ein Vaterloser, der Zauberer "Arafa, die Bühne des Geschehens und kündigt das Zeitalter der Wissenschaft an.

In Hanna Minnas Romantrilogie Hikayät al-bahhär, ad-Daqqal und al-

Marfä al-bäid („Die Geschichte des Seemanns", „Der Mast" und „Der ferne

Hafen", 1981-83) gestaltet sich die Suche des alternden Sohnes nach dem

Vater, der auf einem gestrandeten Schiff verschollen ist, zu einer nie-enden-

wollenden Reise durch Meere und Kontinente, zu einer Reise nach dem eige¬

nen Selbst, nach letzter Gewißheit sowie nach emotionaler Erfüllung, die ihm

durch das immer wieder aus der Tiefe auftauchende weibliche Phantombild

verheißen und zugleich verwehrt wird.

Zwei entgegengesetzte Prototypen vaterloser Figuren schuf at-Tayyib Sälih

in seinen beiden Romanen "Urs az-Zain („Die Hochzeit des Zum", 1966) und Mausim al-hi§räiläS~Simal („Die Zeit der Auswandemng nach Norden", 1968).

Während az-Zain, schon von Geburt an ein mißgestalteter Sonderling, in die

Rolle eines Dorfheiligen hineinwächst und nur durch die Ehe mit der schönen

Ni"ma in das gewöhnliche Leben hereingeholt wird, bricht der Protagonist von

Mausim ... Mustafa SaTd, ein vaterloser und bindungsloser Mensch, auf, um

kraft seines Intellekts, seiner sexuellen Potenz und seines Wollens, es mit der Welt des Nordens aufzunehmen.

In der arabischen Literatur der sechziger Jahre und insbesondere nach 1967

wird die Klage gegen den Vater oder das Zerwürfnis mit ihm zum durch¬

gehenden Thema. Man lese etwa die Erzählungen von Muhammad HäfTz Ragab

al-Ab Hänüt („Vater Hanut", 1965), von "Abd al-Gafßr M'ikkäwiJünus flbatn al-hüt („Jonas im Bauch des Wals", 1967), von Yüsuf Idris Hämmälal-karäsi

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(Der Stuhlträger, 1969) oder von Nawwäl as-Sa"däwT as-Süra („Das Bild", 1972). Verstärkt whd diese Thematik insbesondere durch die rapide Auflösung

der gewachsenen Strukturen infolge des wirtschafthchen Aufstieges („Öl¬

boom") und der „Öffnungspolitik" in fast allen arabischen Ländem in den

siebziger Jahren. Als Aufbmch in die Vaterlosigkeit ließe sich etwa Yahyä at-

Tähir "Abdallähs' Erzählung a/-GaJfan („Der Zigeuner", 1977) bezeichnen.

Betrachtet man das Vaterbild bzw. das Verhältnis zum Vater als Abbre¬

viatur des Verhältnisses zu Staat, Religion und als Indikator für die gesamt-

gesellschafthche Entwicklung, so haben wir es hier mit Material zu tun, das

einer gründlicheren Untersuchung bedürfte. Ich beschränke mich in diesem

Zusammenhang auf die Erzählung von Yusuf Idris, die, wie mir scheint, von

historisch-politischer und sozialpsychologischer Relevanz ist, insofem als sie auch mittelbar die Frage nach der Legitimation von Herrschaft aufwirft.

,JDu mußt aufliören, damit ich anfangen kann".

Kann sich der Sohn vom Vater befreien? Lebt er nicht durch das Sein des

Vaters und zieht daraus sein Selbstgefühl? Wie kann Leben ohne Vater sein?

Das ist das Thema von Yüsuf Idris Erzählung ar-Rihla („Die Reise"), die er am 5. Juni 1970 in „al-Ahräm" veröffendicht und 1971 in seinem Erzählband Bait min lahm („Ein Haus aus Fleisch") aufgenommen hat'. Die Erzählung hat die Form eines inneren Monologs, in dem der Sohn mit dem Vaterredet. Es heißt zu Beginn: „Du und ich und nach uns die Sintflut" (73). Das „Ich", das hier redet, identifiziert sich beinahe gänzlich mit dem angeredeten „Du". Es kann sich

keine eigene Existenz ohne dieses Gegenüber vorstellen. Mit dem ersten Satz

hebt die Erzählung die tiefe Bindung des Sohnes an den Vater hervor. Aber um

zusammen sein zu können, müssen sie weit, weit wegreisen:

„Wir werden gleich reisen, weit fort, wo niemand dich oder mich erreichen

kann, wo wir ganz frei sein werden, wo wir mit unserer ganzen Kraft nach un¬

serem Willen und ohne Angst leben können" (73).

Erst bei ihrer Vorbereitung erfahren wü- den Gmnd für die Reise. Der Vater ist aus dem Leben geschieden, der Sohn sieht es, und dennoch leugnet er es vor sich. Er benimmt sich so, als vermöge er nicht zu begreifen, daß der Vater aus dieser Welt geschieden ist, als sei der Tod des Vaters ein Geheimnis, das er vor

den anderen verbergen könne: „Laß die Sache zwischen dir und mir ein Ge¬

heimnis bleiben", flüstert er seinem Vater zu (74).

Er zieht dem Vater, dem Leichnam, seine besten Kleider an, stützt ihn bis

zu seinem Wagen und läßt ihn neben sich auf dem Beifahrersitz Platz nehmen:

„Mach es dir recht bequem, schlag ein Bein übers andere" (74). Er fährt ab, hochgestimmt, daß er jetzt allein mit seinem Vater reden kann. Er beschreibt,

was ihm während der Fahrt begegnet, und überdenkt dabei sein Verhältnis zum

1 Zitiert wird nach dieser Kairoer Ausgabe, mit Seitenangaben.

(4)

Vater. Wiewohl er immer noch an seinem Vater hängt und sich mit ihm iden¬

tisch fühlt, machen seine Worte zugleich deutlich, wie erleichtert er ist, daß nun

die Übermacht des Vaters gebrochen ist. Mit dem Verstummen des Vaters hat

sich das Verhältnis zwischen beiden geändert. Vergnügt sagt er zu ihm: „Du

gehörst zur Eisenbahngeneration. Die Eisenbahn hat keine Wahl. Du kannst nur

die Knechtschaft wählen. Ich aber, ich gehöre zur Autogeneration. Das Auto ist die Freiheit" (76).

Vordem hatte er sich immer vor der Autorität des Vaters gefürchtet. Immer lebte er im Gefühl, daß unsichtbare Fäden ihn an diese Autorität banden:

„Du bist der einzige auf dieser Welt, vor dem ich mich immer fürchtete. Du

warst immer anwesend in unserem Hause. Du hast mich gefesselt, gebunden

..."(77).

Voller Erstaunen fragt er sich nach dem Geheimnis dieser ambivalenten

Gefühle, die er dem Vater gegenüber empfand: „Warum habe ich dich manch¬

mal gehaßt? Warum wünschte ich in bestimmten Augenblicken, daß du snrbst,

damit ich frei werde, unmöglich, daß ich die gleiche Person bin, die sich jetzt in deinem Beisein, an deiner Stelle völlig frei fühlt, unmöglich, daß du jetzt al¬

lem zustimmst, was ich nie" (77). In seines Vaters Obhut lebte er einst auch im

Gefühl der Geborgenheit und Zugehörigkeit. Rückblickend genießt er diese

Empfindungen von neuem, als wünschte er sich die alten Tage in der Obhut des

Vaters zurück. An dieser Stelle kehren die Bilder und Ausdrücke wieder, die

Yüsuf Idris fünfzehn Jahre zuvor in seinem biographischen Prosastück al-Yad

al-kabira („Die große Hand", 1956/58) verwandt hat^, was deutiich auf die

persönlichen Ursprünge des Vaterproblems hinweist'.

2 Dieses Prosastück hat Idris in Vorahnung des nahen Todes seines Vaters 1956 geschrieben und erst 1958 in seinem Erzählband Häd{tat Saraf veröffentlichL

3 Zum biographischen Bezug der Vatcrproblematik: Yusuf Idris, geboren am 19. Mai 1927 in al-Birum, FYovinz Sarkiya, verbrachte die entscheidenden Jahre seiner Kindheit bei seiner Großmutler. Wiederholt beklagt sich Idris über seine verlorene Kindheit. Anläßlich seines fünfzigsten Geburtstages schreibt er in einem Essay mit dem Titel Tifl fl l- Ijflmsin („Ein Kind in den Fünfzigern"): „Die Kindheit ging verloren unter dem Druck der Bedrohung, daß wir uns nicht als Kinder zu benehmen hatten ..." „Ich gehörte zu denjenigen, die eine Kindheit voller Emst.ohne Freude verbracht haben. Ein totemster Mann in Gestalt eines Kindes. Alles was ich wünschte, verbot ich mir und betrachtete es als eine Sünde, die ich gegen die anderen beging. Meine größte Sorge war es, wie die Erwachsenen zu tun, erwachsen zu sein. Die Kindheit war in meiner Krankheit ein Makel, eine Schande..." (Mufakkira, Bd.3, Kairo 1977, S. 8).

Seines Vaters gedenkt er mit innigen Worten, während er die Mutter als eine gefühllose, abweisende und kränkliche Person beschreibt, unter der der Vater starte litt.

Thema von IdrTs' biographischer Erzählung Ah,ir ad-dunyä („Ende der Welt", 1960) ist die Sehnsucht des Kindes nach dem abwesenden Vater, der unerwartet auftaucht und nach kurzem Aufenthalt unerwartet verschwindet und es der Schmach seiner Armut und den Demütigungen seiner Großmutter aussetzt. Zuflucht findet es im Lerneifer und in den Tagtiäumen: Hier konnte er ,jeden Wunsch erfüllen, sogar seine Mutter finden und seinen Vater für immer behalten, ans Ende der Welt fahren und den Schatz, Solomons Ring und Aladins Wunderlampe finden..." (Aliir ad-dunyä, Kairo 1980, S. 73).

(5)

Ar-Rihla überschreitet diesen Rahmen und behandelt das Verhältnis des

Ägypters und Arabers zur autoritären Macht, zur Vaterinstitution in einem

historischen Kontext. Die Quellen dieser Vaterfigur, davon wird später die Rede sein, sind persönlich und historisch zugleich. Der „lch"-Erzähler in ar Rihla ist

hin- und hergerissen zwischem seinem bisherigem Leben unter der Übermacht

des Vaters und seinem neuen Ich-Gefühl. Jedoch in diesem Augenblick, in dem

der Vater stirbt, steigert sich sein Bedürfnis nach dem Vater ins unermeßhche.

Im dichten Straßenverkehr der Stadt bemerkt er, wie die Leute seinen Wagen

mit Mißtrauen beobachten. An einer Kontrollstelle am Stadtrand legt er seinen

Ausweis vor, um seinen Vater auszuweisen. Erleichtert atmet er auf: „Laß uns

jetzt weiterfahren. Ich bin jetzt dein Ausweis. Ich liebe dich und trage die

Verantwortung für dich" (76).

Nun ist er mit dem Vater identisch, obgleich der Vater in Wahrheit leblos

neben ihm liegt. Wohin soll er mit diesem Toten fahren? Er weiß es nicht und

wünscht, daß er es nie erführe und daß die Reise ins Unendliche ginge. Aber

vergebhch; ein Verkehrspohzist winkt ihm anzuhalten und blickt mißtrauisch

in den Wagen. Die Feststellung des Pohzisten, daß es aus dem Wagen übel

rieche, weist er zurück: „Nein, mein Herr, ich rieche nichts..." (77). An der

Tankstelle fragt der Tankwart unentwegt, ob im Wagen eine Leiche sei. Wie¬

derum verneint er aufgeregt und redet den Vater an: „Stell dir vor, dieser gemei¬

ne Mensch glaubt, daß wir einen Leichnam im Auto haben, obgleich nur du

allein mit mir bist. .." (78).

Die Verdächtigungen häufen sich, doch immer heftiger weist er sie ab:

„Diese Stadt hat den Verstand verloren" (78).

Man verfolgt den Wagen jetzt mit großem Mißtrauen. Der Gestank der Lei¬

che geht dem Wagen voraus und verseucht die Luft. Die Menschen beginnen zu

schreien, wenn sie den Wagen erblicken: „Die Leiche, stell dir vor, sie wollen

dich, den Lebenden, als Leiche begraben. Nehmen sie dich, so bedeutet das

meinen Tod. Dein Verschwinden ist mein Ende. Und ich hasse jedes Ende ..."

(78).

Er begreift, daß der Vater ein Kadaver geworden ist. Aber was er am mei¬

sten fürchtet, ist, daß der Augenblick kommt, in dem er sich für immer von dem

Vater trennen muß. Dieser Gedanke bedrängt ihn. Es scheint ihm ebenso un¬

vorstellbar wie auch unausweichlich:

„Die nächste Stadt ist leer. Ihre Bewohner haben sie verlassen, noch bevor

wir sie erreicht haben. Der Gestank muß vor uns her zu ihnen gedrungen sein,

wie man behauptet ..." (78). Die Nachricht verbreitet sich. Der Tod des Vaters ist kein Geheimnis, und doch bemüht er sich mit aller Kraft, ihn zu verneinen:

„Du bist ich. Du bist meine Geschichte. Ich bin nur deine Gegenwart. Die

Zukunft gehört uns beiden. Unmöglich, daß ich zulasse, daß sie dich mir

wegnehmen, dich töten, ermorden" (79). Er klammert sich an den Vater, aber

dieser verzweifelte Versuch stützt sein Selbstgefühl nicht mehr, sondem raubt

es. Er fühlt jetzt, daß er verloren geht, daß er nichtig wird, wenn er sich vom

(6)

Vater nicht befreh, wenn er ihn nicht mit Gewalt abstößt. Der Vater ist ihm zu

einer Last geworden, die seine Bewegung hemmt. Er trägt seinen Leichnam Tag

und Nacht. Wie auch immer er sich am Vater festhält, der Vater ist tot, seine Zeit

ist um. Schmerzverzerrt schreit er: „Du mußt aufhören, damit ich anfangen

kann" (79). Er kann den Geruch des Todes nicht länger verleugnen. Er droht daran zu ersticken, und so heißt es: „Entweder mein Leben oder dein Tod".

Schließlich überläßt er dem Vater den Wagen und flüchtet. Er fühlt sich jetzt

erleichtert, da er eine neue Luft einatmen kann, etwas anderes als diesen

„verfluchten, lieben Geruch" (80).

Der historische Kontext

Wir können den Tod des Vaters kaum als ein persönliches Erlebnis des Er¬

zählers betrachten. Eher nimmt er die Züge eines umfassenden mythischen

Ereignisses an. Das Bild des Vaters drückt in diesem Text unendliche Sehn¬

sucht nach dem Vater aus, gerade in dem Augenblick, in dem sich auch das

Gefühl des Sohnes verdichtet, daß er unter dieser drückenden Übermacht

unterjocht und vernichtet wird. Die Vaterfigur ist die überragende Kompo¬

nente der emotionalen und psychischen Struktur der orientalischen Gesell¬

schaft. In der traditionsgebundenen orientalischen Gesellschaft prägt sich die

Autorität des Vaters bis in die tiefsten emotionalen Regungen und Gefühls¬

residuen ein. Das Individuum dagegen hat keinen Eigenwert. Es unterliegt dem

Druck des Kollektivs. Bis heute noch lebt dieses Grundmuster, wenn auch

unterschiedlich in allen arabischen Gesellschaften, ob republikanisch oder

royalistisch. Es beherrscht die Denkstiiikturen, die sozialen und politischen

Strukturen. In Zeiten der Not blicken die Leute in diesen Gesellschaften nach

dem rettenden Vater. Sie nennen ihn aus ihrem religiösen Gefühl heraus den

erwarteten Imam, den Mahdi, den begnadeten Führer. Oft in der Vergangenheit haben sich die Volksaufstände religiös verkleidet. Die Volksnot schuf sich den

Imam oder Mahdi. In der Gegenwart aber bemüht sich jeder, der die Macht

erlangt, abgesehen davon, wie er sie erlangt hat, in diese Rolle hineinzuschlüp- fen. Nur die Titel sind anders geworden. Dank diesem „erwarteten Mann" kehre

die Nation zum Leben zurück, wie einer der Pioniere der modemen arabischen

Literatur 1940 schreibt". Mit solchen Bezeichnungen begrüßte dieser Literat -

wie viele andere - "Abd an-Näsirs Erscheinen auf der politischen Bühne. Es

heißt:

„Mustafä Kamil mußte in Ägypten erscheinen, um dem toten Leib neues

Leben einzuhauchen und um der kormmpierten Ordnung ein Ende zu machen.

Gamal "Abd an-Näsir ist kein anderer als dieser Mann, den uns Gott für unsere

4 In: ar-Risala, 27. April 1940. Jetzt auch in: Ahmad H. az-Zaiyät, Wahy ar-Risäla, Kairo 41958,187-190.

(7)

Tage aufgehoben hat, um die dichten Wolicen zu lichten und die Nation zu neuem Leben zu ei^vecken, auf daß mit ihm eine neue Ära beginnt und ein neues Kapitel in der Geschichte". (Ahiran §ä'a-ra§ul al-muntazar, „Endlich ist der erwartete Mann gekommen", in: Ahmad H. az-Zaiyät, Wahy ar-Risäla, Bd. III, Kairo 1955,^1977,71)'.

Es ist bekannt, daß "Abd an-Näsir sehr schnell zu diesem „erwarteten Mann"

reüssierte, nicht nur in Ägypten, sondem auch in den anderen arabischen

Ländem. 1954 schreibt "Abd an-Näsir in seiner „Philosophie der Revolution", daß es in der arabischen Welt eine Rolle gibt, die ihre Verkörpemng sucht, was wohl bedeutet, daß er von Beginn an nach dieser Rolle strebte. {Falsafatat-tawa, Kairo 1954, 64).

Bisher wurde über die persönlichen und die kulturellen Ursprünge dieser

Erzählung von Yüsuf Idris gesprochen. Die historisch spezifischen aber liegen

in den politischen wie sozialpsychologischen Folgen der Niederlage gegen¬

über Israel von 1967. Wir können hier bereits andeuten, daß primär die Person

"Abd an-Näsirs der Auslöser für die Idee zu dieser Erzählung war. Idris hat die

Erzählung einige Monate vor dem Tod "Abd an-Näsirs geschrieben, in einer

Zeit, als die Krankheit des „Rais" kein Geheimnis mehr war, sondem etwas, das

man mit bloßen Augen sehen konnte, in einer Zeit, in der seit langem die

Einstellung zu "Abd an-Näsir höchst ambivalent war. Die Menschen fühlten sich

eingeengt durch das System, seine Apparate, seine Figuren und seine Praxis,

und das ist ein Teil der Geschichte des Nasseristischen Regimes in seinem

Verfallsstadium. Und dennoch konnten sie sich kaum vorstellen, wie die Dinge

ohne "Abd an-Näsir ihren weiteren Verlauf nehmen würden und wie sie die

Niederlage und ihre Folgen ohne ihn bewältigen sollten.

Ohne diesen kulturellen und historischen Hintergmnd ließe sich die bei¬

spiellose Trauer und das Entsetzen über seinen Tod kaum verstehen. "Abd an-

Näsirs Begräbnis, an dem Millionen von Menschen teilnahmen und das sei¬

nesgleichen in der Geschichte sucht, bliebe ohne diesen Hintergmnd unbe¬

greiflich. Als die Nachricht von seinem Tod bekannt wurde, schrieb Yüsuf Idris

in „al-Ahräm" vom 30.9.1970 in einem ersten Nachruf, völhg von diesem

tragischen Ereignis ergriffen:

„Yä abänä lalladi fil-ard/ Vater Unser, der du auf Erden bist ... Du großes

liebevolles Herz". Lesen wir diesen ersten Nachruf zu Ende, so klingen in

unseren Ohren viele vertraute Wendungen aus Idris Erzählung ar-Rihla. Es

heißt:

„... Zum erstenmal ist die arabische Welt ohne "Abd an-Näsir. Wir haben

uns nie daran gewöhnt, eine Luft zu atmen, die nicht seine Luft war. Wir

schliefen nie ohne das Gefühl, daß er dort in Kubri 1-Qubba weilte. Nie er¬

wachten wir am Morgen, ohne sein Bild und sein Lächeln zu sehen ..." In einem 5 In der ersten Fassung dieses Artikels, der in der Zeitschrift ar-Risäla am 4. August 1957

erschienen ist, heißt der „erwartete Mann" allerdings Muhammad Na|[b.

(8)

zweiten Nachruf unter dem Titel: Huznunä l-ball^' („Unsere sprechende Trauer") in „al-Ahräm" vom 2.10.1970 nimmt Idris den Grundgedanken seiner Erzählung ar-Rihla auf: „Du mußt aufhören, damit ich anfangen kann".

Er schreibt in diesem Nachruf:

„Der Näsir des Volkes (Näsir aS-Scfb) ist zu Ende. Nun beginnt das Volk

Näsirs ..." Mit diesem Gefühl stand Idrls nicht allein. Es ist bekannt, wie die Nachricht vom Tod "Abd an- Nasirs die Menschen fassungslos machte, derart, daß sie ziellos, weinend und schreiend durch die Straßen gingen.

„"Abd an-Näsir ist nicht tot. "Abd an-Näsir ist nicht tot. "Abd an-Näsir stirbt nicht".

Die Menschen, wie Lewis "Awad erzählt, „faselten" davon, daß der Mann

wie die Propheten zum Himmel gefahren sei und bald wiederkehre. In diesem

Sinn schreibt Lewis "Awad seinen Nachruf auf ihn in „al-Ahräm" vom

30.9.1970: „Der Sohn Ägyptens, der zum Himmel gefahren ist und bald wie¬

derkehren wird".

Viele haben unter dem Regime "Abd an-Näsir gelitten und es offen oder

versteckt kritisiert und angefeindet. Dennoch waren fast alle über seinen Tod

bestürzt. Ich begnüge mich mit einem einzigen Beispiel:

Saläh "Abd as-Sabür etwa beschreibt die Krise Ägyptens nach der Nieder¬

lage von 1967 als das Verbrechen eines Sultans oder eines Regimes, das den

Gottvater getötet, Ägypten, die Mutter, die Prinzessin vergewaltigt und so die Herrschaft usurpiert hatte: al-Amira tantazir, „Die Prinzessin wartet" (1969).

Dennoch schreibt der gleiche Dichter in seuier Elegie auf "Abd an-Näsir: al- Hulm wal-u^niya, „Der Traum und das Lied":

„Nein, er starb nicht (...) Ist er tot, der den Lebendigen das Leben schenkte?

Was werden wir ohne ihn tun; (...)"

„Oh Gott, diese furchtbaren Jahre, Die große Prüfung

und dein Gesicht ist abwesend

die Nacht schreitet voran und die Trauer, bist du tot? Nein.

Du bist wieder auferstanden, als das gebrochene Volk hinter Deinem Sarg herschritt und voller Schmerz rief:

Ägypten lebe, Ägypten lebe (...)"

(Wadä^^Abdan-NäSir, Kairo 1971,49-57)

Zehn Jahre später, am 6. Oktober 1981, wurde der ägyptische Präsident

Anwar as-Sädät auf der Höhe der Macht getötet, als er eine Parade abnahm.

Zehn Jahre lang war as-Sadat in allen Medien präsent, durch Bild und Ton und

durch öffendiche Auftritte. Er benutzte alle Medien bewußt, um das Bild des

Vaters und des Führers zu verkörpem. Er nannte sich Rabb al- cä' ila („Der Vater der Familie"), auch „der Herr der Ereignisse und der Beschlüsse", „der Held des Krieges und des Friedens" usw.

Wie er seinen engsten Mitarbeitem anvertraute, betrachtete er sich als den

letzten großen Pharao. Er fand viele Anhänger, die ihm diese und weitere ähn¬

liche Titel verliehen, die er liebte. Jahr für Jahr veranstaltete er eine Volks-

(9)

abstimmung. Mit weniger als 99% der abgegebenen Stimmen würde er sieb

nicht zufrieden geben. So teilte er offen einem Korrespondenten mit. Doch als

er fiel, fiel er ohne WiderhaU. Er fiel gewissermaßen sofort tot um. Alle An¬

strengungen der Medien waren im Nu zunichte geworden.

An dem Begräbnis von as-Sädät nahmen viele westliche prominente Politi¬

ker und Regierungschefs teil. So viele waren gekommen wie noch nie in der

Geschichte eines arabischen Landes. Die Ägypter selbst aber bheben dieser

westlichen Demonstration fem. Sie blieben zu Hause, wie viele westliche

Korrespondenten mit Staunen beobachteten. Das Volk Sädäts trauerte nicht,

wie es in den Überschriften einiger Zeimngen im Westen hieß. Mehr noch: Die

Ägypter, die eine ungewöhnliche Ehrfurcht vor den Toten haben und die über

Tote lange nicht reden, fielen über as-Sädät her. Kurz danach kursierte eine

Kassette mit dem Titel: „Die neueste Rede des Sädät nach seinem Tod". Wer hat den Vater im Bewußtsein der Leute getötet? Wer hat ihn seiner Weihe beraubt?

Mit dem Aufstieg des ideologischen Führers in den arabischen Ländem

nach Erlangung der Unabhängigkeit ist offensichtlich Gott aus dem Spiel gera¬

ten, auch wenn sich dieser Führer religiös legitimiert. Der ideologische Führer,

ob republikanisch oder monarchistisch, hat die Vaterfigur in Mißkredit ge¬

bracht. Wahrscheinlich war "Abd an-Näsir der letzte große, vom Volk le¬

gitimierte „Führer", von dem man trotz aller Vorbehalte die „Lösung" erwartet

hatte. As-Sädät mißlang schnell die Erfüllung dieser Rolle, trotz des Okto¬

berkrieges, der versprochenen Demokratie und des wirtschaftlichen Aufstiegs.

Heute werden beinahe alle arabischen Herrscher angeklagt, mindestens von den

breiten Schichten des Volkes. Der Niedergang der Vaterfigur ebnet offen¬

sichüich den Weg für den Aufstieg des religiösen Anführers, des Verkünders

einer islamischen Lösung. Die sogenannte Reislamisiemng hängt aufs engste

damit zusammen, doch der charismatische Führer, die Vaterfigur, fehlt noch.

Jede Volksbewegung, so wird behauptet, bringt ihren Führer hervor. Das ist

meines Erachtens ein altes, simples Denkmuster, das die Komplexität der Re-

islamisiemngsbewegung wie auch die gegenwärtige gesellschaftliche Entwick¬

lung, insbesondere in Ägypten, außer acht läßt.

DIE ENTWICKLUNG DER ARABISCHEN LITERATUR

IN DER WESTSAHARA

Von Rainer Oßwald, Kiel.

Im Rahmen eines seit 1980 laufenden DFG-Projektes, das sich die Mikro-

filmiemng der in Maiuetanien befindlichen arabischen Handschriften zur Auf¬

gabe gestellt hat, erhielt ich Einblick in eine arabische Literatur, die außerhalb

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