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Orientalistik als politische Wissenschaft

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Academic year: 2022

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ARBEITSGEMEINSCHAFT

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UMSCHAU U N D AUSBLICK

ORIENTALISTIK ALS POLITISCHE WISSENSCHAFT

Infolge des Übermaßes an inneren Pro­

blemen wurde in der S o w j e t u n i o n die Orientalistik in den ersten Jahren nach der Revolution ziemlich stiefmütterlich behan­

delt, um so mehr, als sich in ihr zahlreiche Elemente gehalten hatten, die allmählich als bürgerlich und reaktionär empfunden wur­

den. Mit deren Ausscheiden bzw. deren „Li­

quidierung" sank dann freilich das Niveau der orientalischen Wissenschaft rettungslos von der stolzen Höhe herab, die es im za­

ristischen Rußland erreicht hatte — eine Einbuße, die auf manchen Gebieten bis heute nicht wettgemacht worden ist.

Die Situation war also keineswegs rosig, als plötzlich nach dem Zweiten Weltkrieg völlig neue Motive auftauchten, die ein vi­

tales Interesse an diesem Wissenschaftszweig auslösten. Man hatte bemerkt, daß die schein­

bar so bürgerliche Wissenschaft imstande war, Unterlagen für eine aktive Außenpolitik zu liefern, die auf die Befreiung der Völker Asiens und Afrikas vom „kolonialen Joch"

hinzielte. Man hatte in den Kolonien eine Achillesferse der westlichen Mächte entdeckt.

Die Orientalistik sollte nun den direkten Kontakt zu den bisherigen Kolonialvölkern herstellen. Außerdem sollte sie Unterlagen für die Schulung der Techniker und Politi­

ker liefern, die man in jenen Ländern ein­

setzen wollte.

Als Folge dieser Tendenz kann man eine plötzliche Förderung des Orientalischen In­

stituts der Akademie der Wissenschaften be­

obachten. Arbeitsstellen wurden neu geschaf­

fen, neue Zeitschriften eingerichtet, aller­

dings war das alles von einer zunehmenden Politisierung begleitet.

Dabei scheinen sich die bisherige Orga­

nisation und ihre verantwortlichen Leiter nicht restlos bewährt zu haben, denn für die neuen Aufgaben wurde schließlich auch ein neuer Rahmen geschaffen. So entstanden das

„ I n s t i t u t f ü r d i e V ö l k e r A s i e n s "

und das „ A f r i k a ­ I n s t i t u t " . Zunächst traten sie bewußt nicht an die Öffentlichkeit, obwohl sie von Anfang an über einen gro­

ßen Stab von Mitarbeitern verfügten. Die Publikationen der ihnen angehörenden Wis­

senschaftler erschienen weiter in Serien des Orientalischen oder auch des Ethnographi­

schen Instituts der Akademie der Wissen­

schaften.

Diese Politik ließ sich nicht weiter ver­

folgen, als während des 25. Internationalen Orientalisten­Kongresses im August i960 etwa tausend Fachgelehrte nach Moskau kamen.

Denn diese Tagung zeigte unzweifelhaft, daß die Mehrzahl der sowjetischen Teilnehmer, besonders jene, die mit rein politischen The­

men aufwarteten, gar nicht dem Orientalisti­

schen Institut angehörten, sondern eben den beiden Neugründungen. Dabei umfassen die Neugründungen gar nicht nur Orientalisten im alten Sinn, sondern auch reine Historiker, die sich mit dem 19. und 20. Jh. beschäfti­

gen, sowie Wirtschaftsfachleute.

Jetzt hat man die Konsequenzen gezogen.

Originalveröffentlichung in: Österreichische Osthefte 3, 1961, S. 396-397

(3)

Das arabische Spektrum 397

Die beiden Institute sind — nachdem ihre Anonymität ohnehin abgelegt war — end­

gültig ins Rarapenlicht gerückt. Seit Herbst i960 übernehmen sie offiziell Zeitschriften, die ihnen bereits seit längerer Zeit als Sprachrohr dienten. Zuerst trat dies an der Zeitschrift „Sovremennyj Vostok" (Moderner Osten) in Erscheinung. Sie wurde zunächst einfach übernommen, und zwar gemeinsam vom „Asien"­ und „Afrika­Institut"; anschlie­

ßend taufte man sie um in „A z i j a i A f ­

r i k a s e g o d n j a " (Asien und Afrika — heute). Noch wichtiger ist die Übergabe der Serie: „Problemy vostokovedenija" (Probleme der Orientalistik) an die beiden dynamischen Institute. Das 2. Heft 1961 trägt erstmalig den neuen Titel: „ N a r o d y A z i i i A f ­ r i k i " (Die Völker Asiens und Afrikas). Da­

mit ist die Hinwendung eines Teiles der Orientalistik in der Sowjetunion zur aktuel­

len Politik auch äußerlich besiegelt.

Karl ]ettmar

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