Methadon-Substitution
Weiterhin keine Rechtssicherheit
Ob auch Abhängige ohne Begleiterkrankung Metha- don erhalten können, ist noch unklar.
D
as Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorerst untersagt, die im Rahmen ei- ner „Ersatzvornahme“ geän- derten Richtlinien zur Me- thadon-Substitution zu veröf- fentlichen. Sie können damit vorläufig nicht in Kraft tre- ten. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hatte gegen die Neufassung geklagt, die eine Methadon- abgabe auch an Abhängige ohne Begleiterkrankung vor- sieht. Das Kölner Sozialge- richt hatte zuvor den entspre- chenden Antrag des Bundes- ausschusses abgewiesen.Zum Hintergrund: Die No- vellierung der Betäubungs- mittelverschreibungsverord- nung erforderte eine Anpas- sung der Methadon-Richtlini- en. Die in der Novelle veran- kerten Richtlinien der Bun- desärztekammer zur substitu- tionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger stehen im Widerspruch zu denen des Bundesausschusses, die eine
Methadonbehandlung zula- sten der gesetzlichen Kran- kenkassen von einer Begleit- erkrankung abhängig ma- chen. „Dies ist wissenschaft- lich auch aus Sicht der Kas- senärztlichen Bundesvereini- gung nicht länger haltbar“, sagte deren Vorsitzender Dr.
med. Manfred Richter-Reich- helm. Die Kassenärzte hät- ten deshalb im paritätisch besetzten Bundesausschuss vorgeschlagen, die Koppelung an eine Begleiterkrankung aufzuheben, gleichzeitig aber die Methadonbehandlung an strenge Anforderungen zu knüpfen und damit die von den Kassen befürchtete Lei- stungsausweitung einzuengen.
„Für uns ist es unerträglich, dass sich die Kassen im Bun- desausschuss dieser allein sachgerechten Lösung ver- weigert und damit die Ersatz- vornahme des BMG gerade- zu provoziert haben“, betonte Richter-Reichhelm.
Das Landessozialgericht begründete seine Entschei- dung unter anderem damit, dass mit einer Veröffentli-
chung der geänderten Richtli- nien Fakten mit weitreichen- den Folgen für die Betroffe- nen geschaffen würden. Un- terliege das BMG im Haupt- verfahren, müssten möglicher- weise Behandlungen, die nach den geänderten Richtlinien begonnen wurden, wieder ab- gebrochen werden (Az.: L 10 B 12/02 KA ER, Az.: S 19 KA 25/02 ER SG Köln).
Vier Jahre Rot-Grün
Zahnärzte ziehen negative Bilanz
Dr. Rolf-Jürgen Löffler kritisiert besonders die zunehmende Bürokratie.
D
er Vorsitzende der Kassen- zahnärztlichen Bundesver- einigung (KZBV), Dr. med.dent. Rolf-Jürgen Löffler, hat die Gesundheitspolitik der vergangenen vier Jahre kriti- siert und für die Zahnärzte ei- ne negative Bilanz gezogen.
Er nannte unter anderem den
„kostenvernichtenden und überbordenden Bürokratis- mus“ als wesentliche Ursa- che für die Finanzmisere der Gesetzlichen Krankenversi- cherung. Für die zahnärztli- chen Praxen werde es immer schwieriger, betriebswirtschaft- liche Planungen vorzuneh- men, weil sich im fast zwei- jährigen Rhythmus die ge- setzlichen Grundlagen so än- derten, dass langfristige, ko- stenintensive Investitionen zu existenzbedrohenden Haraki- ri-Unternehmungen werden
könnten, sagte der KZBV- Vorsitzende in Berlin. Im sel- ben Maß, wie der Standard in den Praxen sinke, müsse sich auch die Qualität der Behand- lung entwickeln.
Löffler bekräftigte seine Forderung nach mehr Transpa- renz und weniger Überwa- chungsbürokratie im Gesund- heitswesen. Die freie Arztwahl müsse den Patienten erhalten
bleiben. Für eine Reform nach den Bundestagswahlen fordert die KZBV, im Be- reich der zahnmedizinischen Versorgung befundorientierte Festzuschüsse einzuführen.
A K T U E L L
A
A2284 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 366. September 2002
Bislang übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Ko- sten der Methadon-Substitution nur bei Drogenabhängigen mit einer Begleiterkrankung. Foto: dpa
Disease Management
„Wahrheit über Diabetes“
Aktion legt 38 000 Unterschriften vor.
D
iabetologen, Patienten und Diabetesberater haben sich in einer gemeinsamen Aktion „Wahrheit über Diabetes“gegen die Rechtsverordnung des Bundesgesundheits- ministeriums zum Disease-Management-Programm (DMP) für Diabetes mellitus Typ 2 gewandt. In der „Frankfurter Er- klärung“ kritisieren der Berufsverband der Deutschen Dia- betologen, der Deutsche Diabetiker Bund und der Verband der Diabetes Beratungs- und Schulungsberufe, dass in dem vorliegenden DMP Diabetes medizinische Erkenntnisse und aktueller Forschungsstand nicht berücksichtigt würden.
Mit dem Chroniker-Programm würden ärztliche Schweige- pflicht und Therapiefreiheit aufgehoben. Grundlage für ein DMP, das man grundsätzlich begrüße, müsse die Nationale Versorgungsleitlinie Diabetes sein. Gleichzeitig legten die Verbände 38 000 Unterschriften von Patienten vor, mit de- nen diese gegen die vermeintlichen Kürzungen in der Dia- betikerversorgung protestieren.
Rolf-Jürgen Löffler: „Lang- fristige, kostenintensive In- vestitionen können zu exi- stenzbedrohenden Harakiri- Unternehmungen werden.
Foto:KZBV