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Zukunftsfähige ländliche Gemeinden

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Academic year: 2022

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LÄNDLICHES BAUEN

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56 LANDTECHNIK 1/2001

Harald Lütkemeier, Bernburg

Zukunftsfähige ländliche Gemeinden

– die Dorferneuerung als wichtiger Schlüssel

D

ie Umbrüche in der Landwirtschaft der neuen Bundesländer, die Arbeitslosig- keit im Dorf, die nicht ausreichende techni- sche Infrastruktur führen zu dörflichen Funktionsverlusten. Die Rahmenbedingun- gen für den ländlichen Raum haben sich in den letzten Jahren entscheidend verändert, die Bevölkerungsentwicklung ist ungünstig.

Lösungen für den ländlichen Raum müssen vor Ortt entwickelt und umgesetzt werden.

Schwerpunktaufgaben im ländlichen Raum sind:

• Verbesserung der Infrastruktur (Wasser, Energie, Verkehr, Kommunikation),

• Klärung offener Eigentumsfragen, Boden- neuordnung,

• baulich-gestalterische Erhaltung sowie Nutzung der Gebäude,

• Sicherung und Ausgestaltung dörflicher Funktionen,

• schrittweise Umsetzung des Ortsentwick- lungskonzeptes oder des Dorferneuerungs- planes

• ökologiegerechte Dorfgestaltung,

• Schaffung bedarfsgerechter Freizeit- und Erholungseinrichtungen,

• engagiertes Bemühen um Fördermittel und deren Koordinierung.

Die Lebensfähigkeit (Wirtschaftskraft) und Attraktivität der Dör-

fer hängen entschei- dend davon ab, wie weit es gelingt, sie als Wohn- und Wirt- schaftsstandort zu er- halten und weiter zu entwickeln. Verstärkte Investitionen in den Ausbau der vorhande- nen dörflichen Sub- stanz und die Schaf- fung von neuen, vor-

wiegend außerlandwirtschaftlichen Arbeits- plätzen sind dringend notwendig.

Eine einseitige Konzentration im Han- dels- und Dienstleistungsgewerbe wie auch bei öffentlichen Einrichtungen in den Grund- und Mittelzentren führt zu einem ra- piden Verlust an Einrichtungen im Dorf und schwächt die Eigenversorgung.

All diese Faktoren wirken zusammen und bedürfen einer ganzheitlichen Berücksichti- gung, um heutigen und zukünftigen Anfor- derungen gerecht zu werden.

Unter Berücksichtigung des angespannten Finanzhaushaltes der Kommunen erlangen klare konzeptionelle Vorstellungen, eine ab- gestimmte Bauleitplanung und das Bemühen um staatliche Förderhilfen beson- dere Bedeutung.

Örtliche Entwicklungskonzepte

Ausgangspunkt ist eine Analyse der kommu- nalen Situation in der Gemeinde. Darauf aufbauend sind die zukünftigen Entwick- lungsvorstellungen der Gemeinde in kon- struktiver Zusammenarbeit in der Verwal- tungsgemeinschaft und mit der Landkreis- verwaltung, die Entflechtung vorhandener Nutzungskonflikte und nicht zuletzt der An- spruch der Bürger zur Ausgestaltung ihres Ortes herauszuarbeiten.

Die langfristige Sicherung und nachhaltige Entwicklung ländli- cher Gemeinden als überschauba- re Lebensräume erfordern im Pro- zess der Globalisierung differen- zierte Strategien, Leitbilder, Handlungskonzepte und Instru- mente der Planung.

Der ländliche Raum bedarf vielfäl- tiger Impulse für eine nachhaltige Entwicklung, insbesondere in strukturschwachen Gebieten. Aus den Erfahrungen in den Landkrei- sen Bernburg, Köthen und Bitter- feld werden Erfordernisse und Lö- sungswege für die Entwicklung ländlicher Räume mit funktions- fähigen Dörfern aufgezeigt.

Dr. habil. Harald Lütkemeier ist Dezernent am Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung Bernburg, Strenzfelder Allee, Haus 3, 06406 Bernburg.

Schlüsselwörter

Dorferneuerung, örtliche Entwicklungskonzepte, Kooperation, lokale Agenda 21

Keywords

Village renewal, local development concepts, co- operation, local agenda 21

Bild 1: Ortsbildgerechte Sanierung einer bäuerli- chen Hofstelle Fig. 1: Village appropria- te redevelopment of a farm stead

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Das örtliche Entwicklungskonzept ist ein flexibles, dynamisches Handlungskonzept mit Selbstbindungscharakter für die Ge- meinde. Je verständlicher, präziser und rea- listischer das Konzept erarbeitet wird, desto höher sind Nutzwert und die Realisierungs- chancen. Es soll die für die Zukunft des Or- tes wichtigen Fragen enthalten:

• Wie kann die technische Infrastruktur der Gemeinde verbessert werden?

• Welche dringenden Maßnahmen der Orts- gestaltung müssen durchgeführt werden?

• Wie ist die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinde zu beschleunigen?

• Was geschieht mit ungenutzten Gebäuden?

• Wie kann die Wohnsubstanz erhalten und entwickelt werden?

• Welche dörflichen Grundfunktionen sind zu sichern und auszugestalten?

• Welche Freizeit- und Erholungseinrichtun- gen sind erforderlich?

• Wie ist die ökologische Einheit von Dorf und Landschaft realisierbar?

Auf diese Fragen gibt es oft nicht nur eine Lösung, alternative Möglichkeiten mit je- weiligen Kosten-Nutzen-Relationen sind als Varianten herauszuarbeiten. Am Anfang der Dorfentwicklungsplanung ist zu klären, wo Eingriffe der öffentlichen Hand erforderlich sind und wo sich private Initiative entfalten kann. Dabei kommt es darauf an, die Umset- zung der gemeinsam entwickelten Konzepte und Strategien durchaus auch in kleineren Schritten in die von den Dorfbewohnern ge- meinsam gewünschte Richtung anzugehen.

Ganzheitliche Dorfentwicklung erfordert, auf funktionelle und strukturelle Verände- rungen im Dorf Antworten zu geben. Ausge- hend von einem komplexen Planansatz, der die Bereiche Wirtschaft/Landwirtschaft, Wohnen, Ökologie und Kultur einschließt, ist eine neue Qualität des Herangehens der Kommunen und ihrer Verwaltungsgemein- schaft gefordert.

Alle Entwicklungspotenziale und -hilfen, die für den ländlichen Raum erschlossen werden können, bedürfen einer konstrukti- ven Zusammenarbeit mit dem Landratsamt, seinen zugeordneten Fachbehörden und al- len Trägern öffentlicher Belange. Eine zu- kunftsorientierte Landentwicklung und Bo-

denpolitik der Gemeinde, die Erhaltung von entwicklungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieben können eine regional orientierte Wirtschafts- und Entwicklungspolitik we- sentlich unterstützen.

Kooperation und Koordination

Den Herausforderungen zur Zukunftssiche- rung und Stärkung des ländlichen Raumes müssen sich Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam stellen. Ausgehend von den Be- dürfnissen der Dorfbewohner eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten einer ganzheitli- chen Erneuerung dörflicher Funktionen und Erhaltung ortstypischer Werte.

Eine ausreichend tragfähige Infrastruktur ist auch durch verstärkte interkommunale Zusammenarbeit zu entwickeln. Viele Land- gemeinden sind für vieles zu klein. Durch Kooperation muss der mögliche Erhalt einer hinreichenden Multifunktionalität, die Wie- derbelebung alter Dorfkerne erreicht werden.

Arbeitsplätze müssen vor allem in der mit- telständigen Wirtschaft, dem dörflichen Handwerk und Gewerbe sowie durch den be- schleunigten Ausbau von Dienstleistungen im ländlichen Raum entstehen. Privatinitia- tiven sind hier unverzichtbar, um die vorhan- denen vielfältigen innerörtlichen Potenziale auszuschöpfen. Ausgehend von einem zügi- gen Auf- und Ausbau moderner Kommuni- kationssysteme sind die öffentliche Verwal- tung und die Wirtschaft gefordert, mehr Standortentscheidungen zugunsten des länd- lichen Raumes zu treffen. Leistungsfähige, effizient arbeitende Kommunalverwaltun- gen sind wesentlicher Bestandteil der Ent- wicklung ländlicher Räume und zukunfts- fähiger Gemeinden. Sparmaßnahmen des Bundes wirken besonders negativ auf die Gemeinden und Landkreise.

Vielfach heißt es, die sozialen Aufgaben- stellungen im ländlichen Raum seien gerin- ger als in der Stadt. Auch die ländlichen Ge- meinden müssen sich gerade in der Kommu- nalentwicklung zunehmend als Unternehmen, der Bürgermeister als Mana- ger verstehen. Die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, eine aktive Wirtschafts- politik sind dabei dringend erforderlich.

Die Existenzsicherung einer vielfältig strukturierten Landwirtschaft und deren En- gagement nach möglichen Entwicklungspo- tenzialen ist für die Identität des ländlichen Raumes von grundsätzlicher Bedeutung, sie muss ein wichtiger Bestandteil der Wirt- schaftsstruktur ländlicher Regionen bleiben.

Eine ökologisch intakte Einheit von Dorf und Landschaft ist nicht zuletzt eine wichti- ge Voraussetzung für eine gezielte regionale Wirtschaftsförderung, für den attraktiven Wohnstandort, für Naherholung und Touris- mus, damit auch für eine zunehmende Wert- schöpfung in der eigenen Region.

Dorferneuerung als lokale Agenda 21 Die Gemeinderatsbeschlüsse zu den Prio- ritäten für eine zukunftsfähige Gemeinde- entwicklung enthalten auch die Wege in eine nachhaltige Zukunft. Eine umweltgerechte Entwicklung der Gemeinde im Sinne der Agenda 21 – der Konferenz der Vereinten Nationen im Jahre 1992 – erfordert, dass ökologische, ökonomische und soziale Er- fordernisse im Planen und Handeln inte- griert und ein kooperatives Miteinander der Dorfbewohner erreicht werden. Entschei- dend ist, dass die Gemeinden eine lokale Agenda als eigene Aufgabe erkennen, in ihren Initiativen zukunftsfähige Entwicklun- gen voranbringen, die sozial verträglich, ökonomisch tragfähig und ökologisch ver- antwortbar sind. Im Ergebnis der Dorfent- wicklungsplanungen und intensiven Diskus- sionen mit den Dorfbewohnern werden umsetzbare Handlungskonzepte für eine langfristige, wirtschaftliche, soziale, kultu- relle und ökologische Entwicklung im Dorf erarbeitet, ein lokaler Fahrplan für das 21.

Jahrhundert und damit zur lokalen Agenda 21. Für die gemeindliche Zukunftsarbeit ist die Agenda somit ein gutes Instrument, die Bürger zu aktivieren und für ein gemeinsa- mes Handeln zu motivieren.

Die Dorferneuerung hat hier mit der Leit- bildarbeit und Bürgermitwirkung wichtige Voraussetzungen geschaffen. Konzepte ohne Umsetzung nützen nichts, hier gilt insbeson- dere der Wert des guten Beispiels und wie es gelingt, die verschiedenen Interessengrup- pen in der Gemeinde zusammenzubringen.

Dorferneuerungsplanung als lokale Agen- da 21 strebt an, durch Mitverantwortung der dörflichen Gemeinschaft das selbstverant- wortliche Handeln auf kommunaler Ebene zu stärken, Impulse für wirtschaftliche, öko- logische und kulturelle Eigeninitiative in der Gemeinde auszulösen. Schrittweise muss es gelingen, die Bürger für neue Konzepte und Formen der Bürgermitwirkung und damit gemeinsam getragene Zukunftsarbeit einzu- binden - hier liegt der Schlüssel für die Zu- kunft ländlicher Gemeinden.

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Bild 2: Erhaltung dorfty- pischer Plätze und Wege Fig. 2: Maintaining typical village places and streets

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