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Archiv "Schmerztherapie an der Wirbelsäule Ist die CT-gesteuerte Injektion notwendig? Kein Verlust der ärztlichen Kunst" (18.09.1998)

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Die Diskussion über den Stellen- wert sogenannter minimal invasiver Wirbelsäuleninterventionen wird im- mer wieder auch durch ökonomische Gesichtspunkte geprägt. Dies ist in der quasi epidemischen Verbreitung degenerativer Wirbelsäulenerkran- kungen, den nur mangelhaft ent- wickelten Therapiestandards und der scheinbaren Einfachheit und Attrak- tivität bildgestützter perkutaner Tech- niken begründet (1). Der Autor – Wegbereiter der „orthopädischen Schmerztherapie“ – hat insofern ein heißes interdisziplinäres Eisen ange- packt und in dankenswerter Weise auf die Defizite der (im weitesten Sinne)

„manuellen Medizin“ hingewiesen.

Den einleitenden Ausführungen zur differentialdiagnostischen und schmerztherapeutischen Handhabung des vielschichtigen Problems „Rük- kenschmerz“ bleibt nichts hinzuzufü- gen, aber der nischenartige Indikati- onskatalog für CT-gesteuerte Instilla- tionen und der schlußfolgernde Sprung von der Palpation zur Injektionsthera- pie im offenen MRT ist doch schwer nachvollziehbar. Die interventionellen Möglichkeiten der Kernspintomogra- phie, insbesondere in Verbindung mit Navigationsverfahren, erscheinen für weitergehende Anwendungen sinnvoll und faszinierend, einer routinemäßi- gen Anwendung in der Wirbelsäu- lentherapie stehen aber derzeit nicht nur finanzielle, sondern auch techni- sche Hindernisse entgegen. Aus neu- rochirurgischer Sicht ergeben sich eher Perspektiven durch vielversprechende Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der spinalen Endoskopie (2).

In der Tat bietet hingegen das spi- nale CT eine besondere Sicherheit bei der Lagekontrolle jeglichen Arbeits- instrumentariums und darüber hinaus die Möglichkeit zum perioperativen

„Monitoring“ bei Wirbelsäulenein- griffen. Hierbei ergänzen sich appara- tive Qualitätskontrolle und forensi- sche Aspekte. Auf die Überlegenheit des CT gegenüber der – auch strah- lenbelastenderen – Bildwandlerkon- trolle ist im Zusammenhang mit der periradikulären Therapie bereits hin- gewiesen worden (3).

Man darf dem Verfasser unterstel- len, daß auch er die „zunehmende Be-

liebtheit CT-gesteuerter wirbelsäulen- naher Injektionen“ nicht nur auf die qualitativen Vorzüge der interventio- nellen Computertomographie zu- rückführt. Gerade die Kombination der „ärztlichen Kunst der Orientie- rung“ (Untersuchung!) mit einem zeit- gemäßen Schnittbildverfahren sollte aber gewährleisten, daß der Patient

„keinen Schaden erleidet“. Vorausset- zung hierfür ist jedoch eine strenge In- dikationsstellung und eine Beschrän- kung auf das therapeutisch notwendige Maß, das von – in der Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen erfahre- nen – Neurochirurgen und Orthopä- den erwartet werden kann.

Literatur

1. Bogduk N: Spine update: Epidural ste- roids. Spine 1995; 20: 845–848.

2. Lutze M: Neurochirurgie: Gerüstet für die Jahrtausendwende. Dt Ärztebl 1995; 92:

A2140 –2143 [Heft 31–32].

3. Lutze M, Stendel R, Vesper J, Brock M:

Periradicular Therapy in Lumbar Radicular Syndromes: Methodology and Results.

Acta Neurochir 1997; 139: 719–724.

Dr. med. Matthias A. Lutze Zentrum für

Wirbelsäulenerkrankungen Alice-Salomon-Platz 2 12627 Berlin

Prof. Krämer lehnt die CT-ge- steuerte Schmerztherapie der Wirbel- säule ab, und zwar hauptsächlich aus Gründen der Strahlenhygiene.

Grundsätzlich müßte jede unnötige Strahlenexposition vermieden wer- den. Wenn ein erfahrener Arzt die Punktionsstelle ohne Hilfsmittel be- stimmen kann, ist das eine gute Sache und zu begrüßen. Daß die Strahlenex- position durch die CT einen wesentli- chen Ablehnungsgrund darstellt, muß aber vehement bestritten werden. Die Strahlenexposition eines gängigen CT-Gerätes (ich benutze zum Beispiel einen Siemens CT.AR.T mit Xenon- detektoren) beträgt für eine Schicht Niedrigdosierung 60 micro-Sv. Zum Vergleich: Röntgen LWS ⊥⊥beträgt et- wa 1 300 micro-Sv. CT-Schichten für die Stereotaxie dienen nur der Orien- tierung und nicht der Diagnosestel- lung. Somit kann man mit geringst- möglichen Dosen arbeiten. Ich habe mir sagen lassen, daß auch Kollegen, die häufig ihr CT in dieser Weise be- nutzen, ihr Gerät haben modifizieren lassen, um mit noch weniger mAs als vorgesehen arbeiten zu können.

Zur Bestimmung der CT-bedingten Strahlendosis bietet die englische Strahlenschutzbehörde (NRPB) ein Programm (CT-Dose) an. Da dieses Programm nur für ältere CT-Geräte Geltung hat, muß es dementspre- chend von fachkundigen Medizinphy- sikern adaptiert werden. Ich habe meine Strahlendosen von der osteng- lischen Strahlenbehörde bestimmen lassen, die diese Adaptionen schon vorgenommen hatte.

Dr. T. Morley

Radiologische Gemeinschaftspraxis im Marienhospital

Hervester Straße 57 45768 Marl

Prof. Krämer ist unstrittig der Ne- stor der konservativen Schmerzthera- pie. Von ihm entwickelt wurden zahl- reiche gezielte Injektionsformen an der A-2333

M E D I Z I N DISKUSSION

Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 38, 18. September 1998 (53)

Schmerztherapie an der Wirbelsäule

Ist die CT-gesteuerte Injektion notwendig?

Zu dem Beitrag von

Prof. Dr. med. Jürgen Krämer in Heft 15/1998

Technische Hindernisse berücksichtigen

Kein Verlust

der ärztlichen Kunst Niedrige

Strahlenexposition bei CT

(2)

Wirbelsäule mit einer hohen segmenta- len Genauigkeit, die die Grundlage der orthopädischen Schmerztherapie aus- machen. In seinem Artikel sieht er eine Indikation für CT-gesteuerte wirbel- säulennahe Injektionen bei Deformitä- ten, Adipositas und bei der Anwen- dung neurotoxischer Medikamente.

Hingegen sieht er keine Indikation bei allgemeinen Spinalnervenanalgesien, periduralen Injektionen und Facet- teninfiltrationen mit der Begründung einer erhöhten Strahlenbelastung und Kostensituation. Es sei gestattet, diese Aussagen durch objektive Kriterien zu relativieren: Zunächst einmal ist die Strahlenbelastung bei den CT-gesteu- erten Injektionen tatsächlich aufgrund der Dünnschnittechnik und hohen Auflösung eine völlig andere als dieje- nige Strahlenbelastung, die sich bei der Diagnostik ergibt. Bei der hier an- stehenden interventionellen radiologi- schen Injektionstechnik werden die anatomischen neuralen Strukturen oder die Gelenkfacetten mit dem CT geortet und deren Position millimeter- genau bestimmt – ein Vorgehen von Sekunden dauernder, praktisch nicht meßbarer Strahlenbelastung. Diese Injektionen sind mit über 90 Prozent der hauptsächliche Anteil aller wirbel- säulennahen Injektionsformen.

Eine geringfügig höhere Strahlen- belastung, die sich wiederum in Sekun- den ausdrückt, wird bei der Gabe von neurotoxischen Substanzen erreicht – bei der Gabe eines Kontrastmittels vor der Injektion mit zum Beispiel 96pro- zentigem Alkohol zur Denervierung der Wirbelgelenke. (Selbst wenn hier von Prof. Krämer langfristig keine Ef- fektivität gesehen wird, ist eine mittel- fristige Schmerzfreiheit von etwa drei bis sechs Monaten für den Patienten durchaus erstrebenswert; die Behand- lung läßt sich wiederholen.) Erst bei den zahlenmäßig geringen Anwendun- gen einer CT-gesteuerten Nukleotomie kommt es überhaupt zu einer nennens- werten Strahlenbelastung, da erstere unter laufender CT-Kontrolle im real time modus erfolgt. Dies muß aber als annehmbar erscheinen, da hiermit ein minimal traumatisierender Eingriff erst möglich wird und narbige Veränderun- gen mit deren Spätfolgen weitgehend vermieden werden können. Prof. Krä- mer bedauert, daß die ärztliche Kunst des Orientierens durch Technik verlo-

ren zu gehen droht, was der Fall ist, wenn ohne vorherige segmentale klini- sche Diagnostik eine CT-gesteuerte In- filtration sozusagen als technisch ei- genständige Methode und dadurch ziellos eingesetzt wird. Sie ist in der Hand eines erfahrenen Diagnostikers eine ausgesprochen exakte und sehr wertvolle Methode, auch bei weniger adipösen Patienten und dort, wo keine Deformitäten, sondern nur Formvari- anten der Wirbelgelenke vorliegen.

Durch die moderne interventio- nelle Technik ergibt sich eine Situati- on vergleichbar jener, als vor Jahren hervorragende Diagnostiker der Lun- ge die Gefahr sahen, daß durch den Einsatz der Radiologie die ärztliche Kunst der Perkussion und Auskultati- on verlorenzugehen drohe. Daß dies nicht der Fall wurde, zeigt sich darin, daß die damalige Röntgen-Reihenun- tersuchung als ungezielte Maßnahme aufgegeben wurde. Hierzu wiederum vergleichbar haben wir heute förmlich eine Reihenuntersuchung der Wirbel- säule mittels CT-Diagnostik – häufig ohne vorausgegangene klinische seg- mentale Untersuchung. Dies ist eine Methode, die eigentlich abzulehnen ist, denn sie ist mit einer hohen Strah- lenbelastung verbunden und häufig ohne klinische Relevanz.

Die Vorstellung mag provokativ klingen, aber es könnte einer probato- rischen CT-gesteuerten Infiltrations- behandlung durchaus der Vorzug zu geben sein gegenüber einer strahlen- belastenden CT-Diagnostik. Denn der kontrollierbare Therapieeffekt besitzt oft eine größere Aussagekraft und dürfte erheblich kostengünstiger sein.

Prof. Krämer ist zuzustimmen, daß sich weitere Perspektiven ergeben, wenn im offenen MRT wirbelsäulen- nahe Injektionsformen möglich sein werden. Selbstverständlich nicht routi- nemäßig, aber hierin wird wahrschein- lich die Zukunft liegen. Dabei wird man sicher sein, daß die vom Autor entwickelten Injektionsformen auch in der Zukunft eine entscheidende thera- peutische Säule der orthopädischen Schmerztherapie bleiben werden.

Dr. med. D. Großkurth

Vorsitzender des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopädie e.V. Köln Maternusstraße 40–42

50996 Köln A-2334

M E D I Z I N DISKUSSION

(54) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 38, 18. September 1998

Die erwartete berufspolitische Diskussion um den Beitrag blieb aus.

Die Reaktion bezog sich in erster Linie auf die CT-bedingte Strahlendosis, die man durch Dünnschnittechnik (Bei- trag Großkurth) mit Niedrigdosierung (60 micro Sv) deutlich reduzieren kann (Beitrag Morley). Dennoch verbleibt es bei einer Strahlenbelastung, die ins- besondere bei mangelnder Routine in der sogenannten Lernkurve für die meist jungen Patienten noch recht hoch sein kann. Grundsätzlich sollte je- de unnötige Strahlenexposition ver- mieden werden, wenn ein erfahrener Arzt die Punktionsstelle ohne Hilfs- mittel bestimmen kann (Beitrag Mor- ley) oder wenn in Zukunft bei weniger erfahrenen Behandlern das offene MRT zur Verfügung steht. Es ist unbe- stritten, daß man Serien von CT-ge- steuerten Injektionen zur Schmerzthe- rapie an der Wirbelsäule wegen der Strahlenbelastung, selbst wenn diese noch weiter reduziert wird, als Arzt nicht verantworten kann. Unverzicht- bar sind Bildwandler und CT-Kontrol- len nach wie vor beim Einsatz von Kontrastmitteln und neurotoxischen Substanzen (Beitrag Großkurth).

Erfreulich sind die Perspektiven, die sich bei der spinalen Endoskopie durch die interventionellen Möglich- keiten der Kernspintomographie, ins- besondere in Verbindung mit Naviga- tionsverfahren im neurochirurgischen Bereich, ergeben (Beitrag Lutze).

Es erscheint durchaus möglich und wünschenswert, sich bei der intraope- rativen Lokalisation des Bandschei- benvorfalles eines ständig mitlaufen- den bildgebenden Verfahrens zu bedie- nen, das weder dem Patienten noch dem Operateur schadet. Die Kosten sollten hier nicht in den Vordergrund gestellt werden, da mit der Qualitäts- verbesserung mikrochirurgischer Ein- griffe an der Wirbelsäule auch die zur Zeit hohen finanziellen Belastungen für rückenoperierte Problempatienten deutlich reduziert werden könnten.

Prof. Dr. med. Jürgen Krämer Orthopädische Universitätsklinik im St.-Josef-Hospital

Gudrunstraße 56 44791 Bochum

Schlußwort

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