• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Melatonin-Stimulationstest als Prädiktor für Therapieerfolg?" (11.02.1987)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Melatonin-Stimulationstest als Prädiktor für Therapieerfolg?" (11.02.1987)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Als vor einigen Jahren die er- sten Untersuchungen über das Zir- beldrüsenhormon Melatonin zur Diskussion standen, sei dies sehr fas- zinierend gewesen, aber keiner habe eigentlich so richtig gewußt warum — so Prof. Dr. med. Bruno Müller- Oerlinghausen, Berlin, einer der Chairmen eines internationalen Symposiums zum Thema „Pharma- kotherapie der Depression — die Be- deutung von Serotonin und Melato- nin", welches die Firma Duphar 1986 in Gravenbruch bei Frankfurt ausgerichtet hatte. Die Spannung ist nach wie vor groß — die Drop-out- Rate im Auditorium war außerge- wöhnlich gering, wie eine Referen- tin konstatierte —, allgemein faßba- re, geschweige denn nutzbare Er- gebnisse stehen jedoch noch aus.

Was macht das Melatonin insbe- sondere für die Depressionsfor- schung so interessant? Zum einen wird Melatonin in der Pinealdrüse aus dem Neurotransmitter Serotonin gebildet, dessen Abnahme in der Pathophysiologie von Depressionen als zentral bedeutsam angesehen wird. Zum anderen ist die Zirbel- drüse als Schaltstelle zur Koordina- tion endogener und exogener Rhythmen Regelorgan für die inne- re Uhr des Menschen — und die scheint bei Depressionen eine wich- tige Rolle zu spielen.

Die Zirbeldrüse sezerniert Me- latonin in einem typischen, intrain- dividuell sehr stabilen 24-Stunden- Gang mit nächtlichem Gipfel. Ta- geslicht unterdrückt die Melatonin- synthese, ist aber, wie Experimente im Dauerdunkel zeigen, für die Auf- rechterhaltung der zirkadianen — et- wa 24-stündigen Rhythmik nicht er- forderlich. Gesteuert wird die Zir- beldrüse vielmehr primär neuronal durch einen endogenen Oszillator, der seinen Sitz im Nucleus supra- chiasmaticus des Hypothalamus hat.

Es liegt nicht fern zu vermuten, daß

die Melatoninausschüttung bei De- pressiven verändert ist. Zu dieser Frage existieren zahlreiche, zum Teil widersprüchliche Untersu- chungsergebnisse. Dr. med. Margot

Illustration der Zirbelddise aus „De ho- mine" von Rene Descartes (1596 bis 1650)

Dietzel, Wien, präsentierte in Gra- venbruch eine Studie, in der sie im Tagesgang der Melatoninproduktion keine eindeutigen Abweichungen zwischen depressiven Patienten und gesunden Kontrollpersonen fand.

Die intraindividuell sehr gut repro- duzierbaren Sekretionsprofile kön- nen generell von Individuum zu In- dividuum sehr verschieden sein. Un- ter Behandlung mit intensivem Licht, von 17.00 bis 21.00 Uhr und von 6.00 bis 9.00 Uhr, verminderten sich in beiden Gruppen die Melato- ninspiegel signifikant.

Unterschiede zwischen beiden Gruppen stellte Frau Dietzel aller- dings im Jahresgang der Melatonin- sekretion fest. Normalerweise wird in Abhängigkeit von der Photope- riode im Sommer weniger Melatonin ausgeschüttet als im Winter. Bei de- pressiven Patienten dagegen wurde ein relative Hypersekretion im Som-

mer und eine relative Hyposekretion im Winter beobachtet. Per Zufall machte Dr. med. Klaus Demisch, Frankfurt, die folgende Entdek- kung: Fluvoxamin (Fevarin) stimu- liert im Unterschied zu anderen An- tidepressiva die Melatoninsynthese.

Fluvoxamin ist die einzige derzeit verfügbare Wirksubstanz, die selek- tiv die Wiederaufnahme von Seroto- nin aus dem synaptischen Spalt in die Nervenzelle inhibiert. Es läßt sich noch nicht sagen, ob man die Entdeckung Demischs nutzen kann, um Aussagen über den voraussicht- lichen Therapieerfolg zu machen.

Bislang, das gilt ganz allgemein, gibt es keine validen Prädiktoren, weder biochemischer noch elektrophysio- logischer Art. Die Depressionsfor- scher suchen weiter nach Fenstern zum Gehirn.

Nach neueren Erkenntnissen führt der bei Depressionen grundle- gende Mangel an biogenen Aminen zu einem kompensatorischen An- stieg der Empfindlichkeit postsyn- aptischer Rezeptoren — insbesonde- re von Beta-Rezeptoren —, und die

"gemeinsame Endstrecke" sowohl medikamentöser als auch nichtmedi- kamentöser Formen der antidepres- siven Therapie scheint eine Down- Regulation dieser Rezeptoren zu sein. Die physiologischen Wege zur Depression sind möglicherweise sehr vielfältig, wofür nicht zuletzt das unterschiedliche Ansprechen der Patienten auf verschiedene The- rapeutika spricht.

Mit neueren Antidepressiva wie Fluvoxamin lassen sich laut Demisch bei therapieresistenten Patienten oft erstaunliche Erfolge erzielen. Und auch in der Kinderpsychiatrie stellt Fluvoxamin, wie Dr. med. Fritz Held, Stuttgart, berichtete, eine Be- reicherung dar. Die Vorzüge dieser Substanz: Sie ist nicht kardiotrop.

Sie wirkt nicht sedierend und eignet sich deshalb insbesondere zur Be- handlung von Schülern, bei denen das typische Vormittagstief der De- pression einen erheblichen Lei- stungsabfall bedingen kann. Und schließlich sprechen Symptome der maskierten Depression, die im Kin- des- und Jugendalter sehr häufig ist, gut auf Fluvoxamin an.

Ulrike Viegener

Depressionsforscher suchen nach Fenstern zum Gehirn

Melatonin-Stimulationstest

als Prädiktor für Therapieerfolg?

Dt. Ärztebl. 84, Heft 7, 11. Februar 1987 (81) A-361

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Subjektiv empfundene Lebensqualität (sLQ), SIS – ALS-Patienten berichteten zu beiden Zeitpunkten über eine Lebensqualität, die im Bereich anderer chro- nisch erkrankter Patienten

*Am Rahmenkonzept Integrierte Versorgung Depression der DGPPN waren außerdem beteiligt: der Deutsche Hausärzteverband, die Deutsche Gesellschaft für Allge- meinmedizin

Die Anwendung von Melatonin bei Patienten mit Le- berfunktionsstörungen wird nicht empfohlen, bei Patienten mit einer schweren Niereninsuffizienz ist eine

Eine leichte Abnahme vom ers- ten zum zweiten Aufwuchs ha- ben auch Kessler und Jolidon (1998) bei der 4-Schnitt-Vari- ante mit 110 beziehungsweise 165 kg N festgestellt.. Nach

Wenn Sie eine größere Menge von Melatonin Vitabalans eingenommen haben, als Sie sollten oder ein Kind versehentlich Melatonin Vitabalans eingenommen hat, wenden Sie sich immer an

Diese sprächen zwar dafür, daß Baldrian sich posi- tiv auf die subjektive Ein- schätzung der Schlafquali- tät auswirkt, objektiv gebe es jedoch kein einheitliches Bild.. Riemanns

Ängstliche Pa- tienten jüngeren Lebensalters, insbe- sondere Frauen, sprachen sich auch nach ausgiebiger Rachenanästhesie für sedierende Maßnahmen bei künftigen Magenspiegelungen

Die Möglichkeit bleibe, dass die drei Patienten nicht gegen die Auflagen des Gesetzes verstoßen hätten, wenn ein Psychiater zwar Depression diagnostiziert, er diese aber nicht als