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OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

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5 0 37/18 Landgericht Marburg

Zur Geschäftsstelle

gelangt am: 16. März 2020 Schäfer

am: 10. März 2020 Schäfer, JA'e

Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

Sonneninitiative e.V. vertreten durch den 1. Vorsitzenden Volker Klös, Birken- straße 2, 35041 Marburg,

- Beklagter und Berufungskläger - Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Dr. Peter Becker, Kreuzbergweg 11, 34253 Lohfelden, Geschäftszeichen: 11/17

gegen

Amprion GmbH vertreten durch die Geschäftsführer Dr. Klaus Kleinekorte u. Dr.

Hans-Jürgen Brick, Rheinlanddamm 24, 44139 Dortmund,

- Klägerin und Berufungsbeklagte - Prozessbevollmächtigte:

Anwaltsgesellschaft Rechtsanwälte mbB Höch und Partner, Wittekindstraße 30, 44139 Dortmund, Geschäftszeichen: 122/18

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hat der 14. Zivilsenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bethe, den Richter am Landge- richt Geisler und den Richter am Oberlandesgericht Merker aufgrund der mündli- chen Verhandlung vom 10. März 2020

für Recht erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 01.04.2019 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin ist Übertragungsnetzbetreiberin und verlangt von dem beklagten Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Zahlung der sog. EEG-Umlage. Der Beklagte hält diese Umlage für verfassungswidrig, weil stromintensive Unterneh- men und Schienenbahn bevorzugt werden. Er erstrebt daher eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 GG.

Die Klägerin hat zunächst im Mahnverfahren die abgerechnete EEG-Umlage für das Jahr 2016 und Abschlagszahlungen für das Jahr 2017 geltend gemacht.

Nach Teilwiderspruch ist insoweit Teilvollstreckungsbescheid ergangen, gegen den der Beklagte dann aber ebenfalls Einspruch eingelegt hat. Mit Anspruchsbe- gründung vom 28.06.2018 sind daraufhin zunächst die genannten Ansprüche in einer Höhe von 47.633,65 EUR weiterverfolgt worden. Mit weiterem Schriftsatz vom 15.11.2018 hat die Klägerin nach Teilzahlung den Rechtsstreit teilweise in Höhe von 39.480,36 EUR nebst 1.529 EUR Zinsen für erledigt erklärt und im Wege der Klageerweiterung nunmehr einen Betrag von 89.059,72 EUR geltend

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gemacht, der sich aus der Schlussrechnung für das Jahr 2017 sowie Abschlags- zahlungen für das Jahr 2018 zusammengesetzt hat. Wegen der konkreten Zu- sammensetzung der Klageforderung wird auf die Ausführungen im genannten Schriftsatz auf Seite 12 (Bd. II BI. 347 f. d.A.) Bezug genommen. Nach einer wei- teren Teilzahlung von 32.314,99 EUR hat die Klägerin zuletzt noch einen Haupt- sachebetrag von 56.744,73 EUR verfolgt (Bd. III BI. 688 d.A.).

In der Berufungsinstanz streiten die Parteien nur noch über einen Restbetrag in Höhe von 10.160,69 EUR, den der Beklagte von der Jahresabrechnung für das Jahr 2017 einbehalten hat (1,5 Cent auf eine Liefermenge von 677.379 kWh).

Die Klägerin hat sich auf die Verpflichtung des Beklagten nach § 60 Abs. 1 Satz 1 EEG berufen, wohingegen der Beklagte in erster Instanz Verstöße gegen das Europarecht (unerlaubte Beihilfe) sowie gegen das Verfassungsrecht geltend ge- macht hat, weil die Besonderen Ausgleichsregelungen nach §§ 63 ff. EEG gegen Art. 3 GG verstießen.

Mit dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Marburg vom 01.04.2019, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachverhalts und der dort zuletzt gestellten Anträge gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug ge- nommen wird (Bd. III BI. 700-709 d.A.), hat das Landgericht der Klage stattgege- ben und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin gegen den Beklagten ei- nen Anspruch auf Zahlung der restlichen EEG-Umlage nach Maßgabe des § 60 Abs. 1 Satz 1 EEG im Hinblick auf die Jahresendabrechnungssumme sowie aus

§ 60 Abs. 1 Satz 4 EEG im Hinblick auf die zusätzlich geforderten Abschlagszah- lungen habe. Zur Begründung hat es, soweit für das Berufungsverfahren noch von Interessen, ausgeführt, dass eine Verfassungswidrigkeit nicht gesehen wer- den könne. Diese liege weder im Hinblick auf die Finanzverfassung noch im Hin- blick auf den Gleichheitsgrundsatz vor. Es bestehe kein Grund, von den überzeu- genden Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 25.06.2014 und des OLG Hamms im Urteil vom 07.06.2017 abzuweichen. Die Regelungen der §§ 63 ff. EEG enthielten mangels Aufkommenswirkung für die öffentliche Hand keine Sonderabgabe. Die in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.10.1994 entwickelten Grundsätze seien damit nicht einschlägig. Auch ein Ver-

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stoß gegen Art. 3 GG könne nicht erkannt werden. Die Frage, ob mit der Beson- deren Ausgleichsregelung gemäß §§ 63 ff. EEG eine Ungleichbehandlung be- gründet werde, könne dahinstehen, da jedenfalls eine Sachwidrigkeit der Un- gleichbehandlung zu verneinen sei. Insoweit sei auch eine Vorlage gemäß Art.

100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht veranlasst.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er nach Klar- stellung in der Berufungsverhandlung vom 10.03.2020 nur noch die Klageabwei- sung in Höhe des Einbehalts für das Jahr 2017 (10.160,69 EUR) nebst darauf entfallender Verzugszinsen erstrebt. Er vertritt in diesem Zusammenhang weiter die Auffassung, dass die Entlastung der stromintensiven Industrie und der Schie- nenbahnen gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße und daher der Rechtsstreit gemäß Art. 100 GG auszusetzen sei. Einen Verstoß gegen das Europarecht wegen un- erlaubter Beihilfe macht er hingegen nicht mehr geltend.

Er bemängelt, dass das Landgericht keine eigene Prüfung der Verfassungsmä- ßigkeit vorgenommen, sondern lediglich auf die zitierten Entscheidungen verwie- sen habe. Insofern habe es aber nicht bedacht, dass kein Nachweis einer beson- deren Finanzierungsverantwortung gegeben sei. Mit den Wettbewerbsnöten der privilegierten stromintensiven Industrie und den damit berechtigten Sorgen um die Erhaltung der Arbeitsplätze hätten die übrigen Stromverbraucher nichts zu tun. Die Erhaltung von Arbeitsplätzen sei im allgemeinen marktpolitischen Inte- resse des Staates, wobei diese Aufgabe der Daseinsvorsorge von allen Steuer- zahlern zu finanzieren sei. Darüber hinaus bestehe auch keine Erforderlichkeit der Maßnahme, weil erneuerbare Energien den durchschnittlichen Börsenpreis für Strom am Markt in einen Umfang senkten, der über den durch das EEG ver- ursachten Mehrkosten liege. Die besonderen Ausgleichsregeln verstießen gegen den Gleichheitssatz, weil eine Finanzierungsverantwortlichkeit der Haushalte und der nichtentlastenden Industrie und des Gewerbes für die stromintensiven Unter- nehmen und die Schienenbahn nicht existiere, sich der Gesetzgeber mit der im Schrifttum geäußerten Kritik nie auseinandergesetzt habe, die Entlastung der stromintensiven Unternehmen und der Schienenbahnen gegenüber der ur- sprünglichen Reglung sich mehr als verzehnfacht habe und weil auch die politi- sche Kritik einfach unberücksichtigt bleibe. Daher müsse dem Antrag nach Art.

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Der Beklagte beantragt,

das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 01.04.2019 teilweise abzuändern und die Klage in Höhe von 10.160,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunk- ten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18.09.2018 abzu- weisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt weiter die Auffassung, dass die Finanzierungsverantwortlichkeit keine Gleichheitsrelevanz habe. Zutref- fend sei das Landgericht Marburg davon ausgegangen, dass die Besondere Aus- gleichsregelung nicht gegen Art. 3 GG verstoße. Auf die Ungleichbehandlung komme es schon deshalb nicht an, weil diese jedenfalls nicht sachwidrig sei.

Wegen des weiteren Parteienvorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug ge- wechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und auch rechtzei- tig begründete Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die ange- fochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtferti- gen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entschei- dung; § 513 Abs. 1 ZPO. Das Landgericht hat der Klage, soweit nicht schon in 1.

Instanz übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt wurde, zu Recht gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 EEG 2017 stattgegeben.

Das Verfahren betrifft den Streit zwischen der Klägerin als Übertragungsnetzbe- treiberin und dem Beklagten als letztverbraucherbelieferndem Elektrizitätsversor-

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gungsunternehmen. Netzbetreiber sind verpflichtet, allen aus erneuerbaren Ener- gien erzeugten Strom abzunehmen und dem Erzeuger die jeweilige Mindestver- gütung zu zahlen. Im Wege einer bundesweiten Ausgleichsregelung wird die kos- tenmäßige Belastung der Netzbetreiber (Mindestvergütung höher als Marktpreis) über die sog. EEG-Umlage aufgefangen, von der jedoch die stromintensive In- dustrie und Schienenbahnen teilweise befreit sind. Die Letztverbraucher tragen daher gleichmäßig die aus der Einspeisung von erneuerbaren Energien entstan- denen Mehrkosten. Die Differenzkosten zwischen der gesetzlich garantierten Einspeisevergütung und den Markterlösen (sog. EEG-Differenzkosten), die bei den Übertragungsnetzbetreibern entstehen, die den „Ökostrom" abnehmen, ver- güten und vermarkten müssen, werden damit durch die EEG-Umlage bei den Stromverbrauchern refinanziert. Darin sieht der Beklagte eine Ungleichbehand- lung und verweigert aus diesem Grund teilweise die Zahlung der EEG-Umlage für das Jahr 2017. Er ist aber zur Zahlung verpflichtet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der restlichen EEG-Umlage für das Jahr 2017 gemäß Abrechnung vom 07.06.2018 (Bd. I BI.

102 — 104 d.A.) in Höhe von 10.160,69 EUR (677.379 kWh x 1,5 Cent) nach § 60 Abs. 1 Satz 1 EEG 2017. Nach dieser Regelung sind die Übertragungsnetzbe- treiber berechtigt und verpflichtet, von Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Strom an Letztverbraucher liefern, anteilig zu dem jeweils von den Elektrizitäts- versorgungsunternehmen an ihre Letztverbraucher gelieferten Strom die Kosten für die erforderlichen Ausgaben nach Abzug der erzielten Einnahmen und nach Maßgabe der Erneuerbare-Energien-Verordnung zu verlangen (EEG-Umlage).

Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die tatbestandlichen Vo- raussetzungen aus § 60 Abs. 1 Satz 1 EEG 2017 erfüllt sind. Der Beklagte hält jedoch — wie bereits ausgeführt - die Ausnahmeregelungen nach §§ 63 ff. EEG 2017 für verfassungswidrig. Bei Einbeziehung der privilegierten Unternehmen und Schienenbahnen fiele die EEG-Umlage für das Jahr 2017 für die zahlungs- pflichtigen Letztverbraucher um 1,64 Cent/kWh niedriger aus. Er sei daher jeden- falls berechtigt, die Abrechnung der Klägerin vom 07.08.2018 um 1,5 Cent/kWh zu kürzen. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, so dass auch keine Verpflich- tung gemäß Art. 100 GG besteht, den Rechtsstreit auszusetzen und die Ent-

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scheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Der Senat hält die Vor- schriften über die Besondere Ausgleichsregelung gemäß §§ 63 ff. EEG 2017 nicht für verfassungswidrig.

Insbesondere vermag der Senat keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG zu erkennen. Eine Ungleichbehandlung der Beklagten scheidet von vornhe- rein aus, weil nur eine Ungleichbehandlung der Letztverbraucher vorliegen

könnte. Die EEG-Umlage stellt bei dem Beklagten als Elektrizitätsversorgungsun- ternehmen lediglich einen durchlaufenden Posten dar, weil er seinerseits ver- pflichtet ist, die EEG-Umlage von den Letztverbrauchern zu verlangen. Die Netz- betreiber sind nämlich nach § 61 EEG 2017 berechtigt und verpflichtet, die EEG- Umlage von Letztverbrauchern zu verlangen für die Eigenversorgung und den sonstigen Verbrauch von Strom, der nicht von einem Elektrizitätsversorgungsun- ternehmen geliefert wird.

Auch eine Ungleichbehandlung zwischen Privathaushalten und befreiten Unter- nehmen bzw. Schienenbahnen dürfte ausscheiden, weil insoweit nicht von einer einheitlichen Gruppe von Stromkunden ausgegangen werden kann. Der jeweils anfallende Stromverbrauch bzw. Stromumsatz dient unterschiedlichen Motiven und ist Ausdruck individueller Freiheit, zu welchen Zwecken man Strom bezieht:

Privathaushalte generieren aus Strom keinen neuen wirtschaftlichen Mehrwert, Unternehmen hingegen im Regelfall schon (Hammer, in: BeckOK EEG EEG 2017, § 63 Rn. 11.2). Eine abschließende Beurteilung ist jedoch entbehrlich, weil der Senat die Auffassung des Landgerichts teilt, wonach zumindest keine Sach- widrigkeit gegeben ist.

Eine Ungleichbehandlung liegt jedenfalls zwischen zahlungspflichtigen Unterneh- men und privilegierten Unternehmen einschließlich der Schienenbahnen nach der Besonderen Ausgleichsregelung vor. Nach §§ 63 ff. EEG 2017 besteht für stromkostenintensive Unternehmen und für Schienenbahnen die Möglichkeit, die EEG-Umlage abnahmestellenbezogen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle begrenzen zu lassen. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG kann der Senat darin aber nicht erkennen.

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Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbe- handlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheits- satz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschied- liche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2015, Az.: 1 BvIR 2880/11, Tz. 39

— zit. nach juris). Der Senat schließt sich in diesem Zusammenhang der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25.06.2014; Az.: VIII ZR 169/13, Tz. 23 — zit. nach juris) an, wonach keine sachwidrige Ungleichbehandlung der Stromkunden durch die Ausnahmeregelung der §§ 40 ff. EEG 2012 besteht.

Diese Ausführungen gelten auch für die im Streitfall betroffenen Vorschriften nach §§ 63 ff. EEG 2017.

Die Befreiungstatbestände dienen einem legitimen Zweck, der in § 63 EEG 2017 ausdrücklich aufgeführt wird. Es geht um die Berücksichtigung der internationa- len Wettbewerbssituation und die Vermeidung der Abwanderung der stromkos- tenintensiven Industrie in das Ausland. Bei den Schienenbahnen wird der Zweck verfolgt, die intermodale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Es handelt sich damit um wirtschaftspolitische Förderinstrumente. Dazu kommt seit der Fassung des EEG 2014 nach dem gesetzgeberischen Willen die stärkere Fokussierung des Förderungszwecks auf die Einhaltung klimapolitischer Vorgaben (Hamme, in:

BeckOK EEG, § 63 EEG 2017, Rn. 3).

Diese Differenzierung ist auch geeignet und erforderlich. Soweit der Beklagten- vertreter im Senatstermin vom 10.03.2020 die Einholung eines Gutachtens bean- tragt hat, wonach nicht alle befreiten Unternehmen im internationalen Wettbe- werb stünden und der Strompreis ohnehin so niedrig sei, dass auch ein höherer Aufwand die Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtige könne, war dem nicht nachzugehen. Die Prüfung, welche konkreten Unternehmen eine Begrenzung für sich in Anspruch nehmen können, erfolgt jeweils einzelfallbezogen auf Antrag durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gemäß Anlage 4 zu § 64 Abs. 1 EEG 2017. Im Übrigen entspricht es allgemeinem Wirtschaftswissen, dass die in § 64 Abs. 1 Nr. 2 EEG 2017 aufgeführte Stromkostenintensität als Kostenposition im Wirtschaftsleben unmittelbare Auswirkungen auf die Profitabili-

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tät eines Unternehmens hat. Ein milderes Mittel, mit dem sich gleichermaßen ef- fektiv der gewünschte Zweck erreichen ließe, ist nicht erkennbar. Im Übrigen ist die Privilegierung der begünstigten Unternehmen auch verhältnismäßig. In Anbe- tracht der wie früher bei § 41 EEG 2009 (EEG a.F.) auch bei § 64 EEG 2017 zur Anwendung kommenden gleitenden Privilegierung (vgl. § 64 Abs. 2 EEG) gelten die im Gutachten (K28 zum Schriftsatz vom 15.11.2018, Bd. III BI. 517 — 545 d.A. ) niedergelegten Erwägungen weiter.

Soweit der Beklagtenvertreter im Senatstermin vom 10.03.2020 erneut auf die fehlende Finanzierungsverantwortlichkeit der zahlungspflichtigen Letztverbrau- cher hingewiesen hat, rechtfertigt auch dieses Vorbringen kein anderes Ergebnis.

Die EEG-Umlage stellt keine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion dar (BGH, a.a.O., Tz. 12— zit. nach juris). Das wäre aber Voraussetzung für die Frage nach der Finanzierungsverantwortlichkeit (BVerfG, Beschluss vom 11.10.1994, Az.: 2 ByR 633/86, „Kohlepfennig" — zit. nach juris).

Demnach hat der Beklagte die Jahresrechnung für das Jahr 2017 zu Unrecht um den einbehaltenen Betrag gekürzt. Gegen die darauf entfallenden Verzugszinsen aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 3, 288 Abs. 1 BGB hat der Beklagte keine Einwendun- gen erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufi- gen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfor- dern; § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Das Revisionsgericht (BGH, a.a.O.) hat sich mit der Verfassungsmäßigkeit der EEG-Umlage bereits auseinandergesetzt.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO bzw. § 26 Nr. 8 EGZPO in der bis 31.12.2019 gel- tenden Fassung nicht zulässig ist.

Bethe Geisler Merker

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