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Grußwort Michael Sommer DGB-Vorsitzender

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Grußwort Michael Sommer DGB-Vorsitzender

4. Ordentlicher Gewerkschaftstag IG BCE

Hannover, 11. Oktober 2009

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Sperrfrist: Redebeginn

Es gilt das gesprochene Wort!

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Liebe Delegierte, lieber Hubertus, lieber Michael, meine Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich überbringe Euch die besten Grüße des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der in ihm vereinten Gewerkschaften zu Eurem 4. Ordentlichen Gewerkschaftstag.

Euer Motto „Vorwärts denken - Verantwortlich handeln“ kennzeichnet treffend die Prinzipien gewerkschaftlicher Arbeit. Es scheint mir gerade nach dem Ergebnis der Bundestagswahl vom 27. September in vieler Hinsicht hochaktuell zu sein.

Denn gerade angesichts der Tatsache, dass wir immer noch nicht wissen, wie tief und langanhaltend die Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Realwirtschaft sein werden, ist verantwortliches Handeln von Arbeitgebern, Regierung, Gewerkschaften und

Betriebsräten gefordert.

Und Denken in die Zukunft auch - wollen wir doch letztlich gestärkt aus der Krise gehen.

In den vergangenen Monaten haben wir gemeinsam einen guten Job gemacht.

- Mit Konjunkturprogrammen,

- zahlreichen arbeitsmarktpolitischen Anstrengungen wie Kurzarbeit und Qualifizierung aber auch

- mit vielen in den Betrieben und Unternehmen erarbeiteten Lösungen

haben wir die drohende Beschäftigungskrise für die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bislang abwenden können.

Sicher, viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mussten auf Lohn verzichten oder ihren Arbeitsalltag umstellen.

Sicher, viele Betriebe mussten und müssen enorme Anstrengungen unternehmen, um trotz der Krise ihre Beschäftigten im Betrieb zu halten, statt wie früher zum unsozialsten Mittel zu greifen, nämlich der Entlassung.

Sicher, auch mancher Politiker musste über seinen Schatten springen - wenn ich nur an die Widerstände innerhalb der Union gegen Abwrackprämie oder Konjunkturprogramme denke.

Dennoch - es hat sich gelohnt.

Deshalb appelliere ich an die Arbeitgeber einerseits und die neue Koalition andererseits, diesen Kurs n i c h t zu verlassen.

Es müssen weiter soziale Brücken über die Krise geschlagen werden, um die Menschen vor dem Verlust ihrer beruflichen und materiellen Existenz zu bewahren und die

Unternehmen ökonomisch über Wasser zu halten, bis wir wieder einen selbsttragenden Aufschwung haben.

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So sehr es mich freut, vom Präsidenten des VCI zu hören, dass sich die Auftragslage in der Chemischen Industrie im dritten Quartal noch positiver entwickelt hat als erhofft, so genau wissen wir, dass wir noch lange brauchen werden, um in der deutschen Wirtschaft wieder das Vorkrisen-Niveau zu erreichen, also den Stand von Ende 2007.

Kolleginnen und Kollegen,

bei allem notwendigen Pragmatismus in der Krisenbewältigung dürfen wir allerdings auch nicht vergessen, wer die Krise verursacht hat, welches Denken und Handeln für diese Krise verantwortlich ist.

Wir dürfen nicht ruhen, bis wirkliche Lehren gezogen werden - von der Regulierung der Finanzmärkte bis hin zu einer weltweiten Finanztransaktionssteuer.

Und die Opfer der Krise - nämlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - dürfen nicht zwei Mal zur Kasse gebeten werden:

Einmal mit Existenzangst und Lohnverlust und dann noch zusätzlich, in dem sie für Bankenrettung, Konjunkturprogramme oder Bad Banks allein zahlen müssen.

Es ist und bleibt unannehmbar, dass die Krisenverursacher -, die Investmentbanken, Hedgefonds und Verbriefungsartisten - nicht nur ungeschoren bleiben, sondern heute schon weitermachen wie früher, während die kleinen Leute die Zeche zahlen.

Es muss Schluss gemacht werden mit dem Denken und Handeln in den Kategorien des Ellbogens, mit der Gier-ist-geil-Mentalität, der Spekulation und der Umverteilung in die falsche Richtung, von den Armen zu den Reichen.

Unsere Alternative zum Brutal-Kapitalismus ist soziale Verantwortung, ist Mitbestimmung, ist Achtung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sind die Werte unseres

Grundgesetzes, von der Würde des Menschen bis zum Gebot, dass Eigentum verpflichtet.

Also eine soziale Marktwirtschaft, die den Namen wirklich verdient hat.

Kolleginnen und Kollegen,

vor zwei Wochen haben viele Menschen aus sehr unterschiedlichen Gründen schwarz- gelb zu einer Mehrheit verholfen.

Sicherlich aber nicht, weil sie einem deutschen Erfolgsmodell den Garaus machen wollten:

Der Mitbestimmung.

Die Mitbestimmung im Betrieb und Unternehmen hat weder der deutschen Wirtschaft geschadet noch den einzelnen Betrieben. Im Gegenteil: Der beispiellose Aufschwung nach dem Krieg wurde erst mit der Partizipation der Arbeit möglich und dauerhaft.

Mitbestimmung ist nicht von gestern und hat sich auch im vereinten Europa nicht überlebt.

Im Gegenteil.

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Gerade unser gemeinsames Handeln gegen die Krise des Finanzmarkt-Kapitalismus ist ein Beleg dafür, wie wichtig die Emanzipation der Arbeitnehmerschaft und ihre

gleichberechtigte Mitbestimmung sind.

Ich kann nur warnen: Wer aus Gier und Geiz jetzt auch noch ein Stück praktizierte Demokratisierung der Wirtschaft schleifen will, der zerstört das Fundament, auf dem soziale Balance und wirtschaftlicher Erfolg gleichermaßen gebaut sind.

Wir werden diese soziale, ökonomische und gesellschaftliche Errungenschaft genauso entschieden verteidigen wie die anderen Elemente unseres Sozialstaates und der sozial verfassten Marktwirtschaft - und dazu gehören die sozialen Sicherungssysteme genauso wie die Arbeitnehmerschutzrechte.

Dieser selbstbewusste Hinweis gilt auch für die Tarifautonomie und das Streikrecht. Die Tarifpolitik ist unsere Kernkompetenz und war der Garant für unzählige Verbesserungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen unserer Kolleginnen und Kollegen. Und das muss sie auch bleiben.

Für alle die, die immer noch nicht ihre Lektion gelernt haben, sage ich:

Wer auch immer, wo auch immer und mit welchen Mitteln auch immer versucht, unsere Schutz- und Gestaltungsrechte wie die Tarifautonomie und das das mit ihr untrennbar verbundene Streikrecht auszuhöhlen, wird bei uns auf Granit beißen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwarten von der neuen Bundesregierung nicht nur eine erfolgreiche und sozial verantwortliche Krisenbewältigung.

Wir brauchen mehr:

Zum Beispiel zukunftsweisende und gerechte Konzepte in der Steuerpolitik, zur Finanzarchitektur des Sozialstaates oder für die sozialen Sicherungssysteme, also die paritätisch finanzierte und selbstverwaltete Arbeitslosenversicherung, die gesetzliche Rente, die Unfallversicherung und die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung.

Auch daran werden wir die neue Regierung messen, auch wenn uns manche

Formulierungen vor allem im FDP-Wahlprogramm nicht besonders hoffnungsvoll stimmen.

Für eine gute Zukunft brauchen wir vor allem mehr Investitionen, mehr Innovationen, bessere Bildung. Denn das sind die Voraussetzungen, um letztlich gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

Dazu gehört die Stärkung des Industriestandortes Deutschland. Deutschland ist ein Industrieland und hat auf Dauer nur als Industrieland eine Chance.

Wir sollten uns die britischen Erfahrungen ersparen, aus einem alten Kernland der Industrie eine Blasen-Ökonomie zu machen, die letztlich vom Wohl und Wehe der Finanzspekulanten abhängig ist.

So wichtig Dienstleistungen für eine moderne Gesellschaft sind, so bedeutend bleibt die Realwirtschaft, bleibt die industrielle Basis.

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Natürlich müssen wir an einer besseren Balance zwischen Binnenmarkt und Exportwirtschaft arbeiten.

Aber genauso wichtig ist es, in unserem Land eine Industrie zu stärken, die innovativ ist und die auf die vielen globalen Krisen Antworten findet: von der Energieversorgung, der Wassernot, über Epidemien bis zum Hunger oder dem Klimawandel.

Das birgt nicht nur wirtschaftliche Zukunftschancen, sondern erbringt gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur sozialen Gestaltung der Globalisierung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Delegierte,

unser Leitbild für die Zukunft, für fortschrittliches Denken und verantwortliches Handeln ist eine Marktwirtschaft für Menschen, ist Sozialstaatlichkeit und ökonomische Vernunft, ist eine w i r k l i c h soziale Marktwirtschaft.

Ihr werdet in den nächsten Tagen in diesem Sinn viele Weichen für die künftige Arbeit Eurer Gewerkschaft stellen. Inhaltliche und personelle. Dafür wünsche ich Euch gute Beratungen und eine glückliche Hand.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

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