Humboldt-Universität zu Berlin Mathematik für Naturwissenschaftler I
Institut für Mathematik Wintersemester 2018/2019
Dr. Jens A. Griepentrog https://www.math.hu-berlin.de/griepent/1819/index.html
Klausur
24. September 2019 (90 Minuten)
Name: Vorname:
Studiengang: Matrikelnummer:
Ergebnis
Aufgabe 1 2 3 4 5 P
Mögliche Punktzahl 8 8 8 8 8 40
Erreichte Punktzahl Korrektor
Hinweise:
1. Bitte füllen Sie das Deckblatt vollständig und gut lesbar aus!
2. Sie können in der Klausur als Hilfsmittel ein beidseitig von Hand beschriebenes A4-Blatt benutzen.
3. Bitte fangen Sie jede Aufgabe auf einem neuen Blatt an!
4. Numerieren Sie die Lösungsblätter durch und versehen Sie alleBlätter zusätzlich zu Ihrer Matrikelnummer auch mit Ihrem Namen!
5. Die Lösungen zu den Aufgaben sollen möglichst gut begründet werden!
6. Nach Beendigung der Klausur sindallebeschriebenen Blätter abzugeben!
Aufgabe 1. Man weise nach, daß die Beziehung
n
X
`D1
cos2`xsinx Dcos.nC1/xsinnx
für jedesx2 Rundn2N gilt! ³
Lösung. Sei n 2 N beliebig vorgegeben. Da sich aus den beiden Additionstheoremen sin.˛˙ˇ/Dsin˛cosˇ˙cos˛sinˇdurch Subtraktion das Additionstheorem
2cos˛sinˇDsin.˛Cˇ/ sin.˛ ˇ/ für alle˛,ˇ2 R
ergibt, erhält man für˛ D2`xmit` 2 f1; : : : ; ngundˇDx mittels Indexverschiebung
n
X
`D1
2cos2`xsinx D
n
X
`D1
.sin.2`C1/x sin.2` 1/x/
D
n
X
`D1
sin.2`C1/x
n 1
X
`D0
sin.2`C1/x Dsin.2nC1/x sinx
für jedesx 2 R. Wendet man das obige Additionstheorem nochmals für ˛ D .nC1/x sowieˇDnxan, dann folgt daraus wegen˛CˇD.2nC1/x und˛ ˇDxdie Formel
n
X
`D1
cos2`xsinx Dcos.nC1/xsinnx
für jedesx2 Rundn2N.
Alternative Lösung. Der Beweis wird durch vollständige Induktion übern2 N geführt:
Induktionsanfang:Im FallenD1gilt in der TatPn
`D1cos2`xsinx Dcos2xsinx.
Induktionsschritt:Unter der Annahme, daß die Induktionsvoraussetzung
n
X
`D1
cos2`xsinx Dcos.nC1/xsinnx für allex 2R
und ein n 2 N richtig ist, soll die entsprechende Identität für nC 1 bewiesen werden:
Unter dieser Voraussetzung ergibt sich für jedesx 2Rzunächst
nC1
X
`D1
cos2`xsinxD
n
X
`D1
cos2`xsinxCcos2.nC1/xsinx
Dcos.nC1/xsinnxCcos2.nC1/xsinx:
Da für alle˛ 2 Rdas Additionstheorem cos2˛ D 2cos2˛ 1gilt, folgt daraus für
˛ D.nC1/x im nächsten Schritt
nC1
X
`D1
cos2`xsinx Dcos.nC1/xsinnxC2cos2.nC1/xsinx sinx D.sinnxC2cos.nC1/xsinx/cos.nC1/x sinx:
Aus den Additionstheoremen sin.˛˙ˇ/Dsin˛cosˇ˙sinˇcos˛ergibt sich offenbar 2cos˛sinˇDsin.˛Cˇ/ sin.˛ ˇ/, also für˛ D.nC1/xundˇDxzunächst
nC1
X
`D1
cos2`xsinx D.sinnxCsin.nC2/x sinnx/cos.nC1/x sinx
Dsin.nC2/xcos.nC1/x sinx und somit für˛ D.nC2/xundˇD.nC1/x schließlich
nC1
X
`D1
cos2`xsinx Dcos.nC2/xsin.nC1/x
für allex 2R, womit die Induktionsbehauptung bewiesen ist.
Aufgabe 2. Sei die reelle Zahlenfolge.ak/durch die Vorschrift a0 D0; ak D2ak 1C1 für allek 2N
gegeben. Man bestimme den Konvergenzradius R0 > 0 der Potenzreihe .sn/ der durch sn.x/ DPn
kD0akxk fürn 2N [ f0gundx 2 Cdefinierten TeilsummensnW C! Cmit den Koeffizienten .ak/sowie die Grenzfunktions W X ! C, gegen die diese Potenzreihe im KreisX D˚
x2 Cj jxj< R0 konvergiert! ³
Lösung. 1. Betrachtet man die ersten Glieder
a0D0; a1 D1; a2 D3; a3 D7; a4 D15; : : :
der reellen Zahlenfolge.ak/, so gelangt man zu der Vermutung, daß die explizite Darstel- lungak D2k 1für allek 2N[ f0ggilt, die induktiv bewiesen werden soll:
Induktionsanfang. In der Tat gilta0 D20 1D0.
Induktionsschritt. Unter der Annahme, daß die Induktionsvoraussetzung ak 1 D2k 1 1
für eink2 N richtig ist, folgt die Induktionsbehauptung
ak D2ak 1C1D2.2k 1 1/C1D2k 2C1D2k 1;
womit der Induktionsbeweis erbracht ist.
2. Aufgrund der Grenzwertbeziehung
klim!1
ak
akC1 D lim
k!1
2k 1
2kC1 1 D lim
k!1
1 2 k 2 2 k D 1
2
liefert das Quotientenkriterium den KonvergenzradiusR0 D 12 für die Potenzreihe.sn/.
3. Die Reihe Pn
kD0akxk
ist somit die Differenz zweier geometrischer Reihen und konvergiert folglich für jedesx2 C,jxj< 12 gegen die Summe
s.x/D
1
X
kD0
akxk D
1
X
kD0
.2x/k
1
X
kD0
xk D 1 1 2x
1
1 x D x
.1 x/.1 2x/
aufgrund der Summenformel geometrischer Reihen.
Aufgabe 3. Sei die differenzierbare Funktionf W0; 1Œ!Rdurch f ./ DlnC.1 /ln.1 / für 20; 1Œgegeben:
1. Man berechne die InversehWR!0; 1Œder AbleitungDf W0; 1Œ!R!
2. Man zeige, daß durch
g.x/Dxh.x/ f .h.x// fürx 2R
eine differenzierbare FunktiongWR!Rmit der AbleitungDgDhdefiniert wird! ³ Lösung. 1. Die vorgegebene Funktionf W 0; 1Œ ! Rist differenzierbar. Ihre Ableitung Df W0; 1Œ!Rhat nach der Produktregel die Gestalt
Df ./DlnC 1
ln.1 / .1 / 1
1 Dln ln.1 / für alle 20; 1Œ:
Um zu zeigen, daß die AbleitungDf W 0; 1Œ ! Reine inverse Funktionh W R ! 0; 1Œ besitzt, wird für jedes x 2 R die eindeutig bestimmte Lösung h.x/ D 2 0; 1Œ der GleichungDf ./Dxberechnet: Äquivalente Umformungen von
xDDf ./Dln
1 liefern exp.x/D
1
sowie
exp.x/ exp.x/D und somit h.x/D D exp.x/
1Cexp.x/ für beliebigesx2R:
Die dadurch definierte InversehWR!0; 1Œist ebenfalls differenzierbar.
2. Nach der Kettenregel ist somit auch die durch
g.x/Dxh.x/ f .h.x// fürx 2R
gebildete Funktiong W R! Rdifferenzierbar. Dah W R ! 0; 1Œdie inverse Abbildung zuDf W0; 1Œ!Rist, besitztg WR!Rin der Tat für jedesx 2Rdie Ableitung
Dg.x/Dh.x/CxDh.x/ Df .h.x//Dh.x/Dh.x/CxDh.x/ xDh.x/Dh.x/:
3. Als konkrete Gestalt der Funktiong WR!Rergibt sich g.x/D xexp.x/
1Cexp.x/
exp.x/
1Cexp.x/ ln exp.x/
1Cexp.x/
1
1Cexp.x/ ln 1 1Cexp.x/
D xexp.x/
1Cexp.x/
xexp.x/
1Cexp.x/ C 1Cexp.x/
1Cexp.x/ ln.1Cexp.x//Dln.1Cexp.x//
für jedesx2 R.
Aufgabe 4. Man zeige, daß das uneigentliche Integral Z 1
1
2
exp.x/Cexp. x/dx
als Grenzwert eigentlicher Integrale existiert und berechne diesen Wert mit Hilfe einer
dafür geeigneten Variablentransformation! ³
Lösung. Da der Integrand eine rationale Funktion der Exponentialfunktion ist, betrach- tet man mit'./ Dln die für diesen Fall geeignete Transformation' W0;1Œ !Rder neuen Variablen 2 0;1Œin die alte Variablex 2 R. Dann führt die Transformations- formel für die neuen Grenzena,b 20;1Œauf das Grundintegral
Z '.b/
'.a/
2
exp.x/Cexp. x/dx D Z b
a
2D'./
exp.'.//Cexp. './/d D
Z b
a
2
2C1d D2arctanb 2arctana:
Wegen der Beziehungen lima#0'.a/D 1und limb!1'.b/D 1sowie lima#0arctanaD0 und lim
b!1arctanb D 2 folgt daraus, daß der Grenzwert
Z 1 1
2
exp.x/Cexp. x/dxD existiert.
Aufgabe 5. Seien der hyperbolische Weg WR!Cdurch
. / D.cosh;sinh / für 2Rdefiniert;
ferner 2 R beliebig vorgegeben und der geradlinige Weg W R ! C, welcher den hyperbolischen Weg im Punkt. / 2Cberührt,durch
.t /D. /CtD. / fürt 2 Rdefiniert sowies 2Rdadurch bestimmt, daß .s/2 Cunter allen Punkten aus˚
.t /2 Cjt 2R jener Punkt ist, welcher denkürzesten Abstand zum Nullpunkt0 2 C hat. Man zeige, daß in diesem Falle die Beziehung. / .s/D1gilt! ³ Lösung. Die durch das Abstandsquadratf .t /D j .t /j2fürt 2 Rdefinierte quadratische Funktionf W R ! Rsoll minimiert werden: Aufgrund der konkreten Gestalt D. / D .sinh;cosh /der Ableitung vonf gilt
f .t / D.coshCtsinh /2C.sinh Ctcosh /2 für allet 2 R und folglich
Df .t /D2.cosh Ctsinh /sinh C2.sinh Ctcosh /cosh D2t .sinh2Ccosh2 /C4sinhcosh
sowieD2f .t / D 2.sinh2 Ccosh2 / 2für allet 2 R. Aus der Gleichung Df .s/ D 0 ergibt sich, daß die Funktionf WR!Rihr Minimum im eindeutig bestimmten Punkt
s D 2sinhcosh sinh2 Ccosh2 2R annimmt, woraus sich wegen cosh2 D1Csinh2 zunächst
.s/D.cosh;sinh / 2sinhcosh
sinh2Ccosh2 .sinh;cosh /D .cosh; sinh / sinh2 Ccosh2 und somit schließlich die Beziehung
. / .s/D .cosh;sinh /.cosh; sinh / sinh2 Ccosh2 D1 ergibt.