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Liebe Leserin, lieber Leser

Veränderungen sind Anlass für Diskussionen. Je grösser die Tragweite der Ver- änderungen, desto intensiver wird die Diskussion geführt und desto mehr Akteure schalten sich mit in den Meinungsaustausch ein. Ein breit abgestützter Diskurs über einen angezeigten Wandel kann den Prozess optimieren und trägt ausserdem zu einer breiteren Akzeptanz bei.

Ein Thema, das gegenwärtig in der Lehrer/innenbildung intensiv diskutiert wird, ist der Stellenwert der Allgemeinen Didaktik. Dabei wird grundsätzlich die Frage nach dem Gegenstand der Allgemeinen Didaktik gestellt und nach Konzep- ten gesucht, wie allgemein didaktische Inhalte in die Lehrpläne der päda- gogischen Hochschulen integriert werden sollen. Der Schwerpunkt dieser Ausgabe von ph akzentenimmt die gegenwärtige Diskussion zum Thema auf und lässt unterschiedliche Positionen zu Wort kommen.

Die Abschaffung des Faches Biblische Geschichte auf der Primarstufe im Kanton Zürich aus Spargründen beziehungsweise die Abwälzung der Kosten und Verantwortung auf die einzelnen Schulgemeinden ist ein weiterer Streitpunkt, der Kontroversen auslöst. In der Rubrik «Standpunkt» legt ein Vertreter der evan- gelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich seine Argumente für eine weitere Verankerung des christlichen Religionsunterrichtes im Fächerkanon der Volksschule dar.

Veränderungen im Redaktionsteam von ph akzentewerden naturgemäss nicht von einer grösseren Öffentlichkeit wahrgenommen, verdienen hier aber eine Erwähnung. Per Ende 2003 sind Marianne Sigg, Ueli Brunner, Bruno Good und Paul Kim aus der Redaktion ausgeschieden, um sich vermehrt auf ihre Tätigkeits- schwerpunkte konzentrieren zu können. Ihnen sei auch an dieser Stelle für ihre wertvolle Arbeit im ersten Jahr von ph akzenteherzlich gedankt. Neu in die Redaktion sind Susan Gürber, Daniel Ammann und Jörg Schett aufgenommen worden. Sie werden sich dafür einsetzen, dass ph akzenteweiterhin eine attrak- tive Plattform für Diskussionen in der Bildungslandschaft bleiben wird.

Thomas Hermann

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2 schwerpunkt

2 Einführung in den Schwerpunkt: Allgemeine Didaktik in der Lehrer/innenbildung 3 Notizen zur Allgemeinen Didaktik 7 Das Modell der Pädagogischen Hochschule

Zentralschweiz Luzern

11 Das Ausbildungskonzept der Fachhochschule Aargau Pädagogik

16 Ein Rückblick aus Zürcher Sicht

21 Die unvollständige Kunst, Verständlichkeit herzustellen

26 standpunkt

26 Wurzeln ausreissen oder pflegen? Das ist die Frage!

29 aktuell

29 Genderkompetenz an der Zürcher Fachhochschule

32 Lernende Organisation als Leistungsgemeinschaft

38 «Choice, Reflection and Judgement»:

Vorbildliche Texte für postkoloniale Klassenzimmer

42 bildungsforschung 44 rezensionen 46 phzh

46 Ich mag dich – du nervst mich! Zu Jürg Fricks Buch über Geschwister und ihre Bedeutung für das Leben

47 Erstes Lehrmittelsymposium von Avenir Suisse

48 mediensplitter

TV-Star-Publikum

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A l l g e m e i n e D i d a k t i k i n d e r L e h r e r / i n n e n b i l d u n g

E i n f ü h r u n g i n d e n S c h w e r p u n k t

«Königsdisziplin» der Lehrerausbildung, «Kernstück» des eigentlichen Unterrichtswesens, mit solchen Begriffen wurde die Allgemeine Didaktik (AD) während der letzten dreissig Jahre umschrieben. Und nicht nur die Termi- nologie hielt sich hartnäckig, auch der Überlegenheitsan- spruch blieb bis heute bestehen. Doch, was ist AD eigentlich? Was sind ihre konkreten Inhalte und wie steht es um ihre theoretische Legitimation? Die letzten Sep- tember an der PHZH vom Fachbereich Pädagogik durchge- führte Tagung «Allgemeine Didaktik revisited» hat einige Resultate hervorgebracht, die auf einen gewissen Klärungsbedarf verweisen. So waren sich die externen Expert/innen beispielsweise darüber einig, dass die breiten Ambitionen einer AD im Stile von Klafki bis Blan- kertz für heutige Verhältnisse kritisch zu beurteilen seien, da sie eng mit ihrem Entstehungskontext der Kriti- schen Theorie verbunden seien. Weiter wurde aus- geführt, dass eine AD als universitäre Disziplin eigentlich inexistent sei, sei es aufgrund systematischer Gründe oder wegen eines fehlenden Gegenstandes. Dennoch herrschte Konsens darüber, dass in der Ausbildung zum Lehrberuf «etwas Allgemeines» vorhanden ist und auch vermittelt werden muss. Konkret wurden hier fol- gende Themenfelder angesprochen: Beurteilung, Selbstkompetenz, Rhythmisierung und Methodenfragen, wobei nicht restlos geklärt werden konnte, inwieweit diese Themen tatsächlich als stufenspezifisch indifferent bezeichnet werden können. Deshalb wurde zusätzlich von Seiten der Fach- und Stufendidaktik eine ver- stärkte Kommunikation, vor allem in Bezug auf Legitima- tionsfragen gefordert.

Die regen Gespräche in den anschliessenden Diskussions- foren zeigten auf, wie aktuell und brennend den vielen Teilnehmenden die Fragen rund um die AD erschie- nen. Obwohl die konkrete Unterrichtssituation an der PHZH aus der Tagung ausgeklammert wurde (ihr lag be- wusst keine programmatische Ausrichtung zugrunde), kam in informellen Gesprächen auch immer wieder die Frage auf: «Was wird eigentlich an der PHZH im Be- reich AD angeboten?»

Die vorliegende Nummer von ph akzentehat sich dieser Frage angenommen und zeigt neben der Situation an der PHZH auch auf, wie zwei andere Schweizer PHs die Implementation der AD in ihr Ausbildungskonzept vorgenommen haben. Interessanterweise hat keine der Institutionen im Übergang zur PH auf ein allgemein- didaktisches Angebot verzichtet. Es wurden grössere Än- derungen an den bestehenden Formaten vorgenommen und neu bieten die PHs eine stark modifizierte AD in der Ausbildung an. Es scheint fast, als stelle sich die PH als Chance für die AD heraus.

Den Beginn unseres Blicks auf die praktische Umsetzung der AD macht Ewald Terhart mit seiner Analyse der

Entwicklungen innerhalb der AD. Er kommt zum Schluss, dass sich die Theorielage in den letzten Jahren kaum vom Fleck bewegt hat und nennt drei «Erbschaftsanwär- ter», welchen er reale Chancen einräumt, dieses Defizit künftig auszufüllen.

Die PH Zentralschweiz Luzern hat sich – trotz guten Gegenargumenten – für eine Beibehaltung der AD ent- schieden, allerdings in einem neuen Kleid: Kern- anliegen ist die allmähliche Annäherung der AD an die Fachdidaktiken, welchen künftig mehr Gewicht beige- messen wird.

Innerhalb der Ausbildung an der FH Aargau Pädagogik wird die AD stark in eine Wechselbeziehung mit dem Lernort Schule (Berufspraxis) sowie der Fachhoch- schule gesetzt, sie übernimmt also eine Art Klammer- funktion zwischen Theorie und Praxis.

Nach dieser Aussensicht auf die Konzepte anderer PHs schliessen wir den Schwerpunkt mit dem Fokus auf die heimische Ausbildungsstätte. Peter Wanzenried gibt in seinem Artikel eine Übersicht über die historische Ent- wicklung der AD der letzten 30 Jahre auf dem Platz Zürich und berichtet insbesondere von drei unternomme- nen Versuchen, die Wirksamkeit der AD in der Ausbil- dung zu erhöhen.

Abschliessend gewährt uns Stefan Albisser einen Einblick in die konkrete Umsetzung der AD innerhalb der ent- sprechenden Module der PHZH.

Bettina Diethelm

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Ausgehend von der Annahme, die Theorielage der Allgemeinen Didaktik habe sich seit Jahren kaum verändert, hält der Autor im nachfolgen- den Artikel Ausschau nach möglichen Theorie- und Forschungsansätzen, welchen er zutraut, das bestehende Vakuum zu durchbrechen und somit eine echte und ernst zu nehmende Weiterentwicklung darzustellen.

Die Allgemeine Didaktik ist einerseits in einer durchaus komfortablen Lage: Sie ist ein durch Prüfungs- und Ausbil- dungsordnungen abgesichertes Element in allen Lehramts- studiengängen, es existiert eine Reihe von Lehrbüchern, die – kontinuierlich aktualisiert – seit Jahren in der Aus- bildung der Lehrer an den Universitäten und in den Stu- dienseminaren eingesetzt werden; nicht zuletzt deshalb hat man es mit einem übersichtlichen Muster von stabilen Theorietraditionen zu tun.

Dieser Eindruck von Saturiertheit täuscht jedoch. Bei näherer Betrachtung zeigen sich nämlich Eigentümlichkei- ten, Selbstfixierungen und stabile Blindstellen: Die Theo- rielage hat sich seit Jahren – wenn nicht Jahrzehnten – kaum geändert; das Verhältnis zu den Fachdidaktiken ist viel diskutiert, aber letztlich nicht geklärt; die Verbindung

zur empirischen Unterrichtsforschung sowie auch zur Unterrichtspsychologie ist noch immer nicht wirklich her- gestellt; noch immer ist es schwierig, die neuen informa- tionstechnischen Möglichkeiten auf Theorie-Ebene an- spruchsvoll zu integrieren. Womöglich erschwert sogar die formell-institutionelle Absicherung in der Lehrerbildung eine wirklich selbstkritische Sichtweise als Voraussetzung für theoretische Dynamik. Denn nichts ist lebloser – aber auch dünner – als immer wieder «durchgezogener» Prü- fungsstoff! So drängt sich der Verdacht auf, dass die Allge- meine Didaktik womöglich am eigenen institutionellen Er- folg inhaltlich erstickt ist.

Was bedeutet das für die Zukunft der Allgemeinen Didaktik? Kann sie sich wie bisher als integrations- und wandlungsfähig erweisen? Wie weit tragen die Traditio- nen noch? Auf welche neuen Theorieangebote sollte sie eingehen – und auf welche besser nicht? Wie will sie – aus der Lehrerbildung geboren (also an der Profession orien- tiert) – die empirische Forschung (also die Orientierung an der Disziplin) stärker in sich einbinden? Und falls es mit der Allgemeinen Didaktik allmählich zu Ende gehen soll- te: Was tritt an die Leerstelle? Gibt es dann gar keine Leer- stelle – oder bemerkt sie nur keiner mehr? Und was wür- de das bedeuten?

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Von Ewald Terhart

Professor für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Fotomontagen: Daniel Lienhard, Zürich

M ö g l i c h e W e g e a u s d e r S t a g n a t i o n

N o t i z e n z u r A l l g e m e i n e n D i d a k t i k

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Familienbande

Meines Erachtens ist seit Blankertz’ Theorien und Modelle der Didaktik (1969) die Theorielage der Allgemeinen Di- daktik – mit einer Ausnahme – relativ stabil. Vier grössere Theoriefamilien beherrschen das Terrain: Die bildungstheo- retische Didaktik und die lehrtheoretische Didaktik – bei- de aus den 1960er-Jahren, die kommunikative Didaktik aus den 1970er-Jahren sowie – neuerdings, und das ist bis zu einem gewissen Grad die erwähnte Ausnahme – die konstruktivistische Didaktik. Diese Theoriefamilien sind mittlerweile allgemein bekannt und brauchen hier nicht dargestellt zu werden. Sie haben sich im Verlauf der letz- ten Jahrzehnte immanent weiterentwickelt, sich dabei untereinander beeinflusst und zum Teil auch angenähert.

Alle vier Familien waren darüber hinaus gezwungen, sich durch Exklusion «alter» Argumentationen und Begriffe so- wie durch Inklusion von «neuen» Themen und Konzepten (z.B. aus sozialphilosophischen Zeitgeistanalysen, aus Theorien und Theoremen der Erkenntnis und der Evolu- tion, aus psychologischen und neurobiologischen For- schungen zu Lernen und Verstehen, zu effektivem Unter- richt, zur Situation von Kindern und Jugendlichen etc.) zu modernisieren. Auf diese Weise ist ein Netzwerk von internen und externen Querverbindungen entstanden – Familienbande eben.

Der bildungstheoretische Ansatz hat sich insgesamt als sehr lernfähig und flexibel erwiesen; durch kontinuierli- ches Weiterschreiben der theoretischen (Konzept der All- gemeinen Bildung) wie der operativen Teile (Unterrichts- planung) sind ständige Aktualisierungen vorgenommen worden. Die Stärke dieses Ansatzes liegt weiterhin in sei- ner grundlegenden Option für Bildung als zentrierende und orientierende Kategorie. Dadurch wird nicht nur ei- ne Sinnstiftung für Unterricht und Lehrerhandeln mög- lich; über den Bildungsbegriff wird Unterricht sowohl mit der Entwicklung der Heranwachsenden wie mit der Weiterentwicklung von Kultur und Gesellschaft verbun- den. Sofern man den Kultur- und Sinnbezug von Schule, Unterricht und Lehrerhandeln in den Mittelpunkt stellt oder auch nur darauf beharrt, dass hierzu etwas gesagt werden muss, wird jede anspruchsvolle Allgemeine Di- daktik unausweichlich «bildungstheoretisch» sein.

Der lehrtheoretische Ansatz hat einen mehrfachen Wech- sel seiner wissenschaftstheoretischen Orientierung hin- ter sich. Er wird weiterhin in der Lehrbuchliteratur be- handelt – die Identifikation einer konkreten Wissen- schaftlergruppe, die diesen Ansatz heute vertritt bzw.

weiterentwickelt, ist jedoch ohne Weiteres nicht mög- lich. Davon unabhängig, also rein sachlich gesehen, hat die empirische Lehr-Lern-Forschung (bzw. Unterrichts- wissenschaft) das Erbe dieser Tradition angetreten. Die

pädagogisch-psychologischen Modellannahmen über die Bedingungen schulischen Lernens sind gewissermassen als Ausdifferenzierungen des ursprünglichen Schemas von «HeimannOttoSchulz» anzusehen.

Die kommunikationstheoretischen Konzepte, die in den 1970er-Jahren mit einigem Aplomb sowohl das bil- dungs- als auch das lehrtheoretische Modell unter Nut- zung moderner Interaktions- und Kommunikationstheo- rien herausgefordert haben, sind mittlerweile am ehesten in das Feld der schülerorientierten, erfahrungs- nahen und «offenen» Unterrichtsgestaltung übergegan- gen. Sozialphilosophische und sozialpsychologische Hintergrundtheorien werden hierfür kaum noch in An- spruch genommen – insofern ist auf theoretischer Ebene die «kommunikative Didaktik» eigentlich nicht weiter- entwickelt worden. Die kommunikative Theoriefamilie ist vielmehr in einem bunten Strauss von Methodismen und Gestaltungsformen «explodiert» – die zentrale (bil- dungstheoretische!) Frage der Didaktik, warum Schüler was wie lernen sollen, wird durch eine Hypertrophie des Methodischen stillgelegt: Methodik statt Didaktik.

Konstruktivistische Didaktik-Konzeptionensind mittler- weile als vierte Theoriefamilie bezeichnet worden. Unter Nutzung erkenntnistheoretischer, neurowissenschaft- licher und lernpsychologischer Annahmen und Erkennt- nisse wird die Verbindung zwischen Lehren und Lernen tendenziell entkoppelt. Das bedeutet: Unterricht (Lehren) kann Lernen nur wahrscheinlicher machen – Lernen selbst wird zur ko-konstruierenden Tätigkeit des Lernens selbst, wobei jedes Lernergebnis am Ende als Erfolg zäh- len muss, denn über wahr und falsch ist – radikalkon- struktivistisch gesehen – nicht mehr zu befinden. In der Praxis verbindet sich konstruktivistische Didaktik mit den Praxisformen der kommunikativen Modelle sowie mit den komplexen virtuellen Lernwelten, die die neuen In- formations- und Kommunikationstechnologien anbieten.

Erbschaftsanwärter

Sicherlich haben sich die erwähnten Theoriefamilien weiterentwickelt – nicht zuletzt durch wechselseitige Be- einflussung und exogame «Blutauffrischung». Gleichwohl aber sind es Entwicklungen aus alten Bahnen heraus und grösstenteils noch innerhalb der alten Bahnen. Deshalb ist es interessant, nach solchen Theorie- und Forschungsan- sätzen Ausschau zu halten, die selbst nicht eigentlich aus der Allgemeinen Didaktik kommen, sich aber gleichwohl mit deren klassischem Problembündel (Was soll warum von wem wie gelernt werden?) – jeweils mehr oder weni- ger breit – auseinandersetzen. Ich konzentriere mich auf drei Gruppen von Erbschaftsanwärtern:

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Erste Gruppe – fachdidaktische Lehr-Lern-Forschung:

Schon immer wurde das Nicht-Zusammengehen von empi- rischer Unterrichtsforschung einerseits und Allgemeiner Didaktik andererseits beklagt. Die Allgemeine Didaktik ist stärker auf Sinngebung von Lehrerarbeit sowie auf die Ge- staltung konkreten Unterrichts orientiert; wohingegen die Unterrichtsforschung zunächst einmal ein analytisches In- teresse an Unterricht hat. Im vergangenen Jahrzehnt sind empirische Forschung und Didaktik in Gestalt der fach- didaktisch orientierten Lehr-Lern-Forschung zusammenge- kommen. Untersucht wird Lehren und Lernen im Unter- richt nicht abstrakt und inhaltsneutral, sondern immer innerhalb einer bestimmten «Domäne», eines Lernfeldes bzw. Faches. Es geht dabei um Verstehensprozesse, um die Entwicklung von Begriffen und Konzepten des Faches, um fachspezifische Lehrstrategien, um methodische Varianten beim Erarbeiten fachlicher Inhalte/Kompetenzen. Aller- dings ist hier eine starke Asymmetrie hinsichtlich der re- präsentierten Fächer festzustellen: In den mathematisch- naturwissenschaftlichen Fächern ist diese Art der didak- tischen Forschung international wie national ungleich viel weiter entwickelt als in den anderen Fächern bzw.

«Domänen». Die «fachdidaktische» Orientierung dieser Art von Forschung macht Sinn: Unterricht ist immer an Fach- lichkeit bzw. an Substanz, an eine Sache gebunden – nicht einfach in der Weise, dass die Sache den Unterricht in Ab- lauf und Ergebnis bestimmt, sondern ebenso in der Weise, dass der Unterricht der Sache in der Wahrnehmung der Schüler allererst ein Gesicht gibt. Lehren und Lernen sind domänenspezifisch; es gibt keine allgemeinen Lehr-Lern- Gesetzlichkeiten. Dies alles befördert die Idee einer Substi- tution der Allgemeinen Didaktik (auch: allgemeiner empi- rischer Unterrichtsforschung) durch eine Aufsummierung fachdidaktischer Felder. Damit könnten wichtige Gewinne verbunden sein; zugleich werden jedoch Grenzen deut- lich. Denn es ist unabweisbar, dass Unterrichten – unab- hängig von den Fächern/Inhalten – bestimmte allgemeine Elemente aufweist. Darüber hinaus – und vielleicht noch wichtiger – muss berücksichtigt werden, dass sich die be- rufliche Kompetenz von Lehrern nicht in Fachkenntnissen und fachdidaktischen Fähigkeiten erschöpft. Klassenfüh- rung, Interaktionsformen, allgemeine Muster der Inhalts- erarbeitung, Konfliktregulierung, Elterngespräche, kolle- giale Zusammenarbeit, Schulentwicklung etc. verlangen Kompetenzen, die weit über (Fach-)Didaktik hinausgehen.

Inso- fern stösst auch die im engeren Sinne fachdidaktisch orientierte Lehr-Lern-Forschung an ihre Grenzen – und zwar dort, wo sie auf die Kontexte von Unterricht und Schule, von Lehren und Lernen im Klassenzimmer trifft.

An dieser Stelle muss eine Erweiterung der analytischen Perspektive erfolgen, um die unterschiedlich tief gestaffel- ten kontextuellen Bedingungen für das Gelingen und Misslingen von Bildungs- und Unterrichtsprozessen aufzu-

klären. Genau dieser Sprung in die Analyse von Kontexten wird derzeit von der empirischen Lehr-Lern-Forschung vollzogen.

Zweite Gruppe – die Formulierung von Bildungsstan- dards:Sofort «nach PISA» sind Rufe nach der Entwicklung von bundesweiten Bildungsstandards für zentrale Fächer (bzw. Kompetenzen) in bestimmten Klassenstufen laut ge- worden. Bildungsstandards zielen darauf ab, einheitliche Anforderungen zu definieren und an bestimmten strategi- schen Stellen im Bildungsverlauf zu überprüfen, ob und inwieweit sie erreicht werden. Sie dienen der Beobach- tung der Arbeits- und Wirkungsweise des Schulsystems – nicht der individuellen Leistungsmessung (von Schülern oder Lehrern). Das Gutachten der Gruppe um Klieme ba- siert auf einem Kompetenzmodell, welches die Ziele und Inhaltsbereiche des schulischen Lehrens und Lernens ins- gesamt neu strukturiert und für die einzelnen Bereiche Kompetenz-Skalen definiert, die einen leistungsbezogenen Erwartungsraum abstecken, in den möglichst viele Schüler möglichst weit vordringen sollten. Mittlerweile liegen die ersten Bildungsstandards vor.

Auf der Basis eines Modells der notwendigen Kompe- tenzen für die moderne Gesellschaft wird eine Strukturie- rung und Zuteilung von Inhalten und Leistungserwartun- gen vollzogen, die schulische Bildung von ihren tatsäch- lichen Effekten her transparent und im weitesten Sinne steuerbar machen soll. Wohlgemerkt: Es wird nicht etwas wirklich völlig Neues «erfunden». Vielmehr wird die bisher durch Lehrpläne, Leistungsanforderungskataloge und Lehr- bücher schon immer vollzogene (oder besser: intendierte!) Standardisierung von Schulbildungexplizitgemacht, beo- bachtbar gemacht, konkreter instrumentiert – und im Sin- ne einer kontinuierlichen Systembeobachtung eingesetzt.

In den Diskussionen um Kerncurriculum und Kanon wurden durchaus inhaltliche Begründungs- und Sinnfra- gen erörtert; die Bildungsstandards müssen schließlich in- haltlich begründet werden, damit deutlich wird, warum es so wichtig ist, dass alle Schüler in diesen zentralen Be- reichen möglichst weit kommen. Allerdings besteht die Gefahr, dass schulisches Lehren und Lernen nicht von be- gründeten Zielen und Inhalten, sondern vom Ende her, d.h. von den Chancen und Möglichkeiten der testdiagnos- tischen Erweisbarkeit (Aufzeigbarkeit und Beurteilbarkeit) von Lernergebnissen und Kompetenzniveau her gestaltet wird. Obwohl in den letzten Jahrzehnten die Möglichkei- ten der Erfassung von Lernergebnissen deutlich ausgear- beitet und anspruchsvoller geworden sind, bleibt dieses Problem grundsätzlich bestehen. Ebenso ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass Lehrer sich allzu di- rekt nur nach am später Abgeprüften orientieren und da- bei den Unterricht in eine Mischung aus Fahrschule und Quiz-Training verwandeln.

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Die dritte Gruppe – Bildungsgangsdidaktik/Bildungs- gangforschung: Dieser Ansatz geht zurück auf die letzte Arbeitsphase von Blankertz. Aus dem Kontext von mittel- fristiger fachdidaktischer Curriculumrevision (Strukturgit- teransatz), der Entwicklung und Begleitung eines Schulre- formmodells (Kollegstufe) und unter Einschluss des An- satzes der biographischen bzw. lebenslaufbezogenen Ent- wicklungsaufgaben (von Havighurst) entstand der Grund- gedanke, das Schulcurriculum stärker auf die Entwick- lungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten im Lebenslauf von Schülern und Heranwachsenden zu beziehen. Die Fra- ge der inhaltlichen Schulbildung, ihres Ablaufs und ihrer die individuelle Entwicklung unterstützenden Aufgaben- struktur wurde gewissermassen prozessualisiert; das Cur- riculum der Schule und das curriculum vitaesollten sich wechselseitig abstützen. Dies erfordert eine Verschrän- kung von zwei Erkenntnisebenen: erstens der empirischen Ebene – was weiss man über den Identitätsbildungspro- zess von Kindern und Jugendlichen, welchen Entwick- lungsaufgaben haben sie sich individualbiographisch zu stellen (der entwicklungspsychologisch-lebenslauftheore- tische Aspekt), wie muss das schulische Aufgabenfeld strukturiert und rhythmisiert sein, damit dieser Entwick- lungsprozess begleitet und befördert wird (der operative Aspekt), und zweitens der normativen Ebene – woran kann und soll sich eigentlich der Entwicklungsprozess ausrichten, welches allgemeine Ideal, welches begründba- re Muster soll der Förderung von Entwicklung zugrunde gelegt werden (der normative Aspekt). Lehrpläne und Cur- ricula müssen diese entwicklungsorientierte und entwick- lungsfördernde Gesamtperspektive des Bildungsgangs vor Augen haben; dabei geht es nicht einfach um Addition und Kumulation, sondern um unterscheidbare qualitative Stufen. Dieser Ansatz ist im einzelnen dann für verschie- dene Fächer, Lernbereiche und Stufen des Bildungsprozes- ses ausgearbeitet worden; ein Graduiertenkolleg der Uni- versität Hamburg ist auf Bildungsgangsforschung bezogen und faltet den Ansatz weiter aus.

Diese Gruppe von Erbschaftsanwärtern deckt – ver- glichen mit anderen – den breitesten Gegenstandsbereich ab und hat insofern das grösste Potential: konzeptionell und methodisch umschliesst der Ansatz die empirische und die normative Dimension; beide gelten der Idee nach als verknüpft durch den Gedanken der Entwicklung. Auf einer allgemeinen Ebene aber kann man formulieren: Die Biographisierung des Bildungsproblemsund dessen Ein- bringung in eine Entwicklungslogik ist der entscheidende Gedanke, der durch diese Gruppe in die Diskussionsarena der Allgemeinen Didaktik eingeführt worden ist; der An- satz ist eindeutig «bildungstheoretisch».

Damit kehrt diese äusserst knappe Skizze zum Aus- gangspunkt zurück. Die Situation der Allgemeinen Didak- tik ist eben nur auf den ersten Blick gut überschaubar. In

Gestalt der genannten drei Gruppen von Erbschaftsanwär- tern sind einige bemerkenswerte und ausbaufähige He- rausforderungen ausgesprochen worden, die teils an alte Diskussionen anschliessen (sie leider auch hier und da nur schlicht wiederholen – ohne dies zu bemerken), aber doch auch in mancherlei Hinsicht weiterführend sind.

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Mit gravierenden Folgen für die Ausbildung sei zu rechnen, sollten die Themen der Allgemei- nen Didaktik einfach in die Fachdidaktiken res- pektive die Pädagogische Psychologie verlagert werden. Wie die Alternative aussieht, nämlich die bisherige Allgemeine Didaktik und die Fachdidaktiken einander anzunähern, zeigt das Modell, mit welchem die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz Luzern die Imple- mentation der Allgemeinen Didaktik ins Aus- bildungskonzept vornimmt.

Als Hans Aebli 1972 in Bern einen universitären Ausbil- dungsgang zur Seminarlehrperson für das Fach Allgemeine Didaktik schuf – neben einem vergleichbaren Angebot in Leipzig damals europaweit die einzige universitäre Ausbil- dungsmöglichkeit, sich spezifisch für Allgemeine Didaktik zu qualifizieren – wurden die Disziplinen Psychologie und Pädagogik mit der Optik der Anwendung auf Unterrichts- prozesse bewusst aufeinander bezogen (Fuchs 2001). Un- gefähr zwanzig Jahre später schuf Hans Badertscher am selben Ort die ersten Nachdiplomstudien für Fachdidakti- ken. Jetzt wurden Allgemeine Didaktik, Pädagogische Psychologie und das bis dato generierte fachdidaktische Wissen miteinander ins Gespräch gebracht.

Neue Ausbildungen und Diplomabschlüsse wirken in der Regel verändernd auf ein System ein. So bewirkte das Berner Seminarlehrpersonendiplom eine Ablösung der an den Mittelschulseminaren bis dato üblichen Methodik zu Gunsten der Allgemeinen Didaktik. Stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Fachdidaktikausbildungen auf das sich derzeit aufbauende System Tertiäre Lehrerinnen- und Lehrerbildung haben werden. Werden sie die Allge- meine Didaktik ablösen?

Folgt man zur Bestimmung der Aufgabe der Fachdi- daktik der Definition Wittmanns, der sie als Wissenschaft, welche die «Entwicklung und Erforschung inhaltsbezoge- ner theoretischer Konzepte und praktischer Unterrichtsent- würfe mit dem Ziel einer Verbesserung des realen Unter- richts» bestimmt (Wittmann 1998, S. 330), dann könnte man – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die meisten der in der Allgemeinen Didaktik behandelten Themen (vgl. dazu Jurt, Müller-Gächter, Müller, Pfister & Summer-

matter 1994) in die Fachdidaktiken einerseits und die Pä- dagogische Psychologie andererseits verlagern.

Diese Verabschiedung von der Allgemeinen Didaktik hätte vermutlich einige gravierende Folgen, die besonders die Ausbildung zu tragen hätte:

• Die einzelnen Fachdidaktiken müssten sich viel stärker an allgemeinen Ausbildungsanliegen orientieren und allgemeine Berufskompetenzen mit aufbauen. Dazu müsste unter den Fachdidaktiken so etwas wie eine Querschnitt-Didaktik und eine das Gemeinsame beto- nende Ausbildungsphilosophie erarbeitet werden.

• Allgemeine, die einzelnen Fachdidaktiken übergreifende Kompetenzen müssten in verschiedenen Fachdidaktiken platziert werden, da ja nicht mehr alle Studierende alle Fachdidaktiken studieren.

• Die einzelnen Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktiker müssten bereit sein, über ihre Fachgrenzen hinaus zu schauen und eine breitere Palette an Unterrichtstätigkei- ten mitzuverantworten und zu beurteilen. Sie müssten vor allem die didaktischen Anliegen in der Pädagogi- schen Psychologie vertreten und eng mit Pädagogen und Psychologen kooperieren.

• Die universitären fachdidaktischen Ausbildungsgänge müssten in ihre Ausbildungsprogramme namhafte Teile der bisherigen Allgemeinen Didaktik aufnehmen, um künftig die Abgänger mit genügend Kenntnissen und Kompetenzen zu entlassen.

• Uns an der PHZ Luzern schienen das Entwicklungspers- pektiven, die dafür sprachen, die Allgemeine Didaktik auch in neue Ausbildungsstrukturen hinüber zu «retten»

und mit veränderten Aufgaben und starken Kooperatio- nen zu versehen.

• Kernanliegen ist eine allmähliche Annäherung der bis- herigen Allgemeinen Didaktik und der Fachdidaktiken, die in Zukunft einen bedeutenderen Stellenwert als bis- her einnehmen werden.

In unserem Modell übernimmt die Allgemeine Didaktik ei- ne auf die allgemeinen unterrichtsbezogenen Berufsaufga- ben einer Lehrperson ausgerichtete und integrierende Kraft. Der Ansatz der Integration fusst dabei wesentlich auf dem von der KMK (Kulturministerkonferenz der bundesdeutschen Länder) 1996 verabschiedeten «Lern- feldkonzept». Das Grundprinzip des Lernfeldkonzepts be- steht darin, den Unterricht an den Arbeitsprozessen und Aufgaben des Berufes zu orientieren, d.h. den beruflichen

I n h a l t e d e r A l l g e m e i n e n D i d a k t i k

D a s M o d e l l d e r P ä d a g o g i s c h e n

H o c h s c h u l e Z e n t r a l s c h w e i z L u z e r n

Von Herbert Luthiger, Michael Fuchs, Michael Zutavern

Herbert Luthiger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter Sekundarstufe I;

Michael Fuchs ist Abteilungsleiter Primarschule;

Michael Zutavern ist Abteilungsleiter Sekundarstufe I der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz

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Auftrag und das berufliche Handeln zum Ausgangspunkt für das Lernen in der Schule zu nehmen.

Der berufliche Auftrag einer Lehrerin und eines Leh- rers wird im Kanton Luzern im Gesetz über die Volksschul- bildung mit folgenden Arbeitsfeldern umschrieben: Unter- richten, Beurteilen/Fördern, Erziehen, Beraten und Zusam- menarbeiten/Organisieren. Diese fünf Arbeitsfelder ent- sprechen komplexen Aufgabenzusammenhängen in der Praxis. Ein solch komplexes Aufgaben- oder Handlungsfeld etwa im Bereich des Zusammenarbeitens wäre die Arbeit mit Eltern und Erziehungsberechtigten. Ein weiteres Bei- spiel sind die vielfältigen Aufgaben und Handlungen im Rahmen der Planung, Durchführung und Reflexion von Unterricht.

Um ihre integrative Kraft zu entfalten, erarbeitet die Allgemeine Didaktik verschiedene integrative Ausbil- dungselemente, die auch die Bildungs- und Sozialwissen- schaften und die verschiedenen Fachdidaktiken in den Zielen und Inhalten ihrer Module zu berücksichtigen ha- ben:

a) Studiengangs- bzw. semesterübergreifende Themen (Se- mesterthemen),welche sich aus den fünf genannten Ar- beitsfeldern ableiten, konkretisieren an der Pädagogischen Hochschule Luzern die zentralen beruflichen Kompetenzen wie Planungshandeln, Beurteilen, Neue Lernformen usw.

Dabei entfalten sich die Semesterthemen in den Dimensio- nen «Lernen» und «Interaktion». Ersteres widmet sich je- nen Kompetenzen, die mit der Förderung des Lernens als Kern der Unterrichtsaufgabe betraut sind; letzteres nimmt das Aufeinander-Eingehen in der Begegnung mit den Ler- nenden – die Interaktion – als Mittel und Ziel schulischer Arbeit in den Blick:

• Lernen anregen und Lernende begleiten (1. Semester)

• Lernen begleiten und mit Lernenden kommunizieren (2. Semester)

• Lernen und soziale Prozesse diagnostizieren und adaptiv gestalten (3. Semester Sek I)

• Diagnostizieren – fördern – beurteilen (5. Semester Kin- dergarten – und Primarstufe) usw.

Die Semesterthemen strukturieren die Studiengänge und sind Taktgeber für die Berufsstudien. Die Planungen der meisten Module orientiert sich an ihnen: Lernen zu diag- nostizieren wird im 3. / 5. Semester unter lerntheoreti- schen wie sozialpsychologischen Gesichtspunkten be- trachtet. Lernstandsdiagnosen werden in Bewegung &

Sport wie in Mathematik oder Englisch zum Gegenstand studentischen Lernens und Reflektierens. Kooperations- schullehrpersonen lassen die Studierenden in ihren «Diag- nosekoffer» für die verschiedenen Fächer blicken.

b) Aus den Semesterthemen leiten wir an der PHZ Luzern Bausteineab (vgl. auch Brenn et al. 1996). Unter Baustei-

nen verstehen wir kleinere thematische Ausbildungsein- heiten mit exemplarischem Charakter. Sie gehen von einer konkreten beruflichen Problem- oder Aufgabenstellung aus, die es im Rahmen des Unterrichts zu lösen gilt. Dabei ist darauf zu achten, dass diese die Komplexität der beruf- lichen Praxis widerspiegelt. Beispiele hierfür sind:

• Wie ist ein Unterrichtsstoff didaktisch aufzuarbeiten und in relativ geschlossener Form darzubieten, dass den Ler- nenden neue Erfahrungen, Sichtweisen oder Strukturen eröffnet werden?

• Wie ist beim Beginn einer Lektion fachlich und atmo- sphärisch die Basis für die gesamte Unterrichtsstunde respektive Unterrichtseinheit zu legen?

• Wie kann die Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler positiv beeinflusst werden?

• usw.

Bausteine sind curriculare Strukturelemente der berufs- praktischen Ausbildung an der PHZ Luzern. Das Semester- thema Lernen anregen und Lernende begleiten wird bei- spielsweise durch folgende Bausteine operationalisiert:

U-Bausteine fokussieren das Lernen, E-Bausteine die Inter- aktion. Jeder Baustein baut eine Handlungskompetenz auf oder entwickelt sie weiter. Dabei wird auf berufsrelevante Tätigkeiten Bezug genommen. Die Handlungskompetenzen sind so formuliert, dass sie einen überprüfbaren Lernfort- schritt der Studierenden ermöglichen.

c) Die Bausteine sind in eigenen Bausteinheften für Stu- dierende, Kooperationsschulehrpersonen, Mentor/innen und kooperierende andere Fachdozierende beschrieben.

Sie haben eine einheitliche Struktur mit folgenden Kate- gorien:

• Einführung:

In der Einführung wird eine Unterrichtssituation geschil- dert, welche die Bedeutung des jeweiligen Bausteins für das Unterrichten sichtbar macht. Die dargestellte Unter- Lernen anregen

(U-Bausteine):

• Darbieten und Verarbeiten

• Vormachen, Vorzeigen

• Lernziele setzen und formulieren

• Unterrichtsmedien

• Unterrichtsanfang und Themeneinstieg

• Lernaufgaben

Lernende begleiten (E-Bausteine):

• Selbstwahrnehmung

• Schülerinnen- und Schülerwahrnehmung

• Perspektivenwechsel

• Motivation

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richtssequenz stellt den Bezug zur Praxis her und lässt den Baustein in seinen wesentlichen Zügen deutlich werden. Die Einführung bereitet die Leserin und den Le- ser auf die theoretischen Inhalte und die eigentliche Kompetenzbeschreibung vor.

• Kurzbeschreibung:

Die Beschreibung im Sinne einer hypothetischen Bestim- mung der Handlungskompetenz stellt einerseits den Be- zug zum Unterricht und andererseits den Bezug zu di- daktischen und pädagogisch-psychologischen Theorien her. Die Beschreibung enthält erste Begriffsbestimmun- gen und Begriffsklärungen, so dass ein Mindestmass an Kohärenz der Theoriesprache entstehen kann.

• Lernsituationen:

Lernsituationen sind kleinere thematische Einheiten, mittels welcher die Studierenden zielführend ausgebil- det werden können. Sie haben für das Lernen im Semes- terthema exemplarischen Charakter, indem sie Zielfor- mulierungen und Inhalte des Semesterthemas vor dem Hintergrund der beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufe definieren. Lernsituationen

– thematisieren alltägliche Handlungs- und Lebenssitua- tionen einer Lehrperson und entsprechen den Erforder- nissen des Schulalltags, sind für die Studierenden authentisch erlebbar, knüpfen an subjektive Erfah- rungsstrukturen an, sind individuell gestaltbar und haben eine subjektive Relevanz für die zukünftige Ar- beit als Lehrerin oder als Lehrer

– ermöglichen die Anbindung wissenschaftlicher Er- kenntnisse und Begriffe und motivieren zum forschen- den Lernen

– regen metakognitive und metakommunikative Prozesse an.

Für jeden Baustein sind mögliche Lernsituationen an den Kooperationsschulen wie auch an der PHZ Luzern formuliert, z.B. zum Baustein Schülerwahrnehmung:

– Das Lernverhalten einer Schülerin bzw. eines Schülers in einem bestimmten Fach während mehreren Wochen beobachten und festhalten und, falls notwendig, Mass-

nahmen zur Verhaltensveränderung vorschlagen (Lern- situation an den Kooperationsschulen)

– Ein auf Video aufgenommenes Gespräch (z.B. Schülerin- nengespräch, Übertrittsgespräch) nach vorher definier- ten Kriterien analysieren (Lernsituation an der PHZ Lu- zern)

• Vorgehen:

Das Vorgehen bestimmt die Elemente zur Verwirklichung der angestrebten Kompetenz. Als Bezugsrahmen dient hierbei u.a. die Handlungsorientierte Didaktik (Becker, 1991), wobei das Vorgehen als Handlungsvorschlag für ein reflektiertes Vorgehen zu verstehen ist aber auch als

«Instrumentarium» für das Unterrichten. Die Studieren- den können sich somit im Vorgehen üben (Lernen) oder den Umgang mit den Schülerinnen und Schülern be- wusster gestalten (Interaktion). Damit wird implizit po- stuliert, dass Lehren erlernbar ist, wenngleich weite Be- reiche besonderen Fähigkeiten oder Begabungen vor- behalten sind. Vor allem für die U-Bausteine sind Wis- sensbestände der Allgemeinen Didaktik grundlegend. So lautet beispielsweise das Vorgehen für «Erklären» im Baustein Darbieten und Verarbeiten:

– Den Anlass für die Erklärung nennen – Vorkenntnisse aktualisieren

– Die Lernenden einbeziehen – Verständlichmacher beachten – Wichtige Punkte hervorheben – Zu Zwischenfragen ermutigen – Die Erklärung wiederholen lassen – Gelegenheit zur Aussprache bieten

Mit der Formulierung solcher Handlungsitems wird die Mo- dellierung des professionellen Unterrichtshandelns jen- seits spezifischer Fächer, Schülerinnen und Schüler, Schul- typen und Stufen im Sinne von «Schlüsselqualifikationen»

realisiert.

• Literaturhinweise:

Da die Inhalte der Bausteine in der allgemeindidakti- schen Literatur ausgiebig beschrieben sind, und in der Kurzbeschreibung nur ausgewählte Elemente themati-

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siert werden können, schliessen sich zur Vervollständi- gung der theoretischen Informationen Hinweise auf weiterführende Literatur an. Für die meisten U-Bausteine wurde versucht, eine Verknüpfung zum Lehrbuch Didak- tik (Gasser 2003) herzustellen.

• Kriterienblatt:

Ein Kriterienblatt, welches die normative Basis für die im Baustein auszubildende Handlungskompetenz abbil- det, erlaubt die Überprüfung der jeweiligen Handlungs- kompetenz(en). Die Kriterien sollen den Studierenden helfen, ihre Aufmerksamkeit auf wesentliche Aspekte des Umsetzens eines Bausteins zu richten und darüber Rückmeldung zu erhalten. Anhand der Kriterien ist es möglich, bei den Studierenden die entsprechenden Strukturen aufzubauen, respektive zu fördern (formative Funktion) und anschliessend detailliert statt pauschal zu bestimmen, inwiefern über die entsprechende Kom- petenz verfügt wird (summative Funktion).

d) Die Entdeckung unterrichtlicher Komplexität in den re- gelmässigen Praxiseinsätzen an den Kooperationsschulen, die unmittelbare Einordnung der Vielfalt in systemische Analysemodelle und die kreative Entwicklung der eigenen Unterrichtsfähigkeiten zusammen mit erfahrenen Lehrper- sonen – mit dem Bausteinkonzept, situatives und syste- matisches Wissen mit kreativem Tun zu verbinden, gelingt es der Allgemeinen Didaktik, professionelle Entwicklungs- prozesse zu initiieren, an denen andere Fachbereiche teil- haben können.

Ausserdem eröffnen sich aufgrund des Praxis- und Berufs- bezuges des Bausteinkonzepts neue Möglichkeiten einer Kooperation mit der Schulpraxis – insbesondere mit den Kooperationsschulen. Eine berufliche Aufgabenstellung als Lernsituation kann durchaus in enger Zusammenarbeit mit einer Einrichtung bearbeitet werden. So könnte am Beispiel eines Elternabends der Lernprozess im Unterricht darin münden, dass die Studierenden themenbezogen Tei- le einer realen Veranstaltung in einer Kooperationsschule übernehmen.

Kehren wir zum Ausgangspunkt zurück:

Die Allgemeine Didaktik hat in der Ausbildungskonzeption der PHZ Luzern eine integrierende Funktion, nämlich:

• Modelle, Konzepte und Theorien aufeinander zu bezie- hen

• Als Scharnierfunktion zwischen der Hochschule und den Praxisfeldern zu dienen

• Die berufspraktische Ausbildung zu begleiten und dabei den «Blick aufs Ganze» zu bewahren.

Erklärtes Ziel muss allerdings bleiben, dass sich sowohl Fachdidaktiken wie Allgemeine Didaktik an einem ge- meinsamen Ausbildungsauftrag orientieren und in Zu-

kunft mehr als bisher Wissen und Können miteinander teilen. Der Weg dorthin führt über verstärkte Kooperatio- nen. Diese hängen nicht bloss vom guten Willen der Be- teiligten ab, sondern auch davon, ob es gelingt, die not- wendigen finanziellen Mittel für eine verstärkte Zusam- menarbeit zu finden.

Wichtig scheint uns, dass die Allgemeine Didaktik auf diesem Weg auch ihre wissenschaftlichen Wurzeln pflegt: Ihr Wissen kommt aus dem Erfahrungsschatz der aktiven Lehrpersonen gleichermassen wie aus systemati- scher Forschung, die ihre Hypothesen aus didaktischer Theorie ableitet. Weinert (1997) hat darauf hingewiesen, dass didaktische Orientierungen in den schulischen Lern- kulturen und Forschungsfragen in der Psychologie schon immer in Wechselwirkung standen. Diese Forschungen waren lange von Fragestellungen formaler Didaktik domi- niert und der Überzeugung, intellektuelle Kompetenzen, Lernformen und -steuerungen, Einstellungen zum Lernen und zur eigenen Wirksamkeit als dominante «allgemeine»

Faktoren identifiziert zu haben. Solche Themen werden auch weiterhin der Aufmerksamkeit einer Allgemeinen Di- daktik obliegen. Aber sie muss sie sich teilen mit den fach- spezifischen Anliegen all jener Fachdidaktiken, die den Weg aus der Befangenheit in Fachsystematiken zu einer lern- und entwicklungsorientierten Betrachtung von be- reichsspezifischem Weltverstehen gefunden haben. Sie hüten «die Bedeutung des inhaltlichen Wissens für die Verarbeitung neuer Informationen, für das weitere Lernen und für die Erzielung hoher Leistungen», um noch einmal auf Weinert zu verweisen (1997, 24).

Nur im arbeitsteiligen, kooperativen «Sowohl-als- Auch» lässt sich das relevante Wissen über Lernen erwei- tern und lassen sich angehende Lehrpersonen zu Fachleu- ten der Lernförderung ausbilden.

Literatur

Becker, G.E. (1991). Handlungsorientierte Didaktik. Eine auf die Praxis bezogene Theorie.Weinheim: Beltz.

Brenn, H., Buchberger, F., Eichelberger, H., Freund, J., Klement, K., Harb, H. & Künz, I. (1996). Berufspraktische Studien.Inns- bruck: Studienverlag.

Fuchs, M. (2002). Hans Aebli – zwischen Psychologie und Pädago- gik. Aarau: Sauerländer.

Jurt, U., Müller-Gächter, B., Müller, H., Pfister, U & Summermatter, H. (1994). Aktuelle Stoffinhalte und verwendete Lehrmittel in Allgemeiner Didaktik an Seminarien. Beiträge zur Lehrerbil- dung, 12 (3), 288-293.

Weinert, F.E. (1997) Lernkultur im Wandel. In: Beck, E., Guldimann, T. und Zutavern, M. (Hrsg.): Lernkultur im Wandel.St. Gallen:

UVK, 11-29.

Wittmann; E. Ch. (1998). Design und Erforschung von Lernumge- bungen als Kern der Mathematikdidaktik. Beiträge zur Lehrer- bildung, 16 (3), 329-342).

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Im Zentrum der Konzeption der Allgemeinen Didaktik an der Fachhochschule Aargau Päda- gogik steht die Forderung nach einer Wechsel- beziehung zwischen dem entsprechenden Mo- dul «Lernumgebungen und Lehrformen», dem Lernort Schule, also der Berufspraxis sowie der Fachhochschule selbst. Wie diese Herausforde- rung erfolgreich gemeistert werden kann, zeigt dieser Beitrag.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Umset- zung am Institut Primarstufe, gelten sinngemäss auch fürs Institut Kindergarten und fürs Institut Sekundarstufe.1

Die Allgemeine Didaktik gehört an der FH Aargau ins ModulLernumgebungen und Lehrformen. Das Modul ist im 1. und 2. Semester angesiedelt und ist ein Schlüsselmodul, weil es die Verbindungen zu den andern Fachdidaktiken und zur Berufspraxis herzustellen hat.

Eng verbunden ist es mit dem Einstiegspraktikum 1 und 2 (je 2 Wochen), mit der Schulpraxis 1 (Tagespraktika während 14 Wochen) und mit der Schulpraxis 2 (dreiwö- chiges Praktikum). Die Berufspraxis gehört in den Studien- bereich Lernort Schule.

Ziele

Das Modul Lernumgebungen und Lehrformen hat unter- schiedliche Ziele zu verfolgen. Erstens sollen die Studie- renden methodisch-didaktische Grundlagen erwerben für die Planung, Gestaltung und Auswertung von Unterricht mit variablen Zeit- und Grössendimensionen (von kleinen Lektionssequenzen bis zu Jahresplanungen). Zweitens müssen sie die spezifische Wirksamkeit von Lehr- und Lernsituationen im Modul und am Lernort Schule selber modellhaft erfahren und reflektieren. Drittens besteht die Absicht, allgemeine didaktische Grundmuster zu erwer- ben, die als Grundlage für die verschiedenen Fachdidakti- ken dienen sollen. Viertens muss das Modul zwischen Lernort Schule (Berufspraxis) und der Fachhochschule, d.h. zwischen Praxislehrpersonen, Studierenden und Do- zierenden, eine Verbindung herstellen. Dieser letzte Punkt führt uns dazu, das Modul nicht isoliert darzustellen, son- dern in diesen Wechselbeziehungen. Mit dem Ge- oder Misslingen dieser Verbindungen steht und fällt das Modul.

Stichwortartig zusammengefasst geht es um folgende Ziele:

• Vermittlung eines didaktischen Rüstzeugs (Methodenre- pertoire zur didaktischen Vielfalt)

• Vor- und Nachbereitung von Unterrichtssequenzen und Ausbildungsphasen am Lernort Schule

• Entwicklung von kurz-, mittel- und längerfristigen Pla- nungskompetenzen

• Aufbau einer kritisch-analytischen Reflexionsfähigkeit

• Modellfunktion in Bezug auf didaktische Inszenierungen

• Grundlage für die Fachdidaktiken

• Klammerfunktion zwischen FHA und Lernort Schule

A l l g e m e i n e D i d a k t i k

D a s A u s b i l d u n g s k o n z e p t d e r

F a c h h o c h s c h u l e A a r g a u P ä d a g o g i k

Von Stefan Schererund Heinz Vettiger

Stefan Scherer ist Leiter Lernort Schule, Institut Primarstufe FHA Pädagogik; Heinz Vettiger ist Studiengangleiter, Institut Primarstufe FHA Pädagogik

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Steckbrief des Moduls Lernumgebungen und Lehrformen:

Zielsetzungen:

Einzelne Lernsequenzen mit entsprechenden Grund- und Sozialformen stufengemäss planen und zielgerichtet ein- setzen; Unterricht reflektieren und Handlungsalternativen entwickeln; Unterrichtseinheiten strukturiert, begründet und nachvollziehbar planen; Medien lernfördernd einset- zen; Unterricht evaluieren; Planungen reflektieren; Leis- tungen beurteilen

Anzahl Credits:

4 Kurs:

2 Lektionen während 1. und 2. Semester Themen:

Planung von Unterricht auf der Basis allgemein didakti- scher Modelle; Grundformen des Lehrens und Lernens und Erweiterte Lehr- und Lernformen; Einsatz von Medien;

Funktion und Instrumente der Leistungsbeurteilung;

Massnahmen der Lernsteuerung und der Klassenführung Studienaufgaben:

Grundlagenlektüre Handbuch Unterricht planen, durch- führen, auswerten; Planung einer Lektionssequenz; Beo- bachtungsprotokoll mit Kommentar

Leistungsnachweis:

Übungswerkstatt im Semester 1; Planung einer Unterrichts- einheit im Semester 2

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Grundsätze

Personelle, inhaltliche und organisatorische Vernetzung des Moduls Lernumgebungen und Lehrformen mit dem StudienbereichLernort Schule

• abgesprochenes Programm

• gemeinsames Grundlagenwerk (Unterricht planen, durch- führen, auswerten)2

• Modulhefte für Studierende und Praxislehrpersonen

• gemeinsame Ausbildungsphilosophie

• Vor- und Nachbereitungssitzungen

• Besuche von FHA-Dozierenden in der Praxis

• Teamteaching von Dozierenden und Praxislehrpersonen in Praxiszirkeln

• gemeinsame Entwicklungsarbeiten

Diese enge Vernetzung des Moduls mit dem Lernort Schule hat folgende Auswirkungen:

Transparenz

Für alle beteiligten Personen sind die Ziele, Funktionen, Rollen, Aufgaben, Ergebnisse zum Voraus klar. Beurteilun- gen richten sich nach vorgegebenen Kriterien. Dies schafft wiederum Klarheit, Sicherheit und Verlässlichkeit.

Verbindlichkeit

Dozierende, Praxislehrpersonen und Studierende haben sich an die Rahmenvorgaben zu halten. Dadurch sollen die Standards im allgemein didaktischen Bereich erreicht werden.

«Gleiche» Sprache

Mit dem Grundlagenbuch Unterricht planen, durchführen, auswertenwird ein gemeinsames Verständnis aufgebaut, damit man sich über Unterricht sinnvoll unterhalten kann.

Diese Ausbildungs- und Vernetzungsarbeit wird unter- stützt von Dozierenden mit besonderen Begleit- und Bera- tungsfunktionen. Dozierende der Praxisbegleitung verfol- gen in ihrer Arbeit verschiedene sich ergänzende Ziel- setzungen: Sie unterstützen Studierende in der Theorie- Praxis-Reflexion (Entwicklung einer Reflexionskultur), pflegen Kontakt mit den Praxislehrpersonen und gewin- nen selber wertvolle Erfahrungen aus dem Berufsfeld, die sie in die Weiterentwicklung der Lehre einfliessen lassen.

Sie arbeiten im Tandem, das sich aus einem/einer Erzie- hungswissenschaftler/in und einem/einer Fachdidakti- ker/in zusammensetzt und dem Mentoratsteam angehört, in welchem die Begleit- und Beratungsarbeit koordiniert wird.

Zielsetzung und Setting sollen der Partialisierungs- tendenz der Modularisierung entgegenwirken und die Ausbildungsfunktionen der Praxislehrpersonen am Lern- ort Schule ergänzen.

Theoretische Praxis und praxisbezogene Theorie

Mit der Wortspielerei weisen wir auf die wenig hilfreiche Trennung zwischen theoretischer Ausbildung an der FHA und der berufspraktischen Ausbildung am Lernort Schule hin, sie wird aufgehoben durch eine andere Philosophie:

Mit der Reflexion von Unterricht am Lernort Schule setzt sich die Praxislehrperson mit theoretischen Überlegungen von Unterricht auseinander wie umgekehrt an der FHA durch exemplarisches Lehren und Umsetzen von theoreti- schen Konzepten praxisbezogen gearbeitet wird. Kurz: An beiden Orten soll, ja muss Theorie und Praxis stattfinden.

Dieses Verständnis erfordert eine Reihe von inhalt- lichen, strukturellen und personellen Vernetzungen. «So kennen die verschiedenen Studienbereiche und einzelnen Ausbildungsinhalte enge Verbindungen: etwa zwischen der erziehungswissenschaftlichen und fachlich-fachdi- daktischen Ausbildung oder zwischen theoretischer Refle- xion und konkretem schulischen Handeln. Verbindungen zeigen sich auch zwischen den verschiedenen Studiengän- gen, zwischen verschiedenen Lernorten (...), zwischen Ausbildung und Forschung und Entwicklung, zwischen Ausbildung und Weiterbildung» (Studienplan FHA Pädago- gik, 04.12.2002, S. 9).

Im modularisierten Aufbau der Studiengänge an der FHA Pädagogik nimmt reflexives Lernen und Lehren einen zentralen Stellenwert ein. «Lehren und Lernen der Studie- renden (werden) während ihrer Ausbildung reflektiert und (die Studierenden, Anm. Verf.) mit theoretischen Konzep- ten konfrontiert. Die Ausbildung macht ihr eigenes Lehren sichtbar, ohne die strukturelle Differenz zwischen dem Lehren an der Hochschule und dem Lehren in der Volks- schule einzuebnen» (Studienplan FHA Pädagogik, 04.12.2002, S. 8).

Dementsprechend stehen Erfahrung und Reflexion im Zyklus planen, durchführen und auswerten in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander, was sich in fol- genden Tätigkeiten ausdrückt:

• sich Grundwissen des Lehrens und Lernens aneignen

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Modulheft mit folgenden Inhalten:

- Leitgedanken über Zusammenhänge zwischen Theorie und Praxis

- Modulbeschrieb - Zielsetzungen - Organisation

- Arbeitsauftrag für die Praxislehrpersonen - Arbeitsauftrag für die Studierenden - Mögliche Beobachtungspunkte - Tätigkeiten

- Instrumente zur Auswertung - Lernzielvereinbarung

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• situationsbezogen anwenden und üben

• beobachten, analysieren und interpretieren

• Planungs- und Handlungsalternativen reflektieren

• neue Vorhaben umsetzen.

Als Erfahrungs-, Anwendungs- und Reflexionsfeld ver- steht auch der StudienbereichLernort Schuleden Theorie- Praxis-Bezug in einem dynamischen Sinn. Aus der Sicht der Lernenden bedeutet dies: Wer praktisch tätig ist, han- delt immer schon theoriegeleitet. Es kommt darauf an, diese handlungsleitenden subjektiven Theorien, die auf besonderem Erfahrungswissen basieren, zu reflektieren, veränderbar zu machen und in neue Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster umzusetzen. Diese protoypi- schen Muster müssen differenziert, erweitert und (allen- falls) optimiert werden. Um den «weiten Weg vom Wissen zum Handeln» (Wahl) zurücklegen zu können, ist ein drei- stufiges Verfahren prozessleitend: 1. Bewusst werden und bearbeitbar machen, 2. mit dem Fachwissen konfrontieren und verdichten, 3. transferieren und (neu) gestalten.3

Aus der Sicht der Lernorte (FHA und Lernort Schule) und ihrer typischen Wissensvermittlung lässt sich dieses Theorie-Praxis-Verständnis wie folgt interpretieren: Wer praktisch tätig ist, verbindet implizites und explizites Wis- sen.4Einerseits übernimmt er (v.a. an der FHA) Experten- wissen (z. B. Wissen über das Methodenrepertoire) und setzt dieses in situationsbezogenen Trainings in implizites Wissen um. Anderseits eignet er sich (v.a. am Lernort Schule) implizites Wissen an (z. B. durch Modelllernen und durch eigenes Tun), konfrontiert dieses in Reflexionsan- lässen mit Expertenwissen und wandelt es in explizites Wissen um.

Diese Verbindung von explizitem und implizitem Wissen kann dann gelingen, wenn die Ausbildungsarbeit an der FHA nicht auf die Übernahme von explizitem Wis- sen (z. B. in traditionellen Vorlesungen) und jene am Lern- ort Schule nicht auf die Übernahme und Erzeugung von implizitem Wissen (z. B. durch Modelllernen in der tradi- tionellen Meisterlehre) reduziert wird. Vielmehr sind die Übergänge und Transformationen von explizitem zu impli- zitem Wissen und jene von implizitem zu explizitem Wis- sen zu beachten und bewusst zu gestalten.

Die Transformation von explizitem Wissen in implizi- tes Wissen kann vom Modul Lernumgebungen und Lehr- formenbeispielsweise durch situationsbezogenes Anwen- den, Üben und Vertiefen sowie durch Selbstanwendung des zu vermittelnden Methodenrepertoires in der eigenen Veranstaltung (didaktisch-methodischer Doppeldecker) ge- fördert werden. Die Transformation von implizitem Wissen in explizites Wissen wird am Lernort Schule dann geför- dert, wenn zum Beispiel in den Praxiszirkeln und Nachbe- sprechungen Studierende ihre Erfahrungen gezielt reflek- tieren und Erkenntnisse (z. B. Handlungsalternativen) da- raus gewinnen und in neuen Vorhaben umsetzen können.5 Es wird darauf ankommen, die Transformationsmög- lichkeiten von explizitem zu implizitem und von implizi- tem zu explizitem Wissen zu nutzen, an den verschiede- nen Lernorten mit unterschiedlicher Gewichtung umzu- setzen und miteinander zu vernetzen. So kann neu erwor- benes Wissen praktisch wirksam und die Spannung zwi- schen theoretischer und praktischer Ausbildung für die Professionalisierung genutzt werden. Auf dem Hintergrund dieses Theorie-Praxis-Verständnisses ergänzen sich Praxis- lehrpersonen am Lernort Schule und Dozierende der Fach-

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Organisationsformen

FHA Pädagogik

Legende:

Studierende

Praxislehrpersonen, Praxisleiter/innen

Dozierende (Mentorinnen, Mentoren) Studiengruppe

Verarbeitung Lektüre Akzente

Beispiele

Reflexion von Erfahrungen Übungen, Simulationen

Praxiszirkel

Präsentation von

• Erfahrungen

• Erkundungen

Diskussion und Reflexion

Demonstrationen Beobachtungen Erprobungen Erkundungen Reflexion Lernort Schule

Tandem

Praxiszirkel: Der Praxiszirkel wird an Kooperationsschu- len von Praxisleiter/innen geführt. Ihm gehören Studie- rende an, die dieser Schule zugeteilt sind sowie tempo- rär Praxislehrpersonen und Mentoren/Mentorinnen.

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hochschule Pädagogik in der Ausbildungsarbeit, auch wenn Praxislehrpersonen vornehmlich die Ressourcen der Alltagserfahrungen mit Erziehungs- und Unterrichtssitua- tionen am Lernort Schule und Dozierende die Ressourcen fachlicher Begriffe und Konzepte nutzen. Der Allgemeinen Didaktik fällt in diesem Prozess eine Klammerfunktion zwischen der FHA und dem Lernort Schule zu.

Hohe Qualität durch Aus- und Weiterbildung und durch Zusammenarbeit mit Kooperations- schulen

In einem solchen Kontext kann das Modul Lernumgebun- gen und Lehrformen darauf vertrauen, dass am Lernort Schule die vermittelten oder gemeinsam erarbeiteten di- daktischen Prinzipien umgesetzt, thematisiert und reflek- tiert werden. Allerdings müssen die Praxislehrpersonen auf diese schwierige Aufgabe durch eine gezielte Aus- und Weiterbildung vorbereitet werden:

• Einführung in ihre Aufgaben (Beobachtung, Gesprächs- führung, Auftragserteilung, Reflexion, Bewertung) und Rollen (Vermittlung, Begleitung, Unterstützung, Vorbild, Beurteilung)

• Auseinandersetzung mit der Ausbildungsphilosophie (Ziele, Aufbau, Methoden)

• Erweiterung und Vertiefung des allgemein didaktischen und fachdidaktischen Wissens.

Diese individuelle Zusammenarbeit wird erweitert durch den Aufbau von Kooperationsschulen der FHA Pädagogik.

Kooperationsschulen können sich auch als Regionalver- bunde organisieren. Sie übernehmen als Schule Ausbil- dungsfunktion und -verantwortung, indem sie in enger Absprache mit der FHA Pädagogik das Integrierte Einstiegs- praktikum 1 und 2 sowie (in einer nächsten Entwick- lungsphase) das Modul Schulpraxis 1 (Lehrübungstage, be- rufspraktische Tage) organisieren und gestalten. Partner ist also nicht die einzelne Praxislehrperson, sondern die Ein- zelschule. Das Konzept der Kooperationsschule berücksich- tigt und unterstützt den Wandel zu geleiteten (teilautono- men) Schulen und die Entwicklung des Lehrberufs zur Profession als Organisation.

Anmerkungen

1 Detailinformationen übers Ausbildungskonzept, über den Stu- dienplan und die Module sind unter www.fha-paedagogik.ch zu finden.

2 Vgl. Vettiger (Hrsg.) (2003). Unterricht planen, durchführen, auswerten lernen (2. neu bearb. Aufl.). Hannover: Schroedel.

3 Vgl. u.a. Schlee & Mutzek (Hrsg.) (1996). Kollegiale Supervision.

Heidelberg: Schindele; Mandl & Gerstenmayer (2000). Die Kluft zwischen Wissen und Handeln. Göttingen: Hogrefe; Wahl, D. (2001). Nachhaltige Wege vom Wissen zum Handeln. In: Bei- träge zur Lehrerbildung, 19 (2), 157-174.

4 Unter explizitem Wissen verstehen wir kodiertes bzw. verbal

formuliertes Wissen, zum Beispiel das Regel- und Verfahrens- wissen, das möglichst genau und logisch-exakt beschrieben wird, um es verschiedenen Personen in verschiedenen Situa- tionen verfügbar zu machen. Explizites Wissen ist vom Kontext lösbar, abstrakt und zielt auf das «Reguläre». Implizites Wis- sen hingegen trägt der Tatsache Rechnung, dass dem Indivi- duum in alltäglichen Handlungssituationen eine Fülle von Wissen in Form von persönlichen Erfahrungen, Fertigkeiten und Einstellungen zur Verfügung steht, ohne dass die betref- fende Person dieses Wissen explizieren kann. Dieses still- schweigende Wissen (Polanyi: «tacit knowledge» – «Wir wis- sen mehr, als wir zu sagen wissen») ist stark kontextabhängig, basiert auf dem «Singulären» (Ruf/Gallin) und wird erworben durch Beobachten, Nachahmen und selber Tun.

5 Vgl. u.a. Neuweg, G.H. (1999). Könnerschaft und implizites Wissen. München: Waxmann; Nonaka & Takeuchi (1995/97) in Neuweg und Landwehr. Landwehr, N. (2001). Der dritte Lern- ort. Aarau: Manuskript. Landwehr spricht im Anschluss an No- naka & Takeuchi von schulischer Grundfunktion («von explizit zu explizit»), von betrieblicher Grundfunktion («von implizit zu implizit»), von schulischer Transferfunktion («von explizit zu explizit») und von betrieblicher Transferfunktion («von im- plizit zu explizit»). Wir bevorzugen den Begriff Transformation, um anzudeuten, dass es bei dieser Wissensvermittlung nicht nur um einen Transfer (ursprünglich «Übertragung von Geld nach dem Ausland in der fremden Währung») handelt, son- dern um eine Umwandlung, Umgestaltung und Umformung.

Diese Funktionen des Wissenserwerbs müssen alle Fach-, Stu- dienbereiche und Lernorte in spezifischer Weise berücksichti- gen. Von den Dozierenden des Moduls Lernumgebungen und Lehrformen, Mentoren und Mentorinnen erwarten wir in die- ser Hinsicht (Ausbildungs- und Vernetzungsarbeit) besondere Anstrengungen.

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Während der letzten 30 Jahre galt die Allgemei- ne Didaktik – in Verbindung zur Schulprakti- schen Ausbildung – als Kernstück der Berufsbil- dung einer Lehrperson. Hier, so die Überzeu- gung, lag der Ansatzpunkt einer wirksamen Lehrer/innenbildung. Der vorliegende Bericht hält Rückschau auf die Entwicklung der Allge- meinen Didaktik auf dem Platz Zürich und fo- kussiert drei Anläufe, deren Wirksamkeit in der Ausbildung erfolgreich und nachhaltig zu erhö- hen.

Der Aufbruch: Im Zentrum die grossen Didakti- schen Modelle

Im Herbst 1972 lud der ein Jahr zuvor gewählte Direktor des Zürcher Oberseminars, Hans Gehrig, alle Übungslehr- kräfte zur Orientierung über das neue Konzept der Allge- meinen Didaktik in Verbindung zur Schulpraktischen Aus- bildung ein. Vorgestellt wurde dieses durch eine Schar junger Erziehungswissenschaftler, frisch von den Univer- sitäten in Zürich, Bern und Freiburg. Kaum einer war über dreissig. Aber sie schienen sich ihrer Sache sehr gewiss zu sein, hatten klare Modelle – wenn ihr Bezug zur Schuler- fahrung für die bewährten Praktikerinnen und Praktiker auch nicht auf Anhieb durchschaubar war. Die meisten dieser «Nachwuchskräfte» schienen immerhin auch schon vor einer Klasse gestanden zu sein. Und sie kündigten an, dass sie künftig regelmässig in der Übungsschule auftau- chen würden, um die Wechselwirkung zwischen ihrer Allge- meinen Didaktik und dem Unterrichtsalltag sicherzustellen.

Was stand hinter diesem ziemlich radikalen Auf- bruch? Mit der Arbeit der Expertengruppe «Lehrerbildung von morgen»1zwischen 1970 und 1975 wurde ein grund- legender Umbau der schweizerischen Seminarlandschaft eingeleitet. Dieser sollte den grossen Erwartungen in eine

«realistische Wende» der Erziehungswissenschaften, wie sie z.B. von Heinrich Roth postuliert worden war, gerecht werden und zu deutlichen Veränderungen in der Unter- richtspraxis führen. Hans Gehrig war eines der führenden Mitglieder dieser gesamtschweizerischen Expertengruppe.

Es war daher selbstverständlich, dass er umgehend Mass- nahmen traf, diese Postulate umzusetzen. Der Allgemei-

nen Didaktik kam dabei eine Schlüsselfunktion im Rah- men der berufsbildenden Fächer zu. Als «Theorie des Unterrichts» umfasste sie verschiedene Dimensionen und nahm Anleihe bei verschiedenen Bezugswissenschaften.

Auswahlkriterium für eine Eingrenzung waren die Fragen, was für die praktische Unterrichtsarbeit relevant und für angehende Lehrkräfte lernbar sei. Einen Überblick über das Grundkonzept bietet das MUV, das Merkblatt für Unter- richts-Vorbereitung (s. Seite 19), das aufs Wintersemester 72/73 als schematische Zusammenfassung erarbeitet wor- den war.2Daraus ist leicht ersichtlich, welche grossen di- daktischen Theorien integriert wurden:

• Die Berliner Didaktik von Heimann/Otto/Schulz lieferte das Muster der Grundkategorien des Unterrichts als Orientierungsrahmen.

• Klafkis Didaktische Analyse bot sich als Instrument für die inhaltliche Planung und die Fragen nach der Bedeu- tung eines Themas für die Bildung heranwachsender Menschen an.

• Die neue Curriculumtheorie lieferte Blooms Kategorien zur Ordnung und Hierarchisierung von Lernzielen. Ma- gers Kriterien zur Operationalisierung von Lernzielen er- gänzten diesen Ansatz und nährten die Hoffnungen, Lernerfolg messbar und damit planbar, steuerbar und kontrollierbar zu machen.

• Aeblis kognitionspsychologisch begründete Grundfor- men des Lernens und Lehrens wiesen auf reflektierte methodische Entwicklungen hin.

• Mit der Forderung nach einem sozialintegrativen Unter- richt, der weniger durch Lenkung als durch Kooperation geprägt sein sollte, wurde durch das Hamburger Ehepaar Reinhard und Annemarie Tausch ein weiterer Akzent für die Unterrichtsgestaltung gesetzt.

• Neue unterrichtstechnologische Möglichkeiten sollten aufgegriffen, integriert und mit medienpädagogischen Zielsetzungen verknüpft werden

Um die Wirksamkeit dieser didaktischen Ansätze in der Unterrichtspraxis zu beobachten und zu beurteilen, wurde ein aufwändiges Instrumentarium entwickelt und ab 1975 in mehrtägigen Weiterbildungskursen für alle Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter der schulpraktischen Ausbil- dung eingeführt und erprobt.3

Bald mussten wir erkennen, dass wir die Studieren- den mit all diesen theoretischen Bezugssystemen zu Be- ginn ihrer Ausbildung überforderten. In wacher Erinne-

3 0 J a h r e A l l g e m e i n e D i d a k t i k

E i n R ü c k b l i c k a u s Z ü r c h e r S i c h t

Von Peter Wanzenried

Dozent für Pädgogik und Allgemeine Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Zürich

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rung ist mir jene engagierte Studentin, die meine Vorbe- halte ihrer Lektion gegenüber mit dem Ausruf quittierte:

«Ich habe schon begriffen, worauf es Ihnen ankommt, und teile Ihre Absicht. Aber so schnell kann ich das nicht ler- nen!» Es wurde deutlich, dass kritische Reduktion und ge- duldige Bescheidenheit angezeigt war. Der zu Beginn der Achtzigerjahre angesagte Übergang zum Seminar für Päda- gogische Grundausbildung mit anschliessenden stufenspe- zifischen Ausbildungen bot dazu Anlass und Chance.

Bescheiden werden: Im Zentrum die Lernenden

Zunächst wurden institutionelle Rahmenbedingungen festgelegt, um die postulierte Verbindung von Allgemeiner Didaktik und Schulpraktischer Ausbildung zu erleichtern:

• Als Mentorinnen und Mentoren, welche die Studierenden in Übungsschule und Praktika begleiteten, wurden aus- schliesslich Seminarlehrkräfte für Allgemeine Didaktik eingesetzt.

• Diese rekrutierten sich sowohl aus den Erziehungswis- senschaften als auch aus den Fachdidaktiken mit Ver- pflichtung zur Kooperation im Rahmen eines Mentoren- konventes.

• Jede Mentorin und jeder Mentor arbeitete kontinuierlich mit einem Team von Übungslehrkräften aus einem Zent- rum für Schulpraktische Ausbildung zusammen. Dort fanden sowohl wöchentliche Tagespraktika als auch zu- mindest ein Teil der zweiwöchigen Praktika statt.

• Um eine enge Verknüpfung der Allgemeinen Didaktik mit den schulpraktischen Erfahrungen und Übungen zu er- leichtern, wurden Praxisbesuche und Zusammenarbeit mit ihren Teams zu integralen Pensenanteilen der Semi- narlehrkräfte.

• Die Ausbildung der Ausbildner und Ausbildnerinnen (AdA) wurde mit verbindlichem kantonalen Auftrag zur Grundlage für regelmässige Zusammenarbeit und Ent- wicklung auch über die einzelnen Seminarien hinweg.

Wegweisend – und aus meiner heutigen Sicht fragwürdig – war die Entscheidung, Allgemeine Didaktik ausschliess-

lich in die Stundentafel des Seminars für Pädagogische Grundausbildung aufzunehmen, und Fachdidaktiken aus- schliesslich in den stufenspezifischen Ausbildungsgängen anzubieten. Damit kamen der Allgemeinen Didaktik am Anfang der Berufsbildung eine Reihe von Funktionen zu, die schwer unter einen Hut zu bringen waren4:

• Aus der Einsicht in die Wirksamkeit mitgebrachter Schul- erfahrungen und Alltagstheorien heraus, war es ein ers- tes Ziel, die Studierenden bei ihren subjektiven Bildern von Schule abzuholen und diese kritisch zu reflektieren.

• Die vielfältigen, teils sehr gegensätzlichen Einblicke in die Komplexität der Schulwirklichkeit aller Schulstufen mussten im Gespräch ausgetauscht, geklärt und differen- ziert werden.

• Bei der Vorbereitung und Reflexion ihrer ersten «Auftrit- te» in der Schulpraxis erwarteten die Studierenden kon- krete methodische und stoffliche Unterstützung und er- mutigende Begleitung. Dabei galt es vor allem auch, ihre Berufsmotivationen zu bestätigen und zu überprüfen.

• Gleichzeitig sollten systematisch didaktische Begriffe und Modelle eingeführt und geklärt werden, auf welche die Fachdidaktiken anschliessend gerne aufgebaut hätten.

Als Hilfe zur Bewältigung dieser Komplexität wurden in gemeinsamer Entwicklungsarbeit «Didaktische Leitfragen»

(s. Seite 19) formuliert.5 Darin wurde versucht, eine ge- meinsame Sprache zu finden für Erfahrungsaustausch, ko- operative Planung und transparente Akzentsetzung in den verschiedenen Ausbildungssituationen. Die angestrebte Ko- ordination und Kontinuität von Grundausbildung, stufen- spezifischer Ausbildung und Berufseinführung gelang aber trotzdem höchstens ansatzweise. Die verschiedenen stu- fenspezifischen Ausbildungen suchten immer wieder nach eigenen Wegen, vermisste systematische und handlungs- wirksame Grundlagen zu schaffen. In diesem Ringen um eine verbindliche allgemeindidaktische Basis weckte die Beteiligung vieler Seminarlehrkräfte an der Entwicklung und Einführung des neuen Volksschullehrplanes zwischen 1987 und 1992 neue Erwartungen.

Referenzen

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