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DIE ERSTES DEUTSCHEN IN DER ROYAL SOCIETY IM 17

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Kapitel VI. Deutsehe in England im 17. Jahrhundert. 241 Im Jahre 1685 wurde B a r t h o l d H o l t z f u s , aus Pommern, Doctor Philosophiae von Frankfurt an der Oder, in Oxford aufgenommen, wohin ihn der Churfürst von Brandenburg geschickt.

Die Berichte Wood's enden leider mit dem Jahre 1690 und hiermit schliesst die Liste der deutschen Gelehrten und Studenten in Oxford, welche später gewiss ebenso grosse, viel- leicht grössere Dimensionen annahm.

§ 8.

DIE ERSTES DEUTSCHEN IN DER ROYAL SOCIETY IM 17. JAHR- HUNDERT. i

Dem 17. Jahrhundert gebührt die Ehre der Einführung eines systematischen Studiums der Naturwissenschaften. Bis dahin gab es keine Lehre der Kombination der Phänomene, kein System. Die allgemeinen Resultate, von denen eine Theorie geschaffen werden könnte, waren noch nicht aus der rohen Masse von Facta gezogen, die damals die Materialien für die Deduktionen der Philosophen bildeten. Aber die Befreiung der gefangenen Naturwissenschaften begann nach den Arbeiten von Bacon,Cartesius, Leibnitz, den Entdekungen von Galileo, Toricelli, Guerike, des grossen Newton, nachdem der Geschmack an dem Studium der Kräfte der Natur vermittelst Experimenten und durch Aka- demien verbreitet worden war. Dann Hessen die Schulen allmählig die Manie für Systeme ohne Facta, für Erklärungen ohne Basis, für Dispute um "Worte , für Kommentare über die Alten. Dann folgte Entdeckung auf Entdeckung, in allen Rich- tungen und fast jeden Tag. Dem lächerlichen Kauderwelsch, das bisher den Platz der Wissenschaft eingenommen, folgten überall der weisere Zweifel, die reine Eingebung von Facta und die Beobachtung. Alle Wissenschaften wurden sozusagen von vorn angefangen und diese Epoche von Arbeit und Forschung war die Geburtszeit der Akademien.

Im Jalire 1651 wurde die Academia del Cimento in Florenz gegründet und andere italienische Städte, wie Genua, Venedig, Pisa, Amalfi hatten schon ihre Akademien. In Deutschland

1 Historv of the Royal Society, by Charles Richard "Weld. 2 vol.

1848.

S c b a i b l e , Geschichte der Deutschen ia Eogland. 16

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242 Geschichte der Deutschen in England.

wurde, Januar 1652 die heute noch blühende „Academia Naturae Curiosorum" in der damals freien Stadt Schweinfurt gegründet, die e r s t e Akademie für Naturwissenschaften diesseits der Alpen.

In England wurde schon im Jahre 1645 die „Philosophical Society in London und Oxford gebildet, die aber erst 1662 sich als Gesellschaft fest begründete. Die Pariser Académie des Sciences wurde 1666 von Colbert gegründet aber erst 1713 durch königliches Patent inkorporirt.

Die jetzige Royal Society ging aus der erwähnten älteren Gesellschaft hervor, einer Privatgesellschaft Ge- lehrter in London, deren Hauptzweck Naturlehre, d. h.

Physik war. Sie kamen wöchentlich zu wissenschaftlichen Zwecken in London zusammen. Unter diesen Ahnen der Royal Society befand sich auch ein Deutscher, T h e o d o r H a a k , ein Pfälzer, welcher sogar diese Versammlungen vorschlug und veranlasste und daher als Stifter betrachtet werden kann. Später, 1648—49, trennte sich dieser Verein in zwei Zweige, in London und Oxford, von denen letzterer später einging, zuerst aber ein mächtiger Verbündeter des Londoner gewesen. Die Londoner Gesellschaft erhielt im Jahre 1662 das königliche Patent von Charles II. unter dem Namen „Royal Society". Vor dieser Zeit trug die Gesellschaft auch den Namen

„Occulta" oder „Invisibilis". Sie war ein Asyl der Gelehrten zur Zeit der trostlosen Zustände des Bürgerkrieges.

Unter denen die im Jahre 1645 eine leitende Rolle in der Gesellschaft spielten war ein Freund Haak's, Dr. J o h n W i l k i n s , später Bischof von Chester, damals Kaplan des Churfürsten der Pfalz in London, der zuerst die Versammlungen in seiner Woh- nung in Oxford abhielt.

T h e o d o r H a a k , geboren 1605, in Neuhausen bei Worms in der Pfalz, kam schon 1625 nach England, ging das- selbe Jahr nach Oxford, studirte daselbst ein halbes Jahr und besuchte dann Cambridge. Von da besuchte er mehrere Städte und Universitäten auf dem Kontinente, kehrte 1629 nach Oxford zurück, wohnte daselbst drei Jahre in Gloucester Hall und wurde bald vom Bischof von Exeter zum Priester geweiht. Als während des dreissigjährigen Krieges in England Mittel zur Unter- stützung der Nothleidenden in Deutschland gesammelt wurden, wurde Haak beauftragt, die gesammelten Summen nach Deutsch- land zu besorgen. Nach Ausbruch des Bürgerkrieges in England schien Haak zu Gunsten des Parlamentes gewesen zu sein, wohl

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Kapitel VI. Deutsche in England im 17. Jahrhundert. 243 in Folge seiner calvinistischen Erziehung und Neigungen. Da er die Einsamkeit liebte, so schlug er zwei ehrenvolle Anerbietungen aus, die eine die einer Sekretärstelle beim Pfalzgrafen, die andere die Stelle eines Geschäftsträgers für die Stadt Hamburg und für Friedrich II. von Dänemark. Als eine Versammlung von Theo- logen in AVestminster die holländischen Annotationen über die Bibel, welche 1637 erschienen, in's Englische übersetzt zu haben wünschte, ersuchte man Haak die Uebersetzung zu übernehmen und stellte ihm dafür gewisse Privilegien aus, u. a. das Monopol des Drucks und Verkaufs auf vierzehn Jahre. Das Werk, übersetzt von Iiaak, erschien unter dem Titel: „The Dutch Annotations upon the whole Bible, together with their Translation according to the Direction of the Synod of Dort, 1618". London 1657, 2 Vol. in fol. Nebst der Uebersetzung dieses grossen Werkes, hat Haak mehrere englische Werke praktischer Theologie in's Deutsche übersetzt, u. a.: „Of the Deceitfulnenss of Man's Heart", von Dan. Dyke; „The Christian's daily Walk" von Hen. Scudder; „The old Pilgrim" von Anon. Er übersetzte auch in's Deutsche in reimlosen Versen Milton's „Paradise Lost", welches, als es in die Hände von J. Sebald Fabricius, dem oben erwähnten berühmten Theologen von Heidelberg fiel, diesem so sehr gefiel, dass er in einem Briefe an den Uebersetzer diesem sagt: „incredibile est quantum nos omnes afficerit gravitas stili et copia lectissimorum verborum". Haak bereitete auch vor seinem Tode für die Presse eine Uebersetzung von etwa 3000 Sprichwörtern aus dem Deutschen in's Englische vor, und ebenso- vieler in das Deutsche vom Spanischen, „das sehr reich an weisen Sprüchen ist, von denen viele von den Arabern kommen".

Beobachtungen und Briefe von ihm finden sich in den „Philo- sophical Collections", welche im Mai 1682 publicirt wurden. Haak starb im Hause seines Verwandten Friedrich Slare oder Slear, Medicinae Doctor, in einer Seitengasse von Fetter-Lane 1690 und wurde in einem Gewölbe unter der Kanzel von St. Andrew's

Kirche, Holborn, bestattet. Der oben angeführte Dr. Anton Horneck hielt die Leichenrede, worin er Haak's Leben und Wirken her- vorhob. Haak war mit einer grossen Anzahl gelehrter und hoher Personen befreundet, unter andern mit Prinz Ruprecht von der Pfalz, Dr. Usher, Joh. Seiden, Dr. Prideaux, Dr. Wilkins.

Sein Hauptverdienst ist sein Antheil an der Gründung der Royal Society.

Ein anderer Deutscher hatte ebenfalls auf die Entwicklung

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244 Geschichte der Deutschen i n England.

des Studiums der Naturwissenschaften in England keinen geringen Einfluss. Es war dies S a m u e l H a r t l i b aus Elbing in Preussen, dessen Vorfahren von altem Adel waren und hohe Würden im deutschen Reiche bekleideten. Einige von ihnen waren Räthe des Kaisers und mehrerer Pürsten und einige bekleideten das Amt eines Syndikus von Augsburg und Nürnberg. Obwohl Hartlib als einer der Beförderer der Royal Society angeführt wird , so steht sein Namen nicht in der Liste der Gesellschaft. Er war 1600 geboren und kam etwa 1628 nach England, wo er sein Leben und sein bedeutendes Yermögen dem öffentlichen Wohl widmete. „Ich habe", sagt er in einem Briefe an Worthington, Vice-Kanzler von Cambridge, 1660, „jährlich von meinem eigenen Vermögen drei- bis vier- hundert Pfund gebraucht, seitdem ich in England lebe". Für damals eine hohe Summe. Er stand in intimem Verkehr mit den Höchsten und Gelehrtesten Englands und die Thätigkeit, die er entfaltete ist erstaunlich. Anfangs gründete und leitete er eine öffentliche Agentur in grossem Massstabe, zum Zweck

„das allgemeine Wohl der Menschheit in der freiesten und vorurtheilslosesten Weise zu befördern". Die Zahl der von ihm publicirten Werke ist sehr gross, sie belaufen sich auf zwei Duodecimos, zwei Octavos und etwa achtundzwanzig Quarto Abhandlungen verschiedener Art. Schon 1637 publicirte er in England sein erstes W e r k : „Conatuum Comenianorum praeludia", und 1639: „Comenii Pansophiae prodromus";

1642 eine Uebersetzung des Werkes von Comenius über Schul- reform und 1648 ein anderes. Hartlib errichtete eine sogen.

Akademie auf originellen Principien für die Erziehung der Kinder der höheren Klasse. Veranlasst durch ihn berief das englische Parlament Comenius um die englischen Schulen zu reformiren. In Folge dessen wahrscheinlich widmete ihm 1644 Milton sein berühmtes Werk • „Tractate on Education", worin er Hartlib u. a. folgendermassen anredet: „I am long since persuaded, that to say, or to do aught worth memory and imitation, no purpose or respect should sooner move us, than simply the love of God, and of mankind. Nevertheless, to write now the reforming of Education, though it be one of the greatest and noblest designs that can be thought on, and for the want whereof this nation perishes, I h a d not y e t a t t h i s t i m e b e e n i n d u c e d , b u t a t y o u r e a r n e s t e n t r e a t i e s a n d s e r i o u s c o n j u r e m e n t s etc."

Hartlib widmete nicht allein der Erziehung seine Aufmerksamkeit. Zwischen 1641 und 1647 publicirte er mehrere

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Kapitel VI. Deutsche in England im 17. Jahrhundert. 2 4 5

Abhandlungen über die religiösen Kontroversfragen der Zeit.

Aber eines seiner Hauptverdienste war sein Einiluss auf die Hebung der Landwirtschaft in England. In 1645 publicirte er den „Discourse of Flanders husbandry" und in 1652 „Legacy;

or an enlargement on the discourse of husbandry used in Bra- bant und Flanders". Beide dieser Werke gaben der Hebung englischer Agrikultur einen gewaltigen Anstoss. Für das letztere dieser Werke soll Cromwell dem Autor eine Jahresrente von 100 Pfund verliehen haben.

Schon 1648 arbeitete Hartlib an der Gründung einer An- stalt um besondere Zweige der Wissenschaften zu pflegen. Er hatte den Plan eine Gewerbeschule (College of Artisans) anzulegen.

Es ist unmöglich an dieser Stelle den philanthropischen Arbeiten dieses ausgezeichneten Deutschen Gerechtigkeit wider- fahren zu lassen. Er wurde ein Märtyrer für seine Menschen- liebe. Er verbrauchte sein grosses Vermögen. Als Freund Milton's und Pensionär Cromwell's wurde er zur Zeit der Restau- ration vernachlässigt und arm und krank, starb er unbekannt und vergessen.

Milton nannte Hartlib „einen Mann, von der Vorsehung von einem fernen Lande hieher gesandt, um Gelegenheit und Anregung grosser Wohlthaten für diese Insel zu sein'*. Hartlib war kaum sechszehn Jahre in England, als seine Popularität so gross war, dass Milton von ihm sagte er wäre „berühmt bei den Weisesten".

„Samuel Hartlib's Leben", sagt ein Biograph, „erregt unsere Bewunderung. Unter grossen persönlichen Nachtheilen, zugleich in Opposition mit dem widerstrebenden Einfluss einer aus- schweifenden, lüderlichen Zeit, that er Wunder um die Lage der Gesellschaft zu heben, mit wenig anderer Ermuthigung, als der Billigung seines eigenen Gewissens. Er war ein glänzendes Beispiel der erstaunlichen Masse des Guten, das ein Individuum durch einen gleichmässigen und unermüdlichen Eifer für Be- förderung eines grossen, wohlerwogenen Zweckes stiften kann, wenn Uneigennützigkeit die Triebfeder und der Zweck die Wohl- fahrt der Menschheit sind".

Ueber diesen vortrefflichen Deutschen hat Professor Dr.

Friedrich Althaus in London eine interessante Biographie im

„Historischen Taschenbuch" und auch in Separatabdruck ver- öffentlicht, auf welche ich hinweise: „Samuel Hartlib. Ein deutsch- englisches Charakterbild, von Fr. Althaus in London". Leipzig, F. A. Brockhaus. 1883.

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246 Geschichte der Deutschen in England.

Ein Memorandum vom 28. November 1660, der erste officielle Bericht i. e. „Record of the Royal Society", enthält unter den e r s t e n Mitgliedern einen andern Deutschen, der bei der Grün- dung und Entwicklung der Gesellschaft eine bedeutende Rolle spielte, es war dies: H e i n r i c h O l d e n b u r g von Bremen.

Oldenburg, der zuweilen auch seinen Namen rückwärts

„Grubendol" schrieb, war während des sogen, langen Parla- ments unter Charles I . , Konsul für seine Heimat in London.

Nachdem er diesen Posten verlassen, wurde er Erzieher von Lord Henry Obrian, einem irischen Edelmanne, mit dem er die Universität Oxford besuchte, wo ihm gestattet wurde in der Bodley'schen Bibliothek zu studiren. Dies war 1656, als Cromwell Vice-Kanzler war. In diesem Jahre immatrikulirte er in Oxford unter dem Namen und Titel: Henricus Oldenburg, Bremensis, nobilis Saxo. Er wurde später Erzieher von William Lord Cavendish und mit Milton bekannt. Unter Milton's

„ E p i s t o l a e f a m i l i a r e s " , befinden sich vier Briefe von Oldenburg. Er vcrliess Oxford und ging nach Frankreich, kehrte aber 1661 nach England zurück.

Während seines Aufenthaltes in Oxford wurde er mit mehreren Mitgliedern der Gesellschaft daselbst bekannt, aus welchen die Royal Society hervorging. Im Jahre 1662, am 13. August, ver- las Oldenburg das königliche Patent in der Versammlung und fungirte von da an als Sekretär der Gesellschaft, von der er einer der ersten Fellows war. In der Charta prima der Gesell- schaft von Charles II., 1662, wird unter den ersten Gründern:

„Henricus Oldenburg, Armígeras" , erst als Mitglied des Council, dann als e r s t e r Sekretär der Gesellschaft auf- geführt. In der Charta Secunda von Charles I I . , 1663 ist er wieder als Mitglied des Council und als erster Sekretär aufgeführt. Sieben Jahre lang leistete er der Gesellschaft seine Dienste unentgeldlich, mit Ausnahme dass er zu seinem eigenen Vortheil die „Philosophical Transactions" auf Anordnung des Council der Royal Society verfassen und 1664 veröffentlichen durfte, als deren Urheber er demnach mit Recht betrachtet wird. Er widmete dies Werk der Royal Society. Das franzö- sische „Journal des Sgavans", 1665 publicirte es grösstentheils in Uebersetzung. Der Vorkauf einer so gelehrten Publikation brachte aber dem Herausgeber keinen Profit und von 1669 bis zu seinem Tode erhielt er daher einen Gehalt von 40 P f u n d per ann-um.

Um obiges W e r k mit grösstmög'lichem Ruhme für die Gesell-

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Kapitel VI. Deutsche in England im 17. Jahrhundert. 247 schaft auszuführen, unterhielt er eine Korrespondenz mit mehr als siebzig Gelehrten und Andern, über eine Varietät von Gegen- ständen, und in verschiedenen Theilen der Welt. Diese ermüdende Arbeit wäre unerträglich gewesen, hätte er nicht, wie er Dr.

Lister sagte, es so eingerichtet, dass ein Brief den andern be- antwortete, und dass, um stets frisch zu sein, er nie einen Brief las, ehe er die Feder in der Hand hatte, bereit denselben so- fort zu beantworten, so dass die Menge seiner Briefe ihn nicht überbürdete, und sich nie anhäufte. Unter Andern war er ein beständiger Korrespondent von Robert Boyle, mit dem er sehr befreundet war, und von dem er mehrere Werke in's Lateinische übersetzte.

Oldenburg war in seinem Pflichtgefühl und in seiner Treue das Musterbild eines Deutschen. Als die Pest in London ausbrach, flüchteten sich alle Fellows der Royal Society auf das Land und die Versammlungen hörten während dieser Zeit auf. Aber Olden- burg blieb in seinem Hause in Pall Mall während der ganzen Zeit als die Pest wüthete und setzte seine Korrespondenz mit Boyle u. A. über wissenschaftliche Gegenstände fort (Weld, 1. c.

I. p. 183).

Durch seine Bemühungen erhielt die Royal Society viele Ge- schenke von fremden Ländern. Er war unermüdlich in seiner Korre- spondenz mit ausgezeichneten Fremden in Deutschland, Frank- reich, Italien über die verschiedensten Zweige der Naturwissen- schaften. Aber gerade seino so ausgedehnte Korrespondenz mit dem Auslande setzte ihn in den Verdacht, dass er den Feinden des Königs Charles II. politische Nachrichten gebe.

Vom 30. Mai bis 3. Oktober 1667 wurden die Versammlungen der Royal Society ausgesetzt in Folge der Verhaftung und Einsper- rung von Oldenburg im Tower. Seine Unschuld wurde aber dargetban und nach drei Monaten wurde er wieder in Freiheit gesetzt.

Von dieser Zeit bis zu seinem Tode widmete er alle Kräfte, all seine Zeit der Royal Society. Von Anfang an (1662) erhielt er im Ganzen nur 40 Pfund Entschädigung und erst im Juni 1669 empfing er einen Gehalt von 40 Pfund jährlich. Die „Trans- actions" fuhr er fort bis Nr. 36, Juni 25. 1677 herauszugeben, worauf die Publikation bis zum folgenden Jahre unterbrochen werden musste. Oldenburg starb nämlich plötzlich im August 1677 in seinem Hause in Old Charlton, Kent, und wurde daselbst in der noch bestehenden Kirche bestattet. Er hinterliess einen Sohn, R u p e r t genannt, dessen Pathe Prinz Ruprecht von

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248 Geschichte der Deutschen ¡11 England.

der Pfalz war, und eine Tochter, Namens Sophie. Seine Ge- mahlin war die Tochter des berühmten schottischen Theologen JohnDurie, des Freundes und Korrespondenten von SamuelHartlib.

Nebst den Transactions und andern "Werken, sind noch folgende Uebersetzungen von ihm in's E n g l i s c h e zu erwähnen:

„The Prodromus to a Dissertation by Nich. Steno, concerning Solids naturally contained within Solids etc." 1671. — „A Genuine Explication of the Book of Revelation etc." 1671 geschrieben von A. B. Piganeus. — «The Life of the Duchess of Mazarine"

aus dem Französischen.

In einer Ode zum Lobe Oldenburg's hiess er „der aus- gezeichnete, arbeitsame und genaue Oldenburg". Weld, der Histo- riker der Royal Society, nennt seinen Tod e i n e n h e r b e n V e r - l u s t für die Gesellschaft und sagt, dass er von 1662 bis zu seinem Ende in der Ausführung seines Amtes als Sekretär un- ermüdlich war.

Unter den ersten Fellows der Royal Society befinden sich noch einige Deutsche, u. A. P r i n z R u p e r t , (Ruprecht), v o n d e r P f a l z . Dieser lieferte nicht nur Beiträge zu den Samm- lungen der Gesellschaft, sondern brachte, nach der Restauration, als Governor von Windsor Castle, seine Mussestunden mit Malen, Bildstechen, mechanischen und chemischen Experimenten zu.

Rupert soll der Erfinder des sogen. Pinchbeck oder Prinzenmetalls und der sonderbaren Glasblasen, bekannt als „Rupert's Drops", gewesen sein.

Nikolaus M e r c a t o r , (oder Kaufmann), Holsteiner, ein eminenter Mathematiker und Astronom, heute noch mit grosser Achtung genannt, kam um die Zeit der Restauration nach Eng- land und wurde Fellow der Royal Society. Mehrere Werke über Astronomie und Mathematik wurden von ihm zu London publicirt, und einige Arbeiten von ihm befinden sich in den Philosophical Transactions der Royal Society. Er starb in Eng- land, in welchem Jahre ist nicht bekannt. Er war einer der- jenigen, welche die Astrologie weder annahmen noch verwarfen.

Man sagte er habe sich bemüht, sie auf rationelle Principien zu reduciren, was dasselbe ist als mit Verstand verrückt zu sein.

H e n r y J e n k s , in Wood's Athenae als „Anglo-Borussus"

bezeichnet und welcher 1697 in Cambridge starb, war ebenfalls Fellow der Royal Society. Ueber seine Stellung und Wirksam- keit ist § 7 Näheres zu finden.

Auch unter den ersten auswärtigen Fellows, die England als Gäste besuchten, waren Deutsche. Der grösste unter ihnen

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Kapitel VI. Deutsche in Eneland im 17. J a h r h u n d e r t . 249 war L e i b n i t z , der im Jahre 1673 nach England kam und mit Oldenburg und andern Naturforschern der Royal Society u. A.

Wallis, Boyle, John Collins, dem grossen Newton bekannt wurdeT

mit dem er in Briefwechsel stand. Leibnitz war vor seinem Be- suche Englands schon zum Fellow der Gesellschaft ernannt worden. Er blieb vier Jahre in England, besuchte die Ver- sammlungen der Royal Society, wo er seine Rechenmaschine zeigte und kehrte mit einem Schatze von Kenntnissen und Be- obachtungen in die Heimat zurück. Später besuchte er England noch einmal. Bald entstand die grosse Kontroverse zwischen England und Deutschland wegen der ersten Erfindung de»

„Calculus Differentialis", welche die Gemüther beider Länder so lange erregte. Nach langem Streit wurde die Erfindung endlich beiden, Newton und Leibnitz als unabhängige Erfindung zugesprochen und zwar von Newton, selbst in seinen „Principia".

Eine interessante Beschreibung dieses Gelehrtenkampfes gibt Weld in seiner Geschichte der Royal Society. Man erwählte in der ersten Zeit ein Commité zur Untersuchung obiger Streit- frage, in dem auch der damalige preussische Gesandte Bonet als Mitglied sass.

Ein anderer deutscher Astronom von grossem Ruhme be- suchte England und wurde schon 1664, kurze Zeit nach der Gründung, zum Mitgliede der Royal Society erwählt. Es war dies J o h a n n H e v e l i u s von Danzig.

Die Sitzungen der Royal Society wurden von den meisten hohen Besuchern Englands heimgesucht. Die Experimente die man daselbst machte und die Sammlungen von Kuriositäten, von denen man heutzutage manche nur noch in Jahrmarktsbuden findet, zogen damals gewaltig an. Zu den deutschen Besuchern der Gesellschaft gehörte u. A. 1678 der Gesandte des Herzogs von Sachsen, Graf von Zinzendorp, den Evelyn F. R. S., in seinen Memoiren als einen sehr schönen jungen Mann anführt.

Aber viel interessanter als solche Besuche neugieriger Granden waren die Besuche fremder Gelehrter und die Versuche und Experimente mit ihren Erfindungen in der Royal Society. Ein sehr interessanter Fall der Art findet sich in Weld's Geschichte beschrieben. Am 11. Februar 1708 brachte Dr. Papin, mit Empfehlungen von Leibnitz, eine höchst merkwürdige Erfindung vor die Royal Society, nämlich eine D a m p f m a s c h i n e um m i t D a m p f S c h i f f e zu b e w e g e n . Landgraf Karl von Hessen liess diese Maschine in Kassel zuerst ausführen und

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250 Geschichte der Deutschen in England.

probiren. Das Kasseler Schiff hiess: „Retorte". Es war dies die erste Dampfmaschine um Schiffe zu treiben. Allerdings wird die erste hydraulische Maschine oder Dampfmaschine „to drive water by fire" dem Marquis of "Worcester, Lord Somerset zuge- schrieben. Diese aber schien nur zum Löschen von Feuer bestimmt gewesen zu sein. Schon seit einiger Zeit hatte man iti England Versuche mit sogen. „Engines of Motion" gemacht. Derjenige der sich besonders mit solchen Versuchen beschäftigte, war der schon erwähnte Samuel Hartlib, welcher im Jahre 1652 schon eine Broschüre betitelt „An Invention of Engines of Motion" herausgab.

Samuel Hartlib korrespondirte zwischen den Jahren 1647 und 1659 mit Boyle F. R. S. über viele Experimente und Er- findungen unter andern die der Deutschen B e c k e r und „Kuffler".

Es ist mir nicht gelungen Näheres über diese Erfindungen zu er- fahren, die jedenfalls vor die Royal Society kamen. Evelyn ein hervorragendes Mitglied derselben erwähnt 1666 in seinen Memoiren eines „Dr.Keffler", den er besuchte, Schwiegersohns des berühmten Physikers und Mechanikers Cornelius Drebbell. Evelyn sah bei dieser Gelegenheit Keffler's auch eiserne Oefen, welche für die Armee des Prinzen von Oranien früher tragbar gemacht worden waren. Er suppirte darauf im R h e n i s h - W i n e h o u s e im Stahlhofe, ein Umstand, der offenbar Eindruck auf ihn machte um dessen in seinen Memoiren zu erwähnen.

Samuel Pepys, ein anderes Mitglied der Royal Society erwähnt in seinem berühmten Diary, (Tagebuch) im Jahre 1661—62, eines Deutschen „Dr. Knufflera der eine Maschine

«rfand S c h i f f e in d i e L u f t z u s p r e n g e n und sich da- mals in London befand um dem König sein Geheimniss an- zubieten.

Wer der oben erwähnte B e c k e r war, über dessen Er- findung Hartlib mit Boyle korrespondirte ist mir nicht bekannt.

Er war der Erfinder eines „perpetuum mobile", das damals noch alle Gelehrten ernstlich beschäftigte. Es war aber zur selben Zeit ein Deutscher in England dessen Namen sehr ähnlich ist, nämlich J o h a n n J o a c h i m B e c h e r von Speier. Dieser beschäftigte sich mit technischer Chemie und hatte verschiedene Anstellungen

in Deutschland gehabt. In Wien fiel er in Ungnade und kam, oder floh vielmehr über Holland nach England. Hier beschäftigte er sich mit grossen Minenoperationen, starb aber schon 1682, im Alter von siebenundvierzig Jahren, im Verdacht sein Ende veranlasst zu haben. Becher hatte, trotz aller Vorwürfe die man ihm machte, bleibende Verdienste um die Chemie, die er zuerst in wissen-

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Kapitel VI. Deutsche in England im 17. Jahrhundert. 251 schaftliche Form brachte. Dies war besonders der Zweck seines wichtigsten Werkes: „Physica subterránea" 1664. Becher hat nebstdem eine Reihe verschiedener Werke veröffentlicht, wo- runter eines in London, 1680: „De nova temporis metiendi Ratione".

W i l h e l m H o m b e r g , C h e m i k e r , war weder ständig in England noch Mitglied der Royal Society. Aber er arbeitete mit einem der ausgezeichnetsten Mitglieder der Gesellschaft und kam so in direkte Verbindung mit ihr. Homberg war 1652 inBatavia geboren, Sohn eines sächsischen Flüchtlings, welcher Komman- dant der Citadelle war. Seine Familie kehrte nach Deutschland zurück, und der junge Homberg studirte die Rechte in Leipzig, widmete aber der Botanik und Astronomie mehr Aufmerksam- keit. Er prakticirte in Magdeburg als Advokat, gab aber seinen Beruf bald auf und studirte in Italien Medicin, Chemie, Optik und selbst Malerei, Skulptur und Musik. Er kam darauf nach England, wo er im Laboratorium von Boyle arbeitete. Nach längern Reisen in Deutschland und Schweden kam er nach Paris, wo er 1682 katholisch wurde. Dann ging er nach Rom, wo er als Arzt prakticirte, kehrte nach Paris zurück und wurde Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Direktor von deren Laboratorium. Er starb 1715. Obgleich nicht originell, war er einer der gelehrtesten Chemiker seiner Zeit.

Ein hochverdienter deutscher Naturforscher, der in diesem Jahrhunderte für das Land seiner Adoption wirkte, war J a k o b B o b a r t, B o t a n i k e r , geboren in Braunschweig und verstorben in Oxford, 1679 im Alter von einundachtzig Jahren. Bobart war der e r s t e Superintendent des botanischen Gartens in Oxford, welcher im Jahre 1632 durch den Grafen von Derby angelegt worden war.

Unser Landsmann veröffentlichte einen Katalog der medicinischen Pflanzen, die im Garten von Oxford kultivirt wurden.

Sein Sohn Jakob war ebenfalls berühmter Botaniker, folgte seinem Yater als Superintendent des botanischen Gartens nach und half ihm bei der Herausgabe des „Catalogus plantarum horti medici Oxoniensis". Linne nannte ein Genus der „Cyperaceae"

in Ehre der beiden Bobart.

§ 9-

DEUTSCHE KÜNSTLER IN ENGLAND IM 17. JAHRHUNDERT.

Wahrend die bildende Kunst, besonders die Malerei und Kupferstecherkunst, eine lange Reihe bedeutender Deutscher in

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