Caliari 580
Caliari, Gabriele (Gabriele Antonio), ital. Maler, Zeich
ner, get. 7. 9. 1568 Venedig, t 1631 (lt. Ridolfi). Älte
ster Sohn des Paolo Veronese. Seine Mitarb, erstreckt sich hauptsächl. auf die väterl. Wkst., etwa ab 1580, wenn nicht früher. 15. 6. 1598 °° Angela Galini (Trauzeugen: Maler Pace Pace, Bildhauer Girolamo Campagna; cf. Bratti). Lt.
Ridolfi voll. C. nach dem Tode seines Vaters (1588), seines Bruders Carletto (1596) und seines Onkels Benedetto (1598) einige Werke und betätigte sich eine gewisse Zeit als Händ
ler, ohne seine künstler. Tätigkeit ganz aufzugeben. Dafür sprechen zwei Indizen: der Hinweis von Marco Boschini, daß er bei C. gearbeitet habe, zweitens das Gern. Der Emp
fang der persischen Gesandtschaft (Pal. Ducale), welches ein hist. Ereignis vom 5. 5. 1603 darstellt (Rizzi). Ridolfi erwähnt ferner, daß C. viele Portr. gemalt habe sowie wert
volle Pastelle. Gegenwärtig besitzen wir jedoch noch keine ausreichenden Stilist. Kriterien, seine Hand einigermaßen zuverlässig in dem großen Bestand an Öl-Portr. und Pastell- Zchngn der Veronese-Werkstatt, die heute fast pauschal Car
letto C. zugeschr. werden, zu erkennen. Als allg. Ausgangs
punkt für eine stilkrit. Bestimmung C.s gilt das Altarbild in der Pfarrk. zu Liettoli, sign. „Gabriele di Paulo Caliari Vero
nese F.“ (Crosato Larcher). Zeitl. in die Nähe müssen die Decken-Gem. für das Refektorium von S. Giacomo alla Giu- decca gerückt werden, die aufgrund zweier Zahlungs-Dok.
von C. in die Jahre 1590/91 dat. werden können (Moschini Marconi II, 1962; Sarpi, Kat. 1983), die aber eine Gemein
schaftsarbeit von C„ Carletto und Benedetto C. sind. Damit ist die Veronese-Forsch, im Bes. einer Handschriftenprobe von C„ die sich für die hartnäckigen Zuschr.- und Dat.- Probleme insbesondere des Zeichner. CEuvres als nützlich erweist. Als Künstler ist C. der schwächste der Farn.; die Köpfe sind meist schemat. und steif, zaghaft und mechan.
gesetzte Lichter wechseln sich mit pastös gesetzten Höhun
gen ab. Die Figuren wirken stat., flach und maskenhaft, die Hände meist summarisch und konturbetont. Seine Maltech
nik ist sehr einfach und wenig differenziert. Da es ihm sel
ten gelingt, eine Figur wirklich plast. erscheinen zu lassen, muß er stattdessen zu Konturen, Linien und harten Schat
ten greifen, um einen Anschein von plast. Binnengliederung zu erreichen. Die Variationsbreite C.s in der Erfindung von Körperhaltungen und Figurenordnungen ist relativ begrenzt.
Häufig greift er auf kaum veränderte Wkst.-Vorlagen zurück.
Höhungen in der Farbe sind funktionslos und nur Zitate oder Nachahmungsversuche der Chromatik des Vaters, die sich kaum oder gar nicht in die darunterliegende Lokalfarbe ein
binden und zu stark ornamentaler Eigenwertigkeit neigen.
C. variiert das Erlernte, ohne, wie sein jüngerer Bruder, mit der Komp, zu experimentieren. - Das Zeichner. (Euvre C.s ist bis heute kaum erforscht und enthält viele Fragezeichen.
Tietze/Tietze-Conrat führen drei Zchngn an, von denen al
lerdings eine (Nr 2214) mittlerweile Giovanni Mauro della Rovere zugeschr. wird. Einen ersten Ausgangspunkt für die Rekonstr. der Federzeichnungen C.s bietet eine Zchng in Christ Church, Oxford, aus der Slg von Carlo Ridolfi (Byam Shaw) mit Ridolfis Vermerk „Gabriel Caliari no i“. Stilist, steht dieses Bl. allen Zchngn von Paolo Veronese und Be
nedetto C. fern. Es paßt dagegen sehr gut mit dem Rauh der Sabinerinnen (Louvre) zusammen. Aufgrund dieser Kennt
nisse lassen sich versuchsweise drei weitere Federzeichnun
gen aus dem engsten Umkreis Paolo Veroneses an C. zu
schreiben: der Entwurf für eine Wandgliederung mit zwei Loggien (Stockholm, NM), eine Studie für einen Raub der Europa (Oxford, Ashmolean Mus.) sowie eine Zchng nach dem Marlyrum des hl. Menna in Tricesimo (Slg Miotti).
m Gern.: LlETTOLl/Padua, Pfarrk.: Hl. Maria, Hl. Anna, Gottvater und zwei Engel, sign., um 1590. SALETTO, Pfarrk:
Rosenkranzmadonna. Venedig, Accad.: Deckengemälde für das Refektorium von S. Giacomo alla Giudecca, 1590/91. - Pal. Ducale, Sala dello Quattro Porte: Der Empfang der pers. Gesandtschaft, 1603. Verona, Municipio: Gastmahl im Hause des Pharisäers, um 1590/91 (zus. mit Carletto und Benedetto C.). cn ThB5, 1911. Donzelli/Pilo, 1967; DBI XVI, 1973. - C. Ridolfi, Le Maraviglie dell'Arte (1648), ed.
D. v. Hudeln, I, B. 1914, 361 s.; M. Boschini, La Carta del Navegar Pitoresco (1660), ed. A. Pallucchini, Ve./R. 1966, 734; R. Bratti, Nuovo arch. veneto, N. S„ 15:1915 (30/
2) 451; Venturi IX. 4, 1929, 1099-1108; H. Tietze/E. Ttetze- Conrat, The drawings of the Venetian painters in the 15th and 16th c„ N. Y. 1944, Nr 2213-2215; L. Crosato Lar
cher, Arte veneta 18:1964, 174 s.; J. Byam Shaw, Drawings by old masters at Christ Church Oxford, Ox. 1976, Nr 798, Abb. 487; A. Rizzi, in: Quad. della Sopraintendenza ai beni artist. e stör, di Venezia 8:1979, 121-129; R. Pallucchini, La pitt. venez. del Seicento, Mi. 1981, 22; U. Franzoi, Storia e leggenda del Pal. Ducale di Venezia, Ve. 1982, 100, 250 s.;
L. Anelli, Brixia Sacra 18:1983 (1) 20-22; Fra Paolo Sarpi e i Servi di Maria a Venezia nel 750°anniversario dell’Ordine (K), Ve. 1983, 90 s.; T. Pignatti/F. Pedrocco, Veronese, I- II, Mi, 1995; H. D. Huber, Paolo Veronese. Kunst als soz.
System, Kap. 3 (in Vorbereitung) H. D. Huber