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Die Interaktion von Alphaxalon mit neuronalen und skelettmuskulären Isoformen des spannungsabhängigen Natriumkanals

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Academic year: 2022

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Die Interaktion von Alphaxalon mit

neuronalen und skelettmuskulären Isoformen des spannungsabhängigen

Natriumkanals

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades eines Doktors der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae –

( Dr. med. vet. )

vorgelegt von Igor Pilawski

Kattowitz

Hannover 2012

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Klinik für Kleintiere

PD Dr. Jörg Ahrens

Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Medizinische Hochschule Hannover

1. Gutachterin: Prof. Dr. Sabine Kästner

2. Gutachterin: PD Dr. Manuela Gernert

Tag der mündlichen Prüfung: 16.04.12

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Meinen Eltern und Stiefeltern

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Auszüge der Arbeit wurden auf der Spring AVA Conference (Cambridge, 2010), dem Unincorporated Channel Meeting (München, 2010) und dem Deutschen Anästhesiekongress (Nürnberg, 2010) vorgestellt.

Die Studie wurde 2012 im Fachjournal „Pharmacology“ unter dem Titel „Interaction of alfaxalone with the neuronal and skeletal muscle sodium channel“ publiziert.

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1. EINLEITUNG ... 11

2. LITERATURÜBERSICHT ... 14

2.1. PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN ... 14

2.1.1. Erregungsbildung und –weiterleitung ... 14

2.1.1.1. Das Ruhemembranpotential ... 14

2.1.1.2. Das Aktionspotential ... 15

2.1.1.3. Die Refraktärperioden ... 17

2.1.2. Ionenkanäle ... 18

2.1.3. Der spannungsgesteuerte Natriumkanal ... 18

2.1.3.1. Einleitung... 18

2.1.3.2. Aufbau ... 19

2.1.3.3. Physiologie ... 20

2.1.3.4. NaV-Subtypen ... 22

2.2. DIEPATCH-CLAMP-TECHNIK ... 23

2.3. NEUROAKTIVESTEROIDE ... 25

2.3.1. Definition und Biosynthese ... 25

2.3.2. Geschichte der Neurosteroide in der Anästhesie ... 26

2.3.3. Interaktion am GABAA-Rezeptor ... 28

2.3.4. Alphaxalon ... 30

2.3.4.1. Chemie, Pharmakokinetik, Pharmakodynamik ... 30

2.3.4.2. Klinisches Profil: Kleintiere ... 31

2.3.4.3. Klinisches Profil: Reptilien ... 32

2.4. CYCLODEXTRINE ... 33

2.5. LIDOCAINELEKTROPHYSIOLOGISCHESPROFIL ... 33

3. MATERIAL UND METHODEN ... 37

3.1. MESSPRINZIPDERPATCH-CLAMP-TECHNIK ... 37

3.2. DURCHFÜHRUNGEINESEXPERIMENTS ... 38

3.3. SIMULATIONSPROTOKOLLEUNDDATENERHEBUNG ... 39

3.3.1. Allgemeines Prinzip ... 39

3.3.2. Verwendete Pulsprogramme ... 41

3.3.2.1. Resting-State-Affinity ... 41

3.3.2.2. Fast-Inactivated-State-Affinity ... 42

(6)

3.4. TESTSUBSTANZEN ... 51

3.5. VERWENDETELÖSUNGEN ... 52

3.6. TRANSFEKTION,KANALEXPRESSIONUNDSELEKTION ... 53

3.7. ZELLENUNDZELLKULTUR ... 54

4. ERGEBNISSE ... 55

4.1. RESTING-STATE-AFFINITY... 55

4.2. FAST-INACTIVATED-STATE-AFFINITY ... 58

4.3. SLOW-INACTIVATED-STATEAFFINITY ... 60

4.4. USE-DEPENDENTBLOCK ... 62

4.5. VOLTAGE-DEPENDENCEOFACTIVATION ... 63

5. DISKUSSION ... 65

6. ZUSAMMENFASSUNG ... 73

7. SUMMARY ... 74

8. LITERATURVERZEICHNIS ... 75

9. ANHANG ... 111

9.1. AUFBAUDESMESSSTANDES ... 111

9.2. PIPETTEN ... 115

(7)

Abb. 1: Histologische Darstellung der Wirbelsäule im Bereich der Injektionsstelle ... 12

Abb. 2: Schematische Darstellung des Aktionspotentials ... 16

Abb. 3: Schema der Natriumkanalzustände – „Modulated –Receptor- Model“ nach HILLE ... 20

Abb. 4: Strukturformel von Alphaxalon und Progesteron ... 30

Abb. 5: Strukturformel Lidocain ... 34

Abb. 6: Schematische Darstellung der Gegebenheiten beim Patch-Vorgang ... 38

Abb. 7: Spannungsverlauf zur Evaluierung der Affinität der Testsubstanzen für den ruhend aktivierbaren Natriumkanal ... 41

Abb. 8: Die Hill-Gleichung ... 42

Abb. 9: Spannungsverlauf zur Ermittlung der Affinität zu schnell inaktivierten Kanälen……. . ... 43

Abb. 10: Schnelle Inaktivierung: Hypothetischer Strom-Spannungsverlauf in Kontrolle und Test ... 44

Abb. 11: Die Bolzmann-Gleichung ... 45

Abb. 12: Spannungsverläufe zur Evaluierung der Wirkung auf langsam inaktivierte Natriumkanäle ... 47

Abb. 13: Potentialverläufe zur Charakterisierung des frequenzabhängigen Blocks ... 48

Abb. 14: Potentialverlauf zur Erfassung der Spannungsabhängigkeit der Aktivierung ... 51

Abb. 15: Dosis-Wirkungskurven zum Blockadeeffekt an ruhenden NaV 1.2 und NaV 1.4 ... 56

Abb. 16: Stromspuren-Exporte zu repräsentativen Messungen an NaV 1.2 und NaV 1.4 ... 57

Abb. 17: Dosis-Wirkungskurve zur Darstellung des Blockadeeffekte durch Lidocain an ruhenden NaV 1.2 ... 58

Abb. 18: Kanalverfügbarkeitskurven der schnellen Inaktivierung für 100 µM Alphaxalon ... 59

Abb. 19: Kanalverfügbarkeitskurven der schnellen Inaktivierung für 100 µM und 300 µM Lidocain ... 60

Abb. 20: Dosis-Wirkungskurve für Alphaxalon an langsam inaktivierten NaV 1.2 ... 61

Abb. 21: Dosis-Wirkungskurve für Lidocain an langsam inaktivierten NaV 1.2 ... 62

Abb. 22: Repräsentative Spuren-Exporte zur Darstellung des phasischen Blocks bei -70 mV und 10 Hz ... 63

Abb. 23: Messstand und Applikationseinheit ... 111

Abb. 24: Pipettenhalter und Messkammer ... 112

Abb. 25: Mikroskopische Darstellung der Pipettenspitze im Moment der Zellkontaktaufnahme ... 113

Abb. 26: Die Applikationsvorrichtung ... 115

Abb. 27: Pipettenziehgerät (Puller) ... 116

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AP Aktionspotential

Art. Artikel

C Konzentration der Testsubstanz

CO2 Kohlenstoffdioxid

DMCD (2,6-di-O-methyl-)Cyclodextrin EC50 Mittlere effektive Konzentration

F Faraday´sche Konstante

FA Firma

g Gramm

G Gaskonstante

GABA γ-Aminobuttersäure

HEK Human Embryonic Kidney

HPCD 2-Hydroxypropyl-β-Cyclodextrin

Hz Hertz

IC50 Mittlere inhibitorische Konzentration

I/Imax Unter Testsubstanzapplikation gemessener Strom, normalisiert auf den Spitzenstrom in der Kontrolle

Imax Maximalstrom

INa Natriumstrom

ITest Teststrom

K+ Kalium

kg Kilogramm

KGW Körpergewicht

kHz Kilohertz

L Liter

mg Milligramm

min Minute

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nA Nanoampère

Na+ Natrium

NaV Spannungsgesteuerter (voltage-gated) Natriumkanal

nH Hill-Koeffizient

Nr. Nummer

mV Millivolt

pF Pikofarad

PNS Peripheres Nervensystem

RMP Ruhemembranpotential

V0,5 Membranpotential der halbmaximalen Kanalverfügbarkeit

ZNS Zentralnervensystem

β-CD β-Cyclodextine

µm Mikrometer

µM Mikromol

°C Grad Celsius

∆V0,5 Verschiebung der Kanalverfügbarkeitskurve

(10)
(11)

11

1. EINLEITUNG

Die vorliegende Studie befasst sich mit der Fragestellung, ob das neuroaktive Steroid Alphaxalon durch eine Interaktion mit spannungsabhängigen Natriumkanälen über eine lokal- anästhetische Wirkungskomponente verfügt.

Die Idee zur Charakterisierung des elektrophysiologischen Wirkungsprofils des Neurosteroids entstand nach der Beobachtung unerwarteter Nebenwirkungen nach Allgemeinanästhesien mit Alphaxalon an der Tierärztlichen Hochschule Hannover: Bei der Evaluierung adäquater Nar- koseregime für Schildkröten zeigten 13 der 36 Vertreter der Familien Testundinidae und Emydidae nach Applikation von Alphaxalon in die dorsale Schwanzvene (Vena coccygealis dorsalis) eine temporäre Paralyse und Empfindungslosigkeit der Hintergliedmaßen. Indes schien das Medikament keinen Einfluss auf Kopf oder Vordergliedmaßen auszuüben. Eine Beeinträchtigung der Sensorik trat ebenfalls nicht auf, was den Tieren suffizienten Nahrungs- und Wasserkonsum ermöglichte. Die Lähmung der Hintergliedmaßen stand in positiver Kor- relation zur Dosierungshöhe des Narkotikums und hielt bei einer Raumtemperatur von 20- 22°C 21 Minuten bei 3 mg/kg KGW respektive über 12 Stunden bei einer Dosierung von 7 mg/kg KGW.

Bei einer topographischen Untersuchung der formalinfixierten und paraffineingebetteten Wir- belsäulenregion im Bereich der Injektionsstelle wurde ca. 1 mm unter der Hautoberfläche und unmittelbar dorsomedian des Wirbelbogens eine singuläre Vena coccygealis dorsalis beo- bachtet, wie sie auch von ZWART und IPPEN (1995) für die Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) beschrieben wurde. Im Vergleich zu Säugetieren fiel bei der un- tersuchten Schildkröte ein deutlich tropfen- bzw. birnenförmig nach dorsal ausgezogener Rü- ckenmarkskanal auf, in dem dorsal ein prominenter, als Blutsinus interpretierter, Raum vorge- funden wurde. Vergleichbare anatomische Gegebenheiten werden auch von ZWART und IPPEN (1995) beschrieben, die des Weiteren auf Grundlage histologischer Erkenntnisse zur

.

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Abb. 1: Histologische Darstellung der Wirbelsäule im Bereich der Injektionsstelle:

Die Vena coccygealis dorsalis (Vcd )liegt ca. 1 mm unter der Hautoberfläche und direkt dorsomedian der Wir- belsäule. Der Rückenmarkskanal(Rm) zeigt eine nach dorsal ausgezogene tropfen- bis birnenförmige Form.

Stern: Optisch leerer Raum, teils mit proteinreicher Flüssigkeit und Erythrozyten gefüllt. Interpretiert als venö- ser Blutsinus. Die visuell leeren (weißen) Spalten im Rückenmarksgewebe wurden als Gefrierartefakte bewertet.

B: Serienschnitt zu A. Die Azan-Färbung zeigt kollagene und retikuläre Fasern in blau sowie Zytoplasma und Zellkerne blass bzw. kräftig rot. E = Epidermis; W = Wirbelkörper. Balken = 500 µm

Mit freundlicher Genehmigung des Instituts für Pathologie, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Verteilung und Ausprägung der Blutgefäße im Schwanz von verschiedenen Reptilienarten, auf die Möglichkeit hinwiesen, dass bei einer angestrebten Injektion in die Vena coccygealis dorsalis ein dem Gefäß benachbarter, aber bereits im Vertebralkanal gelegener, Blutsinus punktiert werden.

Aus diesem Grund halten wir es für denkbar, dass Alphaxalon – analog zu anderen GABAA

potenzierenden Substanzen, wie etwa Propofol (HAESSELER et al. 2001a) – eine Blockade von Natriumkanälen induziert und so bei akzidenteller intrathekaler Applikation das klinische Bild einer Spinalanästhesie hervorgerufen haben könnte. In der Tat ergab die elektrophysiolo- gische Evaluierung von BENOIT et al. (1988) am Ranvier’schen Knoten in myeliniserten

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Nervenfasern des Frosches, dass Alphaxalon – in mikro- bis millimolarer Konzentration – gewisse inhibitorische Effekte auf transmembranale Natrium- und Kaliumströme am entspre- chenden Kanal induzieren kann. Aufbauend auf der Funktionsweise der pharmakologischen Angriffsmechanismen lokalanästhetisch wirksamer Verbindungen macht es sich die vorlie- gende in vitro-Studie zur Aufgabe, systematisch die Effekte von Alphaxalon auf spannungs- gesteuerte neuronale und skelettmuskuläre Natriumkanäle auf elektrophysiologischem Wege abzuklären. Die Bestätigung einer signifikanten Lokalanästhetika-ähnlichen Wirkungscharak- teristik erbrächte einerseits eine wissenschaftlich fundierte Erklärung der klinisch beo- bachteten Ausfallserscheinung, andererseits trügen die Erkenntnisse zu einer potentiellen Er- weiterung des Indikationsspektrums des Neurosteroids bei.

Da Lidocain das typische elektrophysiologische Wirkungsprofil eines Lokalanästhetikums aufweist, haben wir zum Zweck des Vergleichs und zur Validierung unserer Methoden die Substanz dem Alphaxolon gegenüber gestellt.

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2. LITERATURÜBERSICHT

2.1. PHYSIOLOGISCHE GRUNDLAGEN 2.1.1. Erregungsbildung und –Weiterleitung

2.1.1.1. Das Ruhemembranpotential

Das Ruhemembranpotential (RMP) findet sich in allen lebenden Zellen und stellt eine elektri- sche Spannungsdifferenz (Potentialdifferenz) zwischen Zellinnen- und Zellaußenseite dar, die auf einer ungleichen Ionenverteilung beruht. Bei Muskel- und Nervenzellen beträgt das Ruhemembranpotential je nach Zelltyp -50 bis -100 mV (SILERNAGL u. DESPOPOULOS 1991).

Die Aufrechterhaltung des RMP unterliegt im Wesentlichen folgenden Mechanismen:

a. Aufgrund der guten Membranpermeabilität für Kalium diffundieren diese Ionen unter Ruhebedingungen entlang des Konzentrationsgradienten von intra- nach extrazellulär.

Das daraus resultierende negative Potential an der zytosolischen Membranseite ver- hindert zunehmend einen weiteren Ausstrom.

Auch für Chloridionen ist die Plasmamembran gut durchlässig. Die extrazellulär ge- richtete Diffusion wird von einem elektrischen - jedoch gegen einen chemischen Gra- dienten getrieben. Es stellt sich sowohl für die Diffusion der Kaliumionen als auch für die der Chloridionen ein Gleichgewichtspotential ein, welches durch die Nernst’sche Gleichung beschrieben wird (SILBERNAGL u. DESPOPOULOS 1991).

Das RMP liegt in der Nähe des Kalium- bzw. Chlorid-Gleichgewichtspotentials und wird somit stark von der extrazellulären Kaliumkonzentration bestimmt.

b. Für anionische Proteine und Phosphate ist die Zellmembran nur geringfügig permea- bel.

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c. Die Na+-K+-ATPase substituiert fortlaufend intrazelluläres Natrium gegen extrazellu- läre Kaliumionen.

d. Unter Ruhebedingungen besteht nur eine geringe transmembranale Durchlässigkeit für Natrium, mit der Konsequenz, dass der Natriumkonzentrationsausgleich durch passive Rückdiffusion behindert ist.

2.1.1.2. Das Aktionspotential

Das Aktionspotential (AP) ist die charakteristische und temporäre elektrophysiologische Antwort einer erregbaren Nerven- oder Muskelzelle auf einen mechanischen, chemischen oder elektrischen Reiz. Diese Potentialabweichung vom RMP ist durch eine alterierte Ionen- leitfähigkeit bedingt und lässt sich zeitlich in drei Phasen unterteilen:

a. Schnelle Depolarisation und Potentialumkehr

b. Langsame Repolarisation

c. Nachhyperpolarisation

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Abb. 2: Schematische Darstellung des Aktionspotentials mit Veränderungen der Natrium- bzw. Kaliumleit- fähigkeit:

Übersteigt ein Reiz einen definierten Schwellenwert führt dies zur Öffnung spannungsgesteuerter Natriumkanäle und konsekutivem, rapiden Natriuminflux ( ), und somit zur Depolarisation der Zelle (D). Innerhalb einer Millisekunde tritt ein Zustand der spontanen Inaktivierung ein. Eine verzögert einsetzende Erhöhung der Kali- umleitfähigkeit ( ) initiiert die Repolarisation (R) und Nachhyperpolarisation (N).

Wie bereits dargelegt, dominiert die transmembranale Leitfähigkeit für Kalium-Ionen, so dass das RMP (-50 bis -100 mV) in der Nähe des Kalium-Gleichgewichtspotentials angesiedelt ist (HODGKIN u. HOROWICZ 1959). Übersteigt nun die Vordepolarisation an der Plasma- membran einer erregbaren Zelle einen definierten Schwellenwert, induziert diese Überschrei- tung die Öffnung von spannungsabhängigen (spannungskontrollierten) Natriumkanälen und führt damit zu einer rapiden Depolarisation und Potentialumkehr mit monotonen Potential- antworten, den Aktionspotentialen. Das Gleichgewichtspotential von Natrium wird allerdings nicht erreicht, da bereits innerhalb einer Millisekunde die Natriumkanäle in einen spontan inaktivierten Aktivitätszustand übergehen. Eine verzögert einsetzende Zunahme der Kalium- leitfähigkeit ist für die Repolarisation und Nachhyperpolarisation verantwortlich. Bei Letzte- rer werden temporär negativere Spannungswerte als die beim RMP vorherrschenden erreicht (SILERNAGL u. DESPOPOULOS 1991). Die Abläufe von Aktionspotentialen sind monoton bzw. stereotyp, das bedeutet, dass sie bei einer bestimmten Zellart nach dem Erreichen des Schwellenwertes immer gleich ablaufen. Bei einer insuffizienten bzw. unterschwelligen De- polarisation unterbleibt das Aktionspotential gänzlich („Alles-oder-Nichts-Gesetz“) (SIL-

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BERNAGL u. DESPOPOULOS 1991; DUDEL 2000). Die Amplitude des Aktionspotentials ist an sämtlichen Membranabschnitten identisch. Die Initiationsverzögerung eines Aktionspo- tentials ist mit der Entfernung zum Ursprungsreiz positiv korreliert (DUDEL 2000). Um den korrekten Ablauf der Aktionspotentialleitung zu gewährleisten, ist eine präzise Steuerung des Schaltverhaltens der Ionenkanäle, das so genannte „Gating“, welches das Öffnen und Schlie- ßen der Kanalproteine regelt, erforderlich. Bei der Transduktion des Aktionspotentials wird das Schaltverhalten der Natriumkanäle durch die Membranspannung über spezifische Konformationsänderungen der am Gating beteiligten Kanalproteine kontrolliert (CATTERALL 1992; CATTERALL 1986; LERCHE et al. 2000).

2.1.1.3. Die Refraktärperioden

Die Refraktärperiode umfasst die kurze Zeitspanne unmittelbar nach der Depolarisationsphase eines Aktionspotentials. Ein Nerv oder Muskel ist als „absolut refraktär“ zu sehen, wenn auch starke Reize keine überschwellige Erregung initiieren. Der absoluten Refraktärperiode schließt sich eine relative Refraktärperiode an, in der nur ein Aktionspotential geringerer Höhe und Anstiegssteilheit ausgelöst werden kann. Die Normalisierung dieser Größen tritt ein, sobald das Membranpotential seinen Ruhewert erreicht (SILBERNAGL u.

DESPOPOULOS 1991). Die depolarisationsbedingt inaktivierten Natriumkanäle benötigen eine definierte Zeit – die sogenannte Recovery – der Membranrepolarisation, um sich von der Inaktivierung zu erholen.

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2.1.2. Ionenkanäle

Die Plasmamembran (Zellmembran) besteht aus einer Lipiddoppelschicht und trennt das Zytosol vom Extrazellularraum. Kanalproteine dienen der Verbindung zwischen Extra- und Intrazellularmillieu. Sie weisen Poren mit einer Selektivität für bestimmte Ionen auf, denen somit eine rapide Membranpassage ermöglicht wird. Zwei elementare Charakteristika grenzen Ionenkanäle von anderen membranständigen, kanalbildenden, wasserenthaltenden Poren ab (HILLE 1992):

a. Ionenkanäle zeigen eine hohe Selektivität für bestimmte Ionen

b. Ionenkanäle weisen im Unterschied zu Poren (stets geöffnet) eine komplexe Öffnungs- und Schließkinetik auf (s.u.).

Liganden- oder spannungsgesteuerte Rezeptoren vermitteln auf spezifische Reize ein kurzes Öffnen der entsprechenden Kanäle (ALBERTS et al. 1989). In der Initialphase eines Aktions- potentiales sind spannungskontrollierte Natriumkanäle wesentlich für die schnelle Depolarisa- tion verantwortlich. Die Aktivierung erfolgt über eine Alteration des Membranpotentials (De- polarisation) (HODGKIN 1964; HODGKIN u. HUXLEY 1952; KATZ 1962; HILLE 1986).

2.1.3. Der spannungsgesteuerte Natriumkanal

2.1.3.1. Einleitung

Lernprozesse, Erinnerungen, Bewegungen, Sinneswahrnehmungen und viele andere umfas- sende Prozesse werden über die Weiterleitung elektrischer Signale an Nervenzellen koordi- niert. Hierbei nehmen spannungsgesteuerte Natriumkanäle eine herausragende Bedeutung ein.

In der Initialphase eines Aktionspotentiales sind

s

ie wesentlich für die schnelle Depolarisation verantwortlich. Die Aktivierung erfolgt über eine Alteration des Membranpotentials hin zu relativ positiveren Potentialwerten (Depolarisation) (HODGKIN u. HUXLEY 1952; KATZ 1962; HILLE 1986). Natriumkanäle sind Zielstrukturen für natriumkanalblockierende Lokal- anästhetika, Antiepileptika und Antiarrhythmika, welche mit zunehmender Depolarisation des

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Membranpotentials spannungsabhängig an Potenz gewinnen (BEAN 1983). Das Wissen um die Verbreitung dieser Ionenkanal-Familie bei allen multi- und unizellulären Lebewesen ist recht alt. Lange Zeit galten Cnidaria (Nesseltiere) als einfachste Organismen in denen span- nungsgesteuerte Natriumkanäle nachgewiesen werden konnten. Im Jahr 2001 jedoch be- schrieben REN et al. auch entsprechende Ionenkanäle im Prokaryonten Bacillus Hallodurans.

2.1.3.2. Aufbau

Natriumkanäle bestehen aus - und -Untereinheiten, wobei die -Untereinheit funktionell die porenformende Untereinheit darstellt und bei solitärer Exprimierung alle physiologischen Funktionen eines Kanals ausführen kann (CATTERALL 1992). Vergangene elektrophysiolo- gische Untersuchungen belegen das native Öffnungs- und Schließverhalten von alleinig trans- formierten und exprimierten -Untereinheiten in einer Säugetierzelllinie (tsA2001; transfor- mierte HEK-Zellenreihe) (CHAHINE et al. 1994). Alle Substanzen, die bekanntermaßen mit dem Natriumkanal interagieren, wie Lokalanästhetika oder Toxine binden an Rezeptormoleküle der -Untereinheit. Es existieren mindestens sechs Rezeptorbereiche für Neurotoxine und einer für Lokalanästhetika, Antiepileptika und Antiarryhtmika (CESTÈLE u.

CATTERALL 2000). Die -Untereinheit besteht aus vier, jeweils von circa dreihundert Ami- nosäuren gebildeten, homologen Domänen, die als -Helices mit jeweils sechs Segmenten, bezeichnet als S1 bis S6, und einer zusätzlichen Poren-Schleife –zwischen S5 und S6 gele- gen- die Zellmembran durchspannen (ROBERTS u. BARCHI 1987). Die Poren-Helix bildet den äußeren, schmaleren Kanaleingang, während die Segmente S5 und S6 den inneren, weitlumigeren Ausgang definieren (CATTERALL et al. 2003). Die mit der Mutation von sieben Aminosäuren an der transmembranalen Helix S6 in der vierten Domäne (IVS6) ein- hergehende Reduktion oder Sistierung des lokalanästhetischen Blocks des Natriumstroms lieferte RAGSDALE et al. (1994) triftige Hinweise auf die Lokalisation der Bindungsstelle für Lokalanästhetika in jenem Abschnitt.

Die -Untereinheiten bestehen aus einer transmembranalen, einer intrazellulären und einer glykolisierten extrazellulären Domäne (ISOM 2001). Diese Untereinheiten zeichnet eine hohe Multifunktionalität aus: Sie beeinflussen den Gating-Prozess, regeln das Ausmaß der Expres-

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sion der -Untereinheit an der Plasmamembran (GOLDIN 1993; ISOM 2000) und sind eben- so involviert im Vorgang der Zelladhäsion über Interaktionen mit dem Zytoskelett und der extrazellulären Matrix (ISOM 2001).

2.1.3.3. Physiologie

Die Verschiebung von mindestens vier positiven Ladungen (Gating Current) von der intra- zur extrazellulären Membranseite über den sog. Feld- oder Potentialsensor und die damit ein- hergehende Konformationsänderung des Kanalproteins führen zur Öffnung der Pore (ARMSTRONG 1981; ARMSTRONG u. BENZANILLA 1973; KEYNES 1974). Eine ge- bräuchliche Darstellung pharmakologischer Effekte auf den Natriumkanal ist das sogenannte

„Modulated-Receptor-Modell“ von HILLE (1992). Es postuliert drei Aktivitätszustände des Kanals:

Abb. 3: Schema der Natriumkanalzustände – „Modulated –Receptor- Model“ nach HILLE (1992)

Einer konventionellen Aktivierung folgt ein Zustand der spontanen Inaktivierung. Additive Reize bleiben zu diesem Zeitpunkt unbeantwortet. Zunehmende Depolarisationsfrequenzen erhöhen den Anteil bereits inaktivierter Natriumkanäle. Da viele Natriumkanalblocker – wie

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etwa Lidocain-ähnliche Lokalanästhetika – zum inaktivierten Natriumkanal eine höhere Bin- dungsaffinität besitzen, ist die pharmakologische Sensitivität gegenüber Natriumkanalblo- ckern durch die Spannungsabhängigkeit der Inaktivierung eines Kanals charakterisiert (BEAN 1983; HILLE 1992; WANG et al. 1996; WRIGHT et al. 1997). Insbesondere bei ei- ner alterierten Natriumkanalexpression, wie sie in pathophysiologischen Zuständen induziert wird, zeigt sich die Wirkung von Lokalanästhetika-ähnlichen Medikamenten durch ihre ver- stärkte Bindung an inaktivierte Kanäle und die Stabilisierung dieses Kanalzustandes. Die wirksamen Konzentrationen liegen hierbei weit unter dem Bereich, bei dem es zur Blockade physiologischer Nerven- und Muskelerregungsweiterleitung kommt (BRÄU et al. 2001;

JURKAT-ROTT et al. 2002; LAI et al. 2004; AMIR et al. 2006).

Für das Verständnis dieser Arbeit ist wichtig, dass hinsichtlich der Inaktivierung zwei kine- tisch und funktionell voneinander unabhängige Kanalaktivitätszustände zu differenzieren sind: die schnelle und die langsame Inaktivierung (VEDANTHAM u. CANON 1998). Die Tatsache, dass sowohl die langsame als auch die schnelle Inaktivierung durch multiple Fakto- ren moduliert werden – den Zelltypus mit eingeschlossen – verdeutlicht die Komplexität die- ser physiologischen Eigenart (CUMMINS et al. 2001)

Der schnellen Inaktivierung liegt kein pathologischer Prozess zugrunde und sie folgt auf eine kürzer als 1 ms dauernde Depolarisation. Die benötigte Erholungszeit (Recovery) beträgt cir- ca 10 ms (BALSER et al. 1996a). Diese Inaktivierungsform dient der Limitierung der Akti- onspotentialdauer und reguliert auf diesem Weg die Entladungsfrequenz. Hierzu legt sich das sogenannte Inaktivierungspartikel (IFM-Motiv) – Bestandteil einer zytoplasmatischen Linker Domäne – über die Kanalpore, indem es eine temporäre Bindung mit einer speziellen Struk- tur, der „Docking Site“ eingeht (ULBRICHT 2005; SIROTA et al. 2002; ROHL et al. 1999).

Die langsame Inaktivierung hingegen tritt in einer Vielzahl pathophysiologischer Szenarien (Hypoxie/Ischämie, chronischer, neuropathischer Schmerz, diverse Myotonieformen, Epilep- sie) auf und stellt eine protektive Maßnahme zur Unterdrückung ektoper Erregungsausbrei- tung dar (HILDEBRANDT et al. 2011; VILIN u. RUBEN 2001; LAI et al. 2003; JU et al.

1996). Eine Dauerdepolarisation von mehr als 500 ms initiiert diesen Zustand und die Erho- lungszeit bei hyperpolarisiertem Haltepotential beträgt circa 1 Sekunde (BALSER et al. 1996 a, b). Die Eigenständigkeit der langsamen Inaktivierung wird weiterhin dadurch deutlich, dass die molekularen Abläufe, die jenen Zustand induzieren eine andere, kompliziertere Charakte-

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ristik aufweisen (ULBRICHT 2005; VILIN u. RUBEN 2001), und es für den Prozess keinen einvernehmlichen Erklärungsansatz gibt:

Während die Involvierung eines Inaktivierungspartikels nach GOLDIN (2003) als unwahr- scheinlich erachtet wird, schlossen STRUYK und CANNON (2002) ebenfalls die Idee einer Umgestaltung der Kanalpore – ähnlich dem „Rearrangement“ bei Kaliumkanälen, wie sie LIU et al. (1996), WANG und WANG (1996), sowie ONG et al. (2000) vorschlugen, aus. Fortan erschienene Arbeiten – wie etwa die Mutationsversuche von XIONG et al. (2003) und ZHANG et al. (2003) sowie ULBRICHT (2005) – bekräftigen erneut die Idee einer Umgestal- tung struktureller Elemente der Außenpore und somit die Ähnlichkeit zur Typ C- Inaktivierung von Kaliumkanälen.

2.1.3.4. NaV-Subtypen

Bislang sind 9 Subtypen spannungsaktivierter Natriumkanäle beschrieben. Der gebräuchli- chen Nomenklatur entsprechend werden sie als NaV 1.1 bis NaV 1.9 bezeichnet. Die Konfor- mität in den Aminosäuremustern beträgt über 50%, wobei die Isoformen NaV 1.1, NaV 1.2, NaV 1.3 und NaV 1.7 die größten Übereinstimmungen zeigen (CATTERALL et al. 2003). Die genannten vier NaV-Subtypen sind ausnahmslos hochgradig Tetrodotoxin-sensitiv und werden an Neuronen exprimiert. Die Isoformen NaV 1.5, NaV 1.8, NaV 1.9 zeichnet eine noch höhere Konformität im Aminosäuremuster aus. Diese Subtypen sind in variierendem Ausmaß Tetrodotoxin-resistent und werden in hohen Maßen im Herzmuskel (NaV 1.5) beziehungswei- se in Neuronen des Hinterwurzelganglions (NaV 1.8, NaV 1.9) ausgebildet (FOZZARD u.

HANCK 1996; CATTERALL 2000). Die Isoformen NaV 1.4, hauptsächlich im Skelettmuskel exprimiert, sowie die vorwiegend im ZNS vorkommende Subform NaV 1.6 zeigen ein phylo- genetisch weitaus entfernteres Verwandtschaftsverhältnis, nichtsdestotrotz ist den Subtypen der spannungsgesteuerten Natriumkanäle im Gegensatz zu denen der Kalium- und Kalzium- kanäle (STRONG et al. 1993; ERTEL et al. 2000; GOLDIN 2001) die Zugehörigkeit zu einer einheitlichen Proteinfamilie gemein.

Es ist wichtig hervorzuheben, dass der Vielzahl organspezifischer Natriumkanäle zum Trotz wichtige Kanalstrukturen im Laufe der Evolution konserviert geblieben sind. Die Differenzen

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23

in den elementaren Aminosäuremustern zwischen den Natriumkanälen verschiedener Gewebe und unterschiedlicher Tierarten sind sehr gering (CATTERALL 1996). Die überdurchschnitt- liche Sequenzähnlichkeit des Aminosäuremusters lässt darauf schließen, dass Mutationen in diesen Bereichen im Evolutionsverlauf zu Selektionsnachteilen geführt haben (CATTERALL 1986; HILLE 1992). Es bestehen subtile Unterschiede im elektrophysiologischen Wirkungs- profil zwischen den jeweiligen Subtypen, allerdings zeigen die in dieser Arbeit untersuchten Kanalisoformen eine fast identische Leitungs- und Inaktivierungscharakteristik und dies un- abhängig von der Ko-Expression der β-Untereinheit (GOLDIN 2001).

2.2. DIE PATCH-CLAMP-TECHNIK

Die Patch-Clamp-Technik ist eine elektrophysiologische Methode, die vor allem zur Ablei- tung von Ionenströmen an lebenden Zellen oder Membranfragmenten eingesetzt wird. Hierzu werden an einer mechanisch fixierten und elektrisch isolierten Zelle Ionenverschiebungen zwischen zwei Elektroden gemessen (NEHER et al. 1978). Die Technik wurde 1976 von Bert Sakmann und Erwin Neher entwickelt, die dafür 1991 mit dem Nobelpreis für Physiologie und Medizin ausgezeichnet wurden. Die Patch-Clamp-Technik gilt als Verfeinerung bezie- hungsweise Weiterentwicklung der von Cole und Curtis Ende der vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelten Spannungsklemme (Voltage-Clamp) (NÜRNBERGER u.

DRAGUHN 1996). Analog zur Voltage-Clamp-Methode ermöglicht die Patch-Clamp- Technik auch die Erfassung des Ruhemembranpotentials und der Aktionspotentiale (HODG- KIN 1976; COLE 1979). Ferner erlaubt die Methode, Ströme einzelner Ionenkanäle in der Zellmembran zu detektieren und zu amplifizieren (NEHER u. SAKMANN 1976; HAMILL et al. 1981; SCHWARTZ 1996) und stellt heute eine der wichtigsten neuro- und elektrophysio- logischen Arbeitsmethoden dar. Ihre Anwendung hat in der biomedizinischen und pharmako- logischen Grundlagenforschung bedeutende Erkenntnisse über Funktionen und Eigenschaften von Ionenkanälen erbracht (NÜRNBERGER u. DRAGUHN 1996).

Die Bestimmung von Ionenströmen, die letztlich Auskunft über die Membranleitfähigkeit und deren Alterationen geben, ist die weltweit häufigste Zielsetzung von Patch-Clamp- Experimenten. Darüber hinaus lässt sich auch eine weitere charakteristische Eigenschaft von

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24

Zellen ermitteln, die Membrankapazität, die eine direkte Aussage über die Gesamtmembranfläche einer Zelle zulässt. Kapazitätsmessungen können u.a. zur Typisierung von Zellen benutzt werden, sowie Informationen zur Dichte von Ionenkanälen liefern (PEN- NER 1995; LINDAU u. NEHER 1988; GILLIS 1995).

Neben Messungen an lebenden Zellen oder Zellfragmenten ist es seit dem Ende der 1980er Jahre auch möglich, Patch-Clamp-Untersuchungen an histologischen Präparaten durchzufüh- ren. Diese Technik erlangte vor allem in der Neurophysiologie große Wertschätzung und wird häufig an Hirnschnittpräparaten angewendet (BLANTON et al. 1989; DODT u.

ZIEGLGÄNSBERGER 1990).

In den 1990er Jahren wurden auch zunehmend Ionenkanäle von Zellorganellen (Mitochond- rien, Chloroplasten, endo- und sarkoplasmatisches Retikulum, Zellkerne, Synaptosomen und pflanzliche Vakuolen) Gegenstand von Patch-Clamp-Versuchen (BUSTAMATE et al. 1995;

KELLER u. HEDRICH 1992; STEHNO-BITTEL et al. 1995).

Neben der solitären Anwendung der Methode wird die Patch-Clamp-Technik häufig mit bild- gebenden- (Zusatz von ionensensitiven oder fluoreszierenden Farbstoffen) oder molekularbio- logischen Nachweismethoden kombiniert bzw. ergänzt (SANDELL u. MASLAND 1988;

EBERWEIN et al. 1992).

Die am häufigsten angewandte Konfiguration ist die Ganzzellableitung (Whole-Cell- Konfiguration), die als eine Art Mittelung vieler simultan aktiver Ionenkanäle aufzufassen ist.

Hierbei wird das gesamte Strommuster einer Zelle wiedergegeben, ohne den unmittelbaren Beitrag der einzelnen Kanäle visualisieren zu können (NEHER 1981; SIGWORTH u. NE- HER 1980). Zur Etablierung der Konfiguration der Ganzzellableitung muss im ersten Schritt unter mikroskopischer Sicht eine sehr fein ausgezogene und polierte Glaspipette an die zu untersuchende Zelle angenähert werden. Ziel ist die Herstellung eines Kontaktes zur Zellober- fläche – die sog. „On-Cell-Konfiguration“. Durch das Anlegen eines Unterdrucks im Pipettenlumen wird eine hohe Abdichtung zwischen Pipettenspitze und Membranstück er- reicht („Cell-Attached-Konfiguration“). Der Idealfall sieht einen Abdichtungswiderstand (Seal), im Bereich von mehreren Gigaohm vor – den Gigaseal (HAMILL et al. 1981). Das Membranstück (Patch) unterhalb der Pipette wird auf diesem Weg vom umgebenden Extra- zellularmilieu elektrisch isoliert. Durch erneute Anwendung von negativem Druck kommt es im dritten Schritt zum Loslösen und Abreißen des Patches. Der Membranfleck wird in das

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Pipettenlumen hineingesaugt und das Pipetteninnere steht nun in Verbindung mit dem Intrazellularraum (NEHER et al. 1978; ARMSTRONG u. GILLY 1992).

Die Cell-Attached-Konfiguration hingegen liegt vor, wenn die Patch-Pipette unter Anwen- dung von Unterdruck der Zellmembran fest aufsitzt; es kommt nicht zur Ruptur der Zell- membran. Dies ist der wesentliche Vorteil dieser Patch-Clamp-Anordnung, denn zahlreiche Kanäle werden durch die Aktivität von Phosphatasen oder Kinasen oder durch andere intra- zelluläre Mechanismen moduliert. Bei isolierten (zellfreien) Patches (Outside-out und Inside- out-Konfiguration) sowie der Ganzzellableitung werden diese Enzyme und ihre Substrate weitestgehend ausgewaschen oder inaktiviert (NÜRNBERGER u. DRAGUHN 1996).

Die Inside-Out-Konfiguration ermöglicht die Untersuchung des Zytoskeletts sowie einiger Organellen. Hierbei wird eine zytoplasmatische Oberfläche zur Badlösung (Extrazellularlö- sung) hin exponiert (HAMILL et al. 1981).

Bei der Outside-Out-Anordnung schließt sich ein zuvor über Unterdruck abgerissenes Membranfragment über die Pipettenmündung zu einer Art Halbvesikel. Die Außenseite der Zellmembran ist der Badlösung zugewandt. Diese Konfiguration eignet sich beispielsweise gut für die Untersuchung von ligandengesteuerten Ionenkanälen, da man Substanzen leicht von außen auf den Patch applizieren kann (HAMILL et al. 1981).

Die Erstellung und Aufrechterhaltung eines hohen elektrischen Abdichtungswiderstandes („Seal“), optimalerweise im Gigaohm-Bereich, stellt die Grundvoraussetzung für die präzise Bestimmung zellulärer Elektrizität dar. Der hohe elektrische Widerstand reduziert drastisch den Anteil der aus dem System entweichenden Ströme sowie die Einflüsse von störenden, externen Hintergrundströmen (SIGWORTH u. NEHER 1980; NEHER 1981; HAMILL et al.

1981).

2.3. NEUROAKTIVE STEROIDE

2.3.1. Definition und Biosynthese

Der Ausdruck Neurosteroid bezeichnet bioaktive Steroide, die in Neuronen und/oder Gliazel- len des ZNS oder PNS synthetisiert werden (BAULIEU et al. 1999; MENSAH-NYAGAN et

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26

al. 1999). Abweichungen in der chemischen Struktur zu hormonell aktiven Steroiden können, aber müssen nicht, vorhanden sein. Neben der Wirkung am Genom, die allen steroidalen Hormonen gleich ist, modulieren Neurosteroide das Nervensystem auf parakrinem und autokrinem Wege über Interaktionen mit GABAA-, NMDA-, P2X- oder Sigma-Rezeptoren (BAULIEU et al. 1999; MENSAH-NYAGAN et al. 1999; MELLON u. GRIFFIN 2002;

BELLELI u. LAMBERT 2005).

Die Arbeiten von PATTE-MESAH und MENSAH-NYAGAN (2008) sowie HIGASHI et al.

(2007) schlugen eine weitere Untergliederung in „non-exclusive neurosteroids“, „semi- exclusive neurosteroids“ und „exclusive neurosteroids“ vor. Der Ausdruck „non-exclusive neurosteroids“ bezeichnet steroidale Hormone wie Pregnenolon, Progesteron oder Dehydroepiandrosteron, die in endokrinen Drüsen sowie Gliazellen bzw. Neuronen syntheti- siert werden. Tetrahydroprogesteron (Allopregnanolon) ist ein Steroid mit nachweisbarer Produktion im Endokrinum, wobei der Hauptanteil der Biosynthese im Nervensystem erfolgt („semi-exclusive neurosteroid). Steroide, die ausschließlich in Nervenzellen gebildet werden erhielten von HIGASHI et al. (2007) die Bezeichnung „exclusive neurosteroids“. Ein nen- nenswerter Vertreter dieser Subkategorie ist das Epiallopregnanolon.

Die aktiven Formen von Cytochrom P450scc, Cytochrom P450c17, 3α-Hydroxysteroid Oxidoreduktase, 3β-Hydroxysteroid Dehydrogenase und 5α-Reduktase sind maßgeblich an der Neurosteroid-Biosynthese beteiligt und werden in entsprechend befähigten neuronalen Strukturen gefunden (MENSAH-NYAGAN et al. 1996a, b; BAULIEU et al. 1999;

COMPAGNONE u. MELLON 2000). Innerhalb dieser Enzymgruppierung kommt dem Cytochrom P450scc eine herausragende Rolle zu: Es katalysiert die Konversion von Choles- terin zu Pregnenolon, einem Kernschritt in der Neurosteroidsynthese (LE GOASCOGNE et al. 1987; BAULIEU et al. 1999).

2.3.2. Geschichte der Neurosteroide in der Anästhesie

Im Gegensatz zu lokalanästhetischen Wirkungen sind die zentral depressiven und hypnoti- schen Effekte von neuroaktiven Steroiden gut belegt. Aufgrund Ihres pleiotropischen Potenti- als und vielfältiger Effekte auf ZNS und PNS wurden Steroiden bereits sehr früh potentielle anästhetische Wirkungen unterstellt. CASHIN und MORAVEK (1927) beobachteten anäs-

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27

thetische und schmerzsupprimierende Effekte nach der intravenösen Gabe von Cholesterin.

SELYE (1941) erkannte und beschrieb als Erster anästhetische, muskelrelaxierende und anal- getische Charakteristika der Progesteron-Metaboliten Pregnanolon und Pregnandiol – Effekte, die früh der selektiven Modulation am Gamma-Aminobuttersäure-Rezeptor zugeschrieben wurden. Fortan lieferten diverse Arbeiten Erkenntnisse über signifikante Vorteile von Steroi- den gegenüber etablierten Injektionsnarkotika, wie etwa eine kürzere Induktionszeit, sanftere Aufwachphasen, exzellente Muskelrelaxation und eine kurze Wirkungsdauer bei einer höhe- ren therapeutischen Breite sowie geringerem kumulativen Effekt (CHILD et al. 1971, 1972;

GAUDY 1986; SEAR 1996; FOSTER et al. 1996). Ausgehend von diesem Wissen wurde eine Vielzahl anästhetischer Steroide synthetisiert, mit dem Fokus auf der Elimination uner- wünschter endokriner Ko-Wirkungen und der Etablierung von Wasserlöslichkeit.

Im Zuge jener Entwicklung entstanden zwei schnell wirksame, jedoch hydrophobe anästheti- sche Steroide, Alphaxalon (3-Hydroxy-5-Pregnan-11, 20-Diol) und Alphadolonazetat (Azetoxy-3-Hydroxy-5-Pregnane-11,20 Diol). Diese wurden in einer 3 zu 1 Mixtur (CT1341) in 20%igem polyethylenoxidierten Rizinusöl (Cremophor-EL) gelöst (CHILD et al. 1971;

SEAR 1996), wobei Alphaxalon die annähernd zweifache anästhetische Potenz von Alphadolon besitzt (GOODCHILD et al. 2000). Das Einbringen von Alphadolon in die For- mulierung ergab sich aus der Annahme, dass es zu einer Löslichkeitserhöhung des Alphaxalons beiträgt. Des Weiteren schrieb man dem Alphadolon auch gewisse antinozizeptive und anästhetische Eigenschaften zu (CHILD et al. 1971; NADESON u.

GOODCHILD 2000). Das CT1341 wurde in vielen Staaten als Injektionsnarkotikum für Menschen (Althesin®) und bereits 1971 auch für Tiere (Saffan®) zugelassen und errang an- fänglich Wertschätzung durch geringe Beeinträchtigung der kardio-respiratorischen Physiolo- gie, die in ihrem schädigenden Ausmaß bei Mensch und Tier vergleichbar, jedoch in einer geringeren Ausprägung auftrat als bei Thio- und Methylbarbituraten, Propofol oder Ketamin (SWERDLOW 1971; CHILD et al. 1972; HASKINS et al. 1975; SEAR u. PRYSROBERTS 1979; BLAKE u. KORNER 1981). Trotz der scheinbaren Breite im therapeutischen Index wurde dem CT1341 aufgrund der hohen Inzidenz von Überempfindlichkeitsreaktion, die auf den Lösungsvermittler (Cremophor EL) zurückzuführen waren, unrühmliche Popularität zu- teil (CLARKE et al. 1975; FISHER 1975; PRYS-ROBERTS u. SEAR 1980). Das Injektions- anästhetikum induzierte bei ca. 70% der felinen Patienten eine Hyperämie mit

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28

Ödematisierung der Vorderpfoten und/oder der Ohrmuscheln (HASKINS et al. 1975; MIDD- LETON et al. 1982). Bei Menschen und Hunden traten nach der Anwendung von CT1341 anaphylaktoide Reaktionen und Urtikaria auf in deren Folge das Althesin® aus dem human- medizinischen Gebrauch verbannt wurde (PRYS-ROBERTS u. SEAR 1980; MEHTA 1981) und Saffan® keine Zulassung zur Anwendung bei Caniden bekam.

Daraufhin wurden die Bemühungen intensiviert ein Cremophor-EL-freies Präparat zu entwi- ckeln, da Alphaxalon weiterhin als potentiell sehr nützliches Anästhetikum betrachtet wurde (BREWSTER et al. 1989). Schließlich reformulierte man das Alphaxalon mit 2- Hydroxypropyl-B-Cylclodextrin (HPCD) als Lösungsvermittler. Die Formulierung mit HPCD induzierte keine Histaminfreisetzung (PEARSON et al. 2003) und erhielt u.a. in Deutschland im Jahr 2008 die Zulassung als Injektionsanästhetikum (Alfaxan®) für Hunde und Katzen.

2.3.3. Interaktion am GABA

A

-Rezeptor

Neuroaktive Steroide zählen zu den wirksamsten und potentesten GABAA-Rezeptor- modulierenden Substanzen. So entfalten beispielsweise die GABA-potenzierenden Psycho- pharmaka aus der Gruppe der Benzodiazepine ihren halbmaximalen Effekt (EC50) am Rezep- tor bereits in nanomolarer Konzentration; sie sind somit vergleichbar potent wie neuroaktive Steroide, die hingegen eine mehr als 6-fach höhere maximale GABA-Antwort am Rezeptor induzieren und somit eine erheblich größere Wirkungsstärke entfalten (WAFFORD et al.

1993; COTTRELL et al. 1987; LAMBERT et al. 2003). Die von Neurosteroiden initiierte 10 bis 20-fache Potenzierung der Ströme am GABAA-Rezeptor entspricht der Wirksamkeit von Barbituraten, die jedoch ihre Wirkungen mit einer geringeren Potenz entfalten (HARRISON u. SIMMONDS 1984; SHU et al. 2004).

Es ist mittlerweile sehr gut dokumentiert, dass Neurosteroide – und so auch das Alphaxalon - ein vergleichbares Wirkungsspektrum am GABAA-Rezeptor aufweisen wie Barbiturate, Etomidat oder Propofol. Das Hauptcharakteristikum der Wirkung besteht in der Potenzierung der Kanalantwort bzw. Zellantwort beim Vorliegen kleiner Mengen des Botenstoffes (MAJEWSKA et al. 1986; CALLACHAN et al. 1987; COTTRELL et al. 1987; SHU et al.

2004). Ein weiteres Merkmal ist die potentielle Verstärkung der Wirksamkeit anderer Rezeptoragonisten, jedoch steht diese in Abhängigkeit von der Komposition der GABAA-

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29

Rezeptor-Untereinheiten sowie der Art des Agonisten (BIANCHI u. MACDONALD 2003;

MAKSAY et al. 2000; WOHLFARTH et al. 2002). Hohe Steroidkonzentrationen können auch in Abwesenheit des Transmitters GABA (eine mit Bicucullin antagonisierbare) Reaktion am entsprechenden Rezeptor induzieren. Das „Direct Gating“ ist jedoch vergleichsweise inef- fizient (SHU et al. 2004). COTTRELL et al. (1987) konnten an enzymatisch isolierten bovi- nen chromaffinen Zellen dieses Phänomen ab einer Alphaxalonkonzentration von 1 µM/L beobachten. Ist GABA jedoch gegenwärtig, verzeichneten die Autoren reversible und dosisabhängige Effekte bereits ab einer Konzentration von 30 nM/L. Die Wirkungen von Alphaxalon erfuhren keine Beeinflussung durch den Zusatz von Benzodiazepin-Rezeptor- Antagonisten (COTTRELL et al. 1987).

Zur Ausübung der pharmakologischen Wirkung interagiert das Alphaxalon mit Liganden- aktivierten Chlorid-Kanälen an GABAA-Rezeptoren. Die allosterische Bindung des Steroids induziert – bedingt durch einen zelleinwärts gerichteten Chloridionenstrom - eine Hyperpola- risation der neuronalen Zielzelle und führt auf diese Art zur Abnahme der Zellerregbarkeit.

Der Vorgang erklärt die hypnotische und muskelrelaxierende Wirkungscharakteristik und ähnelt den Mechanismen bei Benzodiazepinen, Barbituraten und Propofol (ALBERTSON et al. 1992; WHITTEM et al. 2008).

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30

2.3.4. Alphaxalon

2.3.4.1. Chemie, Pharmakokinetik, Pharmakodynamik

Alphaxalon – Summenformel C21H32O3 - ist ein 5-alpha-reduziertes Progesteronderivat (ALBERTSON 1992). Durch die ausgeprägte Lipophilie (SEAR 1996) überwindet das Steroid zügig die Blut-Hirn-Schranke, zudem ist die Plasmaproteinbindung mit

Abb. 4: Strukturformel von Alphaxalon (1) und Progesteron (2)

30 - 50% gering. Der Wirkungseintritt nach intravenöser Applikation ist bei Hunden und Kat- zen mit weniger als einer Minute entsprechend rasch (PANKOW u. WHITTEM 2008;

PASLOSKE et al. 2009). Nach intravenöser Injektion der therapeutischen Dosis (2 mg/KG KGW (Hund) bzw. 5 mg/KG KGW (Katze)) liegt das Verteilungsvolumen bei 2,4 L/KG bzw. 1,8 L/KG (FERRÉ et al. 2006; WHITTEM et al. 2008; PASLOSKE et al. 2009). Die hepatische Metabolisierung über Glukuronsäure bestimmt bei wiederholter Gabe sowie bei der Anwendung als total intravenöse Anästhesie (TIVA) im Wesentlichen die Anästhesiedauer. Eine Umverteilung und Akkumulation in periphere Kompartimente, wie etwa bei Thiobarbituraten tritt nicht auf, so dass eine sichere Nachdosierbarkeit ermöglicht wird. Bei einmaliger intravenöser Anwendung limitiert eine extravasal gerichtete Umvertei- lung die Wirkungsdauer (WHITTEM et al. 2008). Nach Applikation der klinisch relevanten Dosierungen beträgt die Plasmahalbwertszeit durchschnittlich 24 Minuten bei Hunden und 45

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31

Minuten bei Katzen; die durchschnittliche Plasmaclearance beträgt 59,4 ±12,9 ml/KG KGW/min bzw. 25,1 ±7,6 ml/kg KGW/min (FERRÉ et al. 2006; WHITTEM et al. 2008).

Neben der bereits dargelegten Interaktion mit Zielstrukturen am GABAA-Rezeptor, zeichnen zahlreiche Studien ein Bild der pharmakodynamischen Pluripotenz des Steroids. Wirkungen auf den nikotinergen Acetylcholin-Rezeptor und auf Kalziumkanäle vom T-Typ (GILLO u.

LASS 1984; SHIRAISHI et al. 2002; PATHIRATHNA et al. 2005) wurden ebenso nachge- wiesen wie ein positiver Einfluss auf die Aktivität von Typ 3 Glutamat-Transportern und eine Potenzierung der Glycinwirkung am α1-Glycin-Rezeptor (AHRENS et al. 2008; RYU et al.

2009).

2.3.4.2. Klinisches Profil: Kleintiere

Bekanntgeworden durch ein fixes Kombinationspräparat mit Alphadolonazetat (s.o.), das un- ter dem Handelsnamen Saffan® zugelassen war, erhielt das Alphaxalon im Jahr 2008 unter dem Handelsnamen Alfaxan® eine Zulassung in Deutschland zur Narkoseeinleitung und – erhaltung für Hunde und Katzen. Bedingt durch die bereits dargestellte Modulation des GABAA-Rezeptors ist die klinische Wirkung des Neurosteroids durch eine rasche Hypnose und ausgeprägte Muskelrelaxation charakterisiert (PANKOW u. WHITTEM 2008). Das anal- getische Potential von Steroiden wurde bereits 1927 von CASHIN u. MORAVEK beschrie- ben und ist seither Gegenstand zahlreicher Untersuchungen (MENSAH-NYAGAN et al.

2008; KRAULIS et al. 1975; HOLZBAUER 1976; PURDY et al. 1991; MAJEWSKA 1992;

JEVTOVIC-TODOROVIC u. TODOROVIC 2006; PATHIRATHNA et al. 2005; TODO- ROVIC et al. 2004). Alphaxalon vermittelt ebenfalls analgetische Effekte, die jedoch sehr gering ausfallen und klinisch nicht nutzbar sind, was die Gabe eines geeigneten Schmerzmit- tels unbedingt erforderlich macht (PANKOW u. WHITTEM 2008). Die Aufwach- und Erho- lungsphasen wurden in den klinischen Studien von MUIR et al. (2008; 2009) mit gut bis ex- zellent bewertet. Alfaxan kann mit und ohne Prämedikation angewendet werden und induziert dosisabhängig Sedation und Hypnose. Werden jedoch alleinig Benzodiazepine prämediziert, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf eine verkürzte Anästhesiedauer sowie gestörte Auf- wachphasen mit psychomotorischen Erregungszuständen, die sich als spontane Muskelbewe- gungen oder als Ophistotonus-ähnliches Verhalten äußern (EMMERICH u. UNGEMACH

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32

2008) Die intravenöse Gabe von Alphaxalon induziert eine dosisabhängige kardiorespiratori- sche Depression bei Hund und Katze (AMBROS et al. 2008; MUIR et al. 2008; MUIR et al.

2009), die in positiver Korrelation mit der Applikationsgeschwindigkeit bzw.

Alphaxalonkonzentration im Gehirn steht (PANKOW u. WHITTEM 2008). Apnoe –mit stär- kerer Ausprägung beim Hund- stellte die häufigste Nebenwirkung dar. Somit wird bei der Anwendung von Alfaxan endotracheale Intubation und Sauerstoffgabe empfohlen (MUIR et al. 2008; MUIR et al. 2009).

2.3.4.3. Klinisches Profil: Reptilien

Mit steigender Bedeutung von Reptilien in der tierärztlichen Alltagsroutine, ergeben sich aus den elementaren Differenzen in der Physiologie auch zunehmend Herausforderungen für den Praktiker und Anästhesisten. Im Gegensatz zu den homiothermen Säugetieren wird der Meta- bolismus in seiner Gesamtheit von der Umgebungstemperatur beeinflusst und somit auch die Aufnahme, Verstoffwechselung und Ausscheidung von Anästhetika (BONATH 1977). Neben der Ektothermie erfordern auch pulmonale Shuntsysteme die Befähigung zur Reduktion der Lungenperfusion und eine hohe Sauerstoffmangeltoleranz eine entsprechende Adaptation der Handhabung, Pharmakotherapie und Anästhesie (SCHUMACHER 2007; LONGLEY 2008).

Erschwerend wiegt die Tatsache, dass viele für Schildkröten etablierte Narkoseregime erheb- liche speziesspezifische und individuelle Unterschiede aufweisen (BENNETT 1991). Zum klinischen Einsatz von Alphaxalon in der Reptilienanästhesie finden sich in der Literatur Ein- zelfallberichte zur Anwendung von Alphaxalon als solitäres Anästhetikum, mit nur partiell deckungsgleichen Dosierungsempfehlungen (CARMEL 2002; SIMPSON 2004; JOHNSON 2005). Zuvor konnten HACKENBROICH et al. (1999) mit der Alphaxalon- Alphadolonazetat-Kombination nach intraperitonealer Injektion ein chirurgisches Toleranz- stadium bei Rotwangenschildkröten erwirken. In einer umfassenden Arbeit mit Schildkröten empfiehlt KOWALESKI (2010) den Einsatz des Alphaxalons als Monoanästhetikum zur Narkoseinduktion und für nicht schmerzhafte Eingriffe, sowie eine Kombination der Injekti- onsnarkotika Alphaxalon und Ketamin mit dem Inhalationsanästhetikum Isofluran. Neben den temporären Lähmungserscheinungen, deren Aufklärung Ziel der vorliegenden Studie ist, stuf- te die Autorin die Wirkstoffkombination als sicher ein. Vitalsysteme der narkotisierten Tiere

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33

erfuhren - bis auf eine geringgradige Suppression der Atmung - keine negative Beeinträchti- gung

2.4. CYCLODEXTRINE

Cyclodextrine sind Zellmembran-impermeable cyclische Oligosaccharide. Sie stellen ring- förmige Abbauprodukte von Stärke dar und bestehen aus α-1,4-glykosidisch verknüpften Glukosemolekülen. Die daraus hervorgehende toroidale Struktur weist einen zentralen hyd- rophoben Hohlraum auf, mit einer ihn umgebenden hydrophilen Außenschicht (BREWSTER et al. 1990). Der innere hydrophobe Bereich ermöglicht eine stabile Komplexbildung zwi- schen Cyclodextrinen und lipophilen Pharmaka (SZEJTLI 1998). β-Cyclodextrine (β-CD) stellen die potentesten Komplexbildner dar, ihre Wasserlöslichkeit jedoch ist nur mäßig (1,8 g/100 ml bei 25 ºC). Aus diesem Grund wurden Wege gesucht, die Hydrophilie der β-CD zu erhöhen. Methylierte Cyclodextrine, wie das (2,6-di-O-methyl-)Cyclodextrin (DMCD), er- wiesen sich als potente Wirkstoff-Komplexierer, jedoch vermochte auch die Methylierung die Wasserlöslichkeit nicht in signifikantem Ausmaß zu steigern, zumal das DMCD nun auch parenterale Toxizität aufwies und hämolysierend wirkte (PITHA et al. 1988). Den Durch- bruch brachten die 2-Hydroxypropyl-β-Cyclodextrine (HPCD), Hydroxyalkylderivate des β- CD. Diverse Studien, etwa von PITHA (1988) oder YOSHIDA et al. (1988) attestieren dem HPCD vorzügliche lösungsvermittelnde Eigenschaften. Die Toxizitätsstudien von BREWS- TER et al. (1990), sowie COUSSEMENT et al. (1990) zeigten dazu an Ratten, Hunden und Affen die hohe Verträglichkeit der Verbindung. Durch die Formulierung mit HPCD erhöht sich die Löslichkeitsbefähigung von Alphaxalon um den Faktor 375.

2.5. LIDOCAIN – ELEKTROPHYSIOLOGISCHES PROFIL

Lidocain ist ein Lokalanästhetikum vom Säureamid-Typ, ein bewährtes antiarrhythmisches Agens (Klasse IB) und kann ebenfalls zur Durchbrechung eines Status epilepticus angewen- det werden (LÖSCHER 2006).

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Abb. 5: Strukturformel Lidocain.

Der aromatische Rest vieler handelsüblicher Lokalanästhetika, so auch des Lidocains ist ein 2,6-substituierter Benzenring – und damit ein Strukturanalogon von 2,6-Dimethylphenol. Ältere Studien mutmaßten über einen starken Einfluss des aromatischen Restes auf die Bindungsstärke des Lidocains. Mittlerweile ist bekannt, dass 2,6-Dimethylphenol spannungskontrollierte Natriumkanäle mit gleicher Potenz wie Lidocain blockiert (HAESELER 2002) ZAMPONI (1993) belegte am Beispiel von Phenol und Anilin, dass das Vorhandensein der freien phenolischen Hydroxylgruppe für die Natriumkanalblockade nicht erforderlich ist.

Der klinisch evidenten Wirkung liegt eine Unterdrückung der De- und Repolarisation der re- levanten Nerven zugrunde, die auf eine temporäre Blockade spannungsabhängiger Natrium- kanäle zurückzuführen ist, wobei die spezifische Bindungsstelle im Inneren des Kanals lokali- siert ist (WERNER 2002).

Die genauen Umstände und Vorgänge der Kanalstromsupprimmierung durch Lidocain waren Gegenstand zahlreicher elektrophysiologischer Studien an Nerven (Oktopus Riesenaxon, Ranvier‘sche Knoten beim Frosch usw.), Herzzellen (Purkinje-Fasern, Ratten-, Meerschwein- chen- und Schweinekardiozyten) und Kulturzellen (HEK, Oozyten). Die Resultate entspre- chen Messungen aus Ganzzellableitungen und Einzelkanalmessungen und belegen einerseits übereinstimmend den Effekt der Natriumstrominhibierung am Kanalprotein (LEUWER et al.

2004; BALSER et al. 1996a, b; HILLE 1992; HONDEGHEM u. KATZUNG 1977;

HONDEGHEM u. KATZUNG 1984; LEE et al. 1981; HILLE 1977; BEAN et al. 1983;

FOZZARD et al. 1985; BENNET 1987; GRANT et al. 1989; CLARKSON et al. 1988;

GINGRICH et al. 1993; GRANT 1990). Andererseits existierte lange Zeit eine Vielzahl an Modellhypothesen und Uneinigkeit zur genauen Wirkungsinduktion. MCDONALD et al.

(1989) hielten die Interaktion mit dem geöffneten (aktivierten) Natriumkanal für entschei- dend. Weitere Hypothesen schlagen primär die Bindung an den schnell bzw. langsam inakti- vierten Natriumkanal vor (HONDEGHEM u. KATZUNG 1984; BEAN et al. 1983;

CLARKSON et al. 1988; KHODOROV 1991). Ebenfalls im Gespräch ist die Bindung an

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35

einen Rezeptor mit fixer Affinität, dessen Zugang durch die Kanalpore limitiert bzw. reguliert wird (Guarded receptor-hypothesis) (STARMER et al. 1984; STARMER u. GRANT 1985;

STARMER u. COURTNEY 1986; STARMER et al. 1987).

Die Annahme, der Rezeptor für Lokalanästhetika (und Antiarrhythmika) verfüge über min- destens drei verschiedene kinetische Zustände, die in ihrer Bindungsaffinität divergieren wird als „Modulated receptor-hypothesis“ bezeichnet und wird erstmalig von ARMSTRONG (1971) beschrieben und 1992 von HILLE als Modell formuliert (siehe Abschnitt 2.1.3.3).

Diese Ansicht suggeriert eine Koexistenz der o.g. Modelle und findet große Akzeptanz (ULBRICHT 2005). Als nachgewiesen gilt auch, dass die Bindung von Lidocain-ähnlichen Lokalanästhetika an depolarisierte, langsam und schnell inaktivierte Natriumkanäle mit einer weitaus höheren Affinität geschieht als an ruhende, geschlossene oder an aktivierte Kanäle (BEAN et al. 1983; LEUWER et al. 2004). Die Studie von BENNETT et al. (1995) lieferte schlüssige Hinweise auf eine herausragende Rolle des schnell inaktivierten Zustandes am kardialen Natriumkanal. Durch die Mutation dreier Aminosäuren wurde die Befähigung des Kanals zur schnellen Inaktivierung eliminiert; die Blockade des Kanals durch Lidocain signi- fikant verringert. Die Rolle des ruhenden bzw. offenen Natriumkanals bei klinisch relevanten Lidocainkonzentrationen war sehr gering ausgeprägt jedoch auch nachweislich vorhanden.

WANG et al. (1996) und WRIGHT et al. (1997) fanden zwar Differenzen in der Blockade- charakteristik verschiedener Subtypen durch Lidocain und lidocainähnliche Lokalanästhetika, nichtsdestotrotz schlussfolgern auch diese Arbeiten, dass die Inaktivierung den bestimmenden Zustand des Kanalproteins bezüglich der natriumstromsupprimierenden Wirkungsentfaltung definiert. Da nun Natriumkanalblocker, wie Lidocain und Lidocain-ähnliche Lokalanästhetika zu inaktivierten Kanälen eine höhere Bindungsaffinität aufweisen als zu ruhenden, ist die pharmakologische Empfindlichkeit gegenüber Natriumkanalblockern durch die Spannungs- abhängigkeit der Inaktivierung eines Kanals bestimmt (BEAN 1983; HILLE 1992; WANG 1996, WRIGHT et al. 1997). Besonders, wenn es wie in pathophysiologischen Zuständen zu einer veränderten Natriumkanalexpression kommt, zeigt sich die Wirkung von lokalanästheti- ka-ähnlichen Medikamenten durch ihre verstärkte Bindung an inaktivierte Kanäle und die Stabilisierung dieses Kanalzustandes. Hierbei liegen die wirksamen Konzentrationen entspre- chend weiter unterhalb des Bereiches, bei dem es zur Inhibition der physiologischen Nerven- und Muskelerregungsweiterleitung kommt (BRÄU et al. 2001; JURKAT-ROTT et al. 2002;

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LAI et al. 2004; AMIR et al. 2006). Veränderte Funktions- und Expressionsmuster von Natri- umkanälen treten häufig bei neuropathischen und inflammatorischen Schmerzen sowie Natriumkanalmyopathien auf und gehen einher mit spontanen Entladungen und erhöhten De- polarisationsraten. Hohe Entladungsraten durch ektope Erregungsbildung, ausgehend von verletztem Nervengewebe oder infarzierten Arealen, sprechen besonders auf Lidocain- ähnliche Lokalanästhetika und Antiepileptika an, da die Alterationen in der Kanalkinetik eine höher affine Bindungsbefähigung zeigen (WAXMAN u. HAINS, 2006; JURKAT-ROTT et al. 2002; AMIR et al. 2006).

Ein weiteres „klassisches“ Charakteristikum des Wirkungsprofils Lidocain-ähnlicher Lokal- anästhetika ist der frequenzabhängige Block (synonym phasischer Block, Use-dependent block) (FAN 1996). Ein solcher tritt auf, wenn mit steigender Frequenz von Testpulsen (Depolarisationen) die Zeit abnimmt, die ein natriumkanalblockierendes Medikament zum Abdissoziieren vom meist höheraffinen inaktivierten Zustand hat. Ab einer bestimmten Fre- quenz von depolarisierenden Potentialsprüngen stellt sich ein verstärkter Block beim letzten Testpuls relativ zum ersten Testpuls ein, da die zur Verfügung stehende Repolarisationszeit zwischen den einzelnen Pulsen für eine Erholung aller vorhandenen Natriumkanäle unter Anwesenheit des Natriumkanalblockers zu kurz wird (BUTTERWORT u. STRICHATZ 1990).

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3. MATERIAL UND METHODEN

3.1. MESSPRINZIP DER PATCH-CLAMP-TECHNIK

Die Messungen in der vorliegenden Arbeit wurden ausschließlich in der Whole-Cell- Konfiguration (siehe Abschnitt 2.2) durchgeführt. Der zuvor in der Cell-Attached- Konfiguration erlangte Abdichtungswiderstand bleibt in der Regel bestehen, wobei Abdich- tungswiderstandsgröße und Leckageströme in einem negativ korrelierten Zusammenhang stehen. Das bedeutet, dass bei Vorhandensein eines dichten Seals auch sehr kleine Ströme nicht von irrelevanten Strömen überdeckt und somit relativ störungsfrei detektiert werden können. Pipettenelektrode (im Pipettenlumen) und Badelektrode (extrazellulär, in der Badlö- sung) sind über eine Regelschaltung verbunden. Der Stromkreis wird über den Patch ge- schlossen. Zwischen den aus chloriertem Silberdraht bestehenden Elektroden kann eine belie- bige Spannung angelegt und somit ein entsprechendes Membranhaltepotential vorgegeben und etabliert werden. Durch die softwaregestüzte Induktion einer Depolarisation (positive Membraninnenseite) und die konsekutive Öffnung spannungsgesteuerter Kanäle findet eine Ionenverschiebung durch die Kanäle in der Zellmembran statt. Hierbei werden Spannungs- veränderungen generiert, somit muss der Ionenfluss zur Aufrechterhaltung eines konstanten Membranpotentials kompensiert werden. Die Größe des hierzu benötigten Stroms gibt spie- gelbildlich die Größe des geflossenen Ionenstroms durch die Zellmembran wieder (MO- HAMMADI 1999).

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38

Abb. 6: Schematische Darstellung der Gegebenheiten beim Patch-Vorgang:

A: Zielzelle; B:apikales Pipettenende; C: Pipettenlumen gefüllt mit Intrazellularlösung (Pipettenlösung); D:

Petrischale mit Extrazellularlösung (Badlösung); E: Pipettenelektrode; F: Bad-elektrode; G: Pipettenhalter; H:

Dichtungskopf; I: Vorverstärker

3.2. DURCHFÜHRUNG EINES EXPERIMENTS

Im Anschluss an die Etablierung der Whole-Cell-Konfiguration und dem erfolgreichen Anhe- ben der Zelle vom Petrischalenboden wurde zunächst in Abfolgen von Depolarisationen, aus- gehend von einem Haltepotential von -100 mV, getestet, ob transmembranale Natriumströme flossen und ob eine adäquate Kanalkinetik bzw. eine Spannungssteuerung erkennbar war. Der prozentuale Anteil erfolgreich transfizierter Zellen betrug 100%. Die detektierten Ströme lagen im Bereich von 1-5 nA (Nanoampère).

Im Falle des Vorhandenseins von Kanalstrom und einer repräsentativen Kanalkinetik wurden Abfolgen definierter Pulsprogramme (Testprotokolle) appliziert. Diese Programme wurden auf jede Zelle (insofern sie den Testkonditionen physikalisch standhielt) drei Mal angewen- det:

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a. Ausgangskontrolle unter Applikation von Badlösung (Extrazellularlösung) b. Test unter Applikation der zu untersuchenden Substanz (Alphaxalon; Lidocain) c. Auswasch-/Reversibilitätskontrolle unter Applikation von Badlösung

Jede getestete Zelle wurde nur einer Testkonzentration ausgesetzt. Nach der Beendigung der Testsubstanzapplikation wurde das Zellschälchen ausgetauscht. Diese Maßnahme stellte si- cher, dass keine Zellen im Vorfeld zur eigentlichen Messung bereits Kontakt mit den Sub- stanzen hatten.

Pro Testkonzentration wurden die Messergebnisse aus vier bis zehn einzelnen Experimenten für die Auswertung herangezogen. Jede Zelle wurde innerhalb von 5 Minuten nach Etablie- rung der Whole-Cell-Konfiguration beprobt um die von WANG et al. (1996) beschriebenen, mit langen Aufnahme- bzw. Beprobungszeiten einhergehenden Alterationen in der Aktivie- rungs- und Inaktivierungskinetik bestmöglich zu minimieren. Unter unseren Testkonditionen umfasste die Beprobungszeit einer Zelle etwa 3 ½ bis 4 Minuten (davon 2 ½ Minuten unter Substanzapplikation), demnach betrugen zeitabhängige Shifts zu hyperpolarisierten Potentia- len unter Kontrollbedingungen lediglich -4 mV (HAESELER et al. 2000).

3.3. SIMULATIONSPROTOKOLLE UND DATENERHEBUNG 3.3.1. Allgemeines Prinzip

Die Datenerhebung

,

-verarbeitung und -analyse erfolgte mit einem PC-gesteuerten EPC9- Verstärker und Vorverstärker, sowie der Pulse- und Pulse Fit-Software der Firma HEKA Elektronik (Lamprecht, Deutschland). Hierbei lädt der Verstärker die Zielzelle auf eine defi- nierte Klemmspannung (Membranhaltepotential) um. Die Zellkapazitäten betrugen 9-15 pF (Pikofarad), der Widerstand der Patchpipetten lag zwischen 1-2 Megaohm. Kapazitive Ströme und Leckageströme wurden vom Experimentator über eine Software korrigiert. Die durch die Messungen erhaltenen Daten wurden bei 10 kHz gefiltert. Durch das Induzieren bestimmter

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Abfolgen verschiedener Spannungen, den sogenannten Pulsprogrammen oder Testprotokol- len, können Strom-Spannungsverläufe, die die Kinetik der Natriumkanäle wiedergeben, de- tektiert und gespeichert werden. So konnte das Membranpotential nach Wunsch positiver (Depolarisation) oder negativer (Hyperpolarisation) gesetzt werden. Da es sich bei den evalu- ierten Ionenkanälen um spannungsgesteuerte Natriumkanäle handelt, verändert eine Alterati- on des Membranpotentials den Aktivitätszustand jenes Kanals. Aufgrund dessen ließen sich vielfältige kinetische Zustände des Kanals simulieren, was eine detaillierte und weitgefächer- te Aussage über die Wirkungen der Testsubstanzen zuließ. So kann eine lokalanästhetisch wirksame Substanz nur eine geringe stromsupprimierende Wirkung auf den ruhenden Natri- umkanal ausüben, jedoch aber eine um den Faktor 10 bis 100 höhere Affinität zum inaktivier- ten Aktivitätszustand aufweisen (RAGSDALE et al. 1994, 1996; BEAN 1983). Ein Pulspro- gramm besteht aus einer Grundspannung (einem bestimmten Haltepotential), einem Testpuls (Testspannung; Testpotential), ggf. einem Vorpuls und einem Train. Ein Vorpuls (Synonym Präpuls) ist eine Inaktivierung durch eine definierte Vordepolarisation, um vor dem eigentli- chen Testpuls eine bestimmte Fraktion inaktivierter Kanäle hervorzurufen, wohingegen ein Train eine kurzfristige Hyperpolarisation darstellt, um alle Kanäle in den geschlossen aktivierbaren Zustand zu versetzen. Die Grundspannung hat die Aufgabe, die Ionenkanäle in einen gewünschten Ausgangszustand (Ausgangs-Aktivitätszustand) zu versetzen, beispiels- weise der maximalen Aktivierbarkeit durch ein hyperpolarisiertes Haltepotential. Bei dem nachfolgenden Testpuls wurde bei einer programmspezifischen Potentialänderung (z.B. De- polarisation auf 0 mV) der noch verfügbare Strom gemessen. Ein eventueller Vorpuls beein- flusst programmspezifisch den Aktivitätszustand der Kanäle vor dem Testpuls. In den Pausen zwischen den Messungen wurde die Membran der „gepatchten“ Zelle auf eine Grundspan- nung von –100 mV eingestellt.

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