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A270 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 5⏐⏐3. Februar 2006
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r hat in der für festgefah- ren gehaltenen Farb-Ma- lerei neue Wege beschrit- ten, neue Sphären eröffnet – der Österreicher Prof. Hel- mut Schober. Seine „Licht“- Bilder erschließen bislang un- bekannte Dimensionen des Sehens und Erlebens. Ihm ge- lingt es – mithilfe (als Werks- geheimnis wohl gehüteter) neuer Verfahren, einer Mi- schung von nahezu ungebun- denen, reinen Pigmenten und Graphit reliefartig überein- ander aufgetragen – seinen„Schöpfungen“ eine unbe- grenzte Dreidimensionalität zu verleihen. Die Einzigartig- keit des Form- und Farbreich- tums eröffnen Schobers
„Licht-Malweise“ unendlich viele Varianten: Eintauchen ins Unendliche, ins Univer- sum, in unermessliche Zeit.
Mit seinen Bildern scheint er gleichwohl Unfassbares auf- gespürt, mit durchdachten Titeln („Zeitverzerrung“,
„Zeitkollision“, „Vergehen“,
„Zeitschub“, „Das All ist leer“) treffend benannt zu ha- ben. Er bezeichnete sich ein- mal „als Nachtfalter, der un- entwegt mit dem Schädel ge- gen das Licht der Lampen bumst“. Seit seinen ersten Aktionen als Performance- künstler in den 1970er-Jahren zieht sich über figurative Ab- bildungen während seines ge- samten Schaffens bis heute die Trias von Licht, Zeit und Raum, denen Energien, Kräf- te, Bewegungen innewohnen:
Heraklits „panta rhei“ (es gibt kein bleibendes Sein) verbildlicht, verabsolutiert.
Schobers Werke sind stets
Unikate mit schwierigem, aufwendigem Entstehungs- prozess. Einen Stimulus für seine Lichtbilder und Bild- welten findet Schober zum ei- nen in der quirligen Metropo- le Mailand, die ihn seit 30 Jah- ren auflädt. Sein Werk be- stimmend ist aber die Musik Wolfgang Amadeus Mozarts.
Er perzipiert diese während des Malvorgangs über Kopf- hörer. Dabei versucht er je- doch nicht, das Gehörte mit bildnerischen Mitteln im Bild wiederzugeben, abzubilden.
Mozarts Kompositionen, so lassen seine Bilder erkennen, scheinen ihn vielmehr in
„höhere Sphären“ zu tragen.
Mit einer leisen Ahnung des- sen, was Ewigkeit bedeuten mag? Vita brevis – ars longa?
Auszüge seines 1997 angefer- tigten zeichnerischen Zyklus und der Gemälde zu Mozarts musikalischen Werken zeigt im Mozartjahr 2006 der Kunstverein Schwetzingen.
Schober nahm bereits früh- zeitig zweimal sowohl an der Biennale in Venedig als auch an der Documenta in Kassel teil. Ein Höhepunkt seines Schaffens war die Ausstel- lung: „Turner and Schober – two creators of light“ im Jahr 2002, für die die Tate Gallery
Meisterwerke Turners nach Manchester auslieh. Schobers Bildern ist man erst recht aus- geliefert, wenn man beim Be- trachten seiner Bilder eben- falls Mozarts Musik in sich aufnimmt.
Neue Erlebniswelten
Das Studium des anlässlich der Schwetzinger und Augsburger Ausstellungen im Frühjahr 2006 und in Innsbruck zur Jah- reswende 2006/07 erscheinen- den hervorragend bebilderten Katalogs mit Texten der Pro- fessoren Klaus Kropfinger (Berlin) und Peter Anselm Riedel (Heidelberg) eröffnet auch Kundigen noch neue Se- hensweisen, Erlebenswelten.
Hierin heißt es: „Offenkundig ist, dass für Schober in der Kunst Mozarts ein Dualismus erfahrbar wird, der ihn existen- ziell berührt, der Dualismus von Einfachheit und Komple- xität, der zugleich ein Dualis- mus von Heiterkeit und Ab- gründigkeit, von freundlichem Wink und majestätischer Ge- bärde ist.“ So dürfte von Scho- ber noch viel Großes zu er- warten sein, der von sich sagt:
„Die Arbeit hält mich geistig durstig, morgen ist ein neuer Tag.“ Dr. med. Stephanie Krannich
Helmut Schober
Eintauchen ins Unendliche
Die „Licht“-Bilder erschließen bislang unbekannte Dimen- sionen des Sehens und Erlebens.
Feuilleton
In Augsburg:Neue Galerie im Höh- mann-Haus vom 17. Februar bis
zum 30. April. Öffnungszeiten: mitt- wochs bis sonntags 10 bis 17 Uhr, dienstags 10 bis 20 Uhr. Telefon:
08 21/3 24 41 02.
In Schwetzingen: Orangerie im Schlossgarten (Gemälde), Palais Hirsch (Zeichnungen) vom 13. Mai bis 23. Juli. Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 20 Uhr. Informationen:
www.mozartways.com.
In Innsbruck:Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum vom 1. Dezember bis 11. Februar 2007. Informationen:
www.tiroler-landesmuseum.at.
Ausstellungen mit Werken von Helmut Schober
Fotos: privat
Mozarts Kompositionen scheinen Helmut Schober in „höhere Sphären“ zu tragen.