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üeber die Laute des Arabischen und ihre
Bezeichnung.
Von
Ci. A. FVallin. *)
(S. Bd. IX, S. 1 IT)
Der zweite Uuclistabe uuter den Vucul - Consonanten der
Kehle ist welcher als Mitlelbuchstabe die Eigenschaften der
*) Der hiermit erscheuiende Schluss der Abhandlung des sei. Wnllin erinnert die Red. von neuem auf das lebhafteste und schmerzlichste an den nun ehenfalls Hingeschiedenen, dem wir die Krhaltung und Bearbeitung dieses Nachlasses verdanken. Noch in der Blüthe des Lebens — er war hei seinem Tode am 25. Sept. 1856 erst .S4 Jahr alt — liess KeUyrcn durch das scbon Geleistete, bei einem sebönen Vereine von Geist, Willen und Kraft, nocb weit Höheres bolfen. In unserem Herzen hat er sieh durch seine liebenswürdigen Eigenscbaften und durch die warme Pietät für seinen Amtsvorgänger, die sicb auch in der nachstehenden Zuschrift ausspricht, ein unvergängliches Denkmal gesetzt.
„An die Redaetion der Zeitschrift.
Gemäss dem Versprechen in meinem dem ersten Theile dieser Abhand¬
lung Bd. IX, S. 1 , beigegebenen Briefe übersende ich Ihnen jetzt die Fort¬
setzung und den Schluss derselben. Wie schon an jenem Orte gesagt wurde, fanden sicb für diesen letzteren Tbeil im Nachlasse des Verfassers mebrere Concepte und Bearbeitungen in schwedischer Sprache, hier weniger dort mehr ausgeführt, manchmal mit ganz veränderter Aufstellung und Beaiheitung der verscbiedenen liuehstaben. Icb habe mich bemüht, das ganze Material, so gut ich es verstand, zusammenzustellen, zu ordnen und zu verbinden, wage aher nicht zu bolfen, dass es mir gelungen sei, alle Spuren dieser L'ngleicb- heit des .Materials zu verwischen. Ich machte es mir zur Regel, die Worle des Verf. so viel wie möglich beizubehalten, und habe demgemäss nur Unbe¬
deutendes hinzugesetzt zur Verbindung des aus verschiedenen Concepten genommenen Materials, hin und wieder auch zur weiteren Ausfübrung eines vora Verf. bloss angedeuteten Gedankens. Nur am Schlüsse, vom Buchstahen d an, wo ich von meinein .Material im Stiche gelassen wurde, sah ich mich, um die Abhandlung abzuschliessen, genöthigt, nach Anleitung der bier und dorl eingestreuten hieher gehörenden Bemerkungen des Verfassers eine eigene Darslellung zu wagen; dasselbe gilt auch von der zuletzt gegebenen allge¬
meinen Charakteristik der Liquiden.
Beim Vergleiche der ersten Hälfle dieses Aufsatzes , wie sie in der Zeit¬
schrift gedruckt ist, mit den dazu gebörenden Concepten und Vorarbeiten fand sich, dass diese Manches enthielten, was der Verf. bei der letzten Bearbeitung ausgelassen halte, sei cs , dass er diesen Bemerkungen gerin¬
geren Werth beilegte, oder dass er aufdieselben im zweiten Theile zurück¬
kommen oder sie anderwärts benutzen wollte. Da ich aher jede, aucb scbein¬
bar unbedeutende Bemerkung üher die arabische Sprache von einem Manne wie Wallin für werlhvoll ballen muss, so habe ich das von ihm in erwähnter Weise Ausgelassene aus seinen Concepten in einer Nachlese zusammen-
Bd. XII. 39
600 Wallin, über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung.
Continuation und Explosion in sich vereinigt. Von ihm wird
demzufolge keine besondere Explosive gebildet, um so weniger
da nach den arabischen Ortboepisten die Mittellaute überhaupt
den Explosiven näher stehen als den Continuirlichen'). üer
nächste Laut, aus dem wir eine Explosive bilden können, ist
demnach auch hier, wie in der Classe der Spiranten, der auf der
Grenze der Kehle gegen deu Gaumen liegende Buchstabe, nämlich
^, der, wie wir schon gesehen (IX, S. 50), die reine und voll¬
kommene Intonation des ^ ist. Wenn wir also bei £5 ganz so
wie bei ~, den engen Canal, durch welchen die intonirte
Luft herausströmt, scbliessen und den cuntinuirlichen Laut zu
einem explosiven umbilden, so bekommen wir ein tief aus dem
Schlünde hervorgestossenes emphatisches g oder die Articulation,
welche die Mehrzahl der jetzigen Araber dem Buchstaben giebt,
und die wir hier, zum Unterschiede von der oben dargestellten,
und von den arab. Ortboepisten als normal angesehenen Articu¬
lation dieses Buchstuben, mit bezeichnen wollen. Ua wir aber
uus dem spiruntischen ^ eine vollkommene Vocul - Explosive
J.aJLa^ "'"1 einen ubsolut sturken ^ja^ Buchstaben
(das ö) erhielten, so entsteht hieraus dem vocalischen ^ ein Laut,
der nur eine unvollkommene Explosion enthält und zu den abso¬
lut schwachen y~>jy d. h. zu den continuirlichen, gerecbnet
werden muss, obgleich seine Continuation auch wieder nur eine
unvollkommene ist. Seine Explosion ist unvollkommen nicht allein
weil der spirirende Nachschlag mehr als ein Nebenmoment anzu¬
sehen ist, sondern auch weil das erste Moment seiuer Articulation
weder augenblicklich noch stumm sein darf, sondern in einem
vocalischen Summen besteht, welches nicht, wie bei b, d, g, nur
ein zufälliges und gleichgültiges ist, sondern gerade das Haupt¬
moment in der Articulation ausmacht. Und seine Continuation
ist ebenfulls unvollständig, weil sie nicht von der Uuuer des
Athems, sondern von der Länge und Gedehntheit des Articulu-
tionsplutzes bedingt ist. Mit Hinsicht auf diese Länge des Ar-
ticulationsplatzes ist dieser Laut unter die continuirlichen zu
rechnen; mit Hinsicht auf die dadurch entstehende Unvollkommen¬
heit der Continuation aber muss ihm die specielle Eigenschaft der
Extension KJLLä*«'^! beigelegt werden, die sonst in der arab.
Lautlehre gewöhnlich nur dem Buchstaben ^ zugeschrieben wird.
gestellt, selbst auT die Gefabr bin, dass sicb bier Einiges lande, was mit d späteren Bearbeiiung des Verfassers nicbt ganz barmonirt.
Helsingfors, t5. Juni 1856. H. Kellgren."
1) 8uXji\äJI LS'Jws»! S J^v^l i>A.^JI;, s.Li-jJI U
Wallin, über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung. 601
dessen Nntur wir unten, bei Besprecbung dieses Bucbstuben näher
auseinandersetzen wollen.
Da dieser Laut keine eigene Bezeichnung im Alphabete ge¬
funden hat und auch von den arab. Orthoepisten nicht erwähnt
und beschrieben worden ist, so habe ich ihm nur nach der Aus¬
sprache desselben im Munde des Volkes und nach der Analogie
mit dem damit verwandten Buchstaben ^J:o d den bezeichneten
Platz angewiesen und ihm die Eigenschaft der Schwäche zugeschrie¬
ben. Es herrscht nämlich sowohl in Hinsicht des Lautes als aller
iibrigen Eigenschaften zwischen diesem Buchstaben und g ^
dasselbe Verhältniss wie zwischen ^jo und o, und da der Buch¬
stabe fja zu den schwachen gehört und Extensions - Buchstabe
genannt wird, so glaube ich dem Buchstaben ^ dieselben Eigen¬
schaften beilegen zu mUssen. Was den Laut desselben betrifft,
so wie er in Ober-Aegypten , im grössten Theile von Syrien und
von den meisten Beduinen der westlichen Hälfte der arabischen
Halbinsel, ebenso wie von den Bewohnern des Hi^äz ausgespro¬
chen wird, so ist es immer und unveränderlich eiu hartes g,
liefer aus dem Organe hervorgeholt als unser gewöhnliches g
vor harten Vocalen, und härter uls das franz. gu z. B. in gui-
der oder das engl, g in good. Folgt ein Vocal, so giebt er
diesem denselben hurten und geschlossenen Kiung wie das
doch immer mit einer Resonanz aus dem Nasencanale, und er
kunn uuch selbst vor seiner Articulation gleichsam einen Vor¬
schlug von Nusalton bekommen. Wie der Articulation unseres
gewöhnlichen g ein gewisses vocalisches Summen vorangehen
kann, so kann ich vor diesem Laute ein vocalisches nasales Sau¬
sen hören lassen, welches, mit der Articulation des g verbunden,
einen Laut hervorbringt nicht unähnlich dem in vielen Sprachen
vorkommenden mit ng bezeichneten. Ein Fremder trifft deu Laut
des am besten wenn er unmittelbar vor der Articulation des¬
selben im Gaumen eid nasales n articulirt. Besonders wo das ^
nm Ende eines Wortes oder einer Sylbe ohne Vocal steht, hört
man die eigene extendirte Articulation desselben ; man zieht gleich¬
sam den vorhergehenden Vocallaut längs des Gaumens in den
Nasencanal, wu der so herangezogene Luut während der in dieser
Weise gedehnten Articulution seine Intonation bekommt.
Wir wollen durch einige Beispiele die Articulation dieses
Lautes näher zu erklären suchen, und wählen dazu vorerst ein
Wort, an dessen Ende er ohne Vocal steht. In »jj;».*» spreche
ich die Sylbe sd- wie gewöhnlich aus; nachdem ich aber dem
ä seine gewöhnliche Länge gegeben, ziehe ich die Zunge gegen
das Gaumensegel zurück und dabei zugleich den Vocallaut gegen
den Nasencanal hin; sobald aber der Theil der Mittelzunge, mit
dem wir unser g z. B. in Gabe articuliren, unter das Gau-
602 IVallin, über die Laule des Arabischen and ihre Bezeichnung.
mensegel kommt, lasse icb die Zunge mit einer scbwacben Spi¬
ration in ibre gewöiinlicbe L.uge zurückfallen, wobei das em-
pliatiscbe vocalische Summen , das während der ganzen Dauer
der Articulation mit gehört wurde, im Nasencanale aufhört. Die¬
ses Zurückziehen dei- Zungenwurzel nach einem Punkte hin, über
den das Organ nicht mehr binaus kann, und die Zurücksenkung
derselben in ihre gewöhnliche Lage machen also die charakteri¬
stische Articulation dieses Lautes aus. Dieselbe Articulation be-'
kommt das in Wörtern wie O».*— und ^^«». Wo es aber am
Knde eines Wortes doppelt steht, da wird seine nnch den ver¬
schiedenen Dialekten wechselnde Articulation besonders deutlich
gehört. Nach der von den jetzigen Kur'än - Lesern und den alten
Orthoepisten uls normal angenommenen Aussprache dieses Buch¬
staben spreche ich z. B. das Wort ungefähr zi--kä mit
einem deutlichen und ziemlich Inngen üiutus zwischen i und k
aus , während dessen durchaus kein vocalisches Summen gehört
wird. Dieser Hiatus entsteht olfenbar dadurch, duss ich durch
eine augenblickliche Erhebung'der Zunge gegen das Gaumeusegel
den Schlundraum vollkommen schliesse; wenn nun der auf diese
Art gebildete Verschluss mit dem Nachschlage eines kurzen hal¬
ben Vocals geöffnet wird , spreche ich das doppelte ^ aus , des¬
seu Articulation also im Scbliessen des .Schlundes mit einer län¬
geren Pause und dem augenblicklichen Oeffnen desselben mit einem
Nachscliliigs - Vocale besteht. Nach der Aussprache aber, welche
dieser Buchstabe bei den westlichen Beduinen und den meisten
übrigen Arabern unserer Zeit bekommt, spreche ich dasselbe
Wort etwa wie ziiüg'' aus, mit einem Hiatus zwischen i und g,
der ganz mit einem emphatischen , im Nasencanale ertönenden
Vocalsummen ausgefüllt ist, und lasse nuch der Articulution des
^ dus Organ mit einem schwachen Schluss - Spiranten in seine
gewöhnliche Lage zurückfallen. \ Dieser mit vocnlischem Summen
ausgefüllte Hiatus entsteht walirscheinlicli.- dadurch, dass ich
während der Articulation den .Schlund nicbt vollkommen schliesse,
sondern beim Zurückziehen der Zunge gegen den Gaumen den
Vocallaut durch eine kleine Oeffnung des Schlundraumes gegen
den Nasencanal heranziehe, um ihn so bei der Zurücksenkung
der Zunge mit einem spirirenden Nachschlage aufliören zu lassen.
Der Unterschied in der doppelten Articulution des ^ bestellt ulso;
1) darin dass, obgleich die g-Laute zur Mittelzunge gehören,
bei dieses Organ mehr rückwärts gegen das Gaumensegel
gezogen werden muss, um den diesem Laute eigenthümlichen
tiefen emphatischen Klang hervorzubringen , was bei ^ k nicht
nöthig war, weil sein Articulationsplatz auf der Zungenwurzel,
unmittelbar unter dem Gaumensegel liegt; 2) darin dass während
dor ganzen Articulation des ^ ein vocalisches Mitsummen ge-
WaUin, über die Laule des Arabischen und ihre liezeichnuny, 603
hört wird, was bei als einer urspriinglicb ganz stummen
Muta, nicbt Statt findet; 3) darin dass man, um nacb beendigter
Articulation des g die Zunge wieder in ibre natürlicbe Lage zu
bringen, dieselbe ein wenig vorwärts scbiebt und dabei einen
schwachen spirantischen Nachschlag huren lässt, im Gegensatz
zu dem halben Schlussvocal, der bei ^ zugleich mit dem verti¬
calen Zurückfallen der Zungenwurzel entsteht. Bei einer schwa¬
chen Articulation verschwindet natürlich dieser letzte Unterschied,
aber die zuerst genannten bleiben, und in der That kann man
diese zwei Laute hauptsächlich nur durch die Schluss - Explosion
recht deutlich von einander unterscheiden. Articulirt man sie
schwach mit vorhergehendem a und beide mit Schluss - Spiranten,
oder auch beide mit Schluss - Tonanten , so kann ein Uoterschied
in ihrem I..aute schwerlich anders vernommen werden als so , dass
der Vocal vor g gedehnt und vor k jäh abgebrochen wird. Na¬
türlich ist es auch , dass ^ g mit einem Spiranten explodiren
muss, um es einerseits von r, andererseits von - g zu unter¬
scheiden , gerade so wie das ^ einen vocalischen Nachschlag
bekommt, um nicht in ^ oder ai5 umzuschlagen. Denn wenn das
tiefe g ^ mit einem vocalischen Nachschlage ausgesprochen wird,
so entsteht in dem engen Gewölbe, welches die Zunge für die
Articulatiou desselben mit dem Gaumensegel bildet, ein schnar¬
rendes a, das dem ^ sehr älinlich klingt, in derselben Weise wie
aus wenn es mit einem Schluss - .Spiranten articulirt wird,
aus der nämlichen Ursache ein schnarrendes h entsteht, das
mit dem k ein ^ }i bildet.
Aus der hier dargestellten Aussprache des arabischeu ö
erklärt sich, glaube ich, nicht allein die Möglichkeit der Ver¬
wechselung desselben mit die bei den Persern und auch, nach
de Sacy , bei den Arabern von Muskat und Marocco allgemein
ist, sondern auch dessen Auflösung in dz, die gewöhnlich bei
den Bewohnern des Negd und bei denjenigen Arabern Statt fin¬
det, welche, wie frUher (IX, S. 60) erwähnt worden, das j< wie
t^ oder ts aussprechen. Die Perser, besonders die in Siräz
und am persischen Meerbusen, sprechen diesen Buchstaben, mag
er in arabischen oder einheimischen Wörtern vorkommen, ganz
willkürlich bald wie g bald wie r aus, so dass man in demselben
Satze z. B. das Wort ysLs>. vnn demselben Individuum t^ägu
und tÄäj-u aussprechen hören kann. Bei dieser Verwechse¬
lung von g und r tritt dasselbe Verhältniss ein, wie bei der
von ö welche ebenso, wie oben erwähnt worden (IX,
S. 56), von einigen Türken und Syrern mit einander vertauscht
werden. Wenn uämlich der Schluss - Spirant des vocalisch
C04 yVaUin, über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung.
gemucht wird, so entsteht, wie so eben gesugt, ein gunz so
wie, wenn der Sciiluss - Tonant des ö mit einem Spiranten ex¬
plodirt wird, dieser Buchstabe in ^ übergeht. Jedoch habe ,ich
bei denjenigen Arabern, unter denen ich gelebt, eine solche Ver¬
wechselung des o mit ^ nicht bemerkt, mit alleiniger Ausnahme
des halb-persischen halb - arabischen Bastard - Volkes , welches an
der Ostküste des persischen Meerbusens in der Gegend von Abii-
Sir wohnt. Desto allgemeiner dugegen und vorzugsweise bei den
reinsten und edelsten Beduinenstämmen des Negd üblich ist die
zweite Unregelmässigkeit in der Ausspruche dieses Buchstuben,
die Auflösung desselben in dz. Wie dus ^ nach Uebergang des
Schluss-Spiranten in s, bei diesen Arabern vermöge der Xm^Xm-SCJ)
genaunten Aussprache mit ts vertauscht wird , so verwandelt sich
das ^ nach Uebergang des spirantischen Momentes in z, in dz,
dies jedoch, soviel icb mich erinnern kann, nur vor oder nach
einem Kesr und vor einem Fath, nicht nach demselben eder einem
Ij und nie weder vor noch nach einem Damm oder .So spre¬
chen diese Araber z. B. jCULöM aldzäbile, «CLo dzible, J^aÖ«
midzbil (wobei das ursprüngliche Damm des ^ mit Kesr ver¬
tauscht wird), J.AÜc'adzil aus; dagegen kann ich mich nicbt
erinnern z. B. ^\.c, J>fij und dergleichen je anders uls Mräg,
iagöl u. s. w. aussprechen gehört zu haben. Daneben muss ich
jedoch bemerken, dass diese Laute ts und dz, in welche t6 und
aufgelöst werden, gewöhnlich so mit einander verschmelzen,
so schnell und dunkel uusgesprochen werden, dass wenigstens
mein Ohr die einfachen I.iaute, woraus diese Zusammensetzungen
bestehen, nicht hat bestimmt fassen und unterscheiden können.
Dies gilt besonders von dem zuletzt erwähnten Laute, und mein
Ohr giebt mir nicht sicher an, ob ich ihn mit dz, ds , oder d^
bezeichnen soll. Auch mag hier die Ausspracbe nuch den ver¬
schiedenen Organen wechseln, und ich erinnere mich ganz be¬
stimmt das Wort KIaS bald d s i b I e bald d s i b 1 e aussprechen
gehört zu haben; auch gab mir ein des Lesens kundiger Mann
in AI - Gawf vom Stamme Tcnihn , den ich hierüber befragte , als
Regel für die normale Ausspracbe des u5 und des ^ an, dass die¬
ses in ds, jenes in ts aufgelöst werden kann.
Unter den mir jetzt zugänglichen Werken über arabische
Orthoepie habe ich nur in dem Auszuge aus Ibn-Kbaldün bei
de Sacy in seiner Anthol. Gr. die hier mit g bezeichnete Aus¬
sprache des angegeben gefunden (ß. 171 des Textes); daraus
ist aber zu ersehen, duss der Verfusser dieselbe uls die ursprüng¬
liche und richtige Ausspruche dieses Buchstaben betrachtet. Nach
dem üben Gesagten ist diese Aussprache auch in unseren Tagen
Wallin, über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung. 605
die allgemeinste und die bei der MebrzabI der Araber berrscbende.
Aber auf der anderen Seite kann, wie aucb Ibn-Kbaldün selbst
bemerkt, nicbt angenommen werden, dass die bei den Einwobnern
der Städte vorberrscbende Ausspracbe dieses Buchstaben als k
von ihnen ohne allen Grund angenommen wäre. Mir ist es des¬
halb wahrscheinlich , dass diese beiden Luute in der ältesten
Sprache neben einander bestanden , später aber der Laut g bei
den Städtebewobnern und der Laut k bei den Beduinen verloren
ging, gerade so wie bei diesen letzteren der Buchstube ^J:o ge¬
genwärtig in Jb übergegangen und somit thatsäcblich aus ihrer
Spräche verschwunden ist, wogegen bei den Städtebewobnern in
Aegypten der Buchstabe Jä immer mehr zu schwinden und in ^Jo
überzugehen anfängt, wie ich unten Gelegenbeit finden werde
näher auseinanderzusetzen.
Der zweite Buchstabe, zu welchem die Vocal-Consonanten
der Kehle ausgebildet werden können, ist das persische lis' oder
das arabische ^, welches nach der allgemeinen Aussprache der
Aegypter dem gim deutschen Gabe, franz. garder, engl, gam¬
bler, vollkommen entspricht. Der Articulution.'iplatz desselben
ist die Mittelzunge, die sich mit convcxeni Rücken gegen den
mittleren Theil des harten Gaumens erhebt und so die Luft zwi¬
schen diesen beiden Organen abscblicsst. Wenn nun die Zunge
langsam und vertical in ihre frühere .Stellung zurückgesenkt wird,
so dass die eingeschlossene Luft mit einem '^ronauten explodirt,
so wird dadurch der in Frage stehende Bucbstabe articulirt, der
sich somit nicht allein durcb seine Lage im harten Gaumen, son¬
dern auch durch die Bescbalienbeit seiner Articulation von dem
früher besprochenen g unterscheidet. Durch dieses letztere .Mo¬
ment unterscheidet er sich auch vom Buchstaben t6 , mit welchem
er in Hinsicht des Articulutionsplatzes am nächsten verwandt ist,
und mit dem er, wäre nicht dieser Unterschied der Explosion, in
der That zusammenfallen würde. Da der Buchstabe ^, das per¬
sische , schon ganz in der Mundhöhle liegt und also nicht,
wie bei dem vorher besprochenen Buchstaben, zu befürchten ist,
dass derselbe, mit vocaliscber Explosion articulirt, in den schnar¬
renden gutturalen a -Laut übergehe, der bei einer vocalisch - ex¬
plosiven Articulation des ^ im Gaumensegel entstehen würde, so
bekommt er, uls zur Classe der Vocal-Consonanten gehörig,
einen Scbluss - Tonanten, aus demselben Grunde wie der Spirant-
Consonant t!^ einen Schluss-Spiranten bekam. Zufolge dieser
seiner höher hinaufgerückten Lage giebt auch das g dem mit
ihm verbundenen Vocale einen weicheren und mehr gebrochenen
Klang, als den Vocalen nach den hohen Buchstaben zukommt,
wird aber von den Arabern selbst nie durch Mouiliirung in zwei
Laute aufgelöst. Fath lautet hier wie ein offenes a, vielleicht auch
■i 0 •
606 yVallin, über die Laule des Arabisclien und ihre Bezeichnung.
wie das engl, a in bad, Kesr lautet wie i, docb nicbt so ge¬
quetscht wie im engl, tbee, und üamm wie u, nicbt wie o. Die
Mouiliirung kommt dagegen allgemein vor bei den Türken, die
gewöbniicb nacb ibrem g uif ein j bören lassen, und ebenso, ob¬
gleich nicht so allgemein , bei den Persern.
Dieser Laut eines harten g, den ich bier als einen selbst¬
ständigen Laut des Alphabets aufgeführt habe, ist jedoch keines¬
wegs der, welcher von der Mehrzahl der jetzigen Araber dem
Bucbstaben ^ gegeben wird. Er kommt beinahe nur in Cairo
und bei dem grössten Theile der Bewobner von ünter-Aegypten
vor; von den übrigen Arabern wird dieser Buchstabe wie der zu¬
sammengesetzte Laut dj ausgesprocben , erleidet aber mehr als
irgend ein anderer Bucbstabe des arab. Alphabets bei verschie¬
denen Stämmen und Individuen verschiedene Nüancirungen. Ich
will auch nicbt zu entscheiden suchen, ob diese beiden Laute
ursprünglich jeder seine eigene Bezeichnung gehabt, oder ob, im
entgegengesetzten Falle, das gemeinschaftliche in allen Combi¬
nationen auf eine und dieselbe oder auf verschiedene Weise aus¬
gesprochen worden sein mag, und, wenn dem so war, welche
Aussprache als die normale anzusehen ist. Die arabischen Ortboe¬
pisten aber, welche alle diesen ßuchstaben zu der Classe der
Vocal-Explosiven jCiiiJlaJS t_s.j»- zählen und überbaupt als einen
einfachen Laut behandeln, scbeinen damit anzudeuten, dass sie
die oben beschriebene ägyptische Ausspracbe dieses Buchstaben
als eines harten g für die ursprüngliche halten. Hauptsächlich
auch aus diesem Grüode und wegen der, wie ich gluube, als
nothwendig unzunebmenden Anulogie zwischen der hier bebandelten
Lautclasse und den d-Lauten, wo ebenso drei correspondirende
Buchstuben (jr, O und j vorkommen , hübe ich mich verunlasst
gesehen, diese Laute so zu vertbeilen und aufzustellen, umso¬
mebr da sie sich noch alle in den verschiedenen Dialekten des
Arabiscben vorfinden.
Vdn den zwei g, deren .Articulation wir jetzt zu erklären
gesucht haben, stellt sich das letztere als dasjenige dar, welches sich am leichtesten und natürlichsten in einen zusammengesetzten
Luut auflösen lässt. Wenn wir nämlicb den Scbluss - Tonanten,
womit dieser Buchstabe explodirt, in den V ocul - Consonunten,
dessen Articulationsplatz dem des g um nächsten liegt, nämlich j,
verwandeln, so entsteht dj , d. i. der Laut, welcher von den
Kur'än-Lesern und von der MebrzabI der Araber unserer Zeit uls
die normale Ausspräche des Buchstaben ^ angesehen wird. Dieser
Laut kommt, soviel ich weiss, dem engl, g in elegy, dem ita¬
lienischen gi in giä u. dgl. am nächsten; dabei muss jedoch be¬
merkt werden, dass der auf den Vorschlag folgende Laut j oder J
so kurz wie möglich ausgesprochen und ganz leicht über ihn
Wallin, über die Laule des Arabisclien uud ihre Uezeichnung. 007
liing-eglitteo wird. Es kelirt Iiier ulso dusselbe Verbältniss wie¬
der, wie bei der Auflösung' des 1;^^ in zwei Elemente, dass nämlich
der V'orschlag des zusammengesetzten Lautes aus derjenigen Classe
gewählt wird, weicbe im Organe vor demselben liegt ; da aber bei
1^ dieser Vorschlag am natürlichsten die ihm analoge Spirant-
Explosive t war, so tritt hier aus demselben Grunde die Vocal-
Explosive d an jene Stelle, und gerade so wie das zweite
Element, d. i. der Schluss - Spirant des ^ in ä (ji umlautete,
so wird hier der Schluss-Tonant ein entsprechendes j J. VVie
aber bei k zuweilen auch der ursprüngliche Laut als Vor¬
schlag des zusammengesetzten Lautes beibebalten wurde , so ge¬
schieht dasselbe bei einigen Aruberstämmcn uuch mit ^. Das
Volk in Negd spricht nämlich diesen Buchstuben immer gj uus,
wobei jedoch der Nuchlaut j so kurz und undeutlich ist, dass
ich niclit entscheiden kann, ob dies nur als eine verfeinerte, va¬
riirte Aussprache des einfachen g-Lautes , oder als eine wirkliche
Zusammensetzung mit einem vorhergehenden g angesehen werden
UIUSS. Diese Aussprache des ^ kommt auch dem ägyptischen har¬
ten g so nahe, duss ich in den meisten Fällen nicht im Stunde
war das eiue von dem anderen zu unterscheiden, z. B. in den so
häufig vorkommenden Wörtern Negd und im
Auslaute der Wörter dagegen, z. B. in ^■^'aläg, habe ich
diesen Nachschlag eines j deutlicher vernehmen können. Andere
Araber wiederum heben den Laut des J auf Kosten des Vorschlags
hervor und lassen ihn dabei nahezu in ein ä überspielen, un¬
gefähr wie das Franz. in Wörtern wie sauvage, rivage,
so dass ich bei denjenigen Syrern, unter welchen eine solche
Aussprache hauptsächlich vorkommt, gedid lX.j.O>.> von Äedid
iAjAau oft nur mit grösster Mühe unterscheiden konnte. Im Munde
der Nord- und West-Afrikaner, mit welchen ich ausserhalb ihres
eigenen Landes zufällig zusammentraf, glaubte ich diesen Nachschlag
in ein stark ausgesprochenes franz. j=j übergehen und den zusam¬
mengesetzten Laut überhaupt schwerfälliger und plumper uls von
underen Aruberff uusspreclien zu hören. Die Deutschen, welche
die Munduspirution besonders lieben, lussen die Intonation des g
'n eine Aspiration übergehen und sprecben z. B. in Tag, Weg,
•las auslautende g wie ein weiches ch, wofür wieder andere ger¬
manische Dialekte, z. B. das Schwedische, vor und nach weichen
Vocalen den entsprechenden Intonationslaut j setzen und z. B.
göra, säg wie jöra, säj aussprechen.
Zu dieser Classe gehört nämlich, wenigstens als ein Ueber-
gnngslaut, noch ein Buchstabe, den wir bis jetzt nur im Vor¬
übergehen berührt haben : der continuirliche Vocal - Consonant j > der uach den arabischen Orthoepisten auf derselben Stelle wie g
608 Wallin, über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung.
^ und & U-' articulirt wird. Es ist dies, wie sclion angedeutet (X,
S. 35), die Intonation des deutschen ch in mich, der in die Mund¬
höhle hinaufgetriebenen Aspiration, welche letztere im Arabischen
fehlt. Wenn ich von dem zusammengesetzten Laute dj den Vorschlag
weglasse und das zweite Moment selbstständig mache, so bekomme
ich unmittelbar das j welches uns von den Kehllauten zu den
Zungenlauten hinüberführt. Und wird ferner in diesem intonirten
j das vocalische Moment mit Ausscheiden des consonantischen
hervorgehoben, so löst sich dasselbe in den Vocal i auf, wodurch
dann die Ausbildung des Lautes in dieser Richtung aufhört und
derselbe keiner weiteren Entwickelung fähig wird, ausser den
Modificationen, weicbe dieser Vocal als solcher erleiden kann.
Dieser Uebergang erklärt auch, weshalb sich i vorzugsweise als
der dem mittleren Theile des Spracliorgans, d. i. der Zunge, an¬
gehörende Vocal zeigt, sowie a als Vocal der Kehle.
Wir sind bis jetzt in unserer Darstellung der Ordnung ge¬
folgt, in welcber gewöhnlich die arabischen Orthoepisten die Buch¬
staben ihrer Sprache aufstellen , nur darin von ihnen abweichend,
dass wir die .Spirant - Consonanten den entsprechenden Vocal-Con¬
sonanten haben vorangehen lassen. Nach ^ folgt bei ihnen nun
der Buchstabe Lf^ , als mit ^ auf derselben Stelle der Mittel¬
zunge articulirt, alsdann ijo 6 ^^yJ i ^ o in der Ordnung
wie sie im Organe einander am nächsten liegen. Ich glaube je¬
doch hier von den arab. Orthoepisten abweichen und die Buch¬
staben in einer Ordnung aufstellen zu mUssen, die auf ihre ge¬
netische .Ableitung von einander gegründet ist, umsomebr als
sich dadurch die Ordnung der Buchstaben in der jetzt folgenden
Classe mit der in der zuletzt behandelten Classe als ganz überein¬
stimmend herausstellen wird.
Bevor wir aber zu der Classe der Zungenlaute übergehen,
mUssen wir nocb die Glosse der g-Laute nach einer Richtung,
die jedoch uls eine nur secundäre zu betrachten ist, verfolgen.
Wir haben schon vorhin , bei der Behandlung des ^ sowie des
tiefen g o> auf die diesen Buclistabenlauten ^kommende Re¬
sonanz aus dem Nasencanal aufmerksam gemacht; der Nasenlaut
zeigte sich hier aber doch mebr als ein nur zufälliges Nebenmo¬
ment. Dieses ist aber in mehreren .Sprachen zu einem selbst¬
ständigen mit ng u. s. w. bezeichneten Buchstabenlaut ausgebildet
worden, und auch dem Arabischen ist dieser Laut nicht unbe¬
kannt, obgleich er nicht durch ein eigenes Zeichen, sondern durch
das ihm nah verwandte ^.^ dargestellt wird. Von den eigentlich
nur zwei verschiedenen Aussprachen dieses Buchstaben entspricht
die von den arab. Orthoepisten so genannte jUü (•tci.^r, wie auch
zum Theil die »U»'! benannte, so ziemlich dem nasalen n der
Wallin, über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung. 609
Franzosen. Dieser Laut wird vollkonimen uuf derselbeo Stelle
des Organs wie das oben besprochene g ^ articulirt, nämlich
auf der Mittelzunge, den Rücken derselben gegen das Gaumen¬
segel gestützt; während aber dieser Laut, wenn auch durch die
Extension seines Articulutionsplatzes gedehnt, dennoch begrenzt
war und in einen schwachen Spiranten verhallen musste, ist je¬
ner vollkommen continuirlicb und kann so liMige articulirt werden,
als es dem Sprechenden beliebt oder der Athem aushält. Es wird
zwar in der arab. Lautlehre nur ein gemeinsamer Articulations¬
platz für die verschiedenen Laute des ^ angegeben, nämlich die
Zungenspitze, gegen den Theil des Gaumens gestützt, der ober-
*lialb der Vorderzähne liegt um aber den nasalen Ton heraus¬
zubringen, muss olfenbar der Rücken der Mittelzunge gehoben
werden, und in diesem Falle ist es gleichgültig, ob die Spitze
derselben in ihrer Stellung gegen den Gaumen bleibt, oder gegen
die Mundbühle zurückgezogen wird. Ueberhaupt ist für diesen
sowie für seine Schwesterbuchstaben , die sogenannten Liquiden,
der Articulationsplatz höchst unbestimmt und willkürlich, uud ich
kann nicht finden, duss die Zungenspitze, sei es für die eine,
sei es für die undere Aussprache des absolut nothwendig
wäre. Das nasale ng.kann mit ganz gegen den Gaumen zurück¬
gezogener Zunge und mit unbeweglicher Zungenspitze ausge¬
sprochen werden , und wenigstens bei der Articulation unseres
gewöhnlichen n scheint es die Hauptsache zu sein , dass mau
einen Verschluss bildet, wodurch der Laut nach dem Nasencanal
hingetrieben wird, und dies bewirkt mau durch das Stützen der
Zunge gegen jeden beliebigen Theil des Gaumens.
Wir haben jetzt alle Buchstaben behandelt, welche die Ara¬
ber in der Kehle oder in den ihr zunäcbst liegenden Theilen des
Sprachorgans articuliren. Mit k ^ und g o standen wir an
der äussersten Grenze der Kehle, mit k und ^ g traten wir
uus derselben in die Muudhöhle heruus ; da jedoch diese Laute
unmittelbar aus den Keblbuchstaben abzuleiten sind, so glaubten
wir sie mit diesen letzteren in eine und dieselbe Classe setzen
zu müssen. Von den einfachen Lauten, die hieher gehören und
in einigen anderen Sprachen vorkommen, entbehrt das Arabische
nur das deutsche ch nach e und i, besitzt aber den ihm entspre¬
chenden Vocal-Consonanten j {_$. Die hier einschlagenden Laute
aber, welche andere Nationen mit verschiedenartiger Nüancirung
1) (\ot, et Exlr. XI, p. 35) U ^yL«uU! i^jh
UUiS! ^jys
610 tVallin, über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung.
durcli Zusammensetzungen mit k und s bilden, betracbten die
Araber als uneigentlicbe und geben denselben im AIpbabete keine
besondere Bezeichnung, obgleich sie hin und wieder in den Dia¬
lekten der Sprache vorkommen.
Das zweite Hauptorgan der Rede ist die Zunge, die mit
Hülle verschiedener Tbeile der Mundhöhle dieselbe Zabl der Buch¬
stabenlaute articulirt wie die Kehle. Den Uebergang zu diesem
Organe aus den Kehllauten vermittelt einerseits der spirantische
Nachlaut des , andererseits der tonantische Nachlaut des —,
indem sich beide in den verschiedenen Dialekt-Aussprachen dem
explosiven Vorlaut gleich stellen und zu selbstständigen Lauten
erheben. Sowie im Kehlorgane drei verschiedene Stufen der*
Aspiratioo vorkamen, nämlich " h, ^ h, und ^ Ji , so begeg¬
nen wir hier drei Gruden von Sibilation , einem für die Zungen¬
wurzcl: (JO s, einem für die .Uittelzunge : (jU/ s, und einem für
die Zungenspitze: ^J.. s, welche sich dann durch den Ueber-
gangsbuchstaben dem ch unter den Aspirationsbuchstaben ent¬
sprechend , zu den Explosiven o t und t entwickeln, üiese
Spirant-Consonanten haben ferner alle ihre entsprechenden Vocal-
Consonanten, nämlich Js ^ 3 , welche vollkommene Intonatio¬
nen der ersteren sind. Von den Liquiden gehört das I J am
natürlichsten zu dieser Classe; r , liegt zwischen dieser und der
Guttural-Classe, den Uebergang von in -Is bildend. Wir kön¬
nen also die Buchstaben , welche wir in dieser Classe zu unter¬
suchen haben, zu folgender Tabelle zusammenstellen:
. ( j3oO(j«(jioK'l
\ ^ j 3 Js (
Wie bei der .Articulation des niedrigsten Grades der Spiran¬
ten das Organ am wenigsten in Anspruch genommen wurde und
sich in der That fust nur pussiv an der Articulatiun betheiligte,
indem es sich nur in seiner ganzen Weite öffnete, um dem Luft¬
strome einen möglichst freien Durchgang zu gestalten, so unge¬
fähr verhält es sich hier auf der niedrigsten Stufe der Sibilan¬
ten. Die Zunge, das Articulationsorgan für die jetzt zu be¬
trachtende Lautclasse, behält bei der Aussprache des (jo s ziem¬
lich dieselbe Stellung, welche sie gewöhnlich bei der Exspiration
hat, und der Luftstrom wird längs dem Rücken der Zunge zwi¬
schen den gegen einander geschlossenen Zahnreihen herausgehaucht,
ihr vorderer und mittlerer Theil wird etwas gestreckt und berab¬
gesenkt, um so, ungefähr wie bei der Aussprache eines tiefen
dumpfen u, zwischen Zunge und Gaumen ein möglichst offenes
und hohes Gewölbe zu bilden , in welcbem dann dieser Buchstabe
deu ibm gebührenden volltönenden uud emphatischen Klang be-
Wallin , über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung. 611
kommt, nieraus erklärt sich auch, weshalb (jo am meisten den
Vocal u liebt und den anderen Vocalen einen dumpfen Beilaut
giebt, so dass a sich nach "i , i nach y oder e hin neigt. Die
Zunge bildet bei der Articulation des (jo, mit dem mittleren
Theile herabgedrückt, mit der Wurzel und der Spitze aufwärts
gehoben, einen Bogen, und die Zungenspitze nähert sich, um
eine vollkommnere Sibilation zu erzielen, der oberen Zahnreihe;
wahrscheinlich deswegen verlegen die arab. Orthoepisten den
Articulationsplatz dieses Buchstaben auf die Zungenspitze und
oberhalb der Vorderzähne '). Ich finde jedoch diese Erhebung
der Zungenspitze nicht unumgänglich nötbig, und man kann die¬
sen Buchstaben vollkommen rein , wenn auch mit einiger Schwie¬
rigkeit, mit ganz unter die untere Zahnreihe berabgebogeoer
Zungenspitze articuliren. Die Hauptsache scheint zu sein, dass
die charakteristische Sibilation dieses Buchstuben von der Zungen¬
wurzel gebildet wird, im Gegensatz zu den Sibilationen der
Schwesterlaute s (ji und s ^^^u^ die von der Mitte und der .Spitze
der Zunge gebildet werden. Durch die Hebung der Zungen¬
wurzel gegen den weichen Gaumen wird ein enger Weg gebildet,
durch welclien die Luft zuerst in die Mundhöhle nusgchaucht
wird, um sodann bei ihrem Durchgänge zwischen den einander
angenäherten Zahnreilien den zischenden Laut zu bekommen. So
sind hier die Stellung der Zungenwurzel und der Canal, den sie
gegen den weichen Gaumen bildet, dieselben wie bei aus
welchem Buchstaben ich das am natürlichsten Gleiten zu kön¬
nen glaube. Wenn ich das ^ mit ein wenig geschlossenem
Munde articulire und dabei ebenfalls nur ein wenig den mittle¬
ren Theil der Zunge herabdrücke, indem ich die Spitze der¬
selben etwas gegen die obere Zaiinreihe hebe, so erhalte ich
ganz leicbt und unmittelbar den in Frage stehenden arubischen
Sibilunten.
Dieser Buchstabe ist der erste von den Luuten , welche die
arab. Orthoepisten zur Classe der oder geschlossenen zäh¬
len. Es sind ihrer vier: (jo Jj ^jo Js, und sie werden nach
Abu 'I-Bakä so genannt weil bei ihrer Aussprache der Theil des
Gaumens, der über ihrem lingualen Articulationsplatze liegt, an
die Zunge angeschlossen wird De Sacy glaubt, dass sie so
genannt werden weil man, um der Articulation derselben die
nötbige Emphase zu geben, den Mund durcb das Stützen der
1) (Not. et Exlr. IX, p. 44) LUiJI oij^s, ^^L«..!]; o^Is er
2) A. B. i>löL> l* ^jL«lI! et* LJ^^J^y^ ^.,1 yf
\ä*aL lic'ill kiiLi^t
Ü12 Wallin, üher die Laule des Arahischen und ihre Bezeichnung.
Zungenspitze gegen den oberen Tbeil 'des Gaumens scbliesst ').
Weder die eine nocb die andere Erklärung passt recbt zu der
Articulation dieser Bucbstaben. Wenn wir mit den arab, Ortho¬
episten die Zungenspitze als den Articulationsplatz des (jo an¬
nehmen, so können wir dieselbe hier, wie bei den übrigen Sibi¬
lanten, entweder gegen die obere Zahnreihe frei schweben, oder
dieselbe an der unteren haften lassen. Bei _b wiederum kann
ich nicht wahrnehmen, dass die Zungenspitze stärker oder mit
einem grösseren Theile am Gaumen hafte als bei O ^ von welchem
Buchstaben sich jener nur durch die Eigenschaft des ^LBt unter¬
scheidet. Dagegen drückt sich bei allen hier in Frage stehenden
Buchstaben der mittlere Theil des Zungenrückens mehr herab,
breitet sich weiter aus und bildet so in der Mundhöhle ein tie¬
feres Gewölbe als bei den entsprechenden olfenen Buchstaben;
und wohl mit Rücksicht hierauf nennt de Sacy jene Buchstaben
lettres voütees (Gramm Arub. p. 29). Das Eigenthümliche im
Laute derselben macht sich am besten und schärfsten an deu Voca¬
len bemerkbar, mit denen sie ausgesprochen werden. Diese bekom¬
men nämlich in Verbindung mit ihnen immer einen eigenen hurten
und geschlossenen Klang, und ich gluube demzufolge, dass die
Ursache ihrer geschlossenen Articulation ,jLH tiefer im Stimm¬
organe, im Kehlkopfe selbst und in der .Stimmritze liegt, die mir
beim Articuliren derselben ibre Ränder näher an einander zu
scbliessen sriiitiit '). Oder könnte etwa die Epiglottis, indem
sie wie ein Deckel Uber die Stimmritze fällt und dieselbe zum
Theil schliesst, in irgend einer Weise auf die Articulatiun dieser
Buchstaben einwirkend Ich muss gestehen, duss ich den Grund
der Eigenthümliehkeit uod Benennung dieser Luute nicht recht
einsehe; was uber auch immer der Grund davon sein mag, sicher
ist, dass sowohl in der gewöhnlichen Sprnche als beim Recitiren
des Kur'äns die Vocale, mögen sie kurz oder lang sein, mit
diesen Consonanten ausgesprochen einen ganz eigenen Klang be¬
kommen, dem nach meiner Erfahrung in sehr wenigen Sprachen
etwas entspricht. Der Vocal a lautet tiefer und rauher als unser
gewöhnliches a, so als wenn er in einem engeren Canul gebildet
und vom Orgune der Mundhöhle weniger erweicht wäre. Wie
1) IVotices et Extr. IX, p. 8, not. 3.
2) Hierauf möchte auch das hinauslioramen , was Fresnel, Joiirlft As.
Dec. 1838 p. 545, von den emphatischen Buchslaben der Ehhkili-Sprache sagt: „Elles (les lettres (>3 1^ -Is O») '""'^s cela de commun, qu'elles exigent un certain goöflement des amygdales , et sont, pour ainsi dire, crachees par une emission violenle et subite de l'air comprime dans le larynx," Ich finde indess nicht, dass diese Laute im Arabischen mit einem heftigem Luflslosse articulirt wUrden als die übrigen ßuchstaben des Al¬
phabets,
Wallin , über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung. 613
ich sclion angedeutet hahe, nähert es sich dem englischen a in
water, wie es zuweilen näher einem a als einem o ausgespru¬
chen wird, und noch mehr dem finnischen a, z. B. in kala,
talo. Dieser Vocal hekommt mit den in Frage stehenden Buch¬
staben nie den Beilaut von ä oder e, wohin das Fath sonst so
gern überspielt. Der Vocal i dagegen lautet nach diesen Buch¬
staben stets ganz so wie das russische m, und u beinahe wie
das schwedische o in god und das englische oo in Woolsey,
obgleich auch dies etwas rauher und enger als in unseren .Spra¬
chen. Dagegen wirken diese Buchstaben in der Regel nicht
auf einen vorhergehenden Vocal zurück, sondern dieser behält,
wie vor jedem anderen Consonanten, den ihm zukommenden Laut
unverändert ■).
Obgleicb das Wort ^LH, wie wir schon gesehen haben,
eigentlich nur auf eine geschlossnere und engere Articulation
hindeutet, durch welche das (jo . sich von dem unterscheidet,
so müssen wir doch dem (jo, im Verhältnisse zum ^ auch
noch eine grössere Lautquantität zuerkennen , weshalb die arab.
Orthoepisten den ersteren Buchstaben Käa«w fett uennen. Dieser
volle und dicke Laut desselben entsteht offenbar in der offneren
und tiefer gewölbten Mundhöhle, durch welche die Luft bei seiner
Articulation ausströmt, während er auf der anderen Seite in dem
engeren Durchgange im Kehlkopf, wo er zunächst articulirt
wird, jenen dumpfen eigenthümlichen Klang bekommt, auf dem
die Eigenschaft des ^_3Li)i beruht. Dieser Buchstabe ist, sowie
die übrigen geschlossenen Buchstaben, soviel ich weiss, dem
seniitischen Sprachstamme eigenthümlich ; denn obgleich er auch
in rein persischen und- tatarischen Wörtern vorkommt, so habe
ich doch in diesen Sprachen, wie sie jetzt gesprochen werden,
nie die arabische emphatische Aussprache desselben bemerken
können '-').
1) Vergl. B. IX, S. 44 u. 45.
2) Die (jjUiD^t werden von de Sacy (Anlhol. Gramm, p. 40
der Uehers.), nach den Maronilen Guhriel Sionila und Joh. Hesronila, auch ,,eonjoinles" genannl. Sie sagen: ,,Conjuncla sunl qualuor (jo (_)i5 Ji . Appellanlur cu modo, quia dum proferunlur, lingua jungitur cum superiore parle paluli. Di visa sunt reliqua viginti quinque. Nuncupala sunt divisa, quod lingua in iis pronuneiandis nun langat supremum palatum, sed maneat ah illo scjuncta. " Diese Ansicht, ebenso wie die von de Sncy (Gr. Ar.
p. 29) aurgeslellte , dass die Zunge , im Gegensalz zu der Articulation der geschlossenen Buchstaben, hei der Aussprache der übrigen 25 Buchslaben des Alphabels ausgestreckt (etendue ou ouverte) bleihe, ist durchaus falsch.
Wir brauchen nur Ja und i3, oder Js und S zu vergleichen, um zu linden dass auf der einen Seite die Zunge bei der Aussprache aller dieser Bucbstaben in ähnlicher Weise an den Gaumen oder an die Zähne angeschlossen liegl, und dass auf der anderen Seile die Zunge gerade io Js und Js länger aus-
614 Wallin, über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichttung.
Den zweiten Grud der Sibilanten stellt das ^Ji, & dar, wel¬
ches auf dem mittleren Theile der Zunge articulirt wird , die
dabei in ihrer ganzen Breite anschwillt und sich gegen den mitt¬
leren Theil des Gaumens erhebt '). Dabei kommen die Bänder
der Mittelzunge längs der oberen Zahnreilic zu liegen, der
Rücken derselben aber kunn nach Belieben herabgedrückt oder
gehoben werden, und in dem tieferen oder flacheren Canale, der
so in der Mundhöhle gebildet wird , bekommt der hindurchlaufende
Luftstrom eine vollere oder dünnere Sibilation, die dann beim
Herausströmen durch die Zahnreihen in den Oeffnungen derselben
schärfer und bestimmter modulirt wird. Am nächsten steht dieser
Laut der Mundaspiration ch, z. B. im deutschen lieblich, und
ist in der That nichts als diese Aspiration selbst, durch Herab¬
drücken des Zungenrückens und Scbliessen der Zahnreihen gegen
einander zu einem Sibilunten erhoben, weshnlb es uuch im Deut¬
scben sebr passend durch sch bezeicbnet wird. Es ist ein ein¬
facher Laut, der sich fust in allen Sprachen mit unbedeutend
wechselnder Ausspracbe wiederflndet, obgleich er in den meisten
europäischen eine zusammengesetzte Uezeichnung bekommen hat,
im Englischen sh , auch einfaches s, z. B. in sugar, im Franz.
ch (weil diese Sprache die Mundaspiration ch nicht kennt), im
Deutschen sch, im Schwedischen sk, sj, skj ; durch welche ver¬
schiedene Bezeichnungen theils (wie durch sk , skj) die Ent¬
stehung dieses Lautes aus dem k (c) mit Zusatz der Sibilation,
theils (wie durch sh) seine Eigenschaft, unter den Zungenlauten
der Kehlaspirution zu entsprecben , theils seine nahe Verwandt¬
schaft mit anderen der Mittelzunge angehörenden Lauten : nämlich
(durch sch) die mit der Mundaspiration und (dnrch sj ) die mit
dem derselben entsprechenden intonirten Laute j angedeutet wird.
Unter den Arabern, die ich gehört, habe icb nur bei den Aegyp¬
tern eine Verschiedenheit in der Ausspruche dieses Buchstaben
bemerkt; sie ziehen ibn nämlich weiter nach der Zungenspitze
vor und sprechen ihn beinahe wie s aus 2). Sie begehen da-
gestreckt ünd gedehnt wird als in Jund ö. Ancb gehen die arab. Ortboepi¬
sten die Regel , dass man gerade bei den geschlossenen Bucbstaben die Zunge ausstrecken soll (jJ^LaIs^M ^ji^ä ii<5üL-«.J J3-.1l). Es wird aucb hei den bieber gehürenden Buchstaben eine Gradation in der Intensität dieser Eigen¬
schalt beobachtet, so nämlich, dass Jo den höchsten Grad der Geschlossen¬
heit hesitzt, darauf tjo ^ sodann (jo, und zuletzt Js , als der schwächste derselhen.
1) (Not. et Exlr. IX, p. 26) Ja-, (j,-S>,)
J-C-it «^A^i ioA.^ fci^j
2) Wahrscheinlich dieser Laut . ist es , den Fresnel in der Ebbkili-
Spracbe wahrgenommen hat und Journ. As. Dec. 18.38 p. 543 mit w.
WaUin, über (lie Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung. 615
bei einen Febler, vor welcbem die Ortboepisten warnen, dass
sie nämlicb diesem Laute nicbt die F'Ulle und Weite des Tones
g-eben , die eigentlicb in der Articulation desselben liegt und mit
Rücksicbt auf weicbe er mit dem Namen Dilatations-Buchstabe
i^JiJiJi i-ijS» bezeichnet wird. Es ist bekannt, dass dieser Laut,
wo er im Hebräischen vorkommt, im Arabiscben fast immer von
einem s vertreten wird , ebenso wie dass auf der anderen Seite
bei Nationen, . weicbe die Mundaspiration nicht haben, das deut¬
sche ch gern in sch übergeht, wie z. B. bei den deutsch spre¬
chenden Juden ich in isch u. s. w. Die arab. Orthoepisten
zählen diesen Laut nicht zu den Sibilanten, welchen sie den
Namen ^j.ft»aJI vjj^^ geben; zu diesen gehüren nach ihnen nur
die drei Buchstaben (joj und Dagegen rechnen sie das (ji,
sammt den Buchstaben ^ und ijo ^ einige auch u5 und
zu einer eigenen Classe, welche sie nennen. Von den
verschiedenen Erklärungen, die diesem Worte gegeben werden
können , scheint mir die von de Sary nach dem Verfasser des
Kämiis in Not. et Extr. IX, not. p. 6 aufgestellte die natürlichste zu
o -
sein , dass nämlich das Wort ,:S^.i den Theil der Mundhöhle be¬
zeichne, dessen Durchschnitt von einem Kinnbacken zum anderen
der längste ist, und den Theil der Zunge, der diesem Theile
des Mundes entspricht und wo die Zunge die grösste Breite hat.
Um dem Buchstaben (ji die Dilatation zu geben , die den Haupt¬
charakter der Articulation desselben ausmacht, müssen wir in der
That, wie ich schon oben angedeutet habe, die Mittelzunge in
ihrer ganzen Breite ausdehnen, so dass die Ränder derselben
längs der oberen Zahnreihe zu liegen kommen. Dies ist auch
bei LS" der Fall, auch bei wie gj oder dj ausgesprochen,
und bei c5) obgleich bei den zwei letzteren etwas weniger als
bei und u^. Die aber, welche auch und vji zu dieser
Classe rechnen, scheinen mir dem Worte die Bedeutung
von |»äJI y>j.A zu geben ; denn im Hintermunde liegt der Articu¬
lationsplatz dieser beiden letzteren Buchstaben, sowie zum Theil
auch der vorhin genannten.
Der am meisten entwickelte und am weitesten im Organe
bezeiclinet. Kr nennt ibn ein französiscbes ,,cb enl'antin", und sagt «eiler:
,,0n l'obtiendra en appuyant re.\tremite de la langue conlre les iucisives de ja inäcboire inferieure, et cberebant ä prononcer notre cb sans cbanger la posiiion de la langue." •— Die Hebräer scbeinen drei s der Zungenspitze zu baben, nämlicb 129, tti und D, von welcben das erste wabrscbeinlich als dem bier in Frage stebenden Laute entsprechend angesehen werden kann.
Rd. XII. 40
6 1 6 Wallin, iiber die Laule des Arabisehen und ihre Bezeichnung,
Vorgeschobene einfache Sibilant ist das jj^v, vollkommen unser s.
Er wird, nach den arab. Orthoepisten, auf derselben Stelle mit
^ z und s articulirt, d. i. auf der frei gegen die Vorderzähne
vibrirenden Zungenspitze; hinsichtlich des (jo muss icb jedoch
auf das zurückweisen, was ich oben von der Articulation des¬
selben gesagt habe, dii es bei diesem Laute, so viel ich wahr¬
nehmen kann, weniger auf die Spitze als auf die Wurzel der
Zunge ankommt. Uebrigens werden diese drei Sibilanten U^j j
und (j" mit Rücksicht auf den angenommenen Articulationsplatz
s - E .
iCAl—t d. i. Buchstaben der Zungenspitze genannt. Da das s
ein in allen Sprachen vorkommender Laut ist, so hat seine Aus¬
sprache für ein fremdes Organ keine Schwierigkeit, und da er
in allen Combinationen seine Articulation immer unverändert be¬
hält, so enthalte ich mich darUber aller weiteren Bemerkungen,
zumal da ich auch in den verschiedenen Dialekten keine Ver¬
schiedenheit in der Aussprache desselben gefunden habe.
Wenn man diese drei Sibilanten in ihrem Verhältnisse zu
einander und zu den ihnen entsprechenden Kehllauten betrachtet,
so scheint in der breiten und vollen Aussprache des (jo, des der
Kehle zunächst liegenden Sibilanten, noch eine Beimischung von
Spiranten zu liegen, gleichsam als habe sich dieser Bucbstabe
bei seinem Uebergange aus der Kehle auf die Zunge zu einer
neuen seihstständigen Lautart ausgebildet, sei aber darin noch
wirklicher Spirant geblieben , dass er vollkommen continuirlicb
ist und von demselben Luftstrome und uhne allen Beilaut von
Vocal hervorgebracht wird. Je mehr sich aber der Sibilant von
der Kehle entfernt, desto mehr verliert sich jene spirantische Bei¬
mischung, so dass sich derselbe in seiner höchsten Entwickelung
in zu dem absolut einfachen, von ullem Beilaut freien Reprä¬
sentanten der Sibilation erhoben hat, zu der höchsten Potenz,
zu Vfelcher der ganz einfache continuirliche Luftstrom sich inner¬
halb der Mundhöhle entwickeln kanu.
Die drei Grade des Siblins, die wir jetzt betrachtet haben,
wurdeu alle ausschliesslich von der frei in der Mundhöhle schwe¬
benden Zunge gebildet. Andere Organe wurden bei der Articu¬
lation derselben nicht in Anspruch genommen; nur wurden gern,
wenn auch nicht unumgänglich, die Zahnreihen gegen einander
geschlossen , um die Sibilation zu moduliren und zu erleichtern.
Wir können hiermit die drei Grade der Aspiration vergleichen,
zu deren Articulation ebenfalls ein einziges Organ, die Kehle,
nöthig war. Bei der höchsten Potenz der Aspiration aber, bei der
Mundaspiration des deutscben cb , z. B. in mich, musste schon ein
neues Organ, der Gaumen, zu Hülfe genommen werden; er ver¬
hielt sich dabei jedoch, zufolge seioer festen unbeweglichen Na-
Wallin , über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung. 617
tur, nur unthätig und passiv. VVenn wir nun hier hei den Sibi¬
lanten in derselben Weise ein neues Organ zu HUIfe nehmen und
daran die bei den bisherigen Lauten frei schwebende Zunge bin¬
den , so erhalten wir eine neue Modification des .Sauselautes,
die den Uebergang vun den continuirlichen zu den explosiven
Zungenbuchstaben vermittelt. Das Organ, welches wir am natür¬
lichsten zur Bildung dieses neuen Lautes gebrauchen, muss der
Zungenspitze am nächsten liegen, denn bis dahin waren wir zu¬
letzt durch die Articulution des ^J.. gekommen. Dieses Organ
wäre nun das der Zähne; weil diese aber zerbrechlich sind und
im Alter ausfallen , so wählen die Araber lieber das Organ , in
welchem die Zähne wurzeln , nämlich das Zahnfleisch. Indem man
die Zungenspitze leicht gegen die Gingiva der oberen Zahnreihe
stutzt, wird der Luftstrum längs dem Rücken der Zunge heraus¬
gehaucht, und zwischen den Oeffnungen, welche die Zunge so
gegen dieses Organ gestützt bildet, lispelnd herausgezischt. Der
Laut, der auf diese VVeise entsteht, wird mit bezeichnet und
entspricht vollkommen dem englischeu th z. B. in t b i ii g, und
cluth. Englische Orthuepisten geben die Articulatiun dieses
Lautes su an, dass die Zunge zwischen die Vurderzäbin' lur-
geschuben und gegen die ubere Zahnreihe gedrückt wird, in¬
dem man dabei eiu s zu articuliren suclit ■). In der arabischen
Lautlehre wird ungegeben, duss dieser Buchstabe auf derselben
Stelle mit ö und Jb articulirt wird, uämlich zwischen der Spitze
der Zunge und den Spitzen der Vorderzähne^), und hinsichtlich
des wird zugleich sjteciell davor gewarnt, die Zungenspitze
aus den Zahureiben heraustreten zu lassen^). Diese von engli¬
schen und arabischen Orthuepisten für die Aussprache des th und
c;^ aufgestellte Regel scheint mit der oben von uns gegebenen,
dass die Zunge sich gegen das Zahnfleisch statt gegen die
Zähne stützen soll, nicht übereinzustimmen. Die Sache ist aber
die, dass der Articulationsplatz für diesen Laut böchst unbe¬
stimmt ist; ich kann ihn vollkommen rein aussprechen, mag meine
Zungenspitze gegen den vorderen Theil des Gaumens, oder zwi¬
schen den Zahnreiben, oder aucb gegen die innere Seite der
Unterlippe spielen. Wenn wir annehmen können, dass ein
quasi-zusammengesetzter Laut ist, in welchem t und s zu einem
einzigen , von einem einfachen continuirlichen Luftstrom hervor-
1) „tb in tbinn is formed by protruding tbe tongue between Ibe fore- teetb, pressing it against tbe upper teetb, and at tbe same time endeavouring to sound tbe s". Walker Pron, Diet. Ed. I. p. 50.
2) (Nol. el Extr. IX, p. 48) o'j^'j j.,U^UI CT» ^ -fc>
IjLU;
3) (Nol. el Exlr. IX, p. 50) Udi lXJLc dULJ ^Jo ^\ jS^Sf]
() I 8 Walliyi. iiier ilie l.inUe des Arabisehen und ihre Uezeichnuny.
gebracliteii Laut versclimolzcn siud, so scheint uuch die Stelle
im Orgune, die zwischen den Ar(iculations|ilalzen dieser beiden
Uucbstabeu liegt, diejenige sein zu müssen, wo der neue zu¬
sammengesetzte l.,aut um nutürlicbsten gebildet wird, und diese
Stelle ist wohl ohne Widerrede die von mir oben angegebene.
.Sicher ist, dass die Beduinen in den inneren Theilen der Wüste,
welche von alleu Arabern, die ich gehört, diesen Buchstaben am
schärfsten und spitzigsten aussprechen, denselben mit der gegen
den Rand des oberen Zahnfleisches gestützten Zungenspitze arli¬
culiren, und der Name <>J_^i, d. i. Zabnflcischbuchstuben , der in
der urab. Lnutlehre allgemein den drei Bnchstaben 6 und
gegeben wird, scheint die Annahme dieses Articulations|ilatzes
zu rechtfertigen. Aber je mehr sich die scharf markirte Aus¬
sprache der ulten Aruber unter ihren in fremden Umgebungen
und Verhältnissen lebenden Abkömmlingen verfluchte, desto mehr
verlor der Articulutionsplatz dieses Buchstuben un Ueslimmtheit und
wurde im Orgune entweder höher hinuuf oder weiter hinub ge¬
rückt. So ist uuch dieser Bucbstube bei Türken und Persern in
ein reines s übergegungen , und bei den Aegyptern luutet er,
ganz uacb Belieben des Sprechenden, bald als s buld uls t, z. B.
^Ciblj sulÄsä oder tulätuj bei den Aegyptern ist jedoch die
erstere Substitution die gewöhnlichere, wogegen bei den syri¬
schen Gebirgsbewohnern dus t vorherrschend ist. Weder bei der
einen noch bei der underen dieser Nutionen habe ich den reinen
Laut des o gehört, uud auch bei den berühmten Kur'än-Lesern
in Kairo wird er immer seltener. Sogar bei einigen Beduinen
kann man bäuflg, wie hinsichtlich des th der Engländer bei
verschiedenen Individuen, einen etwas modilicirten, sich enlweder
nach s oder nach t hinneigenden Laut bemerken.
Obgleich die Engländer noch allgemein den reinen lispeln¬
den Laut ibres th (thing) bewahren, so gluube ich duch uucli
bei ihnen eine grosse Unbestimmtheit des Articnlutiunsplutzes be¬
merkt zu haben. Wus mir bei ihnen in der Articulution dieses
Buchstaben am meisten aufgefallen, ist ein gewisser Nebenlaut
von f, der bäuflg so stark hervortritt, dass ich während meines
ersten Aufenthalts in London seilen den eiuen Luut von dem
anderen unterscheiden konute. Durch Versuche, die ich später
mit Engländern und mit mir selbst unstellte, habe ich gefunden,
dass dieser Zischlaut mit der gegen die innere Seite der ein¬
wärts zyvischen die Zahnreilien gezogenen Uuterlippe gestützten
Zungenspitze vollkommen rein articulirt werdeu kann. Durch die
Oefl'nungen, die auf diese Weise zwischen der Zunge und deu
Oberzähnen entstehen, wird die Luft zur Bildung eines vollkom¬
men reinen th (thing) hcrausgeliaucht , und es scheint mir dass
gerade in dieser Articulationsweise nicht allein dus Mittelglied
\y'altin , über äie Laule des Arabiscimi utid ihre Uezeii hnung. 619
zwiselien dem Zung-cn-Sibilanten s und dem Lipfien-SiLilanlen f,
.sondern aucli eine Krkliirung des Uebergangs des griecbiscben &
in dus russiscbe e, d. i. f, gegeben ist; denn ziebe icb bei der
zuletzt bescliriebeiieii complicirten Weise, das tb zu articuliren,
die Zungenspitze, das llaupturgan der Sibilation, zurück, so
entstellt iininiltelbur ein t'. In dieser, wie in der von Walker an¬
gegebenen Art dus tb uuszusprecbeii , but sicb die Zunge von
ibrem eigentlieben normalen Articulutionsplutze berubgesenkt, und
dus melir sriileppeiide Moment der Sibilution, das in dem quasi-
zusaininengesefzteii Laute lag, ist überwiegend geworden. Wenn
ein böber am Zubnflciscbe oder um Gaumen liegender Platz zum
Stützpunkte der Zungenspitze genoiiiinen und das zweite, das
explosive Moment, auf Kosten des continuirlicben liervorgelioben
wird , so finden wir in demselben Buclistaben das Verbindungs¬
glied zwiscben s und t. Bevor wir aber zur Untersuchung der
zu dieser Clusse gehörenden exjilosiven Luute übergehen, müssen
wir zuerst die Vocul-Consonunten , welche die Intonutiousluute
der jetzt hehundelten vier Sibilanten ausmachen, näher ins Auge
fassen.
Vorher indessen ist noch ein Buchstabe zu betrachten, des¬
sen Classification und Bedeutung in der Lautlehre nicbt geringe
Schwierigkeit verursacht. üieser Buchstabe ist das r ). Um
sogleich meine Ansicht auszusprechen : ich halte ihn für nichts
als für ein Uebergangsglied von den intonirten Aspirationslauten
zu den intonirten Sibilanten. Ich finde übrigens in dem r nur
einen Intoiialionsbuchstuben , der ohne einen während der gunzen
Zeit der Articulation mitsausenden Vocallaut nicht ausgesprochen
werden kann. Ich sehe den Grund des Unterschieds nicht ein,
den z. B. Müller S. 237 ff. inacht zwischen einem stummen deut¬
schen r und einem intonirten französischen mit nuchfolgendeiu
stummen c, z. Ii. in verre; für mich ist jedes r intonirt, wenn
auch, wie wir bald seben werden, mehr oder weniger; was auch
daraus hervorgeht, dass r, ganz so wie die übrigen intonirten Con¬
sonunten, z. B. dus z, frunzösisches j u. s. w. , unmittelbur und
ohne ullen lliutus mit einem fulgenden a verschmilzt. Doch
scheiut iu dem mifsuusenden Vucalluute dieses Buchstuben und
dem der übrigen intunirten Luute ein Unterschied Stutt zu linden,
weshalb auch die arabischen Graminatiker denselben mit ^ C
von den übrigen sondern und diese Laute Mittelbucbstaben nennen,
üer Laut, aus dem sich r am natürlichsten entwickelt, ist offen¬
bar welches, wie schon früher (IX, S. 51) angegeben wurde,
zwei Momente, Intonation und Schnarren des Gaumensegels, in
sich vereinigt. Wird dieses letztere Moment durch Herubscnkung
der Zungenwurzcl von der gegen das Gaumensegel gehobenen
Stellung, die sie bei A hut, aufgegeben, so erhält man das reine
620 Wallin , iiber die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung^.
weicbere a, den Vocal der Keble, nämlich an der Gränze der
Mundhöhle etwas modificirt; und wird das Schnarren vor das
Gaumensegel auf die Zunge und in die Mundhöhle versetzt, in
der Weise dass man die Zungenwurzel etwas herabsenkt und den
mittlem oder vordem Theil derselben hebt, so entsteht das r
verscliieden modificirt je nach der mehr vor- oder rückwärts lie¬
genden Stelle der Zunge, wo es articulirt wird. In dem tiefen,
mit Hülfe der Zungenwurzel im Gaumensegel vibrirenden ^ hatte
das Schnarren, wegen der Nähe der Kehle und der Stimmbänder,
einen höheren Grad von Intonation, war mehr vocalisch; je mebr
ich aber diesen Laut verfeinere, d. i. je mehr ich ihn vom
Schlünde auf die Zunge heraufführe, um so mehr verliert er von
seiner tonantischen Natur, und ich gelange zuletzt zu unserem
gewöhnlichen dünnen r, wo dieser Schnarr- oder Vibrationslaut
seine höchste Entwickelung erreicht, d. h. sich dem Spiranten
so sehr nähert, als es seiner ursprünglich'tonantischen Natur nur
möglich ist; weshalb auch die Griechen über ein r im Anlaute
des Wortes und bei der Vereinigung von zwei r, d. i. dem mög¬
lichst langen und zum höchsten Grade potenzirten Schnarren ,
über das zweite r einen Spiritus asper setzten. Dieses aspirirte
griechische r ist nämlich nicht, wie Valenlin angiebt ■), das
tiefe t der Zungenwurzel, sondern, nach meiner Ansicht, unser
gewöhnliches, höher ausgebildetes r. Im Arabischen möchte die
fast unaussprechbare Verbindung eines vorhergehenden Spiranten
mit j, z. B. j^*, jp"> j,-^ > entweder gar nicht, oder höchst
selten vorkommen ( ich habe bei Freylag kein einziges Beispiel
davon gefunden), wogegen Lautverbindungen wie j.S> ^
höchst zahlreich sind und dem arabischen Organe besonders zu¬
sagen.
Im Arabischen, wie im Englischen und in mehreren europäi¬
schen Sprachen, kommen zwei r vor, obgleich sie nicht verschie¬
den bezeichnet werden; vor oder nach a hat ; gewöhnlich einen
dumpferen, tieferen Laut, vor oder nach i wiederum einen offne¬
ren und dünneren. Im Englischen wird, nach Walker''), das
schärfere von der Zungenspitze gegen den Gaumen oberhalb der
Vorderzähne articulirt, das weicbere von einem mehr nach der
Zungenwurzel hin gelegenen l^heilc der Zunge, wobei derselbe
gegen den Tbeil des Gaumens vibrirt, welcher der Kehle am
näcbsten liegt. Natürlich ist es dieses letztere r, welches so-
1) Lebrb. d. Physiologie d. Menschen. B. II, S. 294 f.
2) „The rough r is formed by jarring the tip of tbe tongue against the roof of Ihe mouth near Ibe fore-teelh ; the smooth r is a vibration of the lower part of the tongue, near tbe root, against the inward region of the palate , near the entrance of tbe throat." Pron. Diet. p. 50.
WaUin, über die Laule des Arabischen und ihre Bezeichnung. 621
wohl in Hinsicht des Articulationsplatzcs als des Lautes dem ^
am nächsten liegt, und der Unterschied dieser zwei Articulatio¬
nen ist auch so gering, dass er MüUer ganz entgangen zu sein
scheint, da er in seiner Physiologie, H, S. 234, nur zwei r-Laute
angiebt: ein von der Zunge und ein anderes vum Gaumensegel
articulirtcs, welches letztere er offenbar für die intonirte Kehlaspi¬
ration p nimmt, obgleich er, als Deutscher vorzugsweise an die
zahlreichen stummen Laute seiner Sprache gewöhnt , sehr richtig
die drei verschiedenen Grade des ch bemerkt hat. Mit diesen
drei Aspirationslauten möchte ich die hier in Frage stehenden
drei intonirten Schnarrlaute vergleichen. Dem arabischen dem
deutschen ch in auch und dem deutschen ch in mich, welche
zwei Mundaspirationen das Arabische nicht entwickelt hat (vgl.
B. IX, S. 35), stehen die drei intonirten Laute , in
und ^ in «j^j^ gegenüber, nach folgendem Schema:
^ ch (auch) ch (mich)
ü-
t > (-^^-j) ) iJ^'^)-
Ebenso nah, wie ein deutsches ch in auch dem schweizerischen
ch, z. B. in Bach, und dem arabischen ^) z. B. in liegt,
liegt aucb das englische r in bar und das arabische ; in j^i
dem arabischen und der hier bezeichnete Laut des r und }
steht, auf der andern Seite, wieder dem irländischen r in ear
uud dem arab. ; in /^.i ebenso nah wie das deutsche ch in auch
dem deutschen ch in mich; in den stummen Lauten schwillt aber
der Zungenrücken an und erhebt sich, um in seiner convexon
Stellung eine Aspiration hervorzubringen, während in den intonir¬
ten Schnarrlauten die hintere Zunge fast eine concave Form an¬
nimmt, um ihren aufwärts gebogenen mittleren Theil oder ihre
Spitze vibriren zu lassen. Wie nahe das tiefere r dem ß und
dem nahe dabei liegenden a steht, bemerken wir einerseits in
der dem ^ sich annähernden Articulation unseres r, die ibm häu¬
fig dik sogenannten Schnarrenden geben , welchen Fehler die
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arab. Ortboepisten Uiii nennen, und andererseits in der Aus¬
sprache der Londoner, wo das r im Auslaute der Sylbe immer
mehr zu schwinden und, wie auch Walker S. 50 bemerkt, nach
einem a in den Vocal a überzugehen anfangt, so dass z. B. bard,
regard wie baad, regaad lautet. Bs ist eine Folge der vor¬
herrschenden Neigung des Englischen zur Intonation , dass hier
das tiefe r nach dem ibm nahe verwandten Vocal ä, welcher die,
i 1 *
6*22 fVallin, über die Laute des Arabischen und ihre Bezeichnung.
so zu sagen, vocalische Seite des ^ ist, sich in denselhen auf¬
löst. Dagegen ist das irländische r, da diese Sprache sich sehr
zur Aspiration hinneigt, hei den Engländern wegen seiner Schärfe
und seines Beilautes von h verrufen. Die verschiedenartige Mo¬
dification des r bei verschiedenen Nationen und Individuen hängt
nämlich überhaupt davon ab, ob das tonantische (vocalische) oder
daa spirantische (consonantiscbe) Element bei der Articulation
mehr hervortritt, und die Möglichkeit dieser verschiedenartigen .Aussprache liegt wiederum in der Unbestimmtheit und Ausgede'int-
heit des Articulationsplatzes dieses Buchstaben von der Wurzel
his an die Spitze der Zunge längs der ganzen Mundhöhle; auch
hierin, nicht allein in Hinsicht der Continuation oder Explosion,
zeigt sich das r als ein Mittelbuchstabe. Die Engländer sprechen
z. B. ihr Wort bird ungefähr wie ^berd mit einem sehr weichen
r und einem gedehnten, in ö überspielenden Vocallaut; von einem
Schweden ausgesprochen , würde dieses Wort wegen der geringe¬
ren Neigung dieser .Sprache zur Intonation ganz anders lauten.
Im Allgemeinen sind Engländer und Dänen wegen ihrer schnar¬
renden .Aussprache des r bekannt; auch im Deutschen und .Schwe¬
dischen kommt eine solcbe Aussprache häufig vor. Wir betrach¬
ten sie hier als einen individuellen Fehler des Sprechenden ; sie
beruht aber eben nur auf der stärker hervorgehobenen Intonation
dieses Lautes durch dessen Articulation tiefer nacb der Zungen¬
wurzel hin und näber an den .Stimmbändern. Die engl. Wörter
hear nnd here lauten beide ganz äbnlich, und dns r hat in
beiden denselben uns auffälligen Intonatiunslaut ; wir würden beide
wie hiir oder das deutsche hier aussprechen. In Norddeutsch¬
land wird das r etwas mehr Intonirt, mit Annäherung an die
Aussprache der Engländer und Dänen , während bei den Schweden
und den Süddeutscben die Intonation zurücktritt und der .Articu¬
lationsplatz des r höher nach der Zungenspitze hin gelegt wird.
Der Unterschied zwischen den zwei oben angegebenen r-Lauten
kommt also darauf hinaus , dass in dem einen tiefer liegenden
die Intonation, in dem anderen höheren die Spiration scbärfer
hervortritt, was zum Theil auch dadurch bestätigt wird, dass
die Aegypter diesem Buchstaben gewöhnlich vor a, zuweilen auch
vor u, den tiefern Intonationslaut geben (die intonirten Laute
verbinden sich überhaupt am liebsten mit a, wie wir es an z und
dem franz. j seben, die meistens mit den Vocalen a, ä, e stehen),
wogegen sie es in Verbindung mit i auf der Vorderzunge articu¬
liren. Die Beduiuen aber lieben vorzugsweise das höhere r, ohue
Kücksicht auf den dumit verbundenen Vocallaut, und articuliren
es gewöhnlich, wie die Irländer das ibrige, mit einer sehr star¬
ken Vibration. Das vordere oder höhere r bezeichnen die arab.
Orthoepisten mit dem Namen ''j^' , d. h. die dünne Aus¬
sprache des r. und das hintere oder tiefere mit dem Numen