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Einfluss der vertikalen Ganzkörpervibration unterschiedlicher Frequenz auf den osteoporotischen Lendenwirbelkörper der Ratte

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Academic year: 2022

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(1)

(Prof. Dr. med. K. M. Stürmer) im Zentrum Chirurgie

der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen

Einfluss der vertikalen Ganzkörpervibration unterschiedlicher Frequenz auf den osteoporotischen

Lendenwirbelkörper der Ratte

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Doktorgrades

der Medizinischen Fakultät

der Georg-August-Universität zu Göttingen

vorgelegt von Carolin Juliane Döll

aus Heidelberg

Göttingen 2010

(2)

Dekan: Prof. Dr. med. C. Frömmel

1. Berichterstatterin: PD Dr. med. E. Stürmer

2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Dr. med. dent. F.-J. Kramer

Tag der mündlichen Prüfung: 19. April 2011

(3)

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

1.1 Zielsetzung ... 1

1.2 Theoretische Grundlagen ... 2

1.2.1 Knochen ... 2

1.2.2 Osteozyten ... 3

1.2.3 Osteoblasten ... 3

1.2.4 Osteoklasten ... 4

1.2.5 Extrazellulärmatrix ... 4

1.2.6 Knochenumbau ... 5

1.3 Osteoporose ... 6

1.3.1 Definition ... 6

1.3.2 Epidemiologie ... 6

1.3.3 Einteilung ... 7

1.3.4 Osteoporose und Östrogen ... 9

1.3.5 Risikofaktoren ... 10

1.3.6 Diagnostik ... 11

1.3.7 Therapie ... 16

1.4 Vibration ... 23

2 Material und Methoden ... 26

2.1 Versuchsablauf ... 26

2.1.1 Versuchstiere ... 27

2.1.2 Ovariektomie ... 27

2.1.3 Osteotomie ... 27

2.1.4 Ganzkörpervibration ... 28

2.1.5 Präparation der Wirbelkörper ... 28

2.2 Mikroradiographie ... 29

2.2.1 Histologische Aufarbeitung und Erstellen der Mikroradiographien ... 29

2.2.2 Digitalisieren der Mikroradiographien ... 30

2.2.3 Histomorphometrische Auswertung der Mikroradiographien ... 30

2.2.4 Messparameter der Mikroradiographie ... 33

2.2.5 Validierung des Untersuchers der Mikroradiographien ... 34

2.3 Veraschung ... 35

2.3.1 Volumen der Wirbelkörper ... 35

2.3.2 Bestimmung des Anteils organischer und anorganischer Knochensubstanz ... 35

2.3.3 Bestimmung des Calcium- und Phosphatgehalts der Knochensubstanz ... 35

2.4 Biomechanischer Kompressionstest ... 37

2.4.1 Durchführung des biomechanischen Kompressionstests ... 37

(4)

2.4.2 Messparameter des biomechanischen Kompressionstests ... 38

2.4.3 Validierung des Untersuchers des biomechanischen Kompressionstests ... 39

2.5 Statistik ... 40

3 Ergebnisse ... 41

3.1 Gewicht der Tiere und Knochenvolumen ... 41

3.1.1 Gewicht und Futteraufnahme der Tiere im Verlauf ... 41

3.1.2 Gewicht des Uterus ... 45

3.1.3 Volumen der Wirbelkörper ... 45

3.2 Ergebnisse der Mikroradiographie ... 45

3.2.1 Kortikalisdicke ventral ... 46

3.2.2 Kortikalisdicke dorsal ... 48

3.2.3 Kortikalisfläche ... 49

3.2.4 Anzahl der Trabekelkreuzungen ... 51

3.2.5 Dichte der Trabekelkreuzungen ... 53

3.2.6 Durchschnittliche Trabekeldicke ... 54

3.2.7 Zusammenfassung der Ergebnisse der Mikroradiographie ... 56

3.3 Ergebnisse der Veraschung ... 58

3.3.1 Knochenmineraldichte ... 58

3.3.2 Phosphatgehalt ... 59

3.3.3 Calciumgehalt ... 60

3.3.4 Verhältnis von Calcium zu Phosphat ... 60

3.3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse der Veraschung ... 61

3.4 Ergebnisse des biomechanischen Kompressionstests ... 62

3.4.1 Steigung ... 62

3.4.2 Streckgrenze ... 64

3.4.3 Maximalkraft ... 65

3.4.4 Zusammenfassung der Ergebnisse des biomechanischen Kompressionstests ... 66

3.5 Korrelation der Ergebnisse ... 67

3.5.1 Korrelation der Ergebnisse des Kompressionsversuchs mit denen der Mikroradiographie ... 67

3.5.2 Korrelation der morphologischen Parameter ... 68

4 Diskussion ... 71

4.1 Die ovariektomierte Ratte als Osteoporosemodell ... 71

4.2 Analyse der Ergebnisse der Mikroradiographie ... 72

4.3 Analyse der Ergebnisse der Veraschung ... 73

4.4 Analyse der Ergebnisse des biomechanischen Kompressionstests ... 76

4.5 Analyse der korrelierten Ergebnisse ... 78

4.6 Schlussfolgerungen ... 79

(5)

5 Zusammenfassung ... 80

6 Tabellenverzeichnis ... 82

7 Abbildungsverzeichnis ... 83

8 Literaturverzeichnis ... 85

(6)

Abkürzungsverzeichnis

AAS Atomabsorptionsspektroskopie

AK Alizarin-Komplexon

ANOVA Analysis of Variance BMD Bone Mineral Density

BSAP Bone Specific Alkaline Phosphatase BUA Broadband Ultrasound Attenuation BWK Brustwirbelkörper

CG Calcein-Grün

Ct. Kortikalis

Ct.Ar. Kortikalisfläche Ct.Wi. d. Kortikalisdicke dorsal Ct.Wi. v. Kortikalisdicke ventral

dB Dezibel

DVO Dachverband Osteologie

DXA Dual-Energy X-Ray Absorptiometry ERα Estrogen Receptor Alpha

ERβ Estrogen Receptor Beta FIT Fracture Intervention Trial

FLEX Fracture intervention Trial Long-term Extension FSH Follikel-stimulierendes Hormon

GHz GigaHertz

HRT Hormone Replacement Therapy

Hz Hertz

K Kelvin

KG Körpergewicht

kV kiloVolt

LWK Lendenwirbelkörper LWS Lendenwirbelsäule

mA milliAmpere

MHz MegaHertz

MORE Multiple Outcomes of Raloxifene Evaluation

N Newton

(7)

NaCl Natriumchlorid

NO Stickstoffmonoxid

PTH Parathormon

QCT quantitative Computertomographie SERM Selective Estrogen Receptor Modulator

SOS Speed of Sound

SOTI Spinal Osteoporosis Therapeutic Intervention

T3 Trijodthyronin

T4 Thyroxin

TC Tetracyclin

Tr. Trabekel

Tr.N. Trabekelkreuzungen

Tr.N./mm2 Dichte der Trabekelkreuzungen Tr.Wi. Trabekeldicke

TROPOS Treatment of Peripheral Osteoporosis TSH Thyroidea-stimulierendes Hormon

VERT Vertebral Efficacy with Risedronate Therapy WBV Whole-Body Vibration

WHI Women’s Healt Initiative WHO World Health Organisation

XO Xylenol-Orange

ZTE Zentrale Tierexperimentelle Einrichtung

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1 Einleitung

1.1 Zielsetzung

Die Osteoporose ist ein weltweites Gesundheitsproblem, welches aufgrund steigender Lebenserwartung stetig an Bedeutung gewinnt. Die Erkrankung geht für den Patienten mit Schmerzen, Immobilisation und einem wesentlichen Verlust von Lebensqualität einher. Im Jahre 2003 waren in der Bundesrepublik Deutschland fast acht Millionen Menschen von einer Osteoporose betroffen, die daraus resultierenden Kosten beliefen sich auf 5,4 Milliarden Euro pro Jahr (Häussler et al. 2007).

Die Anpassung des Knochengewebes an mechanische Druck- und Zugbelastung war erstmals von Julius Wolff beschrieben worden, er ging davon aus, dass der Knochen durch Modifikation der Trabekelstruktur mit möglichst geringer Knochenmasse eine möglichst hohe mechanische Stabilität zu erreichen sucht (Wolff 1892). Die Theorien Wolffs wurden stetig weiterentwickelt und resultierten letztlich in der Hypothese, die Knochenfestigkeit durch mechanische Stimulation verbessern zu können. Seitdem wurde eine Reihe von Studien durchgeführt, in denen verschiedene osteoporotische Versuchstiere durch mechanische Reize, meist in Form der Ganzkörpervibration, stimuliert und deren Knochen im Anschluss untersucht wurden. Aufgrund unterschiedlicher Methoden zur Analyse der Knochen und inkongruenter Applikation des Reizes (Dauer, Frequenz, Amplitude) mangelt es den bisher veröffentlichten Daten teilweise an Vergleichbarkeit. Die bisherige Datenlage lässt vermuten, dass die Ganzkörpervibration eine nicht-pharmakologische Therapieoption für die Osteoporose sein könnte (Rubin et al. 2006).

Ziel dieser Arbeit ist es, genauer zu differenzieren, welche Vibrationsfrequenzen bei vertikaler Vibrationsrichtung auf welche Weise die verschiedenen Anteile des osteoporotischen Knochens beeinflussen. Zu diesem Zweck werden die Wirbelkörper osteoporotischer Ratten nach Ganzkörpervibration mit den Frequenzen 35, 50, 70 und 90 Hz untersucht. Vorteil der Analyse von Lendenwirbelkörpern ist, dass hier gleichzeitig der Effekt sowohl auf trabekulären als auch auf kortikalen Knochen beobachtet werden kann. Da der Wirbelkörper als funktionelle Einheit betrachtet werden muss, wird seine biomechanische Stabilität gemessen, indem der Wirbelkörper in toto einem biomechanischen

(9)

Kompressionstest unterzogen wird, nicht Stanzzylinder wie in den meisten bisherigen Studien. Weiter werden die Knochenmineraldichte sowie der prozentuale Gehalt von Calcium und Phosphat bestimmt, um den Einfluss der Vibration auf diese Parameter und deren Einfluss wiederum auf die mechanischen und morphologischen Eigenschaften des Knochens zu erfassen. Die mikroradiographische Untersuchung wird Aufschluss über die Morphologie von Kortikalis und trabekulärem Netzwerk geben.

1.2 Theoretische Grundlagen

1.2.1 Knochen

Das Knochengewebe setzt sich zusammen aus einer kalziumhaltigen Extrazellulärsubstanz, der Knochenmatrix, den Knochenzellen (Osteozyten, Osteoblasten und Osteoklasten) und Mineralien. Außerdem enthält der Knochen Bindegewebe, Knorpel, rotes und gelbes Knochenmark sowie als Versorgungsstrukturen Nerven und Gefäße. Die drei wesentlichen Aufgaben, welche das Knochengewebe erfüllen muss, sind hohe Belastbarkeit, hohe Elastizität und möglichst geringes Gewicht. Mit einer Dichte von 2-3 g/ml ist das Knochengewebe eines der schwersten Gewebe im menschlichen Körper, wobei der Knochen nicht allein aus massivem Gewebe aufgebaut ist, sondern nur direkt unter dem Periost aus der dichteren Substantia corticalis besteht. Diese umgibt die weniger dichte, leichtere Substantia spongiosa, die aus schwammartigen, nach Trajektionslinien ausgerichteten Knochenbälkchen aufgebaut ist. Diese Anordnung der Trabekel folgt den biomechanischen Einflüssen, denen der Knochen ausgesetzt ist. Laut dem vom Berliner Anatomen und Chirurgen Julius D. Wolff 1892 veröffentlichten Gesetz bewirkt diese Anpassung der Substantia spongiosa die maximale Stabilität des Knochens (Wolffsches Gesetz, (Wolff 1892)). Besonders in axialen und dementsprechend mechanisch stark beanspruchten Teilen des Skeletts wie dem proximalen Femur und der Wirbelsäule ist diese trajektorelle Bauweise ausgeprägt. Das Knochengewebe befindet sich ständig im Umbau, verantwortlich hierfür sind die Knochenzellen, wobei die Signaltransduktion dieser Zellen untereinander Gegenstand der Forschung ist. Alle inneren Oberflächen des Knochens sind mit Endost ausgekleidet, außen ist der Knochen, den Bereich der Gelenkflächen ausgeschlossen, von Periost überzogen (Bartl 2008; Benninghoff und Drenckhahn 2008; Junqueira und Carneiro 2004).

(10)

1.2.2 Osteozyten

Die Osteozyten sind ehemalige Osteoblasten, welche von mineralisierter Knochenmatrix eingeschlossen sind. Sie liegen in linsenförmigen Lakunen und ihre Ausläufer erstrecken sich entlang zahlreicher Knochenkanälchen, den Canaliculi. Die Zellen und ihre Ausläufer füllen die sie umgebenden Hohlräume jedoch nicht völlig aus, so dass ein schmaler Bereich frei bleibt, der nur Kollagenfibrillen und interstitielle Flüssigkeit enthält, jedoch nicht mineralisiert ist. Somit sind alle Osteozyten via Diffusion erreichbar, außerdem verbinden gap junctions sie mit ihren direkten Nachbarn und mit den Zellen des Endosts.

Die Funktion der Osteozyten ist noch nicht abschließend erforscht. Sie scheinen jedoch für die Erhaltung des Knochens von Bedeutung zu sein, denn wo sie nicht mehr vital sind, bauen Osteoklasten die Knochenmatrix ab. Des Weiteren zeigen neuere Publikationen, dass die Osteozyten als mechanosensitive Zellen des Knochens die Signaltransduktion initiieren, welche die Reaktion des Knochens auf die externen Einflüsse zur Folge hat. Die Osteozyten sind elastisch mit der Knochenmatrix verbunden und erfahren somit den selben mechanischen Reiz wie der Knochen selbst (Turner et al. 2009). Da sie selbst nicht in der Lage sind, neue Knochensubstanz zu bilden, müssen sie Signale an Osteoblasten und Osteoklasten als Effektorzellen vermitteln, um die Knochenstruktur zu beeinflussen. Wichtige Botenstoffe scheinen dabei Stickstoffmonoxid (NO) und Prostaglandine zu sein, so führte die mechanische Stimulation von Zell- und Gewebekulturen in vitro zu einer vermehrten Produktion von verschiedenen Prostaglandinen und NO (Klein-Nulend et al. 1997; Pitsillides et al. 1995; Somjen et al. 1980). Umgekehrt hatte die Hemmung der Prostaglandin- und NO- Synthese in vivo ein Ausbleiben der Reaktion von Knochengewebe auf mechanische Stimulation zur Folge (Forwood 1996; Fox et al. 1996; Turner und Pavalko 1998). Ein weiterer Mediator ist das Protein Sclerostin. Es wird von Osteozyten freigesetzt und hemmt die Neubildung von Knochensubstanz durch Osteoblasten. Dabei ist die Sekretion von Sclerostin proportional zu den auf den Knochen einwirkenden Kräften, im mechanisch beanspruchten Knochen wird die Expression des Proteins unterdrückt und somit die hemmende Wirkung auf die Osteoblasten aufgehoben (Turner et al. 2009).

1.2.3 Osteoblasten

Die Osteoblasten entstehen aus mesenchymalen Vorläuferzellen, den Osteoprogenitor-Zellen, aus deren Pool unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren und Hormonen zeitlebens neue

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Osteoblasten gebildet werden können. Aufgabe der Osteoblasten ist die Synthese und Sekretion von organischen Anteilen der Knochenmatrix, vor allem Typ-I-Kollagen, Proteoglykane und Glykoproteine. Das appositionelle Knochenwachstum geschieht durch Ablagerung neuer Knochenmatrix auf bereits vorhandener, mineralisierter Matrix. Die aktiven Osteoblasten liegen dementsprechend immer einer freien Oberfläche des Knochens an. Sie liegen einschichtig nebeneinander, nahe der mineralisierten Matrix, von dieser jedoch durch die noch nicht mineralisierte Osteoid-Schicht, welche sie selbst synthetisiert haben, getrennt. Wenn die Osteoid-Schicht durch Einlagerung von Kalziumphosphat in die stabile Knochenmatrix umgewandelt wird, wird ein Teil der Osteoblasten in der mineralisierten Matrix eingeschlossen und damit zu Osteozyten, die Zellen des anderen Teils gehen nach Beendigung der Synthese entweder durch Apoptose zugrunde oder sie reihen sich wieder als inaktive Zellen in das Endost ein (Lüllmann-Rauch 2003).

1.2.4 Osteoklasten

Progenitorzellen der Osteoklasten sind Vorläuferzellen des Monozytären Phagozytensytems im Knochenmark. Die mehrkernigen Osteoklasten entstehen durch Fusion von bis zu 100 einkernigen Vorläufern. Die aktiven Osteoklasten liegen direkt an der mineralisierten Matrix, sie demineralisieren das Knochengewebe und resorbieren die entstandenen Abbauprodukte.

Dadurch sind sie von entscheidender Bedeutung bei Umbauvorgängen im Knochen und der Freisetzung bzw. Einlagerung von Kalzium. Die Rekrutierung, Differenzierung und Aktivierung dieser Zellen wird durch Hormone (Parathormon, Calcitonin, Östrogen, Leptin) und Wachstumsfaktoren beeinflusst (Lüllmann-Rauch 2003).

1.2.5 Extrazellulärmatrix

Die Extrazellulärmatrix ist die mineralisierte Substanz zwischen den Knochenzellen. Ihre Hauptbestandteile sind Kollagenfibrillen (überwiegend Typ-I-Kollagen), welche 95% der organischen Masse ausmachen, und Hydroxylapatit-Kristalle. Letztere sind aus Calcium-, Phosphat- und Hydroxyl-Ionen aufgebaut und machen 45% des Feuchtgewichts im Knochengewebe aus. Des Weiteren finden sich im anorganischen Teil weitere Ionen wie Fluorid, Magnesium und Carbonat. Der organische Anteil enthält zusätzlich zu den Kollagenfibrillen Proteoglykane und verschiedene Glykoproteine wie Osteocalcin und Sialoprotein.

(12)

Die Kollagenfibrillen bestimmen die Ausrichtung der Mineralkristalle, da diese sich an deren Oberfläche und in deren Innerem longitudinal anordnen. Diese besondere Zusammensetzung aus druckfesten Mineralkristallen und zugfesten Kollagenfibrillen verleiht dem Knochen seine Biegefestigkeit (Junqueira und Carneiro 2004; Lüllmann-Rauch 2003).

1.2.6 Knochenumbau

Während der Wachstumsphase wird der Knochen durch stetigen An- und Umbau von Knochensubstanz verändert, bis er seine endgültige Form hat. Auch im ausgewachsenen Skelett jedoch findet ein ständiger Umbau, das so genannte remodelling statt. Dabei werden jährlich 28% der Substantia spongiosa und 4% der Substantia corticalis erneuert. Zweck des Umbaus ist die Reparatur kleiner Defekte, die funktionelle Anpassung an mechanische Beanspruchungen und die Bereitstellung von Calcium.

Für eine ausgeglichene Bilanz zwischen der Arbeit der Knochen-abbauenden Osteoklasten und der aufbauenden Osteoblasten ist die mechanische Beanspruchung des Knochens der bedeutendste Faktor. Diese Art der Regulierung kann jedoch durch die Wirkung verschiedener Hormone überlagert sein, so hemmt zum Beispiel Östrogen die durch Osteoblasten induzierte Rekrutierung von Osteoklasten und damit den Knochenabbau. Das Schilddrüsenhormon Calcitonin hemmt direkt die Osteoklasten, sein Antagonist aus der Nebenschilddrüse, das Parathormon, mobilisiert Osteoblasten, welche wiederum die Entstehung von Osteoklasten fördern und wirkt damit einem sinkenden Calciumspiegel im Blut entgegen (Lüllmann-Rauch 2003).

Im menschlichen Körper nimmt die Knochenmasse bis zum 20.-30. Lebensjahr physiologischerweise zu, und erreicht im Anschluss daran eine Plateauphase, in der Knochenbildung und Knochenabbau im Gleichgewicht stehen (peak bone mass). Die maximale Knochenmasse ist für die menschliche Wirbelsäule zwischen dem dreißigsten und vierzigsten Lebensjahr erreicht (Rodin et al. 1990), der erreichte Wert ist ein Prädiktor für das spätere Auftreten einer Osteoporose. Die peak bone mass wird durch Faktoren wie Geschlecht, genetisches Potential und Umwelteinflüsse (Bewegung, Kalziumzufuhr) beeinflusst. Mit Ende der Plateauphase wird die Bilanz der Knochenmasse negativ, der durchschnittliche Verlust beträgt unabhängig vom Geschlecht etwa 1% pro Jahr, dabei sind Wirbelkörper und proximales Femur etwas mehr betroffen als die übrigen Skelettareale.

Aufgrund des Östrogenmangels kann der Verlust an Knochenmasse bei der postmenopausalen Frau auf bis zu 4% steigen, das bedeutet, dass Frauen zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr durchschnittlich ungefähr 40% ihrer Knochenmasse verlieren, Männer dagegen nur 12%.

(13)

Zusätzlich zum Substanzverlust verändern sich die statischen Eigenschaften des Knochens im Alter auch durch die verminderten Verknüpfungspunkte in der Trabekelstruktur (Bartl 2008).

1.3 Osteoporose

1.3.1 Definition

Die Definition der Osteoporose ist in der Vergangenheit mehrfach modifiziert worden. Im April 1993 definierte man auf der International Consensus Development Conference on Osteoporosis (Christiansen 1993) die Osteoporose wie folgt:

„Die Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung, welche durch eine niedrige Knochenmasse und Verfall der Mikroarchitektur des Knochengewebes, einhergehend mit erhöhter Knochenbrüchigkeit und erhöhtem Frakturrisiko, charakterisiert ist.“

Dabei wird die Knochenmasse in Relation zur peak bone mass der Altersgruppe gesetzt.

Früher wurde die Diagnose einer Osteoporose nur nach einem Frakturgeschehen gestellt, nach der neuen Definition kann eine Osteoporose auch präklinisch ohne Fraktur vorliegen. Als manifest wird die Osteoporose bezeichnet, wenn sie bereits zu einer oder mehreren Frakturen geführt hat.

Nach der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (World Health Association, WHO) liegt eine Osteoporose per definitionem dann vor, wenn die Knochendichte 2,5 Standardabweichungen unter den Mittelwert der Knochendichte skelettgesunder Erwachsener zwischen dem zwanzigsten und vierzigsten Lebensjahr (T-Score) fällt. Liegt der Wert der Standardabweichung zwischen -1 und -2,5 spricht man von einer Osteopenie (Bonjour et al.

2004).

1.3.2 Epidemiologie

Mit über 200 Millionen betroffenen Menschen weltweit ist die Osteoporose eine der am weitesten verbreiteten skelettalen Erkrankungen (Gardner et al. 2006). Der größte Risikofaktor, eine Osteoporose zu entwickeln, ist ein hohes Lebensalter, entsprechend der

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demographischen Entwicklung gewinnt die Osteoporose zunehmend auch an wirtschaftlicher Bedeutung (Cummings und Melton 2002).

Im Jahr 2003 waren in der Bundesrepublik Deutschland 7,8 Millionen Menschen im Alter von über 50 Jahren an Osteoporose erkrankt, das entspricht einer Prävalenz von 26%. Bei Frauen war die Prävalenz dabei mit 39% deutlich höher als bei Männern mit 9,7%, etwa 60% der Frauen über 75 Jahre waren von einer Osteoporose betroffen. Innerhalb dieses Kollektivs hatten 4,3% der Patienten eine osteoporotische Fraktur, die häufigsten Lokalisationen dabei waren die Hüfte, das Handgelenk und die Wirbelkörper (Häussler et al. 2007).

Obwohl neuere Studien aufzeigen, dass bis zu 60% aller Hüft- und Wirbelfrakturen bei Patienten über 45 Jahren im Zusammenhang mit einer Osteoporose stehen, wird diese Ursache meist nur dann erkannt, wenn die Fraktur typisch lokalisiert ist (Melton et al. 1997).

Im Jahre 2003 beliefen sich die direkt durch Osteoporose entstandenen Kosten in der Bundesrepublik Deutschland auf rund 5,4 Milliarden Euro pro Jahr (Häussler et al. 2007).

1.3.3 Einteilung

Für die Einteilung der Osteoporose gibt es verschiedene Ansätze:

1.3.3.1 Einteilung anhand der Ausdehnung

Man unterscheidet je nach Befallsmuster am Skelett die lokalisierte Osteoporose von der typischeren generalisierten Osteoporose.

Die lokalisierte Osteoporose betrifft also nur einzelne Regionen des Skeletts. Ursächlich kann Inaktivität einer Extremität im Rahmen einer Immobilisation durch Schienung oder eine Parese sein. Des Weiteren können der lokalisierten Osteoporose verschiedene Krankheiten zugrunde liegen. Zu nennen ist hier Morbus Sudeck, die erstmalig bei Schwangeren beschriebene transiente Osteoporose und das Gorham-Syndrom.

Auch die klassische generalisierte Osteoporose befällt nicht homogen das gesamte Skelett, sondern die Prädilektionsstellen Wirbelsäule, Schenkelhals und distalen Radius. Dabei verhält sie sich jedoch immer symmetrisch. Die juvenile und die postmenopausale Form manifestieren sich besonders am Achsenskelett, die senile Form betrifft auch die Röhrenknochen (Bartl 2008).

1.3.3.2 Einteilung anhand der Ätiologie

Anhand der Krankheitsentstehung wird bei der Osteoporose eine primäre von einer sekundären Form unterschieden. Als primäre Osteoporose bezeichnet man die ätiologisch

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ungeklärte Form, welcher keine andere Erkrankung zugrunde liegt. Zu den primären Osteoporosen zählen die primär idiopathische Osteoporose sowie die Typ-I- und die Typ-II- Osteoporose. Wird die Osteoporose dagegen durch eine definierte Grunderkrankung ausgelöst, so spricht man von einer sekundären Osteoporose. Sekundäre Osteoporosen machen nur 5% der Osteoporose-Fälle aus, sind jedoch Ursache von 20% der osteoporotischen Frakturen.

Die Einteilung nach der Ätiologie der Osteoporose ist besonders aus therapeutischer Sicht entscheidend, da je nach Grunderkrankung verschiedene Ansätze einer Therapie zur Verfügung stehen (Bartl 2008).

Die wichtigsten Ursachen der sekundären Osteoporose werden in Tabelle 1 zusammengefasst:

Tabelle 1: Ursachen der sekundären Osteoporose, modifiziert nach Classen et al. 2003

endokrinologisch  Hypogonadismus

 Hyperparathyreoidismus

 Hyperthyreose

 Cushing-Syndrom

 Diabetes mellitus

neoplastisch  Plasmozytom

 Mastozytose

 Non-Hodgkin-Lymphom

 Diffuse Knochenmarkskarzinose pharmakologisch  Glukokortikoide

 Heparine

 LHRH-Analoga gastrointestinal  Pankreasinsuffizienz

 Anorexia nervosa

 Morbus Crohn

 Biliäre Zirrhose

 Sprue

hereditär  Osteogenesis imperfecta

 Marfan-Syndrom

 Ehlers-Danlos-Syndrom

 Homozystinurie

rheumatologisch  Chronische Polyarthritis

(16)

1.3.3.3 Einteilung anhand des Patientenalters

Die häufigste Form der primären Osteoporosen ist die Typ-I-Osteoporose. Diese beschränkt sich auf die Substantia spongiosa des Knochens, da diese schneller und häufiger umgebaut wird und als Folge dessen früher betroffen ist, als die Substantia corticalis. Somit findet man die Typ-I-Osteoporose in vorwiegend trabekulären Teilen des Skelettes wie der Wirbelsäule und dem proximalen Femur, sie betrifft besonders Frauen mit postmenopausalem Östrogenmangel.

Die fortgeschrittene Typ-II-Osteoporose (senile Osteoporose) ist nicht mehr auf das Achsenskelett beschränkt, sondern betrifft auch die Substantia corticalis und damit die Röhrenknochen der Extremitäten. Betroffen sind vor allem Patienten über 70 Jahre und das Verhältnis von Frauen zu Männern hat sich mit 2:1 angenähert, ein Hinweis darauf, dass ab einem gewissen Alter der Östrogenmangel nicht mehr die entscheidende Ursache zu sein scheint, sondern ein generell altersbedingter Substanzverlust. So sind alte Menschen weniger mobil, Vitamin-D- und Kalziumstoffwechsel sind gestört und die Anzahl der Osteoklasten steigt. Ungefähr 80% der osteoporotischen Frakturen sind dem Altersabschnitt einer Typ-II- Osteoporose zuzuordnen.

Die Differenzierung zwischen Typ-I- und Typ-II-Osteoporose ist im klinischen Alltag kaum relevant (Bartl 2008).

1.3.3.4 Einteilung anhand der Dynamik des Knochenabbaus

Ungeachtet der Ätiologie kategorisiert diese Einteilung nach der Geschwindigkeit des Substanzverlusts. Im gesunden Knochengewebe stehen dessen Abbau und Bildung miteinander im Gleichgewicht. Bei mangelnder Knochenbildung oder überschießendem Knochenabbau resultiert langsam eine negative Bilanz („low turnover“). Treten beide Vorgänge parallel auf, so entsteht die Osteoporose schneller („high turnover“). Je nach Kategorie wird ein antiresorptives oder ein die Knochenbildung stimulierendes Therapiekonzept verfolgt (Bartl 2008).

1.3.4 Osteoporose und Östrogen

Die drastisch erhöhte Prävalenz der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen lässt vermuten, dass die verminderte Östrogensynthese in der Pathogenese von großer Bedeutung ist. Ein weiterer Hinweis auf den Zusammenhang von Östrogenspiegel und Osteoporose ist

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die Tatsache, dass adipöse Patientinnen mit ihrer erhöhten Östrogenproduktion im Vergleich zu untergewichtigen Frauen ein geringeres Risiko haben, an Osteoporose zu erkranken. Dabei ist jedoch zu beachten, dass adipöse Patienten durch ihr erhöhtes Körpergewicht zusätzlich den Knochen mechanisch stimulieren.

Die Zellen des Knochens, Osteoblasten, Osteozyten und Osteoklasten, tragen Östrogenrezeptoren. Von den beiden Östrogenrezeptoren ERα und ERβ scheint Ersterer im Knochenstoffwechsel entscheidend zu sein (Lee et al. 2003). Östrogen hemmt auf mehreren Wegen die Resorption von Knochensubstanz, indem es die Lebensdauer der Osteoklasten auf verschiedenen Signalwegen durch Hemmung von Zytokinen (Interleukin -1, -6, Tumornekrosefaktor 1,2) verkürzt (Pacifici 1998; Riggs 2000). Eine Untersuchung an 124 postmenopausalen Frauen konnte zeigen, dass eine frühe Menopause vor dem 45. Lebensjahr und ein Zeitraum von weniger als 30 Jahren zwischen Menarche und Menopause eine geringere Knochendichte zur Folge haben kann (Sioka et al. 2009).

1.3.5 Risikofaktoren

Häufig entwickelt sich die manifeste Osteoporose aus einer präklinischen primären Osteoporose, multiplen Risikofaktoren und möglicherweise zusätzlich einer sekundären Osteoporose als multifaktorielles Geschehen. Anthropometrische Risikofaktoren für eine osteoporotische Fraktur sind weibliches Geschlecht, Untergewicht, überdurchschnittliche Körpergröße und das Alter, wobei das relative Risiko pro 5 Jahre um 1,4 bis 2,0 zunimmt. Die familiäre und die individuelle Frakturanamnese sind weitere wichtige Faktoren für die Risikoabschätzung. So steigt das Risiko für eine osteoporotische Wirbelkörperfraktur mit jeder erlittenen Fraktur. Bei einer vorbestehenden Wirbelkörperfraktur liegt das relative Risiko, erneut eine solche Fraktur zu erleiden, bei 4, während es bei anamnestisch drei Frakturen auf 10 ansteigt. Dabei ist nicht relevant, ob die Frakturen symptomatisch waren oder klinisch stumm verlaufen sind.

Geringe körperliche Belastung erhöht das relative Risiko auf 2,4. Ebenfalls prädisponierend sind regelmäßiger Nikotinkonsum, Kalziummangel und geringe Exposition gegenüber Sonnenlicht. Im Alter von 70 Jahren findet sich bei 90% aller Patienten ein latenter oder manifester Vitamin-D-Mangel (Classen et al. 2004).

Knochenunabhängige Faktoren im höheren Lebensalter sind Mobilität und Koordinationsfähigkeit des Patienten. Motorische Einschränkungen, herabgesetzte Vigilanz, Sehstörungen und neurologische Defizite erhöhen die Sturzneigung und damit das Frakturrisiko.

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Ein entscheidender Risikofaktor für die Entstehung einer Osteoporose ist mangelnde körperliche Aktivität. Demzufolge können auch junge Patienten in wenigen Monaten bis zu 30% ihrer Knochenmasse verlieren, wenn sie zum Beispiel aufgrund eines Traumas mit Querschnittsymptomatik über einen längeren Zeitraum immobilisiert sind. Dagegen wirkt übermäßige körperliche Aktivität nicht protektiv. Auch Hochleistungssportlerinnen sind besonders gefährdet, eine Osteoporose zu entwickeln, da sie aufgrund strenger Diäten und hoher körperlicher Belastung einen sehr geringen Körperfettanteil und dementsprechend einen erniedrigten Östrogenspiegel haben (Bartl 2008).

1.3.6 Diagnostik

Die frühe Diagnosestellung ist neben der Vermeidung von Risikofaktoren entscheidend für die Behandlung der Osteoporose und die Verminderung des osteoporotischen Frakturrisikos.

Dabei ist die alleinige Diagnose nicht ausreichend, es muss geklärt werden, wie viel Knochenmasse zum Zeitpunkt der Untersuchung vorhanden ist und mit welcher Geschwindigkeit sie abgebaut wird.

1.3.6.1 Indikation zur Diagnostik

Der Dachverband Osteologie (DVO) empfiehlt in seinen 2009 veröffentlichten Leitlinien die Durchführung einer Basisdiagnostik für Patienten, deren klinisches Risikoprofil ein erhöhtes Frakturrisiko erwarten lässt (Pfeilschifter 2009). Das heißt, wenn trotz der allgemeinen Prophylaxemaßnahmen ein Risiko von mindestens 20% besteht, dass der Patient innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Fraktur der Wirbelkörper und/oder des proximalen Femurs erleiden wird. Auch bei einem Frakturrisiko unter 20% kann eine Basisdiagnostik empfehlenswert sein, nämlich dann, wenn operativ sanierbare Ursachen (primärer Hyperparathyreoidismus) dem nur mäßig erhöhten Risiko zugrunde liegen. Die Ergebnisse der Diagnostik können Indikationen für den chirurgischen Eingriff darstellen, gleichzeitig kann die Eliminierung dieser Ursache zu einer nachhaltigen Reduktion des Risikos führen.

Ein Zehn-Jahres-Frakturrisiko ist bei Frauen über 70 und Männern über 80 Jahren aufgrund des dominanten Risikofaktors Lebensalter prinzipiell so hoch, dass eine Basisdiagnostik empfohlen wird, sofern die Ergebnisse der Untersuchungen für den Patienten eine therapeutische Konsequenz haben. Bei Frauen zwischen 60 und 70 Jahren bzw. Männern zwischen 70 und 80 Jahren ist der Schwellenwert überschritten, wenn zusätzlich ein weiterer begünstigender Faktor vorliegt, als Beispiele sind vorangegangene Frakturen, positive Familienanamnese für proximale Femurfrakturen, Nikotinkonsum, Immobilität,

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Untergewicht, Sturzneigung und Hyperkortisolismus zu nennen. Bei Frauen unter 50 und Männern unter 60 Jahren steigt das Zehn-Jahres-Frakturrisikos selbst bei Vorliegen eines Risikofaktors selten über 20%, bzw. es ergeben sich selten therapeutische Konsequenzen, welche über die Durchführung der allgemeinen Prophylaxemaßnahmen hinausgehen.

Ausnahme ist die vorangegangene Fraktur eines oder mehrerer Wirbelkörper, Hyperkortisolismus oder Hyperparathyreoidismus.

1.3.6.2 Anamnese und körperliche Untersuchung

Zu Beginn sollte ein ausführliches Anamnesegespräch mit Fokus auf Risikofaktoren und Krankheiten, welche eine sekundäre Osteoporose bedingen können, erfolgen. Die anschließende körperliche Untersuchung prüft die Körpergröße des Patienten und seine Haltung. Die Sinterung der Wirbelkörper kann zu einer Größenabnahme von mehr als 4 cm führen, wobei die Höhenminderung ausschließlich in der Wirbelsäule stattfindet und die Beinlänge konstant bleibt. Physiologischerweise entspricht die Armspannweite eines Menschen seiner Körpergröße, dem Scheitel-Sohlen-Abstand. Da dieser bei der Osteoporose abnimmt, ist Armspannweite relativ zu groß. Durch die Verkürzung des Rumpfes kann es zu schmerzhaftem Kontakt zwischen dem unteren Rippenbogen und dem Beckenkamm oder den Dornfortsätzen kommen. Vom Rücken zu den Flanken bilden sich typische Hautfalten („Tannenbaumphänomen“).

Die keilförmigen Einbrüche in der Brustwirbelsäule führen zum charakteristischen Rundrücken, zur Quantifizierung des Ausmaßes eignet sich die Messung der Distanz zwischen Hinterkopf und Wand, wenn der Patient sich aufrecht mit dem Rücken zur Wand stellt (Bartl 2008).

1.3.6.3 Labordiagnostik

Typische Veränderungen von Laborparametern fehlen bei der primären Osteoporose, allenfalls frische Frakturen können einen vorübergehenden Anstieg der alkalischen Phosphatase auslösen. Die Bedeutung der Labordiagnostik liegt hier in der differentialdiagnostischen Abklärung sekundärer Osteoporosen (siehe 1.3.3.3) und anderer Stoffwechselerkrankungen des Knochens.

Sie umfasst routinemäßig im ersten Schritt ein kleines Blutbild, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit, alkalische Phosphatase, Kalium, Kalzium, Phosphat, Kreatinin, Transaminasen und γ-GT.

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Zum Ausschluss hormoneller Ursachen werden nur bei klinischem Verdacht zusätzlich Schilddrüsenhormone (T3, T4, TSH), Geschlechtshormone (FSH, Östrogen, Testosteron) und Vitamin-D-Metabolite (Calcitriol, 25-Hydroxy-Vitamin-D) sowie Parathormon untersucht.

Die Bestimmung von Knochenumsatzparametern kann bei der Differenzierung zwischen

„slow“- und „fast-loser“-Osteporosen helfen (siehe 1.3.3.4) und ermöglicht somit eine spezifischere medikamentöse Therapie. Sie werden unterschieden in Parameter des Knochenanbaus und Parameter des Knochenabbaus. Erstere werden typischerweise von Osteoblasten produziert, als Beispiele sind die knochenspezifische alkalische Phosphatase (bone specific alkaline phosphatase, BSAP), das Osteocalcin und das Osteonectin zu nennen.

Wegen ihrer Gewebespezifität sind die BSAP und das Osteocalcin bisher die am besten geeigneten Marker (Fassbender et al. 2002; Gomez et al. 1995), wobei das Osteocalcin einer zirkadianen Rhythmik unterliegt.

Als Marker für die Knochenresorption dienen vor allem Abbauprodukte des Knochengewebes wie Kollagenbausteine, welche in die Blutbahn freigesetzt und renal ausgeschieden werden.

Verwendung finden Desoxypyridinolin und Cross-link-Telopeptide des Kollagen Typ I. Sie sind spezifisch für das Knochengewebe und werden nicht metabolisiert. Da auch ihr Spiegel im Blut in Abhängigkeit von der Tageszeit schwankt, sollten die Blutentnahmen vormittags beim nüchternen Patienten stattfinden. Sie eignen sich zur Messung des Therapieerfolgs bei Hormonsubstitution oder Einnahme von Bisphosphonaten, von einem Therapieerfolg spricht man bei einer Reduktion der Marker des Knochenabbaus um mindestens 30% gegenüber dem Ausgangswert.

Eine Erhöhung der Knochenumsatzparameter in Blut oder Urin hat sich als unabhängiger Risikofaktor für das Auftreten osteoporotischer Frakturen gezeigt. Dennoch werden sie im klinischen Alltag noch nicht in der Routinediagnostik verwendet, da noch keine ausreichenden Informationen über das Zusammenspiel mit anderen Risikofaktoren vorliegen (Bartl 2008).

1.3.6.4 Projektionsradiographie

Konventionelle Röntgenaufnahmen des Skeletts lassen Verluste von Knochensubstanz erst nach einer Demineralisierung von 30-40% erkennen und sind daher für die Frühdiagnose ungeeignet. Dennoch sind sie wesentlicher Bestandteil der Osteoporose-Diagnostik, da sie für das Erkennen von Frakturen essentiell sind. Typische Zeichen osteoporotischer Frakturen der Wirbelsäule sind Grund- und Deckplatteneinbrüche, Sinterungsfrakturen sowie Fisch- und Keilwirbel mit einer Höhenminderung von mehr als 20%. Der Verlust an trabekulärer

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Knochenmasse bei erhaltener Substantia corticalis zeigt sich im konventionellen Röntgen durch eine auffällige Rahmenstruktur des Wirbelkörpers.

Das Ausmaß der Deformierung der Wirbelsäule lässt sich mit dem „Spine Deformity Index“

objektivieren. Dabei wird die Höhe eines Wirbelkörpers, bzw. dessen Mitte, Vorder- und Hinterkante, mit der benachbarter Wirbelkörper verglichen. Der selten frakturierte BWK IV dient als individuelle Norm (Classen et al. 2004).

Unverzichtbar sind die konventionellen Röntgenaufnahmen zur Abklärung sekundärer Osteoporosen und bei unklaren Rückenschmerzen, um andere Differentialdiagnosen wie entzündlich-degenerative Erkrankungen, Osteomalazie und tumoröse Läsionen auszuschließen (Bartl 2008).

1.3.6.5 Messung der Knochendichte

Die Messung der Knochendichte ist die einzige Möglichkeit, eine Osteoporose zu diagnostizieren, bevor Frakturen auftreten. Sie ermöglicht die Risikoaussage für spätere Frakturen, dabei ist das Frakturrisiko bei einer Verminderung der Knochenmasse von 10% im Bereich der Wirbelsäule verdoppelt, im Bereich des proximalen Femurs verdreifacht. Wenn bereits eine Fraktur vorliegt, wird die Messung der Knochendichte verwendet, um die Diagnose einer Osteoporose zu bestätigen und deren Schweregrad zu bestimmen.

Das Prinzip der Knochendichtemessung beruht auf der Minderung der Intensität von Photonen- oder Röntgenstrahlen beim Durchtritt durch das Knochengewebe, wodurch indirekt der Rückschluss auf die Knochendichte möglich ist. Hauptverantwortlich für diesen Effekt ist das Hydroxylapatit des Knochens, entsprechend dessen Masse die ionisierenden Strahlen abgeschwächt werden. Je nach Methode wird der Knochenmineralgehalt in Gramm oder die Knochenmineraldichte in g Calciumhydroxylapatit/cm2 bzw. g/cm3 gemessen.

Die Messmethoden sind wesentlicher Bestandteil der Osteoporosediagnostik. Ihre Bedeutung für die Bestimmung des Frakturrisikos ist jedoch nicht ausreichend. So ergaben verschiedene Studien, dass eine verringerte Knochendichte nicht zwingend mit einem erhöhten Frakturrisiko einhergehen muss. Insgesamt konnten weniger als 20% der aufgetretenen osteoporotischen Frakturen allein auf eine verringerte Knochendichte zurückgeführt werden, die gleichzeitige Beachtung der Risikofaktoren ist von wesentlicher Bedeutung (Cummings und Melton 2002; Sarkar et al. 2002; Watts et al. 2004).

1.3.6.5.1 DXA

Die duale Röntgenabsorptiometrie (Dual Energy X-ray Absorptiometry) ist derzeit die geläufigste Methode zur Messung der Knochendichte und die von WHO und dem

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Dachverband Osteologie (DVO) anerkannte Standardmethode zur Diagnose der Osteoporose (Christiansen 1993; Pfeilschifter 2009). Bei der Messung strahlen zwei Energiequellen unterschiedlicher Intensität durch das Knochengewebe, anhand der Strahlenabsorption kann der Mineralgehalt des durchstrahlten Gewebes als Absolutwert (g/cm) oder als Dichte bezogen auf die Fläche (g/cm2) errechnet werden. Es ist anzumerken, dass der als Knochenmineraldichte bezeichnete Wert nicht dem der physikalischen Dichte entspricht, welche als Masse pro Volumen (g/cm3) definiert ist.

Gemessen werden mit der DXA meist das proximale Femur und die Lendenwirbelkörper L1 bis L4, wobei nicht nur die Wirbelkörper, sondern auch Wirbelbögen und Dornfortsätze erfasst werden, welche zu einem erheblichen Anteil aus Substantia corticalis bestehen.

Die Methode ist nicht invasiv, schnell und preiswert. Bei einer geringen Strahlenbelastung, welche nur 1-10% einer konventionellen Röntgenaufnahme entspricht, misst sie sehr präzise und ist daher auch für Verlaufskontrollen geeignet.

1.3.6.5.2 QCT

Die quantitative Computertomographie kann an jedem Computertomographen erfolgen, sofern dieser zuvor mit einem genormten Hydroxylapatit-Phantom kalibriert worden ist (Link und Majumdar 2003). Diese Volumenmessmethode ist das beste Verfahren, den für die Osteoporose typischen Verlust von trabekulärem Knochen an der Wirbelsäule früh zu detektieren, da sie die Differenzierung zwischen trabekulären und kortikalen Knochenanteilen erlaubt. Die ermittelten Werte werden als Masse Hydroxylapatit pro Volumen angegeben, die Knochendichtemessung erfolgt also dreidimensional, ein Vorteil im Vergleich zur DXA. Die Strahlenbelastung ist gegenüber der DXA jedoch etwa hundertfach erhöht, wodurch die QCT für regelmäßige Kontrolluntersuchungen ungeeignet ist.

1.3.6.5.3 QUS

Die quantitative Ultraschallmessung (quantitative Ultrasound) ist ein weiterer Ansatz in der Knochendichtemessung, sie ist ebenso wie die DXA eine schnelle und preisgünstige, nicht- invasive Methode, welche dabei aber ohne jede Strahlenbelastung auskommt.

Hier wird nicht nur die Absorption gemessen, sondern das Verhalten der Schallwellen, deren Geschwindigkeit und Reflexion bestimmt. Das unterschiedliche Schallverhalten in verschiedenen Geweben und Oberflächen gibt Aufschluss über Knochenstruktur und

-architektur. Dabei sind zwei Parameter ausschlaggebend, erstens die Schallgeschwindigkeit (Speed of Sound, SOS, m/s) und zweitens die Schallwellenschwächung (Broadband ultrasound attenuation, BUA, dB/MHz).

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Für die Messung müssen kombinierte Schallsender und –empfänger an gegenüberliegenden Seiten des Knochens lokalisiert sein, daher ist die Methode geeignet für Knochen mit wenig umgebendem Weichteilgewebe wie Phalangen, Calcaneus, Tibia und Radius. Die besonders frakturgefährdeten Areale Wirbelsäule und proximales Femur können jedoch nicht untersucht werden, die Ergebnisse von QUS-Messungen im Bereich der Wirbelsäule korrelieren nur unzureichend mit denen valider Messungen der Knochendichte (Tuna et al. 2008). Eine normale Knochendichte in den messbaren peripheren Knochen kann eine Osteoporose der Wirbelsäule nicht ausschließen, bei pathologischen Werten in den Phalangen ist jedoch von einer schweren generalisierten Osteoporose auszugehen. Zur Therapieplanung ist die QUS dementsprechend nicht geeignet.

1.3.6.6 μCT

Die Knochendichtemessung allein lässt nur teilweise Rückschlüsse auf die Festigkeit des Knochens und damit einhergehend das Frakturrisiko zu, da sie nur die Makrostruktur des Knochens erfasst. Dagegen ermöglichen neue, hochauflösende Techniken wie die Mikro- Computertomographie die Bestimmung der Zahl der Trabekel sowie ihrer Verbindungen untereinander und erlauben somit eine genauere Beschreibung der dreidimensionalen Mikrostruktur des Knochens. Die μCT erreicht unter Verwendung einer im Vergleich zur konventionellen Computertomographie deutlich höheren Strahlendosis eine Auflösung von 10-100 μm, so dass die einzelnen Trabekel klar voneinander abgegrenzt werden können.

Bisher kann die μCT nur in der Bildgebung kleiner Knochen eingesetzt werden, so dass sie in der Untersuchung der Knochen kleiner Tiere und von Knochenstanzbiospien zum Einsatz kommt (Kalpakcioglu et al. 2008). Dabei konnten vergleichende Studien eine signifikante Korrelation (p < 0,0001) zwischen den Ergebnissen der histologischen Untersuchung und der μCT von Knochenbiopsien des menschlichen Beckenkamms belegen (Muller et al. 1998).

1.3.7 Therapie

Die Therapie der Osteoporose beinhaltet mehrere Ziele. Zum einen die Verbesserung der Biomechanik des Knochens und die Senkung des Frakturrisikos, zum anderen die Verbesserung der Lebensqualität durch Linderung von Beschwerden wie Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen. Dabei sind allgemeine Basis- und Prophylaxemaßnahmen von spezifischen medikamentösen Therapieansätzen abzugrenzen.

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Der Dachverband Osteologie veröffentlicht diesbezüglich Empfehlungen in seinen Leitlinien, welche alle drei Jahre aktualisiert werden. Die folgenden Abschnitte beziehen sich auf die aktuellen Leitlinien von 2009 (Pfeilschifter 2009).

1.3.7.1 Allgemeine Basis- und Prophylaxemaßnahmen

Unabhängig von diagnostischen Ergebnissen und einer gezielten medikamentösen Therapie werden für alle Risikopatienten Maßnahmen zur Prophylaxe von osteoporotischen Frakturen empfohlen.

Dazu gehört die konsequente körperliche Aktivität, welche bei älteren Patienten zu einer Senkung des Risikos für proximale Femurfrakturen führt. Patienten, welche aus Angst vor Sturzereignissen oder Frakturen in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, können Hilfe in ausgewiesenen Selbsthilfegruppen oder durch psychosoziale Betreuung finden. Generell sollten die in 1.3.5 aufgeführten Risikofaktoren eruiert und, sofern möglich, beseitigt werden.

Bei Patienten mit erhöhtem Sturzrisiko besteht die Möglichkeit, erstens im Rahmen einer Begehung der Wohnräume „Stolperfallen“ zu entfernen und zweitens durch Hüftprotektoren und andere Hilfsmittel das Risiko für Frakturen als Folge eines Sturzereignisses zu minimieren. Eine jährliche Sturzanamnese wir ab einem Alter von 70 Jahren empfohlen. Die Therapie mit Medikamenten, welche das Sturzrisiko erhöhen (Antidepressiva, orthostatisch wirkende Medikamente) oder die Entstehung einer Osteoporose begünstigen können (Kortikoide, Glitazone) bedarf der kritischen Hinterfragung.

Bei der Ernährung ist auf die ausreichende Zufuhr von Milchprodukten zu achten, um den täglichen Kalziumbedarf von 1000 mg zu decken. Kann die Ernährung dies nicht gewährleisten, sollte Kalzium supplementiert werden, dabei sollte die Gesamtmenge des zugeführten Kalziums 1500 mg jedoch nicht überschreiten. Gleiches gilt für Vitamin D bei einer Konzentration unter 20 ng 25-Hydroxy-Vitamin D pro ml Serum. Bei den meisten Patienten wird diese Grenze durch die langfristige Gabe von 1000 IE Vitamin D pro Tag überschritten, die Messungen unterliegen jedoch enormen Schwankungen und sind aufgrund der mangelnden Standardisierung derzeit nicht generell zu empfehlen. Bei einem Body Mass Index unter 20 kg/cm2 sollte die Ursache des Untergewichts abgeklärt und eine ausreichend kalorische Ernährung empfohlen werden.

Wegen des erhöhten Risikoprofils älterer Patienten und postmenopausaler Frauen sollte bei diesen besonderes Augenmerk auf die Präventionsmaßnahmen gelegt werden.

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1.3.7.2 Indikationen für die medikamentöse Therapie

Liegt das aufgrund vorliegender epidemiologischer Daten zu erwartende 10-Jahresrisiko für Wirbelkörper- und proximale Femurfrakturen über 30% und sind die T-Werte der DXA an mindestens einer dieser Lokalisationen vermindert, so wird unabhängig von Geschlecht und Lebensalter eine medikamentöse Therapie empfohlen. Dasselbe gilt für die Einnahme oraler Glukokortikoide, wie die tägliche Applikation von mehr als 7,5 mg Prednisolonäquivalent für mehr als drei Monate in Kombination mit einem DXA T-Wert kleiner gleich -1,5.

Der positive Effekt einer spezifischen medikamentösen Therapie, nämlich die Reduktion des Frakturrisikos um 30-40%, ist für DXA T-Werte < -2 belegt. Das entspricht einer „number needed to treat“ von 15, das heißt zur Verhütung einer osteoporotischen Fraktur müssen 15 Patienten behandelt werden. Die Messung der Knochendichte mittels DXA gibt somit nicht nur Auskunft über das Ausmaß der Osteoporose, sondern auch über die Erfolgssaussichten einer medikamentösen Therapie.

In Abhängigkeit von Alter und Geschlecht ist die verminderte Knochendichte auch ohne das Vorliegen anderer Risikofaktoren oder stattgehabter Frakturen bei Unterschreiten bestimmter T-Werte eine Therapieindikation (siehe Tabelle 2).

Tabelle 2: T-Werte als Therapieindikation in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht, modifiziert nach Pfeilschifter 2009

Lebensalter in Jahren T-Wert (DXA) LWS oder proximales Femur

♀ ♂

<50 <60 -4,0

50-60 60-70 -4,0

60-65 70-75 -3,5

65-70 75-80 -3,0

70-75 80-85 -2,5

>75 >85 -2,0

Bei Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren wie anamnestisch einer peripheren Fraktur nach Bagatelltrauma oder positiver Familienanamnese für proximale Femurfrakturen, Nikotinkonsum, Gangunsicherheit sowie Immobilität ist die Indikation zur Therapie früher zu stellen.

1.3.7.3 Medikamentöse Osteoporosetherapie

Die antiosteoporotischen Substanzen lassen sich anhand ihrer Wirkweise in zwei Gruppen unterteilen. Die antiresorptiven Substanzen reduzieren bei insgesamt positiver Knochenbilanz

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den Knochenumbau und die Knochenresorption im Rahmen des remodelling. Obwohl die positive Knochenbilanz überwiegt, hemmen die antiresorptiven Substanzen indirekt auch den Knochenanbau. Die signifikante Reduktion des Frakturrisikos ist selten höher als 50-60% im Vergleich zur Kontrollgruppe. Zu ihnen gehören unter anderem die Bisphosphonate, das Raloxifen, Kalzitonin, Kalzium, Vitamin D, und Östrogen. Die osteoanabolen Substanzen stimulieren den Knochenumbau, indem sie Osteoblasten und Stromazellen aktivieren, wobei letztere wiederum über Zytokine die Osteoblasten stimulieren. Durch die starke Aktivierung der Osteoblasten nimmt die Knochenmasse konsequent zu, was mit einer Reduktion des Frakturrisikos bei zunehmender Knochenfestigkeit verbunden ist. Als Beispiele sind Parathormon, Fluoride und Strontium zu nennen, wobei Fluoride nur zu einer Zunahme der Knochenmasse führen, der neu gebildete Knochen ist jedoch nicht ausreichend stabil gegenüber mechanischer Belastung (Bartl 2008). In neueren Forschungsprojekten wurde auch für Östrogen eine osteoanabole Wirkung beobachtet, so verglichen Stürmer et al. die Frakturheilung in der osteoporotischen Tibia der Ratte mit der bei gesunden Versuchstieren.

Dabei wurde beobachtet, dass der Heilungsprozess im osteoporotischen Knochen unter dem Einfluss von Östrogen nahezu auf das Niveau des gesunden Knochens verbessert werden konnte (Stuermer et al. 2010).

1.3.7.3.1 Hormonersatztherapie

Der postmenopausale Östrogenmangel ist der entscheidende Faktor für die Entstehung einer Osteoporose bei Frauen. Schon einige Jahre vor der Menopause verursacht das Absinken des Östrogenspiegels einen kontinuierlichen Verlust an Knochenmasse. Ohne Hormonersatztherapie (hormone replacement therapy, HRT) verlieren Frauen nach der Menopause jährlich bis zu 4% ihrer Knochenmasse.

Nachdem der Zusammenhang zwischen Sexualhormonen und der Synthese von Zytokinen und Wachstumsfaktoren im Knochengewebe bekannt wurde, konzipierte man die Studien der

„Women’s Health Initiative“ (WHI) (Rossouw et al. 2002) und die britische „Million Women Study“ (Beral 2003).

Zwischen 1993 und 1998 untersuchte die WHI randomisiert die Wirkung von Östrogen, der Kombination von Östrogen und Progesteron sowie von Placebos an 161.809 postmenopausalen Frauen mit intaktem Uterus. Die 2002 publizierten Ergebnisse zeigten, dass beide HRT-Kollektive signifikant weniger Frakturen erlitten hatten. Gleichzeitig war das relative Risiko des Östrogen-Progesteron-Kollektivs für Mammakarzinome, Lungenembolie, Apoplex und koronare Herzkrankheit so drastisch erhöht, dass dies zu einem vorzeitigen Abbruch der Studie nach 5,2 Jahren (anstelle von geplanten 8,5 Jahren) führte (Rossouw et al.

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2002). Die Applikation von Östrogen ohne Progesteron erhöhte in diesem Kollektiv das Risiko für das Auftreten eines Apoplex, so dass auch hier die Studie nach 6,8 Jahren vorzeitig abgebrochen wurde (Anderson et al. 2004).

Im August 2003 erschienen die ersten Ergebnisse der „Million Women Study“, im Rahmen derer 1.084.110 Frauen zwischen 50 und 64 Jahren in den Jahren 1996 bis 2001 zur HRT befragt worden waren. Von den befragten Frauen nahmen ungefähr die Hälfte zum Zeitpunkt der Befragung oder zuvor Hormone ein. Analog zu den Ergebnissen der WHI fand auch die

„Million Women Study“ ein erhöhtes relatives Risiko an einem Mammakarzinom zu erkranken oder zu versterben für Frauen, die zum Zeitpunkt der Befragung Hormone einnahmen, wobei das Risiko bei der Kombination von Östrogen und Progesteron am höchsten war (Beral 2003).

Aufgrund dieser Erkenntnisse wird die Östrogentherapie nur noch in Ausnahmefällen zur Behandlung klimakterischer Beschwerden und der Osteoporose postmenopausaler Frauen empfohlen. Die Entscheidung für eine HRT sollte gegebenenfalls im Dialog mit dem Gynäkologen getroffen werden.

1.3.7.3.2 Östrogen-Rezeptor-Agonisten/Antagonisten

Die Östrogen-Rezeptor-Agonisten/Antagonisten (Selective Estrogen Receptor Modulators, SERMs) sind selbst keine Steroidhormone, können aber an die Östrogenrezeptoren ERα und ERβ binden und in verschiedenen Geweben analog zum Östrogen wirken. Für das Knochengewebe ist Raloxifen das am ausführlichsten untersuchte SERM, es wirkt als Östrogenagonist am Knochen, hat aber keinen Effekt auf Mamma und Uterus. Eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Phase-III-Studie mit 7705 postmenopausalen Osteoporosepatientinnen (Multiple Outcomes of Raloxifene Evaluation, MORE) konnte den positiven Effekt von Raloxifen nachweisen. Dabei wurde den Probandinnen täglich 60 mg Raloxifen verabreicht, was zu einer erhöhten Knochendichte in proximalem Femur und Wirbelsäule und einem fast um die Hälfte verminderten Frakturrisiko für Wirbelkörper im Vergleich zur Placebo-Gruppe führte. Extravertebrale Frakturen wurden nicht signifikant beeinflusst, jedoch sank gleichzeitig das Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken, um 54-74% (Ettinger et al. 1999).

1.3.7.3.3 Bisphosphonate

Mit der Entdeckung der Bisphosphonate und deren Wirkung auf den Knochen wurde vor 30 Jahren die Behandlung von Knochenkrankheiten revolutioniert. Die Bisphosphonate werden auf der Knochenoberfläche angereichert und hemmen die Osteoklasten, während inaktive

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Osteoblasten reaktiviert werden. Demzufolge wird der Knochenabbau gehemmt und die Knochenbilanz wird positiv. Sie gehören somit zur Gruppe der antiresorptiven Substanzen.

Die Bisphosphonate werden in stickstoffhaltige und nicht-stickstoffhaltige Substanzen eingeteilt, wobei erstere die potenteren zur Behandlung aller Formen der Osteoporose sind.

Die Wirksamkeit des Aminobisphosphonats Alendronat wurde in verschiedenen klinischen Studien an über 17.000 Patienten belegt, eine davon ist die „Fracture Intervention Trial“- Studie (FIT) bzw. die „Fracture Intervention Trial Long-term Extension“ (FLEX). Hier wurde einem Kollektiv von 6459 postmenopausalen Frauen zwischen 55 und 81 Jahren entweder Alendronat oder ein Placebo verabreicht. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Osteoporosepatientinnen, welche im Rahmen der Studie über drei bis vier Jahre täglich Alendronat eingenommen hatten, ein geringeres relatives Risiko hatten, eine Fraktur der Wirbelsäule, der Hüfte oder des Handgelenks zu erleiden (Black et al. 2000).

Bei den Studienteilnehmerinnen, die nach fünf Jahren die Einnahme von Alendronat beendeten, fand sich zwar eine leicht verminderte BMD (Bone Mineral Density, Knochendichte), jedoch kein erhöhtes Frakturrisiko im Vergleich zu dem Kollektiv, welches die Alendronateinnahme für weiter fünf Jahre fortsetzte (Black et al. 2006). Die Verträglichkeit von Alendronat ist sehr gut, das Auftreten von unerwünschten Arzneimittelwirkungen unterschied sich von der Placebogruppe nicht.

Risedronat ist ein weiteres Bisphosphonat, dessen Wirksamkeit in großen internationalen Studien getestet worden ist. So untersuchte die VERT-Gruppe (Vertebral Efficacy with Risedronate Therapy) die Wirkung von Risedronat in einer randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten Studie an 2458 postmenopausalen Patientinnen unter 85 Jahren. Die tägliche Einnahme von 5 mg Risedronat in den drei Jahren der Studie senkte dabei das Auftreten neuer Wirbelfrakturen um 41% (Harris et al. 1999). Eine weitere Studie zeigte, dass Risedronat schon innerhalb von sechs Monaten das Risiko für Wirbelfrakturen bei postmenopausalen Frauen signifikant senken kann (Roux et al. 2004).

1.3.7.3.4 Strontium-Ranelat

Das Strontium-Ranelat ist eine vergleichsweise neue Substanz zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose. Es handelt sich dabei um ein knochenaffines Element aus der Gruppe der Erdalkalimetalle, das sich chemisch ähnlich verhält wie Kalzium. Seit 2004 ist es auf dem deutschen Markt als osteoanabole und gleichzeitig antiresorptive Substanz zugelassen. Das Strontium-Ranelat steigert die Differenzierung von Präosteoblasten und die Kollagensynthese in Osteoblasten, während es gleichzeitig durch Hemmung von Osteoklasten und deren Vorläuferzellen antiresorptiv wirkt (Reginster et al. 2005).

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Die SOTI-Studie (Spinal Osteoporosis Therpeutic Intervention) untersuchte die Effekte von Strontium-Ranelat an 1649 postmenopausalen Osteoporosepatientinnen, die über einen Zeitraum von drei Jahren täglich entweder ein Placebo oder 2g Strontium-Ranelat einnahmen.

In der Placebo-Gruppe traten im Verlauf der Studie deutlich mehr Wirbelkörperfrakturen auf, außerdem stieg die Knochendichte nach Einnahmen von Strontium-Ranelat innerhalb der drei Jahre um 8,3% am Schenkelhals und um 14,4% an der LWS (Meunier et al. 2004).

Im Rahmen der TROPOS-Studie (Treatment of Peripheral Osteoporosis) wurden 5091 postmenopausale Osteoporosepatientinnen untersucht, welche über einen Zeitraum von 5 Jahren randomisiert täglich entweder 2g Strontium-Ranelat oder ein Placebo erhielten. Bei den 2714 Patientinnen, welche die Studie nicht vorzeitig abbrachen, war in der Strontium- Ranelat-Gruppe das Risiko für nicht-vertebrale Frakturen im Vergleich zur Placebo-Gruppe um 15% reduziert (Reginster et al. 2008).

1.3.7.3.5 Parathormon

Parathormon (PTH) wird in der Nebenschilddrüse synthetisiert und bei Absinken des extrazellulären Kalziums in das Blut freigesetzt, um dort die Konzentration von Kalzium zu erhöhen und die von Phosphat zu senken. Dies geschieht, indem vermehrt Kalzium aus dem Knochen freigesetzt und in der Niere rückresorbiert wird, bei gleichzeitig vermehrter Synthese von Calcitriol. Nur bei pulsatiler Applikation einmal täglich wirkt PTH osteoanabol, wird es kontinuierlich verabreicht, führt es zur Osteolyse (Canalis et al. 2007; Gao et al.

2008).

Eine Studie mit 1637 postmenopausalen Osteoporosepatientinnen konnte die Reduktion der Frakturrate unter pulsatiler Applikation des rekombinanten humanen Parathormonfragments 1-34 (Teriparatid, rhPTH 1-34) zeigen. Dabei wurden die Patientinnen randomisiert in eine Placebo-Gruppe und zwei Gruppen eingeteilt, welche jeweils entweder 20 oder 40 μg rhPTH1-34 täglich sub cutem erhielten. Die Zahl neuer Wirbelkörperfrakturen sank unter der Therapie in 21 Monaten um 65%, die Knochendichte stieg um 9% an der LWS und um 3%

am Schenkelhals (Neer et al. 2001). Bei vergleichsweise geringer Zunahme der Knochendichte nehmen unter PTH auch die periostale Knochenneubildung, das kortikale Volumen und die Querschnittsfläche der langen Röhrenknochen zu. Somit steigt die biomechanische Stabilität des Knochens (Bartl 2008).

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1.4 Vibration

Eine entscheidende Ursache für die Entstehung der Osteoporose ist die Immobilisation, das Risiko für das Auftreten einer osteoporotischen Fraktur wird dabei von drei Faktoren beeinflusst: mechanische Stabilität des Knochens, Sturzneigung und die Effektivität der neuromuskulären Reaktion, welche den Knochen schützt. Körperliche Aktivität kann das Frakturrisiko senken, indem sie nicht nur dem Verlust von Knochenmasse entgegenwirkt, sondern durch besseren Gleichgewichtssinn und verbessertes Reaktionsvermögen auch die Sturzneigung, und im Falle eines Sturzes die Konsequenzen dessen für den Knochen, vermindert (Smith und Gilligan 1991).

Julius Wolff beschrieb erstmals die Anpassung des Knochengewebes an mechanischen Stress durch strukturellen Umbau (Wolff 1892). Der US-amerikanische Orthopäde und Chirurg Harold Frost entwickelte Wolffs Theorien weiter und verfasste 1960 die Utah Paradigm of Skeletal Physiology. Darin beschreibt er einen Regelkreis der stetigen Anpassung des Knochens an die auf ihn wirkenden Kräfte, genannt Mechanostat. Die maximale elastische Verformbarkeit des Knochens und die auf ihn einwirkenden Maximalkräfte stellen darin die ursächlichen Reize für Knochenwachstum und –umbau dar. Der Knochen adaptiert konsequent an die an ihn gestellten biomechanischen Ansprüche, um eine maximale Festigkeit zu erreichen (Frost 2000).

Das Maß für die Verformung des Knochens ist Strain, 1000 µStrain entsprechen einer Längenänderung von 0,1%. Die auf den Knochen einwirkenden Kräfte werden dabei in vier Intensitäten eingeteilt1:

 Disuse: < 800 µStrain, Remodeling, negative Knochenbilanz

 Adapted State: 800 bis 1500 µStrain, Remodeling, konstante Knochenbilanz

 Overload: > 1500 µStrain, Modeling, positive Knochenbilanz

 Fracture: > 15000 µStrain, Belastungsgrenze, Knochen bricht.

Demnach hat der Knochen einen Sicherheitsabstand zwischen typischerweise einwirkenden Maximalkräften und den Belastungen, denen er nicht mehr standhalten kann und die zur Fraktur führen (Frost 1960).

Da den meisten der Patienten mit Osteoporose ausreichende körperliche Aktivität nicht möglich ist, wurde als Weiterführung dieser Erkenntnis das Konzept der mechanischen Stimulation entwickelt. Das Vibrationstraining (Whole-Body Vibration, WBV) war

1 Die angegebenen Grenzwerte beziehen sich hier auf das Beispiel der Tibia, verschiedene Knochen können entsprechend verschiedene Schwellenwerte aufweisen

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ursprünglich für die Behandlung von Muskelatrophie und Verlust von Knochenmasse bei russischen Kosmonauten entworfen worden. Der Patient steht dabei auf einer Plattform, welche mit unterschiedlichen Frequenzen vibriert. Die Vibration löst in der Muskulatur monosynaptisch propriozeptive Eigenreflexe aus, welche über anulospirale Dehnungsrezeptoren in der Muskelspindel vermittelt werden. Die Dehnung des Muskels aktiviert diese Rezeptoren, über Ia-Fasern werden Impulse zu den Alphamotoneuronen geleitet und die reflektorische Verkürzung des Muskels bewirkt (Delank und Gehlen 2006).

Bei geeigneter Anwendung kann die WBV einem Verlust von Knochenmasse entgegenwirken, indem die einwirkenden Kräfte zu einer leichten elastischen Verformung des Knochens führen und Remodeling und Knochenwachstum induzieren (Armbrecht et al. 2009;

Rittweger et al. 2009). Die stärkste auf den Knochen einwirkende Kraft ist nicht die des Körpergewichts, sondern die der Muskulatur (Burr 1997).

Eine randomisierte Studie an 70 postmenopausalen Frauen zwischen 58 und 74 Jahren konnte zeigen, dass das Vibrationstraining mit 35-40 Hertz im Gegensatz zur Kontrollgruppe zu einer signifikanten Zunahme der Knochendichte im Bereich des proximalen Femurs führte (Verschueren et al. 2004). Xie et al. untersuchten die Effekte auf die Knochenbildung im wachsenden Skelett. Zu diesem Zweck wurden acht Wochen alte Mäuse für drei Wochen täglich 15 Minuten mit 45 Hertz vibriert. Die anschließenden Untersuchungen des Knochengewebes ergaben eine um über 30% reduzierte Aktivität von Osteoklasten im Vergleich zur Kontrollgruppe bei gleichzeitig um 30% erhöhter Knochenbildungsrate (Xie et al. 2006). Weiter untersuchten Xie et al. die Auswirkungen auf das muskuloskelettale System, indem sie ausgewachsene Mäuse über einen Zeitraum von sechs Wochen täglich 15 Minuten mit einer Frequenz von 45 Hertz vibrierten. Nach Ablauf des Versuches war die strukturelle Knochenqualität der WBV-Tiere im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verbessert und das trabekuläre Knochenvolumen der Tibiae um 14% höher (Xie et al. 2008).

Die Empfänglichkeit des Knochens gegenüber der mechanischen Stimulation scheint durch Östrogen beeinflusst. Eine Untersuchung mittels peripherer quantitativer Computertomographie von ovariektomierten Ratten im Vergleich mit einer nicht ovarektomierten Kontrollgruppe kam zu dem Ergebnis, dass die WBV bei der Kontrollgruppe keinen Effekt zeigte, während sie bei den ovariektomierten Tieren signifikant osteoanabol wirkte. Dabei verstärkte sich dieser Effekt mit steigender Vibrationsamplitude. Die Tiere waren über einen Zeitraum von acht Wochen jeweils fünf Tage pro Woche für 20 Minuten der WBV unterzogen worden (Rubinacci et al. 2008).

(32)

In einer weiteren Studie, welche ebenfalls den Einfluss von mechanischer Stimulation auf den Knochen gesunder und ovariektomierter Ratten untersuchte, erhöhte die vertikale WBV mit einer Frequenz von 90 Hz über einen Zeitraum von 35 Tagen in allen Gruppen die Knochendichte. Dabei zeigten die ovariektomierten WBV-Ratten am Ende ähnliche Werte für die Knochendichte, wie die nicht mechanisch stimulierte und nicht ovariektomierte Kontrollgruppe (Sehmisch et al. 2009a). In einem weiteren Tierversuch an den osteotomierten Tibiae von Schafen bildete sich durch die mechanische Stimulation mit einer Frequenz von 30 Hz bei einer Amplitude von 25 m, 17 Minuten an fünf Tagen der Woche, nach Ablauf der zehnwöchigen Studie 29% mehr und stabilerer Callus im Vergleich zur nicht stimulierten Kontrollgruppe, gleichzeitig erhöhte sich der Mineralgehalt des Knochens um 52% (Goodship et al. 2009).

Die veröffentlichten Daten legen nahe, dass die mechanische Stimulation durch WBV eine nicht-pharmakologische und nicht-invasive Therapieoption bei Osteoporose sein könnte.

Dabei ist noch nicht ausreichend erforscht, welche Frequenzen, Stimulationszeiträume, Vibratiosrichtung und Amplituden optimale Ergebnisse herbeiführen, durch welche Faktoren sie beeinflusst werden und wie sich diese an verschiedenen Körperregionen möglicherweise unterscheiden (Judex et al. 2009).

Neben den Effekten des Vibrationstrainings auf den Knochen wurde auch solche auf die Muskelkraft und –stärke beobachtet, welche unter anderem als Therapieoption bei Inkontinenz in Betracht gezogen werden (Lauper et al. 2009).

(33)

2 Material und Methoden

2.1 Versuchsablauf

Zu Beginn des Versuches wurden 90 Ratten in sechs Gruppen eingeteilt, von denen eine Gruppe SHAM-operiert und die fünf anderen ovariektomiert wurden, um anschließend eine Osteoporose zu entwickeln (siehe Tabelle 3: Aufteilung der Tiere und Käfige). Bei diesem Eingriff starben zwei der Tiere, so dass ab diesem Zeitpunkt das Gesamtkollektiv nur noch aus 88 Ratten bestand. Acht Wochen später folgte, für eine andere Untersuchung, mit der Osteotomie und Osteosynthese der metyphysären Tibiae die zweite Operation. 65 Tage nach SHAM- oder OVX-OP wurde mit der mechanischen Stimulation durch WBV begonnen, wobei die Tiere täglich 15 Minuten mit der ihrer Gruppe zugeordneten Frequenz vibriert wurden. Um nach Abschluss des Versuches Rückschlüsse auf den Knochenumbau beziehungsweise die Aktivität der Knochenzellen während der WBV ziehen zu können, wurde in Anlehnung an Rahn eine polychrome Sequenzmarkierung durchgeführt (Rahn 1976). Die Tiere erhielten am 8. Tag nach Beginn der WBV 90 mg/kg KG Xylenol-Orange (XO), am 13. Tag 10 mg/kgKG Calcein-Grün (CG), am 19. sowie am 21. Tag 30 mg/kg KG Alizarin-Komplexon (AK) und am 30. Tag 30 mg/kg KG Tetracyclin (TC). Nach 30 Tagen WBV wurden die Tiere durch Dekapitation getötet.

Tabelle 3: Aufteilung der Tiere und Käfige

Tiernummer Käfige Behandlung

1-15 1-3 SHAM

16- 30 4-6 OVX

31-45 7-9 OVX + WBV 35 Hz

46-59 10-12 OVX + WBV 50 Hz

60-73 13-15 OVX + WBV 70 Hz

74-88 16-18 OVX + WBV 90 Hz

Referenzen

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