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Interventionsstudie Prüfungsangst

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Academic year: 2022

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Interventionsstudie Prüfungsangst

«Prüfungsmut tut gut!» - Ein Konzept für die Praxis

Bachelorarbeit

Im Rahmen der Ausbildung 2017-20 im Studienbereich Erziehungswissenschaften

von Jessica Hasler

Breite 33 9450 Altstätten

17. Januar 2020

Begleitung und Begutachtung: Dr. phil. Sonja Büchel

(2)

Abstract

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine Interventionsstudie mit dem Thema

Prüfungsangst. Das Ziel der Arbeit besteht darin, Prüfungsangst mittels Fragebogen zu erheben und Prüfungsangst durch eine Intervention, das Konzept «Prüfungsmut tut gut!», zu reduzieren.

Um Prüfungsangst zu ermitteln, wurde ein Fragebogen erstellt, welcher auf den vier Ebenen der Symptome von Angst basiert (emotionale Ebene, physiologische Ebene, kognitive Ebene, Verhaltensebene). Der Fragebogen wurde von insgesamt vier sechsten Klassen (n = 78) zum Zeitpunkt t1 und t2 ausgefüllt. Dabei bildeten zwei Klassen die Kontrollgruppe und zwei Klassen die Experimentalgruppe. Mit der Experimentalgruppe wurde das Konzept «Prüfungsmut tut gut!»

durchgeführt. Dieses Konzept wurde von der Autorin zusammengestellt und basiert auf dem triadischen Modell gegen Prüfungsangst (Walther, 2012). Die Intervention behandelt Prüfungsangst auf der emotional-affektiven Ebene (Entspannung), der kognitiven Ebene (positive Gedanken) und der Verhaltensebene (Lerntechniken). Die Ergebnisse zeigen, dass die Intervention auf allen Ebenen zu einer Reduktion der Prüfungsangst geführt hat. Die Ergebnisse unterscheiden sich zwischen den Zeitpunkt t1 und t2 jedoch nur auf der emotionalen und der physiologischen Ebene signifikant voneinander.

Insgesamt konnte festgestellt werden, dass bei der Experimentalgruppe nach der Intervention ein signifikanter Unterschied bezüglich der Prüfungsangst vorhanden war. Das heisst, dass die

Prüfungsangst durch das Konzept «Prüfungsmut tut gut!» gelindert werden konnte.

Keywords: Prüfungsangst, «Prüfungsmut tut gut!», emotionale Ebene, physiologische Ebene, kognitive Eben, Verhaltensebene, positive Gedanken, Lerntechniken, Entspannungstechniken Quelle: Hasler Jessica (2020). Interventionsstudie Prüfungsangst. «Prüfungsmut tut gut!» - Ein Konzept für die Praxis. PHSG: Rorschach.

Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative CommonsNamensnennung 4.0 (International) Lizenz

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Vorwort

In meinen bisherigen Praktika habe ich erlebt, dass einige Schülerinnen und Schüler mit einem ängstlichen, unsicheren Blick und zitternden Händen vor einer Prüfung sitzen.

Auch mir ging es während meiner Primarschulzeit ähnlich. Obwohl meine Eltern keinen Druck auf mich ausübten, wäre es für mich zu dieser Zeit äusserst schlimm gewesen, eine schlechte Note zu erhalten. Ich wollte einfach nicht versagen. Irgendwann im Verlauf der Schulzeit hat sich meine Einstellung gegenüber Noten geändert und ich kann heute entspannter an Prüfungen gehen. Wie es dazu kam, ist mir bis heute nicht ganz klar.

Ich bin froh, dass ich meine Prüfungsangst ablegen konnte. Bei meinem Bruder ist dies jedoch nicht der Fall. Meiner Meinung nach, leidet er heute noch unter Prüfungsangst, was in der Berufsschule dazu führt, dass er sein Können/sein Wissen nie wirklich zeigen kann.

Als angehende Lehrperson ist für mich von besonderer Bedeutung, dass bereits Primarschülerinnen und Primarschüler eine «positive Beziehung» zu Prüfungen aufbauen und somit keine Angst davor haben. Dies scheint mir wichtig, da sie im Laufe ihres Lebens immer wieder vor Prüfungssituationen stehen werden (in weiterführenden Schulen, in der Lehre, im Beruf).

All diese Gründe bewegten mich dazu, das Thema Prüfungsangst für meine Bachelorarbeit zu wählen.

Dank

Ein herzlicher Dank geht an Dario Graber und Isabel Hobi, welche mir Zeit zur Verfügung gestellt haben, um das Konzept «Prüfungsmut tut gut!» mit ihren Schülerinnen und Schülern durchzuführen.

Zudem möchte ich mich bei Doris Popp, Esther Leimbacher und Samira Tüxsen bedanken, welche mir ihre Klassen als Kontrollgruppe zur Verfügung gestellt haben.

Natürlich möchte ich mich auch bei allen Schülerinnen und Schülern bedanken, die Teil der Kontroll- bzw. der Experimentalgruppe waren.

Ein weiterer herzlicher Dank geht an Hanna Hutter, welche die Arbeit gelesen und korrigiert hat.

Ein grosser Dank geht an meine Betreuungsperson Sonja Büchel, welche mich während der ganzen Arbeit unterstützte.

(4)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

1.1 Ausgangssituation ... 1

1.2 Ziel und Aufbau ... 1

2 Theorieteil ... 2

2.1 Definition Prüfungsangst ... 2

2.2 Häufigkeit ... 3

2.3 Ursachen und Symptome ... 4

2.3.1 Ursachen von Prüfungsangst ... 4

2.3.2 Auswirkungen ... 5

Emotionale Ebene ... 5

Physiologische Ebene ... 5

Verhaltensebene ... 5

Kognitive Ebene ... 6

2.3.3 Zusammenhänge zwischen Ursachen, Prüfungsangst und Leistung ... 6

2.4 Prüfungsangstreduktion ... 7

2.4.1 Strategien zur Prüfungsangstverarbeitung ... 7

2.4.2 Befunde zur Prüfungsangstreduktion ... 7

2.5 Interventionsmassnahmen – Das triadische Modell gegen Prüfungsangst ... 8

2.5.1 Emotional-affektive Ebene - Entspannung ... 9

2.5.2 Verhaltensebene – Lerntechniken ... 14

2.5.3 Kognitive Ebene – Positive Gedanken ... 21

3 Fragestellung ... 24

3.1 Hypothesen ... 25

4 Methodischer Teil ... 27

4.1 Untersuchungsdesign ... 27

4.2 Stichprobe ... 28

4.3 Erhebungsinstrumente ... 28

4.3.1 Fragebogen ... 28

4.3.2 Intervention – Konzept «Prüfungsmut tut gut» ... 29

Emotional-affektive Ebene - Entspannung ... 33

Verhaltensebene - Lerntechniken ... 36

Kognitive Ebene - Positive Gedanken ... 40

Weiterführung des Konzepts ... 43

4.4 Analyseverfahren ... 44

5 Ergebnisse ... 45

5.1 Reduktion der Prüfungsangst total ... 46

(5)

5.1.1 Unabhängige t-Tests ... 47

5.1.2 Abhängige t-Tests ... 47

5.1.3 Vergleich Geschlechter ... 48

5.2 Reduktion der Prüfungsangst auf den Ebenen ... 49

5.2.1 Unabhängige t-Tests ... 50

5.2.2 Abhängige t-Tests ... 52

5.3 Verinnerlichung der Inhalte des Konzepts ... 54

5.3.1 Emotional-affektive Ebene - Tipps für Janis: ... 55

5.3.2 Verhaltensebene - Tipps für Amelie ... 57

5.3.3 Kognitive Ebene - Tipps für Tim ... 59

5.4 Weiterführung des Konzepts ... 60

6 Diskussion ... 61

6.1 Beantwortung der Fragestellungen ... 61

6.1.1 Reduktion der Prüfungsangst total ... 61

6.1.2 Reduktion der Prüfungsangst auf der emotional-affektiven Ebene... 61

6.1.3 Reduktion der Prüfungsangst auf der Verhaltensebene ... 61

6.1.4 Reduktion der Prüfungsangst auf der kognitiven Ebene ... 62

6.1.5 Verknüpfung der Ebenen ... 62

6.1.6 Verinnerlichung des Konzepts ... 63

6.1.7 Geschlechterspezifische Unterschiede ... 64

6.2 Methodenkritische Diskussion ... 65

6.2.1 Fragebogen ... 65

6.2.2 Experimental- und Kontrollgruppe ... 65

6.2.3 Durchführung des Konzepts ... 66

6.3 Ausblick... 67

6.4 Fazit ... 68

Literaturverzeichnis ... 69

Abbildungsverzeichnis ... 71

Tabellenverzeichnis ... 71

Eidesstattliche Erklärung ... 73

Anhang A: Fragebogen ... 74

Anhang B: Skalendokumentation ... 76

(6)

1 Einleitung

1.1 Ausgangssituation

Während der ganzen Schullaufbahn müssen Leistungen erbracht werden. Der Druck bessere Noten zu schreiben und die Sorge schlechte Noten zu erhalten, sind zwei der meist genannten Stressquellen von Kindern und Jugendlichen im Schulalter. In der PISA Studie von 2015 wurde gezeigt, dass 33.5%

der Schülerinnen und Schüler aus der Schweiz trotz guter Vorbereitung sehr nervös vor einem Test sind (OECD, 2017, S.10).

Prüfungsangst ist ein ernst zu nehmendes Thema, da diese Angst zahlreiche Folgen nach sich zieht. In Studien wurden beispielsweise bereits Zusammenhänge zwischen Prüfungsangst und dem

Selbstvertrauen sowie den schulspezifischen Fertigkeiten nachgewiesen (Hank, Pohl & Krampfen, 2009; Pixner & Kaufmann, 2013). Die Folgen von Prüfungsangst können also unter anderem Auswirkungen auf den Selbstwert und auf die Leistung (Noten) haben.

Eine Lehrperson sollte in der Lage sein, Prüfungsangst bei Kindern zu erkennen. Zudem sollte das Thema Prüfungsangst behandelt werden, sodass möglichst wenige Schülerinnen und Schüler darunter leiden.

Wie kann Prüfungsangst ermittelt werden? Wie kann Prüfungsangst reduziert werden? Diese Fragen sollen unter anderem im Rahmen dieser Arbeit beantwortet werden.

Um den Umfang dieser Arbeit nicht zu sprengen, musste das Thema eingegrenzt werden. Im folgenden Unterkapitel 1.2 wird das Ziel und der Aufbau (die Inhalte) dieser Arbeit aufgezeigt.

1.2 Ziel und Aufbau

Das Ziel dieser Arbeit ist es, durch eine Interventionsstudie, Prüfungsangst bei Schülerinnen und Schülern einer sechsten Klasse mittels Fragebogen zu ermitteln und durch eine Intervention zu reduzieren.

Um das Ziel zu erreichen, wurde in einem ersten Schritt zum Thema Prüfungsangst recherchiert und die für diese Arbeit relevanten Informationen im Theorieteil festgehalten.

Im Kapitel 2.1 wird der Begriff «Prüfungsangst» definiert und im Kapitel 2.2 die Häufigkeit von Prüfungsangst aufgezeigt. Im Kapitel 2.3 geht es um die Ursachen und die Auswirkungen von Prüfungsangst.

Im Anschluss geht es im Kapitel 2.4 darum, welche Strategien und Interventionen es gibt, um besser mit Prüfungsangst umzugehen und sie zu reduzieren. Zudem werden die Befunde zur

Prüfungsangstreduktion von zwei Metaanalysen aufgezeigt.

Im Kapitel 2.5 wird eine konkrete Interventionsmassnahme anhand des triadischen Modells gegen Prüfungsangst vorgestellt.

Aufgrund des im Theorieteil erworbenen Wissens, werden im Kapitel 3 die Fragestellungen und Hypothesen formuliert. Zudem wird ein Fragebogen zur Prüfungsangstermittlung und eine Intervention zur Prüfungsangstreduktion erstellt und anschliessend durchgeführt.

Im methodischen Teil dieser Arbeit (Kapitel 4) werden das Untersuchungsdesign, die Stichprobe, die Erhebungsinstrumente (Fragebogen und Intervention) und das Auswertungsverfahren beschrieben.

Nach der Durchführung der Intervention können in einem nächsten Schritt die Ergebnisse, die aus dem Fragebogen resultieren, aufgezeigt werden (siehe Kapitel 5).

Im Kapitel 6, der Diskussion, werden die Fragestellungen beantwortet. Zudem wird die ganze Arbeit kritisch reflektiert und ein Ausblick für die Forschung gemacht.

Im Anhang dieser Arbeit sind der Fragebogen und die Skalendokumentation zu finden. Die für das Konzept «Prüfungsmut tut gut!» benötigten Materialien und Unterrichtsplanungen, befinden sich in einem separaten Dossier (Konzept: «Prüfungsmut tut gut!»).

(7)

2 Theorieteil

Im Theorieteil wird der Begriff «Prüfungsangst» definiert. In den darauf folgenden Kapiteln werden die Ursachen und die Symptome von Prüfungsangst dargelegt. In einem nächsten Teil geht es um die Prüfungsangstreduktion, in welchem Befunde aus der Forschung vorgestellt werden. Aufgrund dieser Befunde wird das triadische Modell gegen Prüfungsangst aufgezeigt. Dieses Modell gegen

Prüfungsangst stellt eine Interventionsmassnahme auf drei Ebenen (emotional-affektive Ebene, Verhaltensebene, kognitive Ebene) dar. Für jede Ebene werden Interventionsmöglichkeiten beschrieben.

2.1 Definition Prüfungsangst

In der wissenschaftlichen Literatur liegt keine allgemein akzeptierte, verbindliche Definition von Prüfungsangst vor, da Prüfungsängste gemäss der Weltgesundheitsorganisation (Dilling &

Freyberger, 2006, o.S. zit. in Fehm & Fydrich, 2011, S.5) und nach den Kriterien der wichtigsten Klassifikationssysteme für psychologische Störungen DSM-IV1 (Sass, Wittchen, Zaubig & Houben, 2003, o.S. zit. in ebd.) nicht explizit zu den Störungen mit Krankheitswert gehören. Der Begriff Prüfungsangst wird nicht einheitlich verwendet. In der Literatur werden häufig die Begriffe Leistungsangst (z.B. Walther, 2012) oder Testangst, welcher vom englischen Begriff (test anxiety) abgeleitet wird, verwendet (Fehm & Fydrich, 2011, S. 5).

In dieser Arbeit wird durchgängig der Begriff Prüfungsangst verwendet.

Autoren setzten bei ihren Definitionen von Prüfungsangst unterschiedliche Schwerpunkte.

Schwarzer (2000, o.S. zit. in Fehm & Fydrich, 2011, S.6.) und Küpfer (1997, o.S. zit. in ebd.) betont die individuelle Beurteilung der Leistungsanforderung durch eine Prüfung. Die Definitionen besagen, dass Prüfungsangst aufgrund der Leistungsanforderung entsteht. Diese Leistungssituation wird von der prüfungsängstlichen Person als Bedrohung für den Selbstwert wahrgenommen.

In der Definition von Hong (1998, o.S. zit. in ebd.) stehen die erlernten Verhaltensweisen, Emotionen, physiologischen Reaktionen und Kognitionen im Mittelpunkt. Er beschreibt Prüfungsangst als ein multidimensionales Konstrukt, welches kognitive, affektive, physiologische Komponenten und eine Verhaltenskomponente umfasst.

Walther (2012, S. 16 – 17) beschreibt Prüfungsangst als Zustand, unter welchem es unmöglich erscheint, Leistungen zu zeigen bzw. zu erbringen. Die persönlichen Bedenken führen dazu, dass das Gelernte bei der Prüfung nicht abgerufen werden kann. Zudem führen laut Walther (ebd.) fehlende Lerntechniken und Verspannungen, welche durch den Angstzustand entstehen, bereits vor der Prüfung zu Ängsten.

In Anlehnung an die oben aufgeführten Definitionen (Hong, 1998; Walther, 2012) werden die wichtigen Aspekte für die vorliegende Arbeit herausgearbeitet und Prüfungsangst folgendermassen definiert:

1 Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders

Prüfungsangst ist ein multidimensionales Konstrukt, welches eine emotionale Komponente, eine physiologische Komponente, eine kognitive Komponente und eine Verhaltenskomponente beinhaltet.

Die Angst kann sich bereits während der Vorbereitungszeit auf die Prüfung und/oder während einer Prüfung äussern. Dies kann die Prüfungsvorbereitung behindern und bei der Prüfung dazu führen,

dass das Leistungspotential nicht gezeigt werden kann.

(8)

2.2 Häufigkeit

Obwohl Prüfungsangst zu den häufigsten Ängsten von Kindern und Jugendlichen gehört, sind Angaben über Häufigkeiten nur selten zu finden (Morris & Kratochvil, 1991, zit. in Kossak, 2016, S.

80). Gemäss Kossak (2016, S.80) zeigen die Studien von Turner et al. (1993), Döpfner et al. (2006) sowie Suhr & Döpfner (2000), dass die Häufigkeit der Prüfungsangst bei acht- bis zehnjährigen Kindern bei 10 – 20% liegt.

Mazzone et al. (2007, zit. in Pixner & Kaufmann, 2013, S. 112) hat in ihrer Studie 8 – 16-jährige Schülerinnen und Schüler getestet und festgestellt, dass die Prüfungsangst mit dem Alter zunimmt.

Zwischen den Geschlechtern liegt kein bedeutsamer Unterschied bezüglich der Häufigkeit von Prüfungsangst vor (Jirasko & Sirsch, 1996, zit. in Kossak, 2016, S. 80).

Nitkowski, Lohbeck, Petermann & Petermann (2017, S. 111) haben unter anderem untersucht, ob Prüfungsangst in Deutschland von 1974 bis 2016 zugenommen hat. Dazu wurden die Daten der Studierenden von 1974 (N = 2374, 9 – 17 Jahre) und von 2016 (N = 2267, 9 – 17 Jahre) miteinander verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass Prüfungsangst zwischen den Jahren 1974 (M = 7.88; SD = 3.97) und 2016 (M = 6.89; SD = 4.30) leicht abgenommen hat. Der Unterschied ist jedoch als «klein»

zu bezeichnen (d = 2.4).

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2.3 Ursachen und Symptome

In der folgenden Abbildung 1 sind die Ursachen und die Auswirkungen von Prüfungsangst aufgeführt.

Zudem werden Zusammenhänge zwischen den Ursachen, der Prüfungsangst und den Auswirkungen aufgezeigt.

Abbildung 1: Ursachen und Wirkungen von Prüfungsangst

2.3.1 Ursachen von Prüfungsangst

Die Ursachen von Ängsten können in proximale und distale Ursachen unterteilt werden (Pekrun &

Götz, 2006, S. 249).

Die proximalen Bedingungen betreffen den Lernenden selbst. Eine besondere Rolle spielt die subjektive Einschätzung des Lernenden. Dazu gehört einerseits der subjektive Kontrollmangel und andererseits die Valenz von Misserfolg und seinen Konsequenzen. Beim subjektiven Kontrollmangel entsteht Prüfungsangst, wenn Misserfolge erwartet werden und eine Ungewissheit bezüglich der Prüfung besteht. Misserfolgserwartungen erzeugen jedoch nur Prüfungsangst, wenn die Misserfolge bzw. die Konsequenzen auch als bedeutsam für die Person erlebt werden (Valenz) (ebd.).

Laut Kavale & Forness (1996, o.S. zit. in Kossak, 2016, S.79) zählen auch die Sozial- und Lernumwelt zu den Ursachen von Prüfungsangst. Der Leistungsdruck spielt in beiden Fällen eine besondere Rolle (Eltern, Lehrperson) (Pekrun & Götz, 2006, S. 249).

Ursachen

Proximale Ursachen Distale Ursachen

Subjektiver Kontrollmangel

Valenz Lernumwelt Sozialumwelt

• Misserfolgs- erwartung

• Ungewissheit

• Konsequenz Erwartung

• Misserfolg

• Konsequenz

• Lehrperson

• Klasse

• Eltern

Prüfungsangst

Auswirkungen

Emotionale Ebene Kognitive Ebene Physiologische Ebene Verhaltensebene

Leistung

(10)

Gartner & Jirasko (1999, o.S., zit. in ebd., S.81) zeigten auf, dass Kinder von ängstlich fordernden Eltern signifikant mehr Prüfungsangst haben, im Vergleich zu Kindern mit angstfrei fordernden Eltern.

Ausserdem können wichtige Bezugspersonen (z.B. die Eltern) die Bedeutsamkeit und die

Wahrscheinlichkeit von Erfolg und Misserfolg prägen und somit die subjektive Kontrolle der Kinder beeinflussen. Die Eltern beeinflussen ausserdem auch die Valenz von Misserfolg bzw. deren Konsequenzen (z.B. Bestrafung) (Pekrun & Götz, 2006, S. 259).

Die Lernumwelt gehört zu den wesentlichen Ursachen von Prüfungsangst. Die Lehrperson gestaltet die Lernumgebung und die Prüfung, welche bedeutsam für die subjektive Kontrolle der Schülerinnen und Schüler sind. Kontrollmangel kann verhindert werden, indem Lernumgebungen klar strukturiert sind und dem Niveau entsprechende Aufgaben zur Verfügung gestellt werden. Bezüglich Prüfungen sollte deren Bedeutsamkeit besprochen werden und auf genügend Transparenz und ein

entsprechendes Niveau geachtet werden (ebd.). Nicht nur die Lehrperson, sondern auch die Klasse kann die Prüfungsangst verstärken. Dazu gehören laut Kossak (2016, S. 81) die Klassenkonstellation, die Klassengrösse, das Klassenklima und auch der Lärmpegel in einer Klasse.

2.3.2 Auswirkungen

Jede Person erlebt Prüfungsängste anders. Das Erleben von Prüfungsängsten kann sich je nach Situation, Prüfungsart, Wichtigkeit der Prüfung oder bereits gesammelter Erfahrungen verändern (Fehm & Fydrich, 2011, S.7).

Die Auswirkungen bzw. die Symptome von Prüfungsangst zeigen sich auf der emotionalen Ebene, der kognitiven Ebene, der physiologischen Ebene und der Verhaltensebene (ebd.). Im Folgenden werden die Auswirkungen von Prüfungsangst auf diesen vier Ebenen aufgezeigt.

Emotionale Ebene

Das zentrale Gefühl in einer Prüfungssituation ist eine starke Angst, die oft panikartige Reaktionen bzw. Zustände auslöst. Neben diesen Angstreaktionen zeigen sich auch Gefühle der Verzweiflung, Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit sowie Versagens- und Minderwertigkeitsgefühle (ebd., S.8). Zu erwähnen ist, dass vor allem die zuletzt genannten Emotionen einen hohen kognitiven Anteil haben (Selbstreflexion). Das heisst, dass zu den Emotionen auch eine kognitive Komponente

dazugehört. Natürlich sind auch umgekehrt die kognitiven Elemente von Prüfungsangst mit den Gedanken entsprechender Emotionen verbunden (ebd.).

Physiologische Ebene

Typische Symptome und Empfindungen für Ängste und Stresssituationen (emotionale Ebene) treten auf der körperlichen Ebene auf. Dazu gehören sympathische und parasympathische

Aktivierungsreaktionen: starkes Herzklopfen, verstärktes Schwitzen, erhöhte Atemfrequenz mit Mundtrockenheit, erhöhte Magen-, Darm- und Blasenaktivierung, was einen erhöhten Harn- oder Stuhldrang sowie Übelkeit mit sich bringt. Weitere charakteristische Symptome sind Zittern der Hände und Beine sowie das Auftreten von körperlichen Schwächegefühlen. Zu den physiologischen Stressreaktionen gehört zudem die Konstriktion der Blutgefässe, was einen erhöhten Blutdruck zur Folge hat. Dadurch wird die Körpertemperatur abgesenkt, was kalte Hände und Füsse zur Folge haben kann. Jedoch ist zu erwähnen, dass es keine eindeutigen Reaktionsmuster zur

Psychophysiologie bei Prüfungsängsten gibt (ebd., S.9-10).

Verhaltensebene

Auf der Verhaltensebenen können zwei Aspekte unterschieden werden: ungünstige Lernstrategien und Vermeidungsverhalten. Es gibt eine ganze Reihe von ungünstigen Strategien beim Vorbereiten auf eine Prüfung. Einige versuchen durch exzessives Lernen und Arbeiten die Prüfungsangst zu reduzieren. Problematisch sind vor allem ungünstige Lernstrategien, wie z.B. zu detailliertes Lernen,

(11)

fehlende Organisation von Wissen, zu geringer Nutzen von Gedächtnistechniken (Mandl & Friedrichs, 2006, o.S. zit. in Fehm & Fydrich, 2011, S.10).

Vermeidungsstrategien spielen bei Prüfungsängstlichen eine häufige Rolle. Die Anspannung und die Angst kann durch Vermeidung von Aktivitäten, die mit der Prüfung zu tun haben, verringert werden.

So wird das Lernen immer weiter hinausgeschoben, bis es zu spät für eine gründliche Vorbereitung ist (Fehm & Fydrich, 2011, S.10-11).

Kognitive Ebene

Überwiegen die Angstgefühle in einer Situation, leiden die Betroffenen unter Katastrophengedanken oder einer Art «Leere im Kopf». Die Gedanken richten sich auf die negativen Aspekte und Folgen der Situation. Dabei spielen auch die erwartete Enttäuschung wichtiger Bezugspersonen sowie Scham über das Versagen eine wichtige Rolle. Auf der Ebene der Überzeugung sind Denkmuster erkennbar, z.B. grundsätzliche Zweifel an der eigenen Kompetenz («Ich kann das sowieso nicht.»). Solche negativen Gedanken sowie Befürchtungen über das Auftreten plötzlicher «Blockaden» bzw. der

«Leere im Kopf» führen meist zu Problemen mit der notwendigen Konzentration auf die Inhalte der Prüfung (ebd., S. 8-9).

2.3.3 Zusammenhänge zwischen Ursachen, Prüfungsangst und Leistung

Es wurde in vielen Studien (z.B. Dautermann, 1988; Pekrun, 1991, Kossak, 2008, zit. in Kossak, 2016, S. 81; Pixner & Kaufmann, 2013, S. 116) nachgewiesen, dass Prüfungsangst negativ mit der Leistung korreliert. Gemäss Hembree (1988, zit. in Pekrun & Götz, 2016, S.252) liegt die Korrelation

typischerweise um r = -.30.

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass ein bisschen Prüfungsangst in Form von Aufgeregtheit oder Lampenfieber eine positive Wirkung auf die Leistung haben kann. Die Stresshormone (Adrenalin und Dopamin) bewirken eine erhöhte Aufmerksamkeit, Schnelligkeit in den Gedankengängen und der

Reaktionsfähigkeit (Jacob, 2015, S.3-4).

Yerkes und Dodson haben bereits im Jahre 1908 herausgefunden, dass bei niedrigem Angstniveau nur geringe Leistungen erbracht werden. Bei

steigendem Angstniveau verbessert sich die Leistung und bei zu viel Angst entsteht wieder ein Leistungsabfall (Prahl, 1979, S.70).

Zu betonen ist, dass die Ursachen und die Leistungseffekte mit der Prüfungsangst in Wechselwirkung stehen (Pekrun & Götz, 2016, S. 252).

Die Angst entsteht aufgrund von subjektiven Einschätzungen und der Umwelt. Die Angst wirkt wiederum auf die subjektiven Einschätzungen und die Umwelt zurück.

Prüfungsangst beeinflusst wie oben erwähnt auch die Leistung. Die Leistungen treten in Form von Erfolgen oder Misserfolgen ein und beeinflussen die subjektive Einschätzung und die Valenz des Erfolgs bzw. Misserfolgs sowie die Reaktionen der Umwelt. Zwischen der Angst und der Leistung kommt es auch zu Wechselwirkungen. Hier spricht man von der positiven und der negativen Rückkopplung. Im positiven Fall führt der Angstanstieg zu Bewältigung und Erfolg, was folglich die Angst reduziert (negative Rückkopplung). Bei der positiven Rückkopplung entsteht ein Teufelskreis, wobei die Misserfolge zu noch mehr Angst führen (ebd.).

Abbildung 2: Das Yerkes-Dodson Gesetz (Piazza, o.J.)

(12)

2.4 Prüfungsangstreduktion

Im letzten Kapitel wurde gezeigt, dass sich die Auswirkungen von Prüfungsangst auf vier Ebenen (emotionale Ebene, physiologische Ebene, Verhaltensebene, kognitive Ebene) bemerkbar machen.

Daher ist davon auszugehen, dass Interventionen auf diesen Ebenen ansetzen können. In diesem Kapitel werden zunächst vier Strategien zur Prüfungsangstverarbeitung und Befunde zur

Prüfungsangstreduktion aufgezeigt. Aufgrund dieser Befunde wird das triadische Modell gegen Prüfungsangst (Walther, 2012) vorgestellt, auf welchem das in dieser Arbeit erstellte Konzept basiert.

2.4.1 Strategien zur Prüfungsangstverarbeitung

Rost und Schermer (1987, S. 25, zit. in Prelle, 2002, S. 63) unterscheiden vier Strategien zur Prüfungsangstverarbeitung:

• 1. «Gefahrenkontrolle durch produktives Arbeitsverhalten»

Durch eine mehrmalige Wiederholung des Lernstoffes oder eine Veränderung der Art, wie man beim Lernen vorgeht, soll die Angst vermindert werden (präventive Strategie).

• 2. «Situationskontrolle durch Vermeidung und Mogeln»

Hiermit ist beispielsweise das Schulschwänzen oder die Linderung der Bedrohung durch einen Spickzettel gemeint.

• 3. «Angstkontrolle durch Relaxation und Antizipation»

Diese Strategie beinhaltet Entspannungs- und Atemtechniken sowie die Antizipation kognitiver Prozesse.

• 4. «Angstunterdrückung durch Ablenkung und Beruhigung»

In diesem Falle wird der Blick sowie die Emotionen auf etwas anderes (etwas Schönes, etwas noch Bedrohlicheres) gelenkt. Die Angst wird so jedoch nicht verringert.

Laut Rost & Schermer (1987, o.S., zit. in Prelle, 2002, S. 63-64) sollte die Prüfungsangstbewältigung, die Gefahren- und die Angstkontrolle gleichermassen einbeziehen und sich nicht auf einen Bereich beschränken.

2.4.2 Befunde zur Prüfungsangstreduktion

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse zweier Metaanalysen (Hembrees 1988, Ergene 2003) über Interventionen im Bereich der Prüfungsängstlichkeit aufgeführt (Schude, 2015, S.48).

Bei der Metaanalyse Hembrees (1988) konnte gezeigt werden, dass es durch eine

emotionsorientierte Therapieform (Relaxationstraining) signifikante Veränderungen bezüglich der Prüfungsangst gab (d = -0.68). Die Prüfungsangstreduktion verstärkte sich, wenn die Intervention zusätzlich kognitive Massnahmen enthielt (d = -0.78). Das reine Vermitteln von Lern- und

Arbeitstechniken zeigte keine signifikanten Veränderungen in der Leistungsängstlichkeit (d = -0,14).

Wurden die Lern- und Arbeitstechniken mit emotionalen Techniken (d = -1.22) und mit kognitiven Techniken (d = -0.83) kombiniert, zeigten diese Interventionen die grössten Effekte in Bezug auf die Prüfungsangstreduktion (Hembrees, 1988, o.S., zit. in Schude, 2015, S. 46).

Zu ähnlichen Ergebnissen kam Ergene (2003). Dieser führte bezogen auf die Jahre von 1966 bis 1998 ebenfalls eine Metaanalyse durch. Rein emotionsorientierte Interventionen zeigten eine Effektstärke von E+ = 0.80. Wurden emotionsorientierte Ansätze mit einem Fertigkeitstraining kombiniert, erhöhte sich der Effekt deutlich: E+ = 1.10. Dasselbe wurde bei kognitiven Interventionsansätzen festgestellt. Rein kognitive Interventionen zeigten eine Effektstärke von E+ = 0.63. Kombiniert mit fertigkeitsorientierten Ansätzen, erhöhte sich die Effektstärke wiederum deutlich: E+ = 1.22. Die alleinige Vermittlung von Lern- und Arbeitsstrategien zeigt die niedrigste Wirksamkeit (E+ = 0.28).

Zusammengefasst hat er festgestellt, dass das Vermitteln von Lern- und Arbeitsstrategien nicht für die Reduktion von Prüfungsangst geeignet ist. Die Effektstärke einer Intervention kann jedoch

(13)

verstärkt werden, indem die Lern- und Arbeitsstrategien in Zusammenhang mit weiteren (kognitiven und emotionalen) Aspekten kombiniert wird (Ergene, 2003, S. 323, zit. in Schude, 2015, S. 47).

Wie aus den Metaanalysen zu entnehmen ist, zeigen vor allem kombinierte

Interventionsmassnahmen eine Reduktion der Prüfungsangst auf. Dies bestätigt auch die Empfehlung von Rost & Schermer (1987, zit. in Prelle, 2002, S. 63-64), dass Prüfungsangstbewältigung die

Gefahrenkontrolle (Verhaltensebene) und die Angstkontrolle (emotionale und kognitive Ebene) berücksichtigen soll.

Aus diesem Grund wird im Folgenden Kapitel 2.5 das triadische Modell gegen Prüfungsangst (Walther, 2012) vorgestellt, welches diese Kombination von Interventionskomponenten berücksichtigt.

2.5 Interventionsmassnahmen – Das triadische Modell gegen Prüfungsangst

In der Abbildung 3 wird der Aufbau des triadischen Modells gegen Prüfungsangst aufgezeigt.

Mit dem triadischen Modell gegen Prüfungsangst zeigt Walther (2012) in seinem Ratgeber «Ohne Prüfungsangst studieren» eine Möglichkeit auf, um Prüfungsangst zu reduzieren. Das Modell besteht aus drei Säulen, welche Interventionsmassnahmen gegen Prüfungsangst auf verschiedenen Ebenen berücksichtigen (Walther, 2012, S.28).

1. Säule: Positive Gedanken → Kognitive Ebene 2. Säule: Lerntechniken → Verhaltensebene

3. Säule: Entspannung → emotional-affektive Ebene (emotionale und physiologische Ebene) In den folgenden Unterkapiteln werden Interventionsmassnahem auf den verschiedenen Ebenen (emotional-affektiv, Verhalten, kognitiv) aufgezeigt. Diese stammen teils aus dem Ratgeber von Walther (2012) und wurden mit weiteren Massnahmen aus anderen Quellen ergänzt.

Abbildung 3: Das triadische Modell gegen Prüfungsangst (Walther, 2012, S.28)

(14)

2.5.1 Emotional-affektive Ebene - Entspannung

Wie schon erwähnt führt Prüfungsangst auf der emotionalen Ebene zu unangenehmen Gefühlen (z.B.

Angst), welche Auswirkungen auf die physiologische Ebene (Zittern, Schwitzen usw.) haben, was zu noch mehr Angst führt. Daher wurde die emotionale und die physiologisch Ebene zur «emotional- affektiven Ebene» zusammengefasst.

Entspannung ist das wirksamste körperliche Instrument gegen Angst (Walther, 2012, S.29).

In diesem Kapitel werden Entspannungstechniken (systematische Entspannungstechniken) und Entspannungsmöglichkeiten als Interventionsmöglichkeiten auf der emotional-affektiven Ebene aufgezeigt.

Entspannungstechniken

Laut Vaitl & Petermann (1993, o.S. zit. in Goetschel, 2000, S. 16) gehören unter anderem das Autogene Training, die Progressive Muskelentspannung, Meditative Verfahren sowie imaginative Verfahren zu den am besten erforschten und laut Wiedebusch (1995, o.S. zit. in Goetschel, 2000, S.

23) zu den für Kinder geeigneten Verfahren. Zu beachten ist jedoch, dass die Verfahren für

Erwachsene konzipiert sind und für Schülerinnen und Schüler kindgerecht adaptiert werden müssen.

Zudem verlangen die Entspannungstechniken ein fortgeschrittenes Sprachverständnis und längere Aufmerksamkeitsspannen. Daher wird der Einsatz solcher Verfahren erst ab etwa neun Jahren empfohlen (Stück, 1998, o.S. zit. in Goetschel, 2000, S. 23). In zahlreichen Studien wurde die Wirkung von Entspannungstechniken bei Kindern und Jugendlichen untersucht. Es wurde nachgewiesen, dass durch das Einüben von systematischen Entspannungstechniken eine Verbesserung der Schulleistung, der Konzentrationsfähigkeit sowie eine Reduktion der Ängstlichkeit erkennbar sind (Habersetzer, 1986; Setterlind, 1984; Krampen, 1992, zit. in Goetschel, 2000, S. 24).

Autogenes Training (AT)

Der Arzt Johannes Heinrich Schultz aus Berlin entwickelte in den 1920er Jahren das Autogene Training. Der Erfolg und die positive Wirkung des Trainings nehmen mit regelmässigem Üben zu (Krampen, 2012, S. 7, zit. in Jany, 2014, S. 34).

Das Verfahren wurde in einigen Studien auf dessen Wirksamkeit untersucht. In der Tabelle 1 werden einige Befunde dargestellt (Goetschel, 2000, S. 43 - 44).

Tabelle 1: Effekte des AT (in Anlehnung an Goetschel, 2000, S. 44)

Autor/en Befunde

Labhardt (1982) Reduzierung der Angst- und Stressreaktion.

Janssen & Neutgens (1986) Reduzierung der Häufigkeit sowie der Intensität von Migräne.

Krüger, R. (1991) Studenten und Studentinnen fühlen sich

signifikant zufriedener mit ihrem Körper und haben weniger vegetative Beschwerden.

Carruthers (zit. nach Ohm, 1996) Reduktion der Herzfrequenz, des Blutdrucks sowie eine Steigerung des Lebensgefühls.

Beim Autogenen Training wird die Entspannung durch Autosuggestion (gedankliche

Selbstbeeinflussung) herbeigeführt. Dazu werden unter anderem Schwereübungen, Wärmeübungen, Atemübungen und Bauchübungen durchgeführt. In der untenstehenden Tabelle 2 werden einige Beispiele aufgezeigt (Jacob, 2015, S. 79-81).

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Tabelle 2: Autogenes Training

Schwereübung • Mein rechter Arm ist ganz schwer.

• Mein linker Arm ist ganz schwer.

• Beide Arme sind ganz schwer.

• Beide Beine sind ganz schwer.

Wärmeübung • Mein rechter Arm ist ganz warm.

• Mein linker Arm ist ganz warm

• Beide Arme sind ganz warm.

• Beide Beine sind ganz warm.

Atemübung • Die Atmung ist ganz ruhig.

Bauchübung • Der Bauch ist strömend warm.

Progressive Muskelentspannung (PMR)

Nach einer besonders hohen Anspannung haben die Muskeln die Tendenz sich zu entspannen. Dies wird in der progressiven Muskelentspannung nach Edmund Jacobson ermöglicht (Jacob, 2015, S. 81).

Ziel ist es, durch das systematische An- und Entspannen von verschiedenen Muskeln, die Zustände bewusst wahrzunehmen und zu unterscheiden (ebd.).

Die Effektivität der Progressiven Muskelentspannung kann durch zahlreiche Grundlagenstudien und klinische Studien belegt werden. Über die genauen Wirkmechanismen des Verfahrens ist jedoch nur wenig bekannt (Hamm, 1993, o.S. zit. in Goetschel, 2000, S. 42). In der Tabelle 3 werden einige Befunde dargestellt.

Tabelle 3: Effekte der PMR (in Anlehnung an Goetschel, 2000, S. 43)

Autor/en Befunde

Decker, Williams & Hall (1982) Abbau psychologischer und physiologischer Stresssymptome.

Kiecolt-Glaser (1985) Entspannungstraining mit PMR (Dauer: 1 Monat/dreimal pro Woche) führt zur Stärkung des Immunsystems.

To & Chan (2000) Bei geistig Behinderten wurde eine Reduktion aggressiver Verhaltensweisen festgestellt (Langzeitstudie).

Scheufele (2000) Bei 67 gesunden Männern konnte eine

Reduktion der physiologischen Erregungen, eine Steigerung der Aufmerksamkeit und des

Entspannungsgefühls gezeigt werden.

Bei der Langform der progressiven Muskelentspannung werden 14 verschiedene Muskelgruppen behandelt (Jacob, 2015, S. 81). Dieses Entspannungstraining dauert ungefähr 30 Minuten (Walther, 2012, S. 101). Im Folgenden wird eine kürzere Variante der progressiven Muskelentspannung vorgestellt.

Der Übungsablauf besteht immer aus drei Phasen: Aufmerksamkeit, Anspannung und Loslassen. Die Übung konzentriert sich auf sechs Elemente: die Beine, die Knie, die Hände, die Ellbogen, das Gesicht und die Atmung (Walther, 2012, S. 101-102).

Zu Beginn wird die Aufmerksamkeit auf den Körper gerichtet. Anschliessend werden die oben genannte Elemente der Reihe nach angespannt und wieder entspannt. In einem zweiten Teil dieser Anspannungsphase werden alle Elemente gleichzeitig für sieben Sekunden angespannt. In der letzten Phase, der Entspannung, wird alles locker gelassen. Es wird empfohlen, den Durchgang, in welchem

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alle Muskeln angespannt werden, dreimal zu wiederholen, um den Unterschied zwischen Anspannung und Entspannung deutlich wahrnehmen zu können (Walther, 2012, S. 103).

Meditation: Konzentrative Entspannung

Meditative Verfahren haben ihren Ursprung in asiatischen Religionen (z.B. Hinduismus) und bestehen aus vielfältigen Methoden. Es lassen sich zwei Formen der Meditation unterscheiden: die rezeptiven und die konzentrativen Formen (Goetschel, 2000, S. 45).

Bei der rezeptiven Form wird ein Zustand der Ziellosigkeit angestrebt. Das heisst, dass es jedem Gedanken und jedem Bild erlaub ist, zum inneren Bewusstsein zu gelangen (z.B. Zen-Meditation).

Die konzentrative Meditation ist jedoch die bekanntere und häufiger praktizierte, daher wird diese Form in dieser Arbeit genauer erläutert (ebd.).

Bei der Konzentrativen Entspannung steht die Wahrnehmung des Körpers im Mittelpunkt. Dazu wird der Sehsinn, der Hörsinn, der Fühlsinn, der Geruchssinn und der Geschmackssinn benötigt. Für die Konzentrative Entspannung sind zudem die Nozizeption, das Gefühl für den Schmerz, und die Thermorezeption, der Sinn für die Temperatur, von Bedeutung (Jacob, 2015, S.83).

Die Meditation wurde in zahlreichen Studien auf ihre Wirksamkeit untersucht. Die Ergebnisse sind in der Tabelle 4 zusammengefasst.

Tabelle 4: Wirkung der Konzentrativen Entspannung (in Anlehnung an Goetschel, 2000, S. 45)

Autor/en Befunde

Wallace (1970) Während der Meditation verringert sich die

Herzfrequenz, der Hautwiderstand verändert sich und der CO2 Verbrauch sinkt.

Shapiro & Shapiro (1982) Neben elektrophysiologischen zeigen sich auch biochemische Veränderungen.

Die Konzentrative Entspannung sollte im Liegen durchgeführt werden (Walther, 2012, S. 83).

Jacob (2015, S. 84-85) beschreibt eine exemplarische Anleitung zur Durchführung. Zuerst wird die eigene Lage im Raum und der Raum selbst wahrgenommen. Dazu können beispielsweise folgende Fragen mit geschlossenen Augen beantwortet werden:

• Wo im Raum befinde ich mich?

• Wo befindet sich die Tür?

• Welche Geräusche nehme ich wahr?

Anschliessend werden einzelne Körperteile bewusst wahrgenommen. Jacob (2015, S. 84-85) nennt unter anderem folgende Beispiele:

• Wo befinden sich die Füsse?

• Wie fühlen sich die Zehen an?

• Welche Auflagefläche formen meine Fussballen?

• Fühlt sich mein linker Oberschenkel anders als der rechte an?

• Welche Temperatur empfinde ich in den Schulterblättern?

• Kann ich eine angenehme Kühle auf meiner Stirn empfinden?

Imaginations-Entspannung

Durch das imaginative Verfahren können Vorstellungen, welche perzeptive

(wahrnehmungsbezogene), kognitive, motorische und affektive Komponenten enthalten, hergestellt bzw. verändert werden (Goetschel, 2000, S. 46). Unser Gehirn kann mit negativen bzw. positiven Gedanken vieles bewirken und es ist empirisch bewiesen, dass reine Vorstellungen körperliche

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Reaktionen hervorrufen können (ebd.). So wurde bereits im Theorieteil im Kapitel 2.3 «Ursachen und Symptome» erwähnt, dass auf der kognitiven Ebene, durch negative Gedanken, Prüfungsangst ausgelöst werden bzw. verschlimmert werden kann. Natürlich kann diese Fähigkeit des Gehirns auch im positiven Sinne genutzt werden (Walther, 2012, S. 153).

Hauptsächlich wird die Imaginations-Entspannung in der Psychotherapie eingesetzt. Sie kann aber auch nur zur reinen Entspannungsinduktion verwendet werden (Goetschel, 2000, S. 47). So können beim Hören von Musik oder beim Betrachten von Fotos Erinnerungen an eine bestimmte Situation hervorgerufen werden. Dieses Erinnern an eine schöne, entspannte Situation kann bei der

Imaginations-Entspannung zur gezielten Entspannung genutzt werden (Walther, 2012, S. 153).

Die Wirkung der Entspannung wird umso grösser, wenn verschiedene Sinne miteinbezogen werden.

So sollen auch Geschmäcke, Gerüche und vor allem Gefühle mit der Situation verbunden werden (ebd., S. 153-154).

Entspannungsmöglichkeiten

Die oben genannten systematischen Entspannungstechniken sind eher zeitaufwendig und benötigen Übung. Im Folgenden werden die An- und Entspannung, Atemübungen, Massagen und die

Fantasiereise als Möglichkeiten zur Entspannung vorgestellt. Diese kindgerechten

Entspannungsmöglichkeiten können in der Schule zwischendurch, vor einer Prüfung oder zum Teil auch während einer Prüfung durchgeführt werden.

An- und Entspannung

Damit der Mensch herunterfahren kann, ist ein ausgewogener Wechsel von Spannung und

Entspannung nötig (Bläsius, 2014, S. 6). Das Dehnen und Strecken ist die natürlichste und einfachste Entspannungsmethode. Einige Menschen praktizieren dies nach dem Aufwachen, um Spannung und Wachheit im Körper zu erlangen. Der wichtigste Punkt ist allerdings das Lösen bzw. das Entspannen (Jacob, 2015, S.76).

Durch die Übungen soll die Anspannung bewusst wahrgenommen und die Entspannung als

angenehmer Gegenpol erkannt und genutzt werden. Ausserdem sind An- und Entspannungsübungen eine gute Vorbereitung für die Progressive Muskelentspannung, da das Bewusstsein für die

differenzierte Körperwahrnehmung geschult wird (Bläsius, 2014, S. 6).

Atemübungen

Durch den Atemvorgang wird der ganze Körper, insbesondere das Gehirn, mit Sauerstoff versorgt. Im Alltag wird der Atem nur wahrgenommen, wenn er vor Anstrengung ins Stocken gerät oder vor lauter Anspannung angehalten wird. Dadurch wird verdeutlicht, dass die Atmung nicht nur körperliche Vorgänge, sondern auch das geistig-seelische Wohlergehen reguliert. Umgekehrt

beeinflusst die psychische Verfassung auch die Atmung. Durch den Einsatz von Atemübungen soll auf die Bedeutung des Atmens aufmerksam gemacht werden. Die Fähigkeit des bewussten

Wahrnehmens des Atems wird geschult und führt schlussendlich zu einer verstärkten Innenwahrnehmung (Bläsius, 2014, S. 65).

Das Einatmen sollte über die Nase erfolgen, damit die Luft gefiltert wird. Laut Bläsius (2014, S. 65) geht eine gesunde Atmung tief und langsam in den Bauchraum hinein, bis sich der Bauch etwas nach aussen wölbt. Beim Ausatmen geht der Bauch wieder nach innen. Die Phase des Ausatmens dauert etwas länger als die des Einatmens, damit so viele Giftstoffe wie möglich ausgeschieden werden können. Beim Atemrhythmus kommt es zudem zwischen dem Ein- und Ausatmen zu einem kurzen Atemstopp (ebd.).

Atemübungen können allein, in Gruppen, im Liegen, im Stehen oder im Sitzen durchgeführt werden.

Zudem können sie in andere Entspannungsübungen integriert werden. Beim Durchführen der

Übungen ist zu beachten, dass Kinder eine höhere Atemfrequenz als Erwachsene haben (ebd., S. 45).

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Massage

Die Haut ist das grösste Sinnesorgan des Menschen, durch welches Reize in Form von Druck, Zug oder Reibung wahrgenommen werden. Die Durchblutung der Haut wird durch eine Massage

verbessert und sie ermöglicht dem Kind, seinen Körper sowie seine Körpergrenzen zu spüren. Wichtig ist, dass die Massage einfühlsam, respektvoll und verantwortungsbewusst durchgeführt wird. Zudem sollen Tabuzonen und unangenehme Berührungen vor einer Massage benannt werden. Dazu gehört auch die Wirbelsäule, die nicht massiert werden sollte. Die Wirkung der Massage kann erhöht werden, wenn das Kind, welches massiert wird, die Augen schliesst. Es gibt die Möglichkeit, dass Kinder sich selbst massieren (Fussmassage, Gesichtsmassage usw.) oder dass zwei Kinder sich gegenseitig massieren (Rückenmassage). Bei der Partnerarbeit ist es wichtig, dass die Partner

miteinander harmonieren und die Rollen tauschen. Wenn direkter Körperkontakt nicht erwünscht ist, kann die Massage auch mit Materialien, wie zum Beispiel einem Noppenball, einem Pinsel oder einem Schwamm durchgeführt werden. Die Fantasie der Kinder kann geweckt werden, indem die Massage sprachlich mit einem Reim oder einer Geschichte begleitet wird. Somit sind Massagen eine gute Vorübung für Fantasiereisen oder das Autogene Training (Bläsius, 2014, S. 44).

Fantasiereise

Die Fantasiereise gehört zu den imaginativen Verfahren. Junge Kinder befinden sich in der Regel noch in der Welt des magischen Denkens und haben eine lebhafte Fantasie. Dies erleichtert es ihnen, mit bildhaften Vorstellungen einen Zugang zu Fantasiereisen zu finden. Die Konzentrationsfähigkeit sowie die bildhafte Vorstellungskraft werden gestärkt. Durch die Fantasiereiseanleitung werden entsprechende Körperreaktionen hervorgerufen, wie zum Beispiel die Lockerung der Muskeln, das ruhiger werden der Atmung sowie die Entspannung des Körpers (Bläsius, 2014, S. 83).

Die Bilder sollten ruhig, friedlich und eindeutig beschrieben werden, damit sie ihre entspannende Wirkung entfalten können. Der Erzähler sollte darauf achten, dass der Sprechrhythmus gleichmässig ist und genügend Pausen gemacht werden. Die Pausen dienen dazu, dass die Imaginationen

entwickelt werden können und die Entspannung stattfinden kann. Die Integration von verschiedenen Wahrnehmungskanälen und das Schliessen der Augen führt zu einem intensiveren Erlebnis (ebd.).

Vor jeder Fantasiereise soll zuerst eine bequeme Position eingenommen und der Atem beobachtet werden, sodass zur Ruhe gekommen werden kann. Am Ende der Übung werden die Kinder aus der Fantasie zurück in das Hier und Jetzt geführt. Um zurück in die Realität zu kommen, hilft Dehnen, tiefes Ein- und Ausatmen sowie Gähnen (ebd., S. 82 – 83).

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2.5.2 Verhaltensebene – Lerntechniken

Auf der Verhaltensebene kann es bei Prüfungsangst zu ungünstigen Lernstrategien und unangemessenem Lernverhalten kommen (siehe Kapitel 2.3.2 «Auswirkungen»).

Daher wird in diesem Kapitel auf verschiedene Lernstrategien und auf Lernhilfen eingegangen. Die Lernstrategien beziehen sich auf das Wissen über das Lernen. Bei den Lernhilfen geht es um konkrete Strategien, die das Lernen erleichtern sollen.

Lernstrategien

In diesem Kapitel werden folgende Lernstrategien vorgestellt: die Motivation, die Zeitplanung, das Einplanen von Pausen, Wiederholungen sowie die optimalen Lernbedingungen.

Motivation

Bevor erfolgreich gelernt werden kann, muss eine gewisse Motivation vorhanden sein. Der Lernende sollte bestenfalls von sich aus lernen, weil er Interesse oder Spass daran hat (intrinsische Motivation).

Es sollte nicht nur wegen einer guten Note oder aufgrund der Erwartungen der Eltern gelernt werden (extrinsische Motivation). Durch die Hirnforschung wurde belegt, dass bei erfolgreichem Lernen im Gehirn ein Botenstoff namens Dopamin freigesetzt wird, der die Bereitschaft zum Lernen wieder erhöht (Altenthan, Dürekop, Hagemann, Hofmann-Kneitz, Rösch, Sammer, Troidl,

2013, S.385). Laut Zintl (2006, S.16 f., zit. in, Altenthan et al., 2013, S.385) können folgende Punkte helfen, um eine Selbstmotivation aufzubauen:

• Sich realistische Ziele setzen.

• Die Ziele in überschaubare Teilziele gliedern.

• Sich nach dem Erreichen einzelner Ziele belohnen.

• Nach Möglichkeit mit anderen lernen, um sich gegenseitig anzuspornen.

Zeitplanung und Pausen

«Nicht so viel Zeit wie möglich, sondern so effektiv wie möglich». (Walther, 2012, S.72) Aus der Gedächtnispsychologie ist bekannt, dass die Leistungsfähigkeit des Menschen zu

verschiedenen Tageszeiten variiert. Deshalb ist es sinnvoll die Tageszeiten, an welchen eine hohe Leistungsfähigkeit möglich ist, für das Lernen zu nutzen (Altenthan et al., 2013, S.386).

In der vorliegenden Abbildung 4 ist die durchschnittliche Tagesleistungskurve abgebildet.

Abbildung 4: Durchschnittliche Tagesleistungskurve (Keller, 2011, S. 138, zit. in Altenthan et al., 2013, S. 386)

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Aus der Abbildung 4 kann entnommen werden, dass die durchschnittlich höchste Tagesleistung am Morgen bzw. Vormittag zwischen 9:00 und 11:00 Uhr liegt. Anschliessend sinkt das Leistungsniveau, bis es sich ab ca. 14:00 Uhr wieder erhöht und sich von 15:00 – 21:00 erneut auf einem hohen Niveau befindet. Ab 21:00 Uhr sinkt das Leistungsniveau drastisch, bis es sich ab 22:00 Uhr unter dem mittleren Leistungsniveau befindet.

Langfristiges Lernen in kleinen Einheiten fördert die Gedächtnisleistung. Daher sollte der Lernstoff nicht auf einmal gelernt, sondern auf mehrere Tage bzw. Wochen verteilt werden. Ein interessanter Befund aus der Gedächtnisforschung ist, dass Informationen, die zu Beginn oder am Ende einer Lernphase gelernt werden, am besten behalten werden können (Altenthan et al., 2013, S.138).

Ebenso wichtig wie die Zeitplanung ist das rechtzeitige Einplanen von Pausen, um die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit immer wieder zu erneuern. Je mehr sich eine Person überarbeitet, desto länger braucht sie, um sich wieder zu erholen. Die Effektivität der Pause hängt von der Aktivität in der Pause ab. Am erholsamsten ist diese, wenn sie nichts mit dem zu lernenden Stoff zu tun hat (Altenthan et al., 2013, S.386-387). Grundsätzlich gilt, dass ein Fünftel der Lernzeit als Pause gestaltet werden soll. So müsste bereits nach 30-45 Minuten eine kleine Pause (z.B. Lüften, etwas in der Küche trinken, auf die Toilette gehen, eine kurze Entspannungsübung) gemacht werden.

Nach 2-3 Stunden ist eine grössere Pause (z.B. Essen, Sport, Ausruhen/Schlafen, Freunde treffen) nötig. Im ganzen Tagesverlauf ist der Schlaf die grösste und eine wichtige Pause, da dann das Gelernte ins Langzeitgedächtnis übertragen werden kann (Walther, 2012, S.80-83).

Wiederholungen

In der Abbildung 5 ist die Vergessenskurve nach Ebbinghaus abgebildet.

Um dem schnellen Vergessen von neuem Lernstoff entgegenzuwirken, ist die regelmässige

Wiederholung unumgänglich. Der deutsche Psychologe Hermann Ebbinghaus hat herausgefunden, dass ohne Wiederholungen bereits 20 Minuten nach dem Lernen 40% des Gelernten wieder vergessen geht. Ohne Wiederholung kann am darauffolgenden Tag ca. 30% des Gelernten erinnert werden. Durch jede Wiederholung wird der Lernstoff tiefer im Gedächtnis verankert. Dies

ermöglicht, dass auch der Abstand von Wiederholung zu Wiederholung zunehmen kann (Reinhaus, 2019, S. 48 – 49). Nachdem Hermann Ebbinghaus systematisch mit Wiederholungen in

unterschiedlichen Zeitabständen und Durchgängen experimentierte, hat er zwei wichtige

Erkenntnisse herausgefunden: Damit ein bisher unbekanntes Wissen dauerhaft gespeichert werden kann, braucht es fünf bewusste Lernvorgänge. Zudem braucht das Gehirn genügend Zeit, um das

Abbildung 5: Vergessenskurve nach Ebbinghaus (Stangl, o.J.)

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Wissen einzuordnen und abzulegen, damit das neu Gelernte abgerufen werden kann. Ebbinghaus erstellte so einen Wiederholungsplan, damit der Lernvorgang effektiv gestaltet werden kann (Walther, 2012, S.127):

1. Wiederholung am selben Tag 2. Wiederholung einen Tag danach 3. Wiederholung nach einer Woche 4. Wiederholung nach vier Wochen

5. Wiederholung nach einem halben bis einem ganzen Jahr

Walther (2012, S.128) betont, dass der letzte Lerndurchgang einer Prüfung idealerweise mindestens eine Woche vor der Prüfung liegt. So hat das Gehirn genügend Zeit, die Informationen zu

verarbeiten. Die letzten Tage dienen der Auffrischung des Wissens, womit dem Gehirn gezeigt wird, dass diese Informationen in den Vordergrund rücken sollen und somit schnell abrufbar sein müssen.

Wenn noch Neues in der Woche vor der Prüfung gelernt wird, kann es sein, dass das zuvor angeeignete Wissen verdrängt wird.

Optimale Lernbedingungen

Um die Aufnahmefähigkeit und die Konzentration über eine längere Zeit auf einem möglichst hohen Niveau zu halten, ist es wichtig, geistig und körperlich fit zu sein und die Umgebung lernförderlich zu gestalten (Reinhaus, 2019, S. 65).

Essen und Trinken

Unser Gehirn braucht beim Lernen viel Energie. Nervenzellen benötigen für die Energiegewinnung hauptsächlich Sauerstoff, welchen sie durch die Atemluft aufnehmen, und Zucker, welcher durch die Nahrung aufgenommen wird. Besonders empfehlenswert sind Nahrungsmittel die Mehrfachzucker enthalten, wie z.B. Obst, Gemüse, Kartoffeln, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte. Im Gegensatz zum Einfachzucker fliesst der Zucker beim Mehrfachzucker langsamer ins Blut. Somit werden die Nervenzellen über eine längere Zeit mit Zucker versorgt, was eine längere Aufnahmefähigkeit zur Folge hat (Reinhaus, 2019, S. 65 – 66).

Um zu verhindern, dass das Blut verdickt und die Hirndurchblutung verschlechtert wird, sollte in Lernphasen genügend getrunken werden (ebd.).

Ausreichend Schlaf

Aus der Hirnforschung ist bekannt, dass beim Schlaf dieselben Hirnregionen aktiviert werden, die bereits beim Lernen aktiv waren. Lerninhalte werden dabei zusammengefasst und miteinander verknüpft (Reinhaus, 2019, S. 66). In der Primarschule sollte ein Kind mindestens neun Stunden schlafen. Fünft- und Sechstklässler sollten spätestens um 21:30 Uhr zu Bett gehen (Metzler, 2019, S.18).

Wird diese Grenze unterschritten, werden häufigere Wiederholungen nötig sein, um die Informationen im Langzeitgedächtnis zu speichern (Reinhaus, 2019, S. 66 – 67).

Lernort

Um erfolgreich lernen zu können, ist der Lernort bzw. der Arbeitsplatz entscheidend. Dabei gibt es nicht den einen perfekten Arbeitsplatz für jeden Menschen. Altenthan et al. (2013, S.387-388) nennt folgende Kriterien, welche ein Lernort erfüllen sollte:

• Der Ort sollte genügend Sauerstoff aufweisen (Lüften).

• Ruhe am Lernort ist von besonderer Bedeutung. Geräusche, die als Lärm empfunden werden (Verkehr, spielende Kinder) sowie Musik sind störend für den Lernprozess. Heute ist zudem bekannt, dass leise Hintergrundmusik, die als beruhigend für das Lernen galt, die

Speicherung einer Information im Gedächtnis behindern kann.

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• Um auf Dauer Augen- und Kopfschmerzen zu vermeiden, sollte auf die richtigen

Lichtverhältnisse geachtet werden. Walther (2012, S. 150) betont, dass Tageslicht immer künstlichem Licht vorzuziehen ist. Im Winter geht es jedoch nicht ohne zusätzliche Lichtquellen.

• Zudem sollte auf die Raumtemperatur geachtet werden. Zu viel Wärme macht den Menschen müde und Frieren erschwert die Konzentration.

• Am Lernort sollte ein Tisch und ein Stuhl mit der jeweils passenden Höhe vorhanden sein, damit es auf Dauer zu keinen Rückenschmerzen kommt, die das Lernen hemmen würden.

Auf der Arbeitsfläche sollte genügend Platz für das nötige Arbeitsmaterial vorhanden sein.

Weder ein zu bequemer (z.B. das Bett) noch ein zu unbequemer (z.B. auf dem Boden) Arbeitsplatz sind lernförderlich.

• Am wichtigsten ist, dass sich der Mensch an seinem Lernort wohl fühlt.

Im nächsten Teil werden die verschiedenen Lerntypen und die Arten der Informationsaufnahme kurz vorgestellt. Zudem werden konkrete Lernhilfen aufgeführt, die im Idealfall effektives Lernen

ermöglichen.

Lerntypen

Der Mensch nimmt Informationen über verschiedene Sinneskanäle auf. Je nach Lerntyp bevorzugt der Mensch unterschiedliche Sinneskanäle, um zu lernen. Es werden drei Lerntypen unterschieden (Reinhaus, 2019, S. 23): Der visuelle Lerntyp, der auditive Lerntyp und der haptische Lerntyp.

Der visuelle Lerntyp kann Informationen am besten über die Augen aufnehmen. Beim Lernen sollten schriftliche Informationen verwendet werden. Zudem kann sich der visuelle Lerntyp Informationen besser merken, wenn passende Vorstellungsbilder gemacht oder Zusammenhänge in Skizzen oder Übersichten visualisiert werden (ebd., S. 26 – 27).

Der auditive Lerntyp lernt am besten über die Ohren. Durch aufmerksames Zuhören bei Vorträgen oder Diskussionen, werden wesentliche Informationen im Gedächtnis gespeichert. Hilfreich ist, wenn Informationen beim Lernen auf wenige Sätze reduziert werden, welche immer wieder laut aufgesagt werden. Zudem sollte der Lernort des auditiven Lerntyps besondere Ruhe bieten (ebd., S. 27 - 28).

Der haptische Lerntyp lernt am effektivsten, wenn der Lerninhalt praktisch angewendet werden kann. Durch konkretes Ausprobieren/Handeln, werden Informationen am besten im Gedächtnis gespeichert. Da dieser Lerntyp gerne mit Körpereinsatz lernt, ist es für ihn von grosser Bedeutung, sich auch während des Lernens zu bewegen (ebd., S. 28 – 29).

Zu betonen ist, dass selbst ein ausgeprägter visueller, auditiver oder haptischer Lerntyp auch andere Sinneskanäle beim Lernen einsetzen sollte (Reinhaus, 2019, S. 29). Warum dies so ist, wird anhand der Arten der Informationsaufnahme aufgezeigt.

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Arten der Informationsaufnahme

Aus der Hirnforschung ist bekannt, dass die Art der Informationsaufnahme von wesentlicher

Bedeutung ist. Der Tabelle 5 können die verschiedenen Arten der Informationsaufnahme und deren Erinnerungsraten entnommen werden (Walther, 2012, S.122).

Tabelle 5: Erinnerungsrate bei den Arten der Informationsaufnahme (Altenthan et al., 2013, S.388) Erinnerungsrate bei den Arten der Informationsaufnahme

Lesen 10%

Hören 20%

Sehen 30%

Hören und sehen 50%

Selbst sagen 70%

Selbst tun 90%

Da es nicht immer möglich ist, das Gelernte auch selbst zu tun bzw. umzusetzen, ist es wichtig den Stoff über verschiedene Sinneskanäle aufzunehmen. Dies ist hilfreich beim Abrufen von

Informationen, da das Gehirn zu einer gespeicherten Information mehrere Zugänge erhält. Das vielfache Bearbeiten von Informationen wird Elaboration genannt. Die Hirnforschung hat belegt, dass Informationen so am besten gespeichert werden können (Altenthan et al., 2013, S. 388 – 399).

Daraus ist zu folgern, dass jeder Mensch unterschiedliche Arten der Informationsaufnahme

bevorzugt (Lerntypen). Um eine Information besser speichern zu können, ist es jedoch hilfreich beim Lernen unterschiedliche Sinne anzusprechen. Im Folgenden werden daher verschiedene Lernhilfen vorgestellt.

Lernhilfen

Beeindruckende Ereignisse gelangen ohne unser aktives Tun ins Langzeitgedächtnis. Beim Lernen ist dies jedoch nicht der Fall. Im Folgenden werden zunächst Lernhilfen aufgezeigt, um den Lernstoff zu strukturieren. Anschliessend werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie das Gelernte besser im

Gedächtnis gespeichert werden kann (Walther, 2012, S. 121).

Neues Wissen erschliessen und strukturieren

In der Hirnforschung wurde nachgewiesen, dass sich der Mensch das zu Lernende leichter und besser merken kann, wenn der Lernstoff geordnet und gegliedert ist. Möglichkeiten, um den Lernstoff zu organisieren sind z.B. das effektive Lesen, das Mindmap oder das Lernposter. Die Informationsmenge wird so deutlich verringert und auf das Wesentliche reduziert sowie bildlich dargestellt (Altenthan et al., 2013, S.389).

Effektives Lesen

Um beim Lesen Informationen im Gedächtnis speichern zu können, muss das Lesen effektiv sein. Ziel ist es, den Text auf das Wesentliche zu reduzieren und zu strukturieren, was das Lernen des Inhalts erleichtert (Altenthan et al., 2013, S.393).

Gustav Keller hat eine Fünf-Schritte-Methode für effektives Lesen erstellt (Keller, 2011, S. 92 f., zit. in Altenthan et al., 2013, S.393):

1. Schritt: Text überfliegen

2. Schritt: Fragen an den Text stellen 3. Schritt: Text lesen

4. Schritt: Text zusammenfassen (aktives Lesen: möglichst viele Sinne integrieren) 5. Schritt: Text wiederholen

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Mindmap

Das Mindmap wurde von Tony Buzan entwickelt und gilt laut Reinhaus (2019, S. 89) zu einer der effektivsten Methoden, um Wissen zu strukturieren. Es wird davon ausgegangen, dass sich das Gehirn neue Informationen in Form von Stichworten und Bildern besser merken kann. Bei der Erstellung eines Mindmaps werden Lerninformationen in einzelne Schlüsselbegriffe übersetzt. Ein Mindmap führt von allgemeinen zu speziellen Informationen. In der Mitte steht der Oberbegriff, worauf die Begriffe, die mit dem Oberbegriff verbunden werden, folgen. Zum Schluss können den Begriffen noch weitere Unterbegriffe zugeordnet werden. Auf diese Weise entsteht ein Wissensnetz, welches die Lerninhalte strukturiert und Zusammenhänge aufzeigt (Reinhaus, 2019, S. 89 – 90).

Lernposter

Auf einem Lernposter werden auf einem grossen Blatt Papier wichtige Texte, Fotos, Skizzen,

Tabellen, Symbole und Diagramme eines Lerninhalts zusammengestellt. Das fertige Lernposter wird zu Hause an einer gut sichtbaren Stelle platziert. Wenn an dieser Stelle vorbeigegangen wird, soll das Poster einige Minuten lang betrachtet werden. Durch die regelmässige Wiederholung kann der Lerninhalt gut eingeprägt und im Langzeitgedächtnis gespeichert werden. Ähnlich wie beim Mindmap wird bereits durch die Erstellung des Lernposters eine intensive Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt ermöglicht (Reinhaus, 2019, S. 93 – 94).

Neues Wissen einprägen

Sobald die Lerninhalte erschlossen und strukturiert sind, geht es darum, das Ganze dauerhaft im Langzeitgedächtnis einzuprägen. Bekannte Lernhilfen sind das Bilden von Eselsbrücken und der Einsatz von Karteikarten (Reinhaus, 2019, S. 97). Hier werden drei Mnemotechniken aufgeführt und die Methode des Diktiergeräts vorgestellt.

Mnemotechniken

Eine Technik, die bereits von den alten Griechen und Römern verwendet wurde, wird Mnemotechnik genannt. Sie hilft dabei Informationen im Gedächtnis besser zu speichern, indem mit Bildern,

Assoziationen und Wiederholungen gearbeitet wird (Altenthan et al., 2013, S.391).

Dazu gehören die Loci-Technik, die Geschichtentechnik und die Schlüsselwort-Methode.

Loci-Technik

Die Loci-Technik kann hilfreich sein, wenn Informationen (in einer Reihenfolge) auswendig gelernt werden müssen. Dazu wird ein vertrauter Ort ausgewählt (z.B. Wohnung, Schulweg, Körper). Bei diesem Ort werden verschiedene Anker gesetzt (z.B. Schlafzimmer, Bushaltestelle, Kopf), welche mit einer Information verknüpft werden. Durch das gedankliche Ablaufen des Ortes werden durch die Anker die Informationen (in der richtigen Reihenfolge) abgerufen (Altenthan et al., 2013, S. 391;

Reinhaus, 2019, S. 99).

Geschichtentechnik

Beim Anwenden der Geschichtentechnik wird das zu Lernende bildlich zu einer Geschichte

verbunden. Der Vorteil der Geschichtentechnik ist, dass Emotionen hervorgerufen werden, wodurch der Lerninhalt besonders gut im Gedächtnis verankert werden kann. Hilfreich ist, wenn die

Geschichte in Gedanken wie ein Film abgespielt wird (Reinhaus, 2019, S. 105).

Schlüsselwort-Methode

Diese Technik hilft dabei die Bedeutung/Übersetzung eines fremdsprachigen Wortes einzuprägen.

Dazu wird das fremdsprachige Wort laut ausgesprochen und ein ähnlich klingendes oder geschriebenes deutsches Wort gesucht. Dies ist das Schlüsselwort und soll in Gedanken bildlich vorgestellt werden. Zusätzlich wird die Bedeutung der fremdsprachigen Vokabel auch bildlich vorgestellt und mit dem Schlüsselwort verbunden (Reinhaus, 2019, S. 108).

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Bilder rufen Gefühle hervor und bleiben daher besser im Gedächtnis haften. Zudem ist das deutsche Wort bereits mit vielen Nervenverbindungen fest im Gedächtnis verankert. Dies ist der Grund, warum der neue Begriff, welcher mit dem deutschen Schlüsselwort verknüpft wird, nicht so leicht vergessen geht (Reinhaus, 2019, S. 109).

Diktiergerät: Mit beiden Ohren lernen

Bei dieser Methode werden Lerninhalte mit einem Diktiergerät oder einem Smartphone

aufgezeichnet. So können die Informationen beliebig oft und an verschiedenen Orten, z.B. während eines Spaziergangs, angehört werden. Diese Methode eignet sich besonders gut für auditive

Lerntypen. Natürlich kann aber auch diese, wie jede andere Methode ebenso, von anderen Lerntypen angewendet werden, damit möglichst viele Sinneskanäle beansprucht werden (ebd., S.

114).

(26)

2.5.3 Kognitive Ebene – Positive Gedanken

Wie bereits im Kapitel 2.3.2 «Auswirkungen» erklärt, können durch die Prüfungsangst auf der kognitiven Ebene Katastrophengedanken entstehen, wodurch zu wenig kognitive Kapazität für die eigentliche Aufgabe vorhanden bleibt. Ausserdem beeinflussen die Gedanken auch die emotionale Ebene und somit die physiologische Ebene (Fehm & Fydrich, 2011, S. 8-9).

Hank, Pohl & Krampen (2009, S.23) haben in ihrer Studie unter anderem herausgefunden, dass ein Mangel an Zuversicht, Besorgnis und das Selbstvertrauen mit der Prüfungsangst korrelieren. Bei der kognitiven Interventionsform geht es um die Bearbeitung von ungünstigen Einstellungen, Haltungen bzw. Erwartungen, was zu einem stärkeren Selbstvertrauen, mehr Zuversicht und weniger

Besorgnissen führen soll (Walther, 2012, S. 28).

In diesem Kapitel wird zunächst das A-B-C-Modell von Albert Ellis aufgezeigt, welches erklärt, wie Gedanken die Gefühle beeinflussen. Anschliessend wird in drei Schritten aufgezeigt, wie positive Denkmuster gefestigt werden können.

Das A-B-C-Modell

In der Psychologie ist schon lange bekannt, dass unangenehme Gefühle und Körperphänomene nicht einfach von selbst da sind, sondern von unserem Gehirn, welches entsprechende Hinweise empfängt, ausgelöst werden (Walther, 2012, S.31).

Der Psychologe und Psychotherapeut Albert Ellis hat erforscht und beschrieben, wie wir unsere Gefühle beeinflussen. Er entwickelte seine Theorie der Rational-Emotiven-Therapie (RET). Durch Experimente und Befragungen erstellte er das A-B-C-Modell, welches in der Abbildung 6

veranschaulicht wird.

Das A steht für den Begriff «action». Ellis meint damit, dass die Situation für alle dieselbe ist. Zudem reicht oft schon der Gedanke an bestimmte Situationen aus, um negative Gefühle auszulösen. Das Verhalten oder die Gefühle, die in einer Situation ausgelöst werden, können von Person zu Person unterschiedlich sein. Das bezeichnet Ellis als Konsequenzen (engl. consequences), was das C in der Abbildung 6 darstellt (Walther, 2012, S.32-33).

Um herauszufinden, wie die Situation und die Konsequenzen zusammenhängen, befragte Ellis seine Patienten. Bei den Aussagen seiner Patienten fiel ihm auf, dass sich die meisten Menschen negative Gedanken machen oder sich schreckliche Szenarien vorstellen. Das fehlende Element zwischen A und C bezeichnet Ellis als «belief system», oder kurz «beliefs». So vervollständigte er sein A-B-C-Modell.

Das B «beliefs» kann mit dem Begriff «Glaubensüberzeugung» übersetzt werden. Das heisst, dass etwas geglaubt wird, was jedoch nicht mit der Realität übereinstimmen muss. Der Glaube ist jedoch so stark, dass die Person davon überzeugt ist (ebd., S.33-35).

Bezogen auf die Prüfungsangst stellt das A (Situation) die Prüfung, den Prüfer/die Prüferin oder das Zimmer dar (für alle Personen gleich). Je nach Bewertung (B: Glaubensüberzeugung) können hier bereits unterschiedliche Gefühle (C: Konsequenzen) beim Prüfling aufkommen. Bezogen auf den Themenbereich können aufgrund vorhandener Interessen und/oder Stärken unterschiedliche Empfindungen aufkommen. Bei einer mündlichen Prüfung spielt die Chemie zu dem Prüfer oder der Prüferin eine entscheidende Rolle.

A

Action

B

Beliefs

C

Conseque nces

Abbildung 6: A-B-C-Modell (in Anlehnung an Walther, 2011, S.34)

(27)

Bei Prüfungsangst ist das Ziel, die negativen Denkmuster und Bewertungen

(B: Glaubensüberzeugungen) aufzudecken und zu bearbeiten, um ein gutes Gefühl (C: Konsequenz) bei der Prüfung zu haben. Dieses Vorgehen wird in den folgenden Abschnitten in drei Schritten erklärt (Walther, 2012, S.37-39).

Positive Denkmuster

Schritt 1: Negative Gedanken erkennen

In einem ersten Schritt sollen die negativen Gedanken aufgedeckt werden.

Peurifoy (1993, zit. in Walther, 2012, S. 39) hat acht Gedankenmuster abgeleitet, die zu unangenehmen Gefühlen führen.

Soll/Muss-Denken

Sobald behauptet wird, dass etwas gemacht werden muss, bzw. dass etwas gemacht werden soll, meint dies, dass andere Menschen oder die Rahmenbedingungen jemanden dazu zwingen. Meist geht vergessen, dass dem jedoch nicht so ist. Daher ist es wichtig, die Handlungen als

selbstbestimmte Aktion wahrzunehmen (Walther, 2012, S.39-40).

Walther (2012) nennt folgende Sätze, die dazu helfen: «Ich möchte gern…» und «Ich will…» oder «Ich habe mich dafür entschieden…». (S.40)

Unzulässige Verallgemeinerungen

Bei einer Verallgemeinerung wird ein einziges negatives Ereignis als eine Sammlung von unendlich vielen Misserfolgen gesehen. Dazu gehören Äusserungen wie «immer» oder «nie». Eine positive Umkehrung dieser Denkmuster wäre dann zum Beispiel: «Dieses Mal hat es nicht funktioniert. Das nächste Mal kann es anders sein.» (Walther, 2012, S.40).

Über- und Untertreibung

Die eigenen Fehler oder Schwächen werden übertrieben und die eigenen Leistungen und Fähigkeiten untertrieben. Im Gegensatz dazu werden die Fehler anderer minimiert und die Fähigkeiten anderer übertrieben. Es ist wichtig, sich über die eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu werden (Walther, 2012, S.40).

Übernahme von Verantwortung

Verantwortung wird für positive sowie negative Ereignisse übernommen. Bei einem ungünstigen Denkmuster wird jedoch nur für negative Vorkommnisse Verantwortung übernommen. Sogar dann, wenn es keine rationale Erklärung dafür gibt. Um dieses Denkmuster zu verändern, soll überlegt werden, was alles zu diesem Ergebnis geführt haben könnte. So wird einem bewusst, dass noch viele andere Komponenten ein Ereignis beeinflussen (Walther, 2012, S. 40).

Gedankenlesen

Menschen ist es wichtig zu wissen, was andere über sie denken. So werden Bemerkungen und Reaktionen von Mitmenschen gedeutet. Dies könnte negative Folgen haben, indem sogar das Verhalten aufgrund dieser Vermutungen angepasst wird. Besser ist, wenn überlegt wird, welche Beobachtungen bzw. Vermutungen uns positiv stützen oder ob es noch andere Erklärungen gibt (Walther, 2012, S. 41).

Wahrsagerei

Täglich werden Gedanken über die Entwicklung von Dingen oder den Ausgang von Ereignissen gemacht. Wenn davon ausgegangen wird, dass diese Gedanken bzw. Vorstellungen wirklich stimmen, wird dies zu einem nachteiligen Denkmuster. Das Realisieren, wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, dass diese Vorhersagen wirklich eintreffen, hilft das Denkmuster loszuwerden (Walther, 2012, S. 41).

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