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TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/13 W

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TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/13 W224 2121053-1

JUSLINE Entscheidung

 Veröffentlicht am 13.11.2017

Entscheidungsdatum 13.11.2017

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1 B-VG Art.133 Abs4 Spruch

W224 2121053-1/10E IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2016, Zl. 1050144509-150053824, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.11.2017, zu Recht:

A)

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr.

100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, reiste am 16.01.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch ein Organ des ö entlichen Sicherheitsdienstes am 17.01.2015 gab der Beschwerdeführer an, dass er im März 2012 von XXXX aus Syrien Richtung Türkei mit einem PKW verlassen habe. Die Grenzen seien zu dieser Zeit noch o en gewesen. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer an, Ende 2011 sei er nach einer Demonstration von der syrischen Polizei verhaftet worden. Er sei dann zwei Monate inhaftiert gewesen und

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täglich geprügelt worden. Anfang 2012 sei er wieder verhaftet worden, weil er mit einem Freund lange in seinem Geschäft gefeiert habe. Er sei wieder zwei Tage lang verprügelt worden. Nachdem die Situation immer schlimmer geworden sei und er gemerkt habe, dass es in Syrien keine Sicherheit gebe, habe er beschlossen zu fliehen.

2. Am 18.11.2015 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen. Er legte unter anderem einen syrischen Personalausweis, einen Führerschein, den Familienregisterauszug seiner Familie, die Geburtsurkunde, einen Auszug aus dem Zivilregister und sein Militärbuch vor. Er sei syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und des sunnitisch-moslemischen Glaubens. Vor seiner Ausreise habe er in XXXX, um Stadtteil XXXX gelebt. Er habe in Syrien ein Sportbekleidungsgeschäft gehabt und der Mittelschicht abgehört. Seinen Militärdienst habe er von 2004 bis 2006 abgeleistet. Er sei verheiratet und Vater eines Kindes. Seine Frau sei moldawische Staatsangehörige.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, Ende 2011, Anfang 2012 sei sein Auto von einem Heckenschützen beschossen worden. Sein Geschäft sei in einem Viertel von XXXX gelegen, in dem immer wieder Demonstrationen stattgefunden hätten. Auf Grund dieser Demonstrationen sei er zweimal festgenommen worden, weil ihm die Teilnahme an diesen Demonstrationen vorgeworfen wurde, obwohl er nur in seinem Geschäft gestanden sei. Einmal sei er festgenommen worden, weil er sich immer mit Freunden vor seinem Geschäft getroffen habe. Ihm sei vorgeworfen worden, eine politische Partei gründen zu wollen. Im Gefängnis sei er gefoltert worden. Seine Nase sei gebrochen worden. Nachdem sein Bruder erschossen worden sei, habe seine Mutter darauf bestanden, dass er Syrien verlassen solle. Er selbst habe an keinen Demonstrationen teilgenommen, aber die Sicherheitskräfte würden Menschen willkürlich festnehmen. Ein weiterer Fluchtgrund sei, dass der Beschwerdeführer beim Militär bei einer Spezialisten Einheit, nämlich der "Einheit 54" gewesen sei. Die Leute diese Einheit stünden - so der Beschwerdeführer - am Kopf der Liste der Reservisten. Die Soldaten hätten eine gute sportliche Kondition gehabt und seien für spezielle Einsätze wie Haus- oder Gebäudedurchsuchungen trainiert worden. Die Einheit sei auch mit Kalaschnikows bewa net gewesen. Nachgefragt, ob er einen Befehl erhalten habe, als Reservist einzurücken, gab der Beschwerdeführer an, im Februar 2013, als er sich nicht mehr in Syrien aufgehalten habe, sei die Militärpolizei zu ihm nach Hause gekommen.

Damals hätte sein Bruder zu einem Polizeirevier mitgehen und unterschreiben müssen, dass er sich momentan nicht in Syrien be nde. Er habe kein Schriftstück über das Einrücken erhalten, sondern der Bruder habe nur unterschrieben.

Dieser Bruder be nde sich derzeit in Deutschland. Zu seinen Verhaftungen nachgefragt führte der Beschwerdeführer aus, im September 2011 sei er 48 Stunden inhaftiert gewesen. Die zweite Verhaftung sei im Oktober 2011 gewesen.

Dabei sei er eine Woche inhaftiert gewesen. Er sei dabei in einer Zelle von 2 x 2 Metern festgehalten worden, insgesamt etwa 50 Personen. Er sei bei seiner Festnahme geschlagen und seine Nase sei gebrochen worden. Weil die Behörden herausgefunden hätten, dass er unschuldig gewesen sei, habe man ihn freigelassen. Sein Bruder sei im März 2013 erschossen worden, weil sein Auto in das Visier eines Heckenschützen geraten sei, als er auf dem Weg zur Arbeit war.

Der Beschwerdeführer gab weiters an, er sei legal vom Flughafen XXXX nach Beirut ge ogen. In XXXX sei er drei Stunden angehalten worden, weil die Behörden seinen Militärdienst überprüft hätten. In Beirut sei er sogar sieben Stunden angehalten worden. Die libanesischen Behörden hätten Kontakt zu den syrischen Behörden aufgenommen, um sicherzustellen, dass der Beschwerdeführer seinen Militärdienst abgeleistet habe.

3. Das BFA wies mit Bescheid vom 01.02.2016, Zl. 1050144509-150053824, den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I) ab. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III).

Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer in Syrien keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Der Tod des Bruders des Beschwerdeführers sei glaubhaft, habe sich aber den vorgelegten Unterlagen zufolge nach der Ausreise des Beschwerdeführers aus Syrien ereignet und könne somit nicht in kausalem Zusammenhang mit seinen Fluchtgründen stehen. Die Ableistung des Militärdienstes gehe aus dem vorgelegten Militärbuch hervor. Der Beschwerdeführer sei mit 02.04.2006 in den Reservestand überstellt worden. Aus der Sicht des BFA sei es nicht glaubwürdig gewesen, dass der Beschwerdeführer einer Spezialeinheit beim syrischen Militär angehört habe. Hätte der Beschwerdeführer - so das BFA - in einer Spezialeinheit gedient, hätte er über Nahkampftechnik, spezielle Wa enausbildung und Häuserkampf berichtet. Das BFA führte weiters aus, dass der Beschwerdeführer, so er tatsächlich bei einer Sondereinheit ausgebildet worden wäre, vermutlich eher als erst im Februar 2013 zum Reservedienst eingezogen worden wäre, zumal er sich in dem vom Regime kontrollierten XXXX

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aufhielt und ohne Probleme legal vom Flughafen in XXXX ausreisen habe können. In Bezug auf seine Verhaftungen habe der Beschwerdeführer unterschiedliche Vorbringen geschildert und auch unglaubwürdige Angaben gemacht.

Insgesamt habe der Beschwerdeführer somit keinen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft machen können.

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Die Spruchpunkte II.

und III. des angefochtenen Bescheides erwuchsen hingegen in Rechtskraft. In der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe seinen Militärdienst in einer Einheit der Sonderstreitkräfte geleistet, wo körperliches Konditionstraining und Kampfhandlungen durchgeführt worden seien. Mitte September 2011 sei er zufällig verhaftet und beschuldigt worden, an einer regimefeindlichen Demonstration teilgenommen zu haben.

Tatsächlich habe er an keiner Demonstration teilgenommen. In der Polizeidienststelle sei er 48 Stunden angehalten worden. Danach sei er ins Gefängnis gebracht worden, wo er zwei Monate verbracht habe. Anfang April 2012 sei er erneut gemeinsam mit einem Freund an seinem Arbeitsplatz verhaftet worden, weil er beschuldigt worden sei, an der Gründung einer Oppositionspartei teilgenommen zu haben. Er sei dann eine Woche im Gefängnis gewesen. Nach der Feststellung, dass er unschuldig gewesen sei, sei er freigelassen worden. In der Haft sei er gefoltert worden. Syrien habe er danach zwei Mal verlassen. Zuerst sei er von

XXXX über Aleppo in die Türkei gefahren, um dort eine Wohnung für seine Familie vorzubereiten. Danach sei er nach Syrien zurückgekehrt, um persönliche Angelegenheiten zu erledigen. Er habe geplant, von XXXX nach Beirut zu iegen, aber sich auch zuvor vergewissert, dass er nicht verfolgt werde und sein Name nicht auf den Listen der Gesuchten an den Kontrollpunkten zu nden sei. Ein Freund habe ihm gegen Bezahlung geholfen, dies herauszu nden. Einige Zeit nach seiner Ausreise aus Syrien habe er erfahren, dass er für den Eintritt in die Armee als Reservist geladen worden sei. Er wolle aber seine Mitbürger nicht ermorden.

5. Am 08.11.2017 fand eine ö entliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher Folgendes auszugsweise erörtert wurde:

"[...]

R: Wo haben Sie gelebt bevor Sie ausgereist sind?

BF: In XXXX in XXXX, das ist ein Stadtteil von XXXX.

R: Unter wessen Kontrolle steht dieser Stadtteil momentan?

BF: Unter der Kontrolle des Regimes.

R: War dies so auch bei Ihrer Ausreise?

BF: Ja.

R: Wie sind Sie aus Syrien ausgereist?

BF: Ich habe Syrien vom Flughafen aus verlassen. Ich habe dafür jemanden bezahlt, der die ganzen Ausreiseformalitäten geregelt hat. An der Grenze von Syrien in den Libanon war die Lage sehr schwierig, deshalb habe ich Syrien über den Flughafen mit Schmiergeldzahlungen verlassen.

R: Aus welchem Grund mussten Sie Schmiergeld zahlen?

BF: Ich habe eine große Summe Geld bezahlt, damit ich ohne Probleme ausreisen kann.

R: Ich fragte, aus welchem Grund Sie Schmiergeld zahlen mussten.

BF: Ich habe Geld bezahlt, damit derjenige den ich bezahlt habe nachschauen kann, ob ich gesucht werde und mein Name auf einer Liste steht, und dass niemand meinen Namen einträgt, dass ich das Land verlasse. Damals war es in Syrien so, dass man mit Geld alle Probleme lösen kann. Es gab Banden oder organisierte Leute, die alles mit Geld regeln können. Auch wenn man eingesperrt ist, kann man Geld bezahlen und man wird freigelassen.

R: Wann war das, als Sie über den Flughafen aus XXXX ausgereist sind?

BF: Ende 2012.

R: Wurden Sie bei Ihrer Ausreise aus Syrien am Flughafen und bei der Einreise in den Libanon kontrolliert?

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BF: Ja.

R: Waren Sie zuvor schon ein Mal außerhalb von Syrien?

BF: Ja.

R: Würden Sie mir das bitte schildern.

BF: Ich bin in die Türkei auf dem Landweg gefahren. Das war über Aleppo im April 2012, glaube ich.

R: Was haben Sie da gemacht? Erzählen Sie darüber.

BF: Ich bin gemeinsam mit meiner Familie, also Vater, Mutter, Schwester, Schwager und Ne en in die Türkei gereist und habe dort für sie ein Haus organisiert und habe sie dort untergebracht und bin nach Syrien zurückgekehrt. Ich habe dann meine persönlichen Sachen geregelt und bin dann über den Flughafen ausgereist.

R: Wie lange haben Sie sich insgesamt in der Türkei aufgehalten?

BF: Zwischen zwei Wochen und ein Monat.

R: Als Sie dann wieder zurück waren in Syrien, was genau haben Sie da gemacht?

BF: Ich hatte Geld auf meinem Konto, das habe ich aufgelöst und ich habe meine privaten Sachen aufgelöst.

R: Vom Libanon sind Sie dann zu Ihrer Familie in die Türkei gegangen?

BF: Ja. Ich bin alleine geflogen und dann vom Libanon zu meiner Familie in die Türkei.

R: Sind Sie von der Türkei wieder nach Syrien mit einem Auto gefahren?

BF: Mit einem Taxi.

R: Wie kann ich mir das vorstellen. Welche Wege fährt ein Taxi von der Türkei nach XXXX?

BF: Teilweise mit dem Bus und teilweise mit dem Taxi bis zur Grenze. Dann gibt es von der Grenze ein Taxi bis zur syrischen Grenze, und dann ab der syrischen Grenze fuhr ich ohne Kontrolle weiter. Die Grenze war aufgelassen, es gab keine Sicherheitskontrollen. Es gab dann ein Sammeltaxi mit dem ich bis nach XXXX gefahren bin.

R: Dieses Sammeltaxi fährt über normale Straßen nach XXXX?

BF: Es waren zwei oder drei Kontrollstellen, aber es gab keine Probleme. Man hat Panzereinheiten und Militär gesehen, aber wir sind durchgefahren und hatten keine Probleme. Wir wurden zwar angehalten, kontrolliert, aber es gab keine Probleme.

R: Hatten Sie in XXXX irgendwelche Probleme, als Sie wieder zurückkamen? Sind Sie kontrolliert worden?

BF: In der Stadt selbst wurde ich öfters kontrolliert. Aber auf dem Weg nach XXXX wurden wir zwar kontrolliert, aber nicht registriert.

R: Was war bei den Kontrollen in der Stadt?

BF: Ich bin ein Mal kontrolliert worden, man hat meinen Personalausweis verlangt. Er hatte aber keine Geräte, dass er kontrollieren könnte. Er hat den Ko erraum aufgemacht und wieder zu gemacht. Nach einer Weile bin ich stehen geblieben und ausgestiegen und habe nachgeschaut, ob er mir etwas in den Ko erraum reingegeben hat, denn es kam auch schon vor, dass belastende Gegenstände in den Ko erraum reingegeben wurden. Ich habe nachgeschaut, aber es war nichts.

[...]

R: Schildern Sie Ihre Fluchtgründe, also die Gründe, aus denen Sie Syrien verlassen haben, abschließend.

BF: Ich wurde vom Militär gesucht. Ich wollte nicht meine Landsleute töten. Denn normalerweise dient ein Militärdienst dazu die Bevölkerung zu schützen, aber sie nicht töten. Deswegen wollte ich nicht zum Militärdienst. Die Scharfschützen sind auf den Balkons gestanden und haben Leute willkürlich getötet. Mein Bruder wurde in meinem Auto erschossen. Ich habe sehr viele Drohungen bekommen von regimetreuen Leuten. Weil ich nicht an ihren Aktivitäten teilgenommen habe, das heißt, ich habe nicht auf Leute geschossen und ich habe nicht für das Regime gearbeitet. Viele Leute haben mich gewarnt, ich soll aufpassen, weil viele regimetreue Leute mich im Visier hatten, sie wollten mich töten.

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R: Haben Sie abschließend jetzt alles zu Ihrer Flucht geschildert?

BF: Ich hatte Angst um mein Leben. Ich wollte niemanden töten, ich wollte aber auch nicht getötet werden. Ich wollte nicht zum Militär. Der einzige Ausweg ist, Syrien zu verlassen. Wenn ich innerstaatlich irgendwo anders hingehen würde, würde ich von IS oder von oppositionellen Kräften zum mitkämpfen aufgefordert werden.

R: Wie konnten Sie legal aus Syrien ausreisen, wenn Sie doch sagen, dass Sie von regimetreuen Leuten ins Visier genommen wurden?

BF: Ich habe das Land nicht legal verlassen, ich habe dafür bezahlt. Und in Syrien kannst du alles kaufen. Du kannst Geld zahlen und einen Killer organisieren, und der kann dir dann jemanden töten. Du musst nur Geld zahlen. Es gibt genug höhere O ziere, die auch das Land verlassen haben und dafür bezahlt haben. Ich bin nur ein kleiner Mann und habe das auch gescha t. Man hat mich gewarnt, ich soll nicht das Land auf dem Landweg verlassen, weil die Lage sehr gefährlich ist. Die einzige vernünftige Alternative ist, das Land über den Flughafen zu verlassen und dafür Geld zu bezahlen.

R: Sie haben gesagt, Sie haben Geld dafür bezahlt, dass jemand den Sie kennen auf einer Reservistenliste nachschaut, ob Ihr Name darauf verzeichnet ist. Dies ist nicht der Fall gewesen und dann sind Sie über den Flughafen von XXXX ausgereist. Also war Ihre Flucht nicht illegal.

BF: Ja, ich bin legal ausgereist. Die meisten Syrier, die damals nach 2014 aus XXXX ausgereist sind, sind über den Flughafen ausgereist.

R: Ich denke nicht, dass dies richtig ist, was Sie hier angeben.

BF: Mein Bruder ist 2014 legal über den Flughafen von XXXX ausgereist, und ich kenne auch viele weitere Personen, die das ebenso machten. Der Vorteil bei einer Ausreise über den Flughafen von XXXX ist, dass man keinen bewa neten sonstigen Gruppierungen begegnet, mit denen man Probleme bekommen könnte.

R: Wann verließen Sie Syrien endgültig?

BF: Ende 2012.

R: Gab es Vorfälle in Syrien, die konkret und individuell gegen Sie gerichtet waren?

BF: Ja. Ich bin bedroht worden. Ich wurde oft gewarnt, ich soll mich beeilen und das Land verlassen, bevor ich zum Militär eingezogen werde. Ich habe einen Zettel bekommen, dass ich gesucht werde.

R: Wann haben Sie diesen Zettel bekommen?

BF: Ich war schon ausgereist. Ich habe das nicht persönlich bekommen, meine Schwester hat ihn bekommen.

R: Aber Ihre Schwester ist doch in der Türkei gewesen zu diesem Zeitpunkt?

BF: Ich habe drei Schwestern und sechs Brüder. Einer nach dem anderen hat dann das Land verlassen.

R: Wo lebt diese Schwester, die diesen Zettel bekommen hat und wie kann der Zusammenhang zu Ihnen hergestellt werden?

BF: Die Schwester lebt in XXXX, XXXX. Nachdem wir das Land verlassen haben, hat sie mit ihrem Mann in unserem Haus gewohnt.

R: Wer ist gekommen und hat einen Zettel abgegeben?

BF: Es war ein Polizist, er ist gekommen und hat nach mir gefragt. Meine Schwester hat geantwortet, sie weiß nicht wo ich bin, ich bin verreist, ich bin nicht da.

R: Wo haben Ihre Brüder bis zu der Ausreise gelegt?

BF: Auch in XXXX.

R: Wurden die Brüder zum Militär gerufen?

BF: Alle.

R: Persönlich, oder mit einem Zettel? Wo waren die Brüder?

BF: Es wurde verlautbart im Fernsehen, und wenn sie die Adresse kennen, dann wird man schriftlich mit einem Zettel

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benachrichtigt, dass man zum Militär gehen muss. Vor dem Umstand der Revolution hat man auch genau das gleiche gemacht. Man hat im Fernsehen verlautbart und wenn man zum Militär einberufen wird, bekommt die Familie einen Zettel.

R: Haben Ihre Brüder Zettel bekommen oder haben Ihre Brüder nur die Verlautbarungen im Fernsehen gesehen?

BF: Sie haben Zettel bekommen.

R: Was haben Sie dann gemacht?

BF: Keiner hat diese Zettel entgegen genommen. Man bringt die Zettel, aber meine Brüder unterschrieben nicht, sie waren nicht zu Hause. Es gilt als hätten sie diese Zettel nicht entgegen genommen. Wenn man nämlich nicht unterschreibt, kommt der Name des Betroffenen nicht auf die Liste des Militärs.

R: Dann ist Ihr Name ja auch nicht auf der Liste des Militärs, denn Sie waren ja auch nicht da und konnten auch nicht unterschreiben.

BF: Ich war nicht zu Hause, ich war außer Land. Wenn ich nicht zu Hause bin, wer sollte für mich unterschreiben?

R: Wenn Sie die geschilderten Probleme nicht hätten, könnten Sie dann im Herkunftsstaat leben?

BF: Nein, es ist schwierig.

R: Hat sich an den Gründen Ihrer Asylantragstellung seit Erhalt des angefochtenen Bescheids etwas geändert?

BF: Ich bin traurig gewesen. Wir sind auf der ganzen Welt zerstreut. Ich bin Syrier und habe auch Probleme wie die anderen Syrer.

R: Ich habe zu Ihrem Verfahren vorerst keine weiteren Fragen.

R an BF: Wollen Sie noch etwas Ergänzendes vorbringen oder Beweisanträge stellen?

BF: Zeugnisse wollte ich Ihnen zeigen.

R: Können Sie mir gerne zeigen.

BF zeigt Zeugnisse vom Deutschkurs und Integrationskurs vor.

R: Von wann bis wann haben Sie Ihren Militärdienst abgeleistet?

BF: Von 2003 bis 2005. Ich bin, was Daten anbelangt, nicht so genau. Zwei Jahre und ein Monat. Ich habe eine Bestätigung über diese Zeit abgegeben. Mein Militärdienstbuch ist bei ja Ihnen. Ich habe alle meine Papiere und Zettel bei mir. Die Sterbeurkunde meines Bruders wurde vom Regime ausgefüllt.

D übersetzt aus dem Militärbuch: Militärdienst abgeleistet von 02.10.2003 bis 01.04.2006.

R fragt den BF, ob er den Dolmetscher gut verstanden habe; dies wird bejaht."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger, syrischer Staatsangehöriger. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Er verließ Syrien zunächst im April 2012, wobei er von XXXX über Aleppo in die Türkei reiste.

Er ist gemeinsam mit seiner Familie, also Vater, Mutter, Schwester, Schwager und Ne en in die Türkei gereist und hat dort für sie ein Haus organisiert und sie dort untergebracht. Er hielt sich etwa zwischen zwei Wochen und einem Monat in der Türkei auf. Danach ist der Beschwerdeführer nach Syrien zurückgekehrt, um in Syrien sein Bankkonto und seine privaten Sachen aufzulösen. Er fuhr dabei auf dem Landweg von der Türkei nach Syrien mit einem Sammeltaxi. Auf dieser Fahrt gab es zwei oder drei Kontrollstellen samt Panzereinheiten und Militär, aber es gab keine Probleme für den Beschwerdeführer. Das Sammeltaxi ist zwar angehalten und kontrolliert worden, aber es gab keine Probleme. In der Stadt XXXX wurde der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr des Öfteren kontrolliert, aber nicht registriert. Ende 2012 ist der Beschwerdeführer über den Flughafen von XXXX legal nach Beirut ausgereist. Dabei wurde er von den syrischen Behörden kontrolliert.

Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Heimatstaat Syrien wegen der realen Gefahr einer ernsthaften individuellen

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Bedrohung seines Lebens aufgrund der instabilen Sicherheitslage und des innerstaatlichen Kon iktes in Syrien zuerkannt.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe Syrien wegen des Krieges und der damit in Zusammenhang stehenden schlechten Sicherheitslage verlassen, ist glaubhaft und wird der Beurteilung zu Grunde gelegt. Eine drohende asylrelevante Verfolgung ist aus diesem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht hervorgekommen, auch nicht aus amtswegiger Wahrnehmung.

Der Beschwerdeführer hat seinen Militärdienst von 02.10.2003 bis 01.04.2006 abgeleistet.

Der Beschwerdeführer hat vor seiner Ausreise keinen Einberufungsbefehl als Reservist erhalten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer als Reservist zum Militärdienst nach seiner Ausreise aus Syrien einberufen worden ist bzw. dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Wiedereinreise nach Syrien die Einberufung zum Militär als Reservist droht. Die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers können der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zugrunde gelegt.

Festgestellt wird, dass in Syrien auch Reservisten wieder einberufen werden können. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass dies mittels Brief oder an Checkpoints geschieht. Bei der Einberufung kommt es entscheidend auf den Beruf, die Ausbildung, den Rang, die Position während des bereits abgeleisteten Militärdienstes und die Einheit, in der gedient wurde, an (zB Luftstreitkräfte, Panzerfahrer). Aus den Länderfeststellungen ergibt sich außerdem, dass es auch Männer im wehrp ichtigen Alter gibt, die frei in Syrien leben. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben.

Weiters ist nicht feststellbar, dass dem Beschwerdeführer vom syrischen Regime bzw. vom syrischen Staat eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wurde bzw. der Beschwerdeführer dies objektiv nachvollziehbar fürchten musste.

Zur Lage in Syrien wird festgestellt (entnommen aus:

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation 3.3.2014 und 5.1.2017; UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien iehen, 4. Aktualisierte Fassung; UNHCR-Berichte: Relevante Herkunftslandinformation zur Unterstützung bei der Anwendung der UNHCR Richtlinien für Syrien, Februar 2017, sowie Syrien: Militärdienst, November 2016; zugrunde gelegt auch in der mündlichen Verhandlung am 08.11.2017):

1. Folter und unmenschliche Behandlung

Seit Beginn des Aufstands setzten die Sicherheitskräfte zehntausende Menschen willkürlichen Verhaftungen, ungesetzlicher Haft, dem Verschwindenlassen, Misshandlungen und Folter in einem breiten Netzwerk von Haftanstalten aus. Viele der Häftlinge sind junge Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren, jedoch sind auch Kinder, Frauen und ältere Menschen unter den Inhaftierten (HRW 27.1.2016). Berichten zufolge wurden Familienmitglieder durch die Sicherheitskräfte der syrischen Regierung festgenommen, darunter auch Kinder, um gesuchte Personen dazu zu bewegen, sich den Sicherheitskräften zu stellen (HRW 27.1.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Schätzungen zufolge sind seit 2011 in Gefängnissen der syrischen Regierung 17.723 Menschen durch Folter, Misshandlungen und katastrophale Haftbedingungen ums Leben gekommen (AI 18.8.2016).

Freigelassene Gefangene und MitarbeiterInnen der Sicherheitskräfte, die sich abgesetzt haben ("defectors"), berichten von einer Anzahl von Foltermethoden, die von den syrischen Sicherheitskräften verwendet werden. Dazu zählen langes Schlagen - oft mit Schlagstöcken und Drähten - schmerzhafte Stresspositionen, Elektroschocks, sexuelle Angriffe, das Ziehen von Fingernägeln und Scheinhinrichtungen. (HRW 21.1.2014)

Bewa nete Oppositionsgruppen begehen in wachsendem Ausmaß schwere Menschenrechtsverletzungen, darunter auch Folter. Ausländische Kämpfer und jihadistische Gruppen sind unter den schlimmsten Tätern. (HRW 21.1.2014) Aber auch die Freie Syrische Armee foltert einem Überläufer zufolge - manchmal mit tödlichem Ausgang. (UK 11.09.2013)

Von den Aufständischen gefangengenommene syrische Sicherheitskräfte oder ihre angeblichen UnterstützerInnen machen unter Folter Geständnisse. Dazu gibt es viele Videoaufzeichnungen, welche Gefangene mit Zeichen physischer Misshandlungen zeigen. (UK 11.09.2013)

Vergewaltigungen, meist von Frauen, aber auch von Männern und Buben, sind zu einer Kriegswa e geworden. Laut

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Menschenrechtsgruppen werden die meisten Vergewaltigungen von Gruppen begangen, die den Regimekräften zuzuordnen sind. (FH 23.1.2014)

Regierungskräfte verhafteten, folterten und töteten Hunderte von Angestellten des Gesundheitsbereichs und PatientInnen. Sie gri en absichtlich Fahrzeuge an, die PatientInnen und Vorräte transportierten. (HRW 21.1.2014) Ambulanzfahrer, Krankenschwestern, ÄrztInnen und Helfer würden attackiert, verhaftet oder verschwinden. Auch Schwerverwundete wurden aus Krankenhäusern entführt, weil ihre Verletzungen als Beweise für oppositionelle Unterstützung gewertet wurden. Die extremsten Beispiele lieferte ein Militärkrankenhaus in Homs. Dort wurden Verletzte gefoltert und ÄrztInnen befohlen, die Opfer am Leben zu erhalten, um sie weiter verhören zu können. (ARD 16.9.2013)

2. Risikoprofile

Werden Asylanträge von Asylsuchenden aus Syrien auf Einzelfallbasis gemäß bestehenden Asylverfahren oder Verfahren zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft geprüft, so ist UNHCR der Ansicht, dass Personen mit einem oder mehreren der unten beschriebenen Risikopro len wahrscheinlich internationalen Schutz im Sinne der GFK benötigen, sofern keine Ausschlussklauseln anwendbar sind (siehe Absatz 39). Bei Familienangehörigen und Personen, die auf sonstige Weise Menschen mit den nachfolgend aufgeführten Risikopro len nahestehen, ist es je nach den Umständen des Einzelfalls ebenfalls wahrscheinlich, dass sie internationalen Flüchtlingsschutz benötigen. Sofern relevant, sollte besonderes Augenmerk auf jegliche Verfolgung gelegt werden, der Asylsuchende in der Vergangenheit möglicherweise ausgesetzt waren.

Personen, die eine oppositionelle Einstellung haben oder denen eine solche unterstellt wird: Die Regierung wendet für die De nition von oppositioneller Einstellung sehr breite Kriterien an: So kann jede Form von Kritik, Opposition oder mangelnde Loyalität der Regierung gegenüber, in welcher Art auch immer ausgedrückt, zu ernsthaften Konsequenzen für die Person führen. Viele Protestierende, Aktivisten/Aktivistinnen, Wehrdienst-verweigerer, Deserteure, partizipative (Bürger-) Journalisten/Journalistinnen ("citizen journalists"), Ärzte/Ärztinnen und Personen, die humanitäre Hilfe leisten, und denen eine oppositionelle Haltung unterstellt wurde, wurden willkürlich verhaftet, gefoltert, misshandelt und standrechtlich hingerichtet. Viele wurden unter Anti-Terrorismusgesetzen verurteilt, die schwere Strafen vorsehen, wobei "Terrorismus" in diesem Gesetz sehr vage und breit de niert wird. Die meisten Gefangenen werden nie angeklagt. Tausende Zivilisten/Zivilistinnen wurden vor Strafgerichten, dem Anti-Terrorismus-Gericht in XXXX und Militärgerichten in Verfahren verurteilt, die keine internationalen Fairness-Standards einhalten; häu g nach mehrmonatiger Haft in Untersuchungshafteinrichtungen, die von Sicherheitsbehörden geführt werden, und auf Basis von erzwungenen Geständnissen. Strafen sind Berichten zufolge hart. Die Regierung überwacht politische Tre en, die Post und Onlineaktivitäten. Unzählige Personen wurden verhaftet, weil sie auf social media Fotos oder Videos "geliked"

oder geteilt haben, die oppositionelle Meinungen vertreten oder unterstützen. Die sog. Syrische Elektronische Armee hackt Websites und social media Seiten von oppositionellen Gruppen, westlichen Medien und Menschenrechtsorganisationen.

Syrer_innen, die im Ausland in regierungsgegnerische Proteste verwickelt waren, wurden systematisch überwacht, eingeschüchtert und teilweise physisch durch Botschaftsangestellte und andere angegri en. Familienangehörige von Syrer_innen, die sich im Ausland an Protesten oder ähnlichen Aktivitäten beteiligen, wurden in Syrien befragt, bedroht, verhaftet, körperlich misshandelt oder sogar getötet.

Die echte oder unterstellte regierungsgegnerische Einstellung einer Person wird häufig auch Personen in ihrem Umfeld zugeordnet, wie Familienangehörigen, Nachbarn oder Kollegen/Kolleginnen. Familienangehörige von Aktivisten/Aktivistinnen, Mitgliedern von Oppositionsparteien, Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern wurden Ziel von willkürlichen Verhaftungen, Folter, Misshandlungen, auch sexueller Gewalt und standrechtlicher Exekution. In Fällen, in denen eine gesuchte Person, der eine oppositionelle Haltung unterstellt wird, nicht gefunden werden kann, werden Familienangehörige verhaftet und misshandelt, um zu erfahren, wo die Person ist, damit sie sich stellt, oder um ihre Handlungen zu bestrafen. Weibliche Familienangehörige werden Berichten zu Folge auch zum Tausch bei Gefangenenaustauschen mit regierungsgegnerischen bewa neten Gruppen verwendet. Nachbarn, Freunde und Kollegen waren ebenfalls Ziele solcher Praktiken.

Aus Angst wird häu g Abstand genommen, sich über eine Verhaftung zu beschweren; stattdessen werden Bestechungsgelder bezahlt, um einen Verhafteten verlegen zu lassen oder freizubekommen. Präsidentielle Amnestien

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ermöglichten auch Bestechungen von Richtern/Richterinnen. In besonders schweren Fällen wurden ganze Familien von Oppositionellen oder Deserteuren verhaftet oder ermordet, zB während einer Hausdurchsuchung.

Personen, die leicht von den syrischen Behörden als regierungskritisch wahrgenommen werden, oder die Sympathisanten sind oder Verbindungen zur Opposition haben, werden wahrscheinlich internationalen Schutz wegen ihrer auch nur unterstellten politischen Gesinnung benötigen. Der reine Verdacht einer solchen Haltung reicht aus, um eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung auszulösen.

Die nachstehend aufgeführten Risikopro le sind nicht unbedingt abschließend und können sich überschneiden. Die Reihenfolge der aufgeführten Pro le impliziert keine Hierarchie. Die Pro le basieren auf Informationen, die UNHCR zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Dokuments vorlagen. Ein Antrag sollte daher nicht automatisch als unbegründet erachtet werden, weil er keinem hier aufgeführten Profil entspricht.

* Personen, die tatsächlich oder vermeintlich in Opposition zur Regierung stehen, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Mitglieder politischer Oppositionsparteien; Aufständische, Aktivisten und sonstige Personen, die als Sympathisanten der Opposition angesehen werden; Mitglieder bewa neter oppositioneller Gruppen bzw. Personen, die als Mitglieder bewa neter oppositioneller Gruppen angesehen werden; Wehrdienstverweigerer und Deserteure der Streitkräfte; Mitglieder der Regierung und der Baath-Partei, die ihre Ämter niedergelegt haben; Familienangehörige von tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsgegnern sowie andere Personen, die mit tatsächlichen oder vermeintlichen Regierungsgegnern in Verbindung gebracht werden; Zivilisten, die in vermeintlich regierungsfeindlichen städtischen Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben.

* Personen, die tatsächlich oder vermeintlich die Regierung unterstützen, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Mitglieder von Parteien, die der Regierung verbunden sind; tatsächliche und vermeintliche Mitglieder von Streitkräften der Regierung sowie Zivilbürger, von denen angenommen wird, dass sie mit Streitkräften der Regierung zusammenarbeiten; Familienangehörige von Personen, die tatsächlich oder vermeintlich die Regierung unterstützen;

Zivilisten, die in vermeintlich regierungsnahen städtischen Nachbarschaften, Städten und Dörfern leben.

* Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner von ISIS sind, und sich in Gebieten aufhalten, in denen ISIS de facto die Kontrolle oder Einfluss ausübt.

* Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner bewa neter oppositioneller Gruppen sind, und sich in Gebieten aufhalten, in denen diese Gruppen de facto die Kontrolle ausüben.

* Personen, die tatsächliche oder vermeintliche Gegner von PYD/YPG sind und sich in Gebieten aufhalten, in denen PYD/YPG de facto die Kontrolle ausüben.

* Angehörige bestimmter Berufsgruppen, insbesondere Journalisten und andere in der Medienbranche tätige Personen, Laienjournalisten;

Ärzte und andere im Gesundheitswesen tätige Personen;

Menschenrechtsaktivisten; humanitäre Helfer; Künstler; Unternehmer und andere Personen, die tatsächlich oder vermeintlich vermögend oder einflussreich sind.

* Mitglieder religiöser Gruppen, einschließlich Sunniten, Alawiten, Ismailis, Zwölfer-Schiiten, Drusen, Christen und Jesiden.

* Personen, die vermeintlich gegen die Scharia verstoßen und in Gebieten leben, die unter der Kontrolle oder dem Einfluss extremistischer islamistischer Gruppen stehen.

* Angehörige ethnischer Minderheiten, einschließlich Kurden, Turkmenen, Assyrer, Tscherkessen und Armenier.

* Frauen, insbesondere Frauen ohne Schutz durch Männer, Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt, von Kinder- und Zwangsheirat, häuslicher Gewalt, Verbrechen zur Verteidigung der Familienehre ("Ehrendelikt") und Menschenhandel wurden, oder einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind.

* Kinder, insbesondere Kinder, die in der Vergangenheit festgenommen wurden, oder die einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind; sowie Kinder, die Opfer von Zwangsrekrutierung als Kindersoldaten, sexueller und häuslicher Gewalt, Kinderarbeit, Menschenhandel und systematischer Verweigerung des Zugangs zu Bildungsangeboten wurden, oder die einem entsprechenden Risiko ausgesetzt sind.

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* Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und/oder geschlechtlicher Identität.

* Palästinensische Flüchtlinge.

Prinzipiell können Syrer_innen unter Verwendung ihrer Pässe (oder ID-Karten für den Libanon) das Land über jeden Grenzposten, der in Betrieb ist, verlassen. Personen, die ohne gültige Ausweise, nicht über o zielle Grenzübergänge oder ohne Genehmigung ein- oder ausreisen, können mit Haft- oder einer Geldstrafe belegt werden.

Eine Ausreisegenehmigung benötigen Beamte/Beamtinnen (von ihrem Ministerium/ihrer Dienststelle); Berufssoldaten (die, die ohne Genehmigung das Land verlassen, werden wie Deserteure behandelt); Kinder (benötigen die schriftliche Zustimmung des Vaters); Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 42 (benötigen die Zustimmung der Einrichtung, die Einberufungen vornimmt. Nach Informationen des UNHCR betri t diese Genehmigungsp icht auch Personen, die eine Ausnahmegenehmigung haben; nach Ablauf der Ausnahmegenehmigung wird erwartet, dass sie zum Militärdienst antreten, andernfalls werden sie als Wehrdienstverweigerer angesehen).

3. Wehr- und Reservedienst und Rekrutierungen

Für männliche Syrer und Palästinenser, welche in Syrien leben, ist ein Wehrdienst von 18 oder 21 Monaten ab dem Alter von 18 Jahren verp ichtend, außerdem gibt es einen freiwilligen Militärdienst. Frauen können ebenfalls freiwillig einen Militärdienst ableisten (CIA 19.10.2016; vgl. FIS 23.8.2016). Seit Jahren versuchen immer mehr Männer die Rekrutierung zu vermeiden, indem sie beispielsweise das Land verlassen oder bewa neten Gruppen beitreten, die das Regime unterstützen. Jenen, die den Wehrdienst verweigern, oder auch ihren Familienangehörigen, können Konsequenzen drohen (FIS 23.8.2016).

Der Militärdienst in den syrischen Streitkräften ist auch von syrischen, staatenlosen, Palästinensern - in der Palästinensischen Befreiungsarmee - und von Kurden, die einen syrischen Personalausweis besitzen, abzuleisten. Als der Aufstand in Syrien begann, versuchte die Assad Regierung die Minderheiten zu besänftigen und versprach den Kurden die Staatsbürgerschaft. Da für den Erhalt der Staatsbürgerschaft auch ein Interview mit den Sicherheitsbehörden notwendig ist, sind nur wenige bereit die Staatsbürgerschaft zu beantragen. Junge Kurden, die um die Staatsbürgerschaft ansuchten, wurden aufgefordert den Militärdienst abzuleisten. Wehrp ichtige können auch im Kampf gegen Protestierende eingesetzt werden. (UK 11.09.2013)

Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß die Rekrutierung durch die syrische Armee in verschiedenen Gebieten Syriens, die unter der Kontrolle verschiedener Akteure stehen, tatsächlich durchgesetzt wird, und wie dies geschieht (FIS 23.8.2016). In der syrischen Armee herrscht zunehmende Willkür und die Situation kann sich von einer Person zur anderen unterscheiden (FIS 23.8.2016).

Oppositionsgruppen haben ihre eigenen Vorgangsweisen bei der Rekrutierung, und die Situation kann von der jeweils verantwortlichen Person abhängen (FIS 23.8.2016).

Regierungseinheiten, Pro-Regime-Milizen, bewa nete oppositionelle Gruppen und terroristische Organisationen rekrutieren Kinder und nutzen sie als Soldaten, menschliche Schutzschilde, Selbstmordattentäter, Henker und auch in unterstützenden Funktionen. Kinder werden als Zwangsarbeiter oder Informanten benutzt, wodurch sie dem Risiko von Vergeltungsakten oder extremen Bestrafungen ausgesetzt sind. Manche bewa nete Gruppierungen, die auf der Seite der Regierung kämpfen, zwangsrekrutieren Kinder - manche nicht älter als 6 Jahre (USDOS 30.6.2016).

Der IS setzt aktiv Kinder - manche lediglich 8 Jahre alt - in Kampfhandlungen ein, teils auch bei der Enthauptung von Soldaten des syrischen Regimes. Der IS zielt bewusst auf Kinder ab, um diese zu indoktrinieren und nutzt Schulen für militärische Zwecke, wodurch Kinder gefährdet werden und ihr Zugang zu Bildung eingeschränkt wird (USDOS 30.6.2016).

Auch die Kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) rekrutieren Burschen und Mädchen, indoktrinieren sie und bringen sie in Trainings-Camps (USDOS 30.6.2016).

* Die syrischen Streitkräfte - Wehr- und Reservedienst

Die syrische Armee hat durch Todesfälle, Desertionen und Überlaufen zu den Rebellen einen schweren Mangel an Soldaten zu verzeichnen. Viele weigern sich, der Armee beizutreten. Die regulären Rekrutierungsmethoden werden in Syrien noch immer angewendet, weil das Regime zeigen will, dass sich nichts verändert hat, und das Land nicht in totaler Anarchie versinkt. Es werden Rekrutierungsschreiben verschickt, wenn Männer das wehrfähige Alter erreichen.

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Männer, die sich außer Landes oder in Gebieten, die nicht von der Regierung kontrolliert werden, be nden, erhalten ihre Rekrutierungsschreiben häu g nicht (FIS 23.8.2016). Wenn eine persönliche Benachrichtigung nicht möglich ist, können Männer, welche das wehrfähige Alter erreichen, auch durch Durchsagen im staatlichen Fernsehen, Radio oder der Zeitung zum Wehrdienst aufgerufen werden (DIS 26.2.2016). Männer werden jedoch auch auf der Straße an Checkpoints oder an anderen Orten rekrutiert. Es gibt auch Massenverhaftungen und Tür-zu-Tür-Kampagnen, um Wehrdienstverweigerern habhaft zu werden (FIS 23.8.2016; vgl. UNHCR 30.11.2016). Berichten zufolge besteht aber auch für - teils relativ junge - Minderjährige die Gefahr, in Zusammenhang mit der Wehrp icht an Checkpoints aufgehalten zu werden und dabei Repressalien ausgesetzt zu sein (UNHCR 30.11.2016).

Christliche und muslimische religiöse Führer können weiterhin den Kriegsdienst verweigern, wobei muslimische Führer eine Abgabe bezahlen müssen, um vom Kriegsdienst befreit zu werden (USDOS 10.8.2016). Bestechung als Mittel, um den Wehrdienst zu vermeiden, ist mittlerweile schwieriger geworden - zumindest wenn jemand keine großen Geldsummen zur Verfügung hat. Es gibt auch Männer im wehrp ichtigen Alter, die frei in Syrien leben. Dem Regime liegt nicht daran, alle wehrtauglichen Personen in die Flucht zu treiben. Es werden nämlich auch künftig motivierte Kämpfer benötigt (FIS 23.8.2016).

Die Regierung hat Schwierigkeiten neue Rekruten auszuheben und die, die zum normalen verp ichtenden Militärdienst einberufen werden sollten, weigern sich, sich zu melden. Diese Situation zwang die Regierung die Einberufung auf jene auszuweiten, die ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. (UNGA 16.8.2012; vgl. UK 11.09.2013)

Nach der Massenwanderung von Syrern im Jahr 2015 wurde das Wehrdienstalter erhöht, und mehr Männer wurden an Checkpoints rekrutiert, auch solche, die ihren Militärdienst bereits beendet hatten. Für junge Männer im Alter von 16 und 17 Jahren ist es schwer, einen Reisepass zu erhalten, oder sie erhalten nur einen Pass, der zwei Jahre gültig ist (FIS 23.8.2016; vgl. UNHCR 30.11.2016). Das Höchstalter für den Militärdienst betrug zuvor 42 Jahre, wurde jedoch inzwischen erhöht, wobei es hierzu keine o zielle Regelung und daher auch kein o zielles Höchstalter mehr gibt (FIS 23.8.2016). Reservisten können je nach Gebiet und Fall auch im Alter von 50 bis 60 Jahren zum aktiven Dienst einberufen werden. Sie werden mittels Brief, den die Polizei persönlich zustellt, oder an Checkpoints rekrutiert (FIS 23.8.2016). Bei der Einberufung von Reservisten ist das Alter weniger entscheidend als der Beruf oder die Ausbildung einer Person, sowie Rang und Position während des bereits abgeleisteten Militärdienstes oder die Einheit, in der gedient wurde (DIS 26.2.2016).

Es gibt verschiedene Gründe, um vom Militärdienst befreit zu werden. Der einzige Sohn einer Familie, Studenten oder Versorger der Familie können vom Wehrdienst befreit werden. Außerdem sind Männer mit Doppelstaatsbürgerschaft, die den Wehrdienst bereits in einem anderen Land abgeleistet haben, üblicherweise vom Wehrdienst befreit. Trotz der Reduzierung der Länge des Militärdienstes auf 18 Monate folgte eine Entscheidung im November 2011, den Aufschub der Einberufung aus administrativen oder schulischen Gründen aufzuheben. Daraufhin verließen dutzende junge Männer das Land. Möglicherweise kommt es bei den Ausnahmen zum Wehrdienst derzeit jedoch auch zu Willkür (FIS 23.8.2016; vgl. DIS 26.2.2015, UNHCR 30.11.2016). Durch den erhöhten Bedarf an Soldaten wird mittlerweile ebenso auf "geschützte" Gruppen wie Studierende, Beamte und Minderheiten zurückgegriffen (UNHCR 30.11.2016).

Entlassungen aus dem Militärdienst sind sehr selten geworden. Es gibt Männer in der Armee, die seit dem Beginn der Revolution 2011 in der Armee sind. Die Dauer des Militärdienstes hat sich verlängert, möglicherweise ist sie auch nicht mehr begrenzt. 2011 konnte der Wehrdienst noch um ein paar Monate verlängert werden, und danach wurde man entlassen. Mittlerweile ist Desertion häufig der einzige Ausweg (FIS 23.8.2016; vgl. DIS 26.2.2015).

Bei der Einreise nach Syrien über den Flughafen XXXX oder andere Einreisepunkte in Gebiete, die vom syrischen Regime kontrolliert werden, wird bei Männern im wehrfähigen Alter überprüft, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben. Selbst wenn sie ihren Militärdienst bereits absolviert haben, kommt es vor, dass Männer im wehrfähigen Alter erneut zwangsrekrutiert werden (IRB 19.1.2016).

* Wehrdienstverweigerung/Desertion

Die Strafen für Wehrdienstverweigerung hängen von den Umständen ab und reichen von einem Monat bis zu fünf Jahren Haft. (UK 3.10.2012) Laut Artikel 98 des Militärstrafgesetzes wird Desertion in Friedenszeiten mit Haftstrafen von einem bis zu sechs Monaten bestraft. Artikel 99 regelt Desertionen in Kriegszeiten, und spricht über Haftstrafen zwischen drei und fünf Jahren, vorausgesetzt der Betro ene stellt sich innerhalb einer Frist von 3 Monaten freiwillig

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den Behörden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre mit einer hohen Haftstrafe zu rechnen. (Vertrauliche Quelle 16.03.2012) Desertion ist mit fünf bis zehn Jahren, wenn der Deserteur das Land verlassen hat. Die Strafen für Desertion variieren nach dem Rang des Deserteurs und den Umständen unter denen die Desertion stattfand. (UK 3.10.2012) Das Überlaufen zum Feind ist mit der Exekution strafbar. (UK 3.10.2012; vgl.UK 11.9.2013)

Desertion kann - abhängig von den Umständen - einem Todesurteil gleich kommen, das Berichten von Deserteuren zufolge, oftmals auch unmittelbar vollstreckt wird. Grundwehrdiener werden mit Zwangsmaßnahmen zum Einsatz gezwungen. (Vertrauliche Quelle Sept. 2012) Syrischen Soldaten droht bei der Weigerung gegen die Protestierenden vorzugehen Haft und Folter. Außerdem wird berichtet, dass Soldaten am Ende der Haft ein Dokument unterschreiben mussten in dem sie bestätigten, dass ihnen während der Haft nichts angetan wurde, und sie mussten sich verp ichten, Kameraden, die sich weigerten auf Demonstranten zu schießen, ihren Vorgesetzten zu melden. Erst dann durften sie zu ihren Einheiten zurückkehren. (AI Juni 2012) Andere Soldaten wurden hingegen Opfer von "Verschwindenlassen."

(OHCHR 19.12.2013). Desertierte syrische Soldaten berichteten, dass sie gezwungen wurden auf unbewa nete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen erschossen zu werden. (AI Juni 2012) Eine große Zahl an Soldaten wurde tatsächlich bereits getötet, als sie versuchten zu desertieren oder sich weigerten auf Zivilisten zu schießen. (UK 3.10.2012)

Wenn ein Deserteur an einem Checkpoint rekrutiert wird, kann er direkt zum Dienst - auch an die Front - oder ins Gefängnis geschickt werden. Die Konsequenzen für Desertion hängen vom Bedarf an der Front und von der Position und dem Rang des Deserteurs ab. Für ‚desertierte', vormals bei der Armee arbeitende Zivilisten gelten dieselben Konsequenzen wie für einen Deserteur. Solche Personen werden als Verräter angesehen, weil sie über Informationen über die Armee verfügen (FIS 23.8.2016).

Neben der Angst vor den Sicherheitskräften war die Angst vor der Einberufung ein wichtiges Argument für syrische Kurden das Land zu verlassen. Außerdem desertierten viele, nachdem sie Zeugen von Menschenrechtsverbrechen geworden waren. (UK 3.10.2012)

Es gab Amnestien der syrischen Regierung, um Deserteure und Wehrdienstverweigerer zu ermutigen, sich zum Dienst zu melden (FIS 23.8.2016; vgl. Reuters 20.7.2016). Es ist jedoch nicht bekannt, ob Männer, die dieses Angebot in Anspruch nehmen, Konsequenzen erfahren oder nicht (FIS 23.8.2016). Besonders aus dem Jahr 2012 gibt es Berichte von desertierten syrischen Soldaten, welche gezwungen wurden, auf unbewa nete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen. Falls sie sich weigerten, wären sie Gefahr gelaufen, erschossen zu werden (AI 6.2012).

Auch Familien von Deserteuren oder Wehrdienstverweigerern haben mit Konsequenzen zu rechnen. Eine Familie könnte von der Regierung unter Druck gesetzt werden, wenn der Deserteur dadurch vielleicht gefunden werden kann.

Familienmitglieder (auch weibliche) können festgenommen werden, um den Deserteur dazu zu bringen, sich zu stellen. Manchmal wird ein Bruder oder der Vater eines Deserteurs ersatzweise zur Armee rekrutiert (FIS 23.8.2016).

4. Frauen

Frauen sind Gewalt, Diskriminierung und starken Einschränkungen ihrer Rechte ausgesetzt. Vergewaltigungen sind weit verbreitet und die Regierung und deren Verbündete setzten Vergewaltigungen gegen Frauen, aber auch gegen Männer und Kinder, welche als der Opposition zugehörig wahrgenommen werden, ein, um diese zu terrorisieren oder zu bestrafen. Das tatsächliche Ausmaß von sexueller Gewalt in Syrien lässt sich nur schwer einschätzen, da viele Vergehen nicht angezeigt werden. Es passieren auch Vergewaltigungen durch Wächter und Sicherheitskräfte in Haftanstalten. Vergewaltigung ist zwar laut Gesetz strafbar, die Regierung vollstreckt dieses Gesetz jedoch nicht.

Außerdem kann der Täter Stra reiheit erlangen, wenn er das Opfer heiratet, um so das soziale Stigma einer Vergewaltigung zu vermeiden. Menschenrechtsorganisationen berichten außerdem von einem Anstieg an sogenannten Ehrenmorden, aufgrund der hohen Anzahl an Vergewaltigungen durch die Regierungseinheiten und sexuelle Versklavung und Ausbeutung durch den IS (USDOS 13.4.2016).

Auch an Checkpoints, welche von den verschiedenen bewa neten Gruppierungen besetzt sind (The Independent 29.1.2016; vgl. WILPF 11.2016), sowie bei Hausdurchsuchungen durch Sicherheitskräfte kommt es zu Vergewaltigungen und sexuellen Übergriffen (WILPF 11.2016).

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Die Anzahl an Kinderehen ist hoch, besonders bei vertriebenen und üchtenden Familien, welche junge Töchter verheiraten, um sie vor Vergewaltigung zu schützen, eine Vergewaltigung zu vertuschen - oder aus wirtschaftlicher Not (FH 27.1.2016; vgl. The Independent 29.1.2016).

In Kon iktgebieten werden Frauen auch Opfer von Entführungen durch bewa nete Gruppen, welche ihre Gegner nicht militärisch besiegen konnten, und Entführungen dazu nutzen, um die Gegenseite zur Kapitulation zu zwingen (The Independent 29.1.2016).

Extremistische Gruppierungen, wie der IS oder Jabhat Fatah al-Sham, setzen Frauen in den von ihnen kontrollierten Gebieten diskriminierenden Beschränkungen aus. Solche Beschränkungen sind z. B. strenge Kleidervorschriften, Einschränkungen bei der Teilnahme am ö entlichen Leben, bei der Bewegungsfreiheit und beim Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt. In Gebieten, die der IS kontrolliert, wurde ein Dokument verö entlicht, welches Frauen unter Androhung der Todesstrafe die Befolgung von 16 Punkten vorschreibt. Die Punkte waren unter anderem, das Haus nicht ohne einen männlichen nahen Verwandten (mahram) zu verlassen, weite Kleidung, ein Kopftuch und einen Gesichtsschleier zu tragen, Friseursalons zu schließen, in der Ö entlichkeit nicht auf Stühlen zu sitzen und keine männlichen Ärzte aufzusuchen (USDOS 13.4.2016; vgl. The Independent 29.1.2016). In Raqqa gründete der IS die "al- Khansaa"-Brigade, welche hauptsächlich aus nicht-syrischen Frauen besteht und die Regeln des IS bei Frauen durchsetzten soll (USDOS 13.4.2016; vgl. The Independent 29.2.2016).

Außerhalb der Gebiete, die unter der Kontrolle des Regimes stehen, unterscheiden sich die Bedingungen für Frauen sehr stark voneinander. Von extremer Diskriminierung, sexueller Versklavung und erdrückenden Verhaltens- und Kleidungsvorschriften in Gebieten des IS, zu formaler Gleichberechtigung in den Gebieten unter der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), wo Regierungssitze immer von einer Frau und einem Mann besetzt sind und Frauen in der Politik und im Militärdienst gut vertreten sind (FH 27.1.2016).

5. Behandlung nach Rückkehr

Am 13.1.2013 schob Ägypten zwei Syrer nach Syrien ab und verletzte damit seine Verp ichtungen in Bezug auf Non- Refoulement. Am 8. Juli verwehrte Ägypten 276 Menschen aus Syrien die Einreise und zwang ein Flugzeug zur Umkehr nach Syrien, nachdem am selben Tag ohne Vorwarnung eine Visumsp icht und eine Vorab-Sicherheitsüberprüfung für SyrerInnen eingeführt worden war. (HRW 21.1.2014) Im Oktober 2013 wurden 36 Personen, hauptsächlich PalästinenserInnen, von Ägypten nach Syrien abgeschoben. Es wird angenommen, dass viele von ihnen in der Palästina-Abteilung - einer der gefürchtetsten Sektionen - des syrischen Militärnachrichtendienstes festgehalten werden. (BCC News 17.10.2013)

Fälle von Refoulement nach Syrien wurden für einige Länder bestätigt. UNHCR bemüht sich um verstärkte Präsenz auf Flughäfen und Grenzstationen, weil sich IDPs entlang der syrischen Grenze sammeln, die aufgrund der erschwerten Einreisebedingungen nicht in die Nachbarstaaten einreisen können. Besonders die Zahl ausreisender Palästinenser nahm aufgrund der Hindernisse ab. (UNHCR 16.12.2013)

Personen, die erfolglos in anderen Ländern um Asyl angesucht haben und solche, die in der Vergangenheit Verbindung mit der Muslimbruderschaft hatten, wurden bei ihrer Rückkehr gerichtlich belangt. Die Regierung verhaftete routinemäßig DissidentInnen und frühere StaatsbürgerInnen ohne bekannte politische Zugehörigkeit, die versuchten nach Jahren oder sogar Jahrzehnten im selbstverhängten Exil ins Land zurückzukehren. (USDOS 19.4.2013)

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at

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