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Archiv "Nichtärztliche Chirurgieassistenz: Erfahrungen mit einem neuen Beruf" (08.03.2013)

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A 436 Deutsches Ärzteblatt

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8. März 2013

B

ei der nichtärztlichen Chir - urgieassistenz geht es um die regelhafte Delegation ärztli- cher Tätigkeiten an besonders ge- schultes Personal (1). Dabei unter- scheidet sich das Aufgabenspek- trum von Chirurgieassistenten klar von den Aufgaben des OP-Pflege- personals oder eines operations- technischen Assistenten (OTA).

Der Chirurgieassistent erbringt in- tra- und perioperativ eine Vielzahl von Leistungen, die ansonsten ein Arzt durchführt.

Konkret sollen Chirurgieassis- tenten intraoperativ assistierende Tätigkeiten der ersten und zweiten Assistenz unter Aufsicht und An- weisung eines verantwortlichen Arz- tes durchführen beziehungsweise dem Operateur direkt bei operati-

ven Eingriffen assistieren. Daneben werden ihnen ausgewählte periope- rative Aufgaben übertragen. Der Chirurgieassistent hat vor allem fol- gende Aufgaben (2, 3):

Kontrolle der OP-relevanten Patientenunterlagen auf Vollstän- digkeit

fachspezifische Lagerung des Patienten für den Eingriff

Inspektion, Desinfektion und steriles Abdecken des Patienten

Mithilfe beim Zugangsweg durch situationsgerechtes Verwenden von Instrumenten und/oder Händen

situationsgerechtes intraope- ratives Darstellen des OP-Gebietes durch den Einsatz von Retraktoren, Haken und Händen

Mithilfe bei intraoperativer Blutstillung durch Elektrokoagula-

tion, Saugertechniken, Setzen von Klammern, Legen und Knoten von Ligaturen, Einsatz von Clipinstru- menten, Einsatz von Tupfern und Tüchern

Bearbeitung unterschiedlicher Gewebestrukturen unter fachge- rechter Verwendung chirurgischer Instrumente

Faden führen, Anwendung ver - schiedener Knotentechniken

Bedienung und Anwendung medizinischer Instrumente/Geräte

Einlegen und Sicherung von Drainagen/Sonden/Kathetern/Tam- ponaden

Mithilfe beim schichtweisen Wundverschluss, auch durch eigen- ständige Naht

Anlegen steriler Verbände jeg- licher Art

NICHTÄRZTLICHE CHIRURGIEASSISTENZ

Erfahrungen mit einem neuen Beruf

Nichtärztliche Chirurgieassistenten übernehmen ausgewählte ärztliche Aufgaben im OP. In einer Studie des Deutschen Krankenhausinstituts wurden sie zu ihrem Einsatz im Krankenhaus befragt.

Foto: picture alliance

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GRAFIK 1

Ausgewählte Tätigkeiten der nichtärztlichen Chirurgieassistenz im OP

Eigenständiger Wundverschluss Mithilfe beim Wundverschluss Eigenständiges Legen von Zugängen Mithilfe beim Zugang Einlegen/Sicherung von Drainagen Fadenführung Verschiedene Knotentechniken Anlegen steriler Verbände Lagerung des Patienten Desinfektion/steriles Abdecken des Patienten Eigenständige intraoperative Blutstillung Mithilfe bei der intraoperativen Blutstillung Situationsgerechte Darstellung des

OP-Gebietes gen und die Sicherung von Draina- gen, die Desinfektion und das steri- le Abdecken sowie die Lagerung des Patienten, die situationsgerech- te Darstellung des OP-Gebietes und die Mithilfe bei der intraoperativen Blutstillung (Grafik 1). Auf betten- führenden Stationen oder in der Ambulanz bilden Verbandswechsel, die Wundversorgung, Blutentnah- men und das Legen venöser Zugän- ge ihre Arbeitsschwerpunkte.

Mehrheitlich ist das Aufgaben- spektrum der befragten nichtärztli- chen Chirurgieassistenten klar von dem der OP-Pfleger und OTA abge- grenzt. Einschlägige Tätigkeiten der

OP-Pflege, wie Instrumentation oder die Vor- und Nachbereitung des OP- Saals, gehören nicht standardmäßig zum Aufgabenbereich der nichtärzt- lichen Chirurgieassistenz.

Gute Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit von nichtärzt- lichen Chirurgieassistenten und ärzt- lichem Dienst oder dem übrigen OP- Personal wird gemäß den Selbstein- schätzungen der Absolventen über- wiegend positiv bewertet. Über alle Berufsgruppen und Hierarchiestufen hinweg bezeichnen zwischen 75 und 90 Prozent der Absolventen die Zu- sammenarbeit als „gut“ oder „sehr

gut“. Das Gleiche gilt analog für die grundsätzliche Akzeptanz des Be- rufsbildes der nichtärztlichen Chir - urgieassistenz, die von den Befrag- ten, je nach Berufsgruppe oder Hier - archiestufe, zwischen 60 und mehr als 80 Prozent als „gut“ bis „sehr gut“ eingestuft wird (Grafik 2).

Hohe Berufszufriedenheit Tendenziell fällt die grundsätzliche Akzeptanz des Berufsbildes der nichtärztlichen Chirurgieassistenz bei den Chef- und Oberärzten so- wie den Assistenzärzten mit abge- schlossener Weiterbildung etwas besser aus als bei den Assistenzärz-

ten in Weiterbildung, den OTA und weitergebildeten OP-Pflegern so- wie beim sonstigen OP-Personal.

Nach Auffassung der Befragten tragen nichtärztliche Chirurgieas- sistenten zur Entlastung des ärztli- chen Dienstes im OP bei, nicht zu- letzt durch eine Konzentration der ärztlichen Weiterbildung auf ärztli- che Kernleistungen. Darüber hinaus gehen die Befragungsteilnehmer mehrheitlich von einer verbesserten Qualität von Assistenzleistungen im OP sowie einer verbesserten Orga- nisation der Handlungsabläufe im OP durch den Einsatz von nichtärzt- lichen Chirurgieassistenten aus.

3,2 3,3 2,4

2,6 3,2

3,5 3,3

3,6 3,4

3,6 2,9

3,3 3,5

Quelle: Deutsches Krankenhausinstitut

1 nie

2 manchmal

3 oft

4 sehr oft Mittelwerte

Kameraführung bei endosko- pischen Eingriffen.

Im Bereich der Chirurgieassistenz gibt es in Deutschland verschiedene Qualifizierungswege. Grundsätzlich ist hier zwischen grundständigen Ausbildungen, Weiterbildungen und einem Bachelorstudium zu diffe- renzieren (4). Erste praktische Er- fahrungen mit dem Berufsbild der nichtärztlichen Chirurgieassistenz wurden in einer Studie des Deut- schen Krankenhausinstituts (DKI) auf Basis einer Absolventenbefra- gung in den fünf Einrichtungen er- mittelt, die zum Jahresende 2011 entsprechende Absolventen vorwei- sen konnten. Es handelte sich dabei im Auftrag des DKI um die bundes- weit erste Vollerhebung aller bis - herigen Absolventen der einschlä- gigen Qualifizierungswege. An der Erhebung beteiligten sich 116 Ab- solventen (Rücklaufquote: 60 %).

96 Prozent der Befragten, die zur Jahreswende 2011/2012 als nicht- ärztliche Chirurgieassistenten arbei- teten, waren in einem Krankenhaus beschäftigt, davon die meisten in einem Krankenhaus, in dem sie auch den praktischen Teil ihrer Qua- lifizierung absolviert haben. Die operativen Fachdisziplinen der nicht- ärztlichen Chirurgieassistenten sind breit gefächert. Am häufigsten arbei- ten sie in der Orthopädie/Unfall - chirurgie (57 %), der Allgemeinchir - urgie (43 %) und der Viszeralchirur- gie (37 %). Dienstrechtlich sind sie dabei überwiegend dem ärztlichen Dienst zugeordnet.

Die nichtärztlichen Chirurgieas- sistenten werden entsprechend ih- rem spezifischen Kompetenzprofil weitgehend für Aufgaben der nicht- ärztlichen OP-Assistenz eingesetzt.

So gaben etwa 80 Prozent der Be- fragten an, „oft“ oder „sehr oft“ die erste OP-Assistenz zu übernehmen.

Fast zwei Drittel der nichtärztlichen Chirurgieassistenten sind darüber hinaus regelmäßig als zweite OP- Assistenz im Einsatz.

Zu den Standardaufgaben von nichtärztlichen Chirurgieassisten- ten im OP zählen unter anderem der eigenständige Wundverschluss be- ziehungsweise die Mithilfe beim Wundverschluss, das Anlegen von sterilen Verbänden sowie das Anle-

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8. März 2013 Die Berufszufriedenheit der

nichtärztlichen Chirurgieassisten- ten fällt sehr hoch aus. Dies ist nicht zuletzt auf das genuine Aufgaben- profil zurückzuführen: So gaben je- weils etwa 80 Prozent der Befrag- ten an, dass ihre speziellen Fähig- keiten aktuell sehr gut zum Einsatz kommen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass nichtärztliche Chir - urgieassistenten aus ihrer Sicht noch fachfremde oder qualifika - tionsferne Aufgaben erledigen müs-

sen. Bei gut einem Drittel der Be- fragten ist dies zumindest teilweise oder öfters der Fall. Insofern exis- tieren in der Praxis partiell noch

„Mischformen“ von nichtärztlicher Chirurgieassistenz und traditionel- ler Funktionspflege im OP.

„Wildwuchs“ vermeiden Die Ergebnisse einer bundesweiten Absolventenbefragung belegen eine gute Praxisbewährung der nichtärzt- lichen Chirurgieassistenz. So wer- den die nichtärztlichen Chirurgieas- sistenten überwiegend entsprechend ihrem spezifischen Qualifikations- profil für Tätigkeiten eingesetzt, die bislang weitgehend Ärzten vorbe- halten waren. Dabei hatten sie über- wiegend keine Probleme, eine quali- fikationsadäquate Stelle zu finden.

Die Befragten berichten mehrheit- lich von einer guten Resonanz und überwiegend positiven Auswirkun- gen in der Krankenhauspraxis.

Methodisch weist die Untersu- chung aber auch Grenzen auf: So

handelt es sich bei den Ergebnissen um Selbsteinschätzungen von nicht- ärztlichen Chirurgieassistenten. Für eine umfassendere Bewertung müss- ten daher auch Ärzte und nichtärzt- liches OP-Personal zu ihren Er - fahrungen mit der nichtärztlichen Chirurgieassistenz befragt sowie objektive Leistungs- oder Quali- tätsindikatoren erfasst werden.

Insgesamt spricht vieles dafür, dass sich das Berufsbild der nicht- ärztlichen Chirurgieassistenz und

die hierfür erforderlichen Qualifi- zierungswege mittel- bis langfristig auch in Deutschland etablieren werden: So fällt die grundsätzliche Akzeptanz bei einer Reihe von chir - urgischen Fachgesellschaften mitt- lerweile hoch aus (5–7). Der beste- hende und sich gegebenenfalls wei- ter verschärfende Ärztemangel in der Chirurgie begünstigt die wei - tere Delegation ärztlicher bezie- hungsweise operativer Leistungen an hierfür eigens qualifiziertes nichtärztliches Fachpersonal. Oh- nehin ist die nichtärztliche Chirur- gieassistenz teilweise schon gängi- ge Praxis, stärker formalisierte Qualifizierungen würden somit zu mehr Rechtssicherheit und Quali- tätssicherung beitragen (8).

Vor diesem Hintergrund ist insge- samt von einem großen Bedarf an einschlägig qualifiziertem Fachper- sonal auszugehen. Auch deswegen stellt sich hier die Frage nach einer Standardisierung oder staatlichen Reglementierung in diesem qualifi-

katorisch wie rechtlich äußerst sensi- blen Bereich. Einen „Wildwuchs“ an nicht evaluierten, nicht qualitätsgesi- cherten oder nicht bedarfsgerechten Angeboten gilt es in jedem Fall zu verhindern. Daher erscheint es – zu- mindest mittelfristig – empfehlens- wert, Qualifikationen im Bereich der nichtärztlichen Chirurgieassis- tenz durch Richtlinien von Fachver- bänden oder Fachgesellschaften oder über staatliche Regelungen zu stan- dardisieren und anzuerkennen.

Über die nichtärztliche Chirurgie- assistenz hinaus hat die DKI-Studie bestenfalls einschlägige Berufsbilder der nichtärztlichen Anästhesieassis- tenz aus den USA, Großbritannien und der Schweiz sowie ihre Übertrag- barkeit auf hiesige Verhältnisse unter- sucht. Mittelfristig dürfte sich auch hier die Frage nach der Schaffung ei- nes neuen Berufsbildes mit hinrei- chender Qualifizierung stellen.

Dr. Karl Blum, Dr. Matthias Offermanns Deutsches Krankenhausinstitut (DKI)

LITERATUR

1. Offermanns, M./Bergmann, O. (2008): Neu- ordnung von Aufgaben des Ärztlichen Dienstes. Düsseldorf, Deutsche Kranken- haus Verlagsgesellschaft.

2. Berentzen, J. (2005): Erfahrung ist gefragt – Aufstieg durch Spezialisierung. nahdran, 2/05, 29–31.

3. Berentzen, J. (2009): Delegation ärztlicher Tätigkeiten im OP. Die Schwester/Der Pfle- ger, 5/05, 458–63.

4. Blum, K./Offermanns, M. (2013): Nicht- ärztliche Chirurgie- und Anästhesie-Assis- tenz – Perspektiven für neue Berufsbilder im OP. Düsseldorf (www.dki.de).

5. Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (2007):

CTA-Workshop, Workshop der DGCH zur Delegation ärztlicher Aufgaben in der Chir - urgie. (www.dgch.de/dgch/aktuelles/cta- workshop/index.html).

6. Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie (2007): Gefäßassistent/-in. Berlin, Akade- mie der DGG, www.akademie-dgg.de.

7. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (2007): Überarbeitetes Positionspapier der DGU zu den Themen: Chirurgisch-Techni- scher Assistent (CTA), Bologna-Prozess.

Frankfurt a. M., DGU.

8. Blum, K./Grohmann, J. (2010): Weiterent- wicklung der nicht-ärztlichen Heilberufe am Beispiel der technischen Assistenzberufe im Gesundheitswesen. Düsseldorf, Bonn (www.bmg.bund.de).

@

Die DKI-Studie „Nicht-ärztliche Chir - urgie- und Anästhesie-Assistenz – Per- spektiven für neue Berufsbilder im OP“

unter: www.aerzteblatt.de/13436 GRAFIK 2

Akzeptanz des Berufsbildes der nichtärztlichen Chirurgieassistenz

Akzeptanz bei Chefärzten Akzeptanz bei Oberärzten Akzeptanz bei Assistenzärzten mit

abgeschlossener Weiterbildung Akzeptanz bei Assistenzärzten

in Weiterbildung Akzeptanz bei weitergebildeten

OP-Pflegern Akzeptanz bei OTA Akzeptanz bei sonstigem

OP-Personal

4,4 4,4 4,2 4,0 3,9

4,0 3,9

Quelle: Deutsches Krankenhausinstitut

1 sehr schlecht

2 schlecht

3 teils teils

4 gut Mittelwerte

5 sehr gut

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Referenzen

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