Was entsteht, wenn ein Lyriker mit einem Künstler zusammenarbeitet? Wunder- schöne, ausgefallene Bücher, die fast einen privaten Cha- rakter haben. Fast alle sind Unikate oder Bücher in sehr kleinen Auflagen. Gezeigt werden diese sehenswerten
Buchobjekte jetzt in einer Ausstellung im Gutenberg- Museum Mainz.
Der Filmemacher und Schriftsteller Fernando Arra- bal, geboren 1932 in Spa- nisch-Marokko, lebt seit 1955 in Frankreich. Seine Gedich- te, die er seit den siebziger Jahren veröffentlicht hat, ste- hen in der Tradition der Sur- realisten. Zusammen mit Künstlern aus seinem Pariser Freundeskreis, wie Julius Baltazar, Salvador Dalí, Ber- trand Dorny, Jean Miotte, Pa- trice Pouperon und Jean Cor- tot, hat er die Gedichte in Buchobjekte eingearbeitet.
Durch die Verflechtung von Form und Inhalt, Wort und Material sind ganz be- sondere Kunstobjekte ent- standen, die so erstmalig in Mainz zu sehen sind. Mit Collagen, Malerei, Grafiken und Linolschnitten inter-
pretierten so verschiedene Künstler die Lyrik von Ar- rabal.
Isabel Echarri hat unter dem Titel „Garcia Lorca Mu- sico“ ein Buchobjekt mit den Maßen 9 x 56 x 67 cm mitge- staltet. Ein kleiner Theater- vorhang und einzelne ausge- schnittene Figuren, beides aus weißem Papier, stehen in einer aufgeklappten Leinen- kassette. Den Text hat Arra- bal auf das fertige Buchobjekt kalligrafiert.
Drei Objekte dieser Aus- stellung hat die Schierlings- presse, die Handpresse von Dieter Sdun, aus Dreieich gestaltet. Zwei Gedichte von Arrabal, „Die Erinnerung“
und „Die Reise ist das Feu- er“, sind zweisprachig als Pressedruck zu sehen. Der Umschlag ist aus schwarzem Tonpapier. Der deutsche Text ist in Silber und der französi- sche in Schwarz auf Transpa- rentpapier gedruckt. Arrabal hat bei diesem Werk selbst nicht mitgearbeitet, aber es als hervorragend bezeichnet.
Er hat die Textgrafiken hand- signiert.
Die Ausstellung ist bis zum 30. Juni 1996 im Gutenberg- Museum Mainz, Liebfrauen- platz 5, 55116 Mainz, zu sehen.
Ein Begleitband mit zahlrei- chen schwarzweißen und far- bigen Abbildungen sowie erst- mals übersetzten Texten ist für 19 DM in der Ausstellung er- hältlich. Christiane Paul
A-1357 Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 20, 17. Mai 1996 (73)
V A R I A FEUILLETON
Fernando Arrabal
Der Lyriker und die Künstler
Die Textgrafik auf der Einladung zur Ausstellung ist von Fernando Arrabal und Jean Miotte. Abbildung: Prospekt
Wenn ich schreibe, werde ich flüssig
zart
unfaßbar wie der Windhauch.
Der Schaffensakt erfindet mich mit dem Schaum.
Eine Schneeflocke kann in diesem Moment mein Gewicht verändern.
23. 8. 1985
Arrabal [an Jean Miotte]