• Keine Ergebnisse gefunden

Zur Präsentation des Zentralen und Peripheren der Sprache in DaF-Lehrwerken

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Zur Präsentation des Zentralen und Peripheren der Sprache in DaF-Lehrwerken"

Copied!
19
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Zur Präsentation des Zentralen und Peripheren der Sprache in DaF-Lehrwerken

Eva Polášková

Annotation

Die Sprache ist ein variables, sich ständig entwickelndes Phänomen, weshalb es schwierig ist, eine endgültige Norm festzusetzen. Noch schwieriger kann es sein, wenn man eine Fremdsprache mit ihren oft schwankenden Normen erlernen möchte und dabei keine Möglichkeit hat, sich bei der Kommunikation auf seine sprachlichen, in der Kindheit erworbenen Erfahrungen zu verlassen wie Mutter- sprachler/innen. Die Fremdsprachenlerner sind also davon abhängig, was alles ihnen von der jeweiligen Sprache präsentiert wird. Damit wird umso mehr Verantwortung in die Hand der Lehrer/innen und Lehrwerksentwickler/innen gelegt, denn sie entscheiden, welche Aspekte der Sprache und welche „Norm“ die Schüler/

innen kennen lernen. Im Beitrag wird deswegen der Frage nachgegangen, wie sich Lehrwerke am Beispiel „Deutsch als Fremdsprache“ mit sprachlichen Normen und den Abweichungen von der sprachlichen Norm bzw. Besonderheiten der Sprache auseinandersetzen. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich vor allem auf drei Aspekte dieser Problematik: Ausgewählte Typen von Abweichungen und Unregel- mäßigkeiten der Sprache aus den Bereichen Grammatik, Wortschatz und Phonetik, Art und Weise von deren Präsentationen aus der Perspektive der Verständlichkeit und deren Bewertung als zentral oder als abweichend bzw. peripher. Nach diesem Kriterium werden Unterschiede zwischen neueren und älteren Lehrwerken und zwischen Lehrwerken deutscher und tschechischer Autor/innen thematisiert.

Schlüsselwörter

Lehrwerke, Norm, Abweichung, Verständlichkeit

1. Einleitung

Jeder Erwachsene erinnert sich vielleicht an seine Lehrer/innen an der Grundschule beim muttersprachlichen Unterricht, die beim Diktat oder Test eine strengere Bewertung und schlechtere Note damit begründet haben, dass dieser oder jener Fehler ein grober Fehler ist. Als Kind übernimmt man diese Informationen meis- tens als gegebene Tatsache, wenn man aber darüber später nachdenkt, liegt die Frage nahe, wer diese Tatsachen eigentlich bestimmt und ob es wirklich immer

(2)

so hundertprozentig eindeutig ist, was Fehler sind und was nicht bzw. was im Lehrstoff, der den Schülern/innen vermittelt werden sollte, das Zentrum bildet und was „nur“ eine Peripherie, deren Unkenntnis nicht so dramatisch ist. Die Sprache ist nämlich so variabel und erfährt so viele Änderungen im Verlauf der Zeit, dass die Normen nur schwierig erfasst werden können.

In der eigenen Sprache hat man wenigstens den Vorteil, dass man dank eigener Erfahrungen mit einem Sprachgefühl ausgerüstet ist, so dass man die meisten Normen von Kindheit an „im Hinterkopf“ hat und sich im Unterricht vor allem auf die kompliziertesten Fälle konzentrieren kann. Wenn man aber eine Fremd- sprache betrachtet, die man beherrschen möchte, ist die Situation schwieriger. Hier muss man nicht nur alle Normen und Regeln der Sprache lernen, sondern auch gerade die Spezifika und Abweichungen, die für einen nicht so natürlich sind wie für Muttersprachler/innen. So geraten die Lehrer/innen einer Fremdsprache in eine schwierige Lage und müssen überlegen, wie sie den Schülern/innen das System der Sprache verständlich vermitteln und sich dabei aber auch mit Abweichungen bzw. Besonderheiten der Sprache auseinandersetzen sollen. Ist es sinnvoll, wenn die Schüler/innen „hyperkorrekt“ sprechen? In wie weit sollen sie eine „lebendige“

Fremdsprache samt verschiedenartigen Mängeln entdecken, mit der sie dann in der Realität konfrontiert werden?

Wie die verschiedenen Didaktiker/innen an dieses Problem herantreten, spiegeln schon die Lehrwerke wider. Das Lehrwerk ist zwar nicht die einzige, aber trotzdem eine der wichtigsten Quellen für den Unterricht und kann beeinflussen, was die Lehrer/innen den Schülern/innen mitteilen, weil sie es (neben dem Curriculum selbst) meistens auch als eine gewisse „Norm“ ansehen.

In den Auffassungen der Lehrwerke ist in dieser Hinsicht eine weitgehende Varia- bilität zu beobachten. Gerade auf diese Variabilität habe ich deswegen meine Auf- merksamkeit bei einer kleinen Untersuchung gerichtet, deren Ergebnisse ich im Folgenden präsentieren möchte. Bei dieser Untersuchung setzte ich mir zum Ziel, am Beispiel des Bereiches „Deutsch als Fremdsprache“ festzustellen, welche Abwei- chungen von der Norm in den Lehrstoff der Lehrwerke eingeordnet wurden, und auf welche verschiedenen Weisen die Lehrwerke die Schüler/innen damit vertraut machen. Konkret stellte ich mir folgende Fragen:

1. Welche Abweichungen von der sprachlichen Norm werden in den ausgewählten Lehrwerken präsentiert und wie verständlich?

2. Was wird an den ausgewählten Themen als zentral und was als peripher angesehen?

3. Gibt es in diesem Parameter Unterschiede zwischen neueren und älteren Lehrwerken und zwischen Lehrwerken von deutschen und tschechischen Autoren/innen?

(3)

Um das Ziel zu erreichen und die gestellten Fragen beantworten zu können, war es zuerst notwendig, sich auf eine theoretische Basis zu stützen.

2. Theoretische Hintergründe

Die Untersuchungen theoretisch zu verankern war keine einfache Aufgabe. Die Schlüsselwörter der ganzen Problematik können auf verschiedene Weisen defi- niert werden: Nicht nur nach dem / der Autor/in, sondern auch je nach dem, an welche Disziplin gedacht wird. Aber auch allein im Bereich der Linguistik wird die Definition von Normen (vgl. Dovalil, 2006, S. 12−36) und Abweichungen in mehrerlei Hinsicht verkompliziert. Einerseits verändert sich die Sprache mit der Zeit, so dass man ständig die Normen korrigieren muss, denn einige Abweichun- gen werden mit der Zeit zur Norm (Hanks, 2010, S. 499). Andererseits ist der Be- griff „Norm“ ungenau in dem Sinne, dass er vermuten lässt, dass es nur eine einzige in der Sprache gibt. Das stimmt aber nicht, weil in der Sprache mehrere Varietäten (z.B. Dialekte) existieren können, die auch eine eigene Norm haben. Dazu spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass man zwischen Standardvariante und Non- standardvariante keine klare Grenze ziehen kann (Ammon, 2005, S. 28−40). Zur Verschiebung einer Norm tragen auch Sprachbenutzer/innen selbst bei, da sie beim Sprechen Fehler machen, die dann manchmal nicht mehr als Fehler verstanden werden (Pisarkowa, 1977, S. 207−208). Manchmal werden diese „Fehler“ absicht- lich gemacht, wenn in der Belletristik eine poetische Funktion erzielt werden soll (Oomen, 1980, S. 267). Nichtsdestotrotz lassen sich bestimmte Abweichungen in der Sprache feststellen. Man spricht aber lieber über „Tendenzen“ – man kann diesem Wort nämlich besser entnehmen, dass es sich zwar heute nicht, aber in der Zukunft einmal doch um eine in der Sprache „normale“ Erscheinung handeln kann (vgl. Braun, 1998, S. 91−220 / Stedje, 1996, S. 161−181 / Vaňková, 2004, S. 23‒52)1. Das Thema der Norm kann man aber auch aus der Perspektive der Lehr- werke anschauen. Dabei ist die Beziehung gewissermaßen umgekehrt – der Ter- minus „Norm“ dient zur Definition des Lehrwerks. Es wird als ein Buch zum Lernen definiert, das von einer Norm (man meint hier nicht die sprachlichen Normen, sondern Normen im Curriculum) ausgeht (Wahla, 1983, S. 12 / vgl. Siko- rová, 2007, S. 13‒15 / Sikorová, 2010, S. 25‒29) und dieses Curriculum praktisch operationalisiert (Sikorová, 2010, S. 25 / vgl. Nálepová, 2011, S. 7), wobei man eine bestimmte „didaktische Reduktion“ bzw. „Elementarisierung“ nicht vermeiden kann (Hoppe, 2007, S. 255). Neben dem Begriff „Norm“ erscheint der Begriff „Standard“ in den Charakteristiken der Lehrwerke (Kalhous et al., 2002, S. 243). Das Curriculum

1 Von größter Relevanz für die Untersuchung war das Werk von Vaňková (2004, S. 23‒52). Es handelt sich um ein Skriptum, das übersichtlich die Hochschulstudierenden über die wichtigsten und grundlegendsten Abweichungen der deutschen Sprache von der Norm informiert. Es wurde vorausgesetzt, dass dessen thematische Breite auf Mittelschulen übertragen werden kann, weil die Mittelschullehrwerke, wenn überhaupt, vor allem die wesentlichsten Abweichungen zeigen und auf Kleinigkeiten und Details verzichten.

(4)

wird auch als einer der „Regulationsfaktoren“ des Lehrbuchinhaltes bezeichnet (Nálepová, 2011, S. 12). Dieser Regulationsfaktor selbst unterliegt aber Regu- lationen und Änderungen ähnlich wie die Sprache. Triebkräfte sind in diesem Falle interne (z.B. Ziel des Unterrichts usw.) und externe Faktoren (z.B. neue Schulvorschriften usw.), auf deren Änderungen die Lehrwerke reagieren (Nále- pová, 2011, S. 7‒8).

Die Relativität der Termini bzw. Wechselhaftigkeit der damit bezeichneten Phänomene hat die Auffassung der Analyse geprägt. Im Zusammenhang mit den Lehrwerken können mindestens drei Perspektiven von „Norm“ unterschieden werden:

1. Im Lehrwerk wird den Schülern/innen eine Schriftsprache vermittelt, und eventuell könnten sie auch über Abweichungen von dieser Norm informiert werden. Das wäre die „klassische“ Auffassung von Norm, die in der Literatur beschrieben wird.

2. Dieses Thema kann aber auch aus der Perspektive gesehen werden, dass die Lehrwerke den Schülern/innen, vor allem den Anfängern der Einfachheit halber die Sprache als System von Regeln beibringen. Dann müssen dort früher oder später auch Ausnahmen von diesen Regeln gezeigt werden, die in der Sprache vorkommen, obwohl sie grammatisch gesehen korrekt sind. Und gerade diese Ausnahmen der Regeln können die Schüler/innen als eine gewisse Abweichung von der ihnen bislang präsentierten Norm verstehen.

3. Des Weiteren kann noch beobachtet werden, welche Bereiche des Lehrstoffs in den Lehrwerken für die Schüler/innen als zentral thematisiert werden und welche Teile der beschriebenen Themen als peripher ausgelassen werden.

In meiner Untersuchung habe ich alle drei Perspektiven in Betracht gezogen. Damit ich die Verständlichkeit der Präsentation beurteilen konnte, lehnte ich mich vor allem an Göpferich (2001, S. 125‒136) an, nach deren Theorie die verständlichen Texte optimal kurz, einfach, logisch und optisch strukturiert, korrekt und motivie- rend sind. Diese Dimensionen wurden also bei der Analyse kontrolliert.

3. Methodologie der Untersuchung und Korpus

Wie aus den Untersuchungsfragen folgt, ging es mir bei der Untersuchung nicht nur darum, verschiedene Präsentationsweisen von Normabweichungen zu beschrei- ben, sondern auch darum, herauszufinden, ob und worin sich in dieser Hinsicht einzelne Typen von DaF-Lehrwerken unterscheiden. Deswegen stellte ich zuerst bestimmte Kriterien auf, nach denen ich Lehrwerke zur Analyse auswählen wollte, damit ich ein möglichst breites Feld von Lehrwerken erfasse, was die Untersuchung objektiver macht. Es handelte sich um folgende Kriterien:

(5)

• Für die Analyse wurden nur solche Lehrwerke gesucht, die auf der Liste der DaF-Lehrwerke für Mittelschulen stehen, die vom tschechischen Ministerium für Schulwesen, Jugend und Sport anerkannt werden, d. h. sie haben einen Genehmigungsvermerk (URL 1).

• Es wurden Beispiele für Lehrwerke gesucht, die einsprachig (also nur Deutsch wird verwendet) und mehrsprachig (neben Deutsch kommt auch Tschechisch vor) verfasst sind.

• Die Lehrwerke sollten in verschiedenen Jahren herausgegeben worden sein, so dass sie ältere und jüngere Generationen der Lehrwerke repräsentieren.

• Die Lehrwerke sollten – wenn möglich – von verschiedenen Verlagen herausgegeben worden sein.

Um die Vergleichbarkeit zu sichern, mussten alle Lehrwerke für dieselbe Gruppe von Schülern/innen bestimmt sein, was ihr Alter und ihre Niveaustufe in Deutsch betrifft. Zur Untersuchung wurden Lehrwerke für Mittelschulen ausgewählt, die für Anfänger geeignet sind.

Diesen Kriterien entsprachen vier Lehrwerke, die das Untersuchungskorpus bildeten (siehe Tabelle 1). Wie aus der Tabelle hervorgeht, handelt es sich um Beispiele dreier verschiedener Verlage, wobei zwei von diesen Lehrwerken nur auf Deutsch verfasst sind und zwei auch Tschechisch enthalten. Zwei davon wurden zu Lehrwerken der älteren Generation (Erscheinungsjahr 2001 und 2000) und zwei zu Lehrwerken der jüngeren Generation (Erscheinungsjahr 2006 und 2013, also nicht älter als 10 Jahre) gerechnet2.

Tabelle 1: Analysierte Lehrwerke

Name des Lehrwerks Verlag Erscheinungsjahr Sprache

Delphin (ab jetzt: Del) Hueber 2001 D

Schritte international 1

(ab jetzt: SI1) Hueber 2006 D

Sprechen Sie Deutsch? 1

(ab jetzt: SSD1) Polyglot 2000 T

Studio 21 A1 (ab jetzt: St21A1) Fraus 2013 T

Wegen des Umfangs der behandelten bzw. der zu behandelnden Problematik wurde die Untersuchung nur auf Teilaspekte beschränkt und die Menge der erforschten Erscheinungen reduziert.

2 Ich habe mich für diese Gliederung entschieden, obwohl es schwierig ist, eine klare Grenze zu ziehen, weil es mir darum ging, Tendenzen in der Entwicklung der DaF-Lehrwerke aufzuzeigen. Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass ich das Wort „Generation“ nicht im Sinne des Konzeptes von Götze (1996, zit. in Gnutzmann 1999, S. 69) ver- wende.

(6)

1. Im ersten Schritt wurden „klassische“ bzw. „echte“ Abweichungen von der Norm untersucht, z.B. Elemente der Umgangssprache, die nicht oder noch nicht zur Norm gehören. Dabei wurden ausgewählte Aspekte mehrerer Ebenen des Sprachsystems einer Untersuchung unterzogen: Phonologie, Morphologie, Syntax, Lexikologie3.

2. Danach wurde beobachtet, wie den Schülern/innen „unechte“ Abweichungen präsentiert werden, d. h. natürliche Unregelmäßigkeiten. Als Beispielbereich hat das deutsche Konjugationssystem gedient.

3. Zuletzt wurde am Beispiel der Präpositionen erforscht, welche von den Autoren/

innen der Lehrwerke zu den zentralen gerechnet werden, die den Anfängern vorgestellt, und welche ihnen hingegen „verschwiegen“ werden sollten.

Unter diesem Gesichtspunkt wurden präsentierende Hauptteile (Lektionen) und Grammatikübersichten der Lehrwerke durchgegangen; andere Teile wie Arbeitshefte, Landkarten oder Wörterbücher wurden außer Acht gelassen.

Es wurde dabei noch unterschieden, ob die Abweichungen in den Lehrwerken nur bloß vorkommen, ohne erklärt zu werden (implizite Darstellung), oder ob darauf von den Autoren/innen besonders hingewiesen wurde, dass es sich nur um eine Tendenz, nicht aber um eine Norm handelt, oder was diese Abweichungen eigen- tlich bedeuten (explizite Darstellung). Bei der Untersuchung wurde nicht ange- strebt, alle Beispiele statistisch auszuwerten, sondern nur die wichtigsten Beispiele der verschiedenen Präsentationsweisen zu exzerpieren, qualitativ auszuwerten und ihre Relevanz zu interpretieren.

4. Ergebnisse der Analyse

Die Präsentation der Ergebnisse bildet das Vorgehen bei der Untersuchung nach.

Um eine bessere Übersicht zu schaffen, werden ausgewählte und prägnante Beispiele in Form einer Tabelle (siehe Tabelle 2‒6) dargestellt. So können Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlicher zum Ausdruck gebracht werden.

4.1. „Echte“ Abweichungen

„Echte“ Abweichungen wurden in allen Lehrwerken und auf allen zur Analyse gewählten Ebenen beobachtet. Während die Lehrwerke in einigen Beispielen übereinstimmen, weisen sie in einigen Kategorien Unterschiede auf.

4.1.1. Ebene der Phonologie

In allen Lehrwerken befinden sich Abweichungen, die für die gesprochene Sprache typisch sind. Vor allem handelt es sich um Apokopen und Enklisen in den direkten

3 Es wurde nicht unterschieden, in welchen Passagen (Übungen, Texten usw.) sich die Abweichungen befinden.

(7)

Reden, manchmal in Liedtexten aus rhythmischen Gründen. Sie werden meistens durch einen Apostroph angedeutet.

Sehr häufig bleiben aber diese Ausdrücke ohne Hinweis darauf, dass sie Abweichun- gen sind. Als eine gewisse Erklärung kann gezählt werden, wenn in allen Lehr- werken − in Del, SI1 und SSD1 im Hauptteil und bei St21A1 in der Grammatiküber- sicht – die volle und die verkürzte Form nebeneinander präsentiert werden oder durch Gleichheitszeichen verbunden sind. In Del ist diese Information in einem Kästchen, das wie ein Ausschnitt aus einem Notizblock aussieht, neben der Übung platziert, wo solche Ausdrücke verwendet werden. Bei SI1 wird sie als Hinweis bei dem entsprechenden Gespräch präsentiert, wobei Mustersätze mit einem orangen Dreieck unterlegt sind. In SSD1 stehen diese Informationen manchmal unter den jeweiligen Texten in Klammern oder in der Liste der neuen Wörter und Ausdrücke.

Bei St21A1 erfolgt die Andeutung der Äquivalenz der vollen und der verkürzten Form durch eine gleichartige, und zwar rote, Hervorhebung bei dem Buchstaben

„s“ mit Apostroph und bei dem Wort „es“.

Es kann gefolgert werden, dass es sich in allen Fällen um eine prägnante und simple Darstellung handelt, die der/die Schüler/in sich besser einprägen könnte.

Auf der anderen Seite erfährt er/sie dabei nicht, dass es eine Abweichung vom Hochdeutschen ist. Die Dimension Korrektheit ist also dadurch ein bisschen beeinträchtigt. Zur Verwirrung kann auch die Tatsache beitragen, wenn Fälle ohne Apostroph und mit Apostroph nebeneinander im Lehrwerk vorkommen (St21A1).

Die ersteren können also als normale Erscheinung in der Sprache wirken, und der Einsatz des Apostrophs bleibt unklar.

Als eine genauere Erklärung kann man die Übersetzung des umgangssprachli- chen Ausdrucks „Los geht’s!“ in SSD1 betrachten: Der/die Schüler/in kann daran erkennen, dass er umgangssprachlich ist, denn das tschechische Äquivalent ist auch umgangssprachlich: „Jedem!“ Nur die Folgerichtigkeit und damit die Dimension Struktur ist teilweise gestört: Diese Erklärung findet man erst in der 9. Lektion, während ähnliche umgangssprachliche Ausdrücke mit Apostroph schon von der 1. Lektion an vorkommen.

(8)

Tabelle 2: Abweichungen auf der Ebene der Phonologie im Vergleich

Del SI1 SSD1 St21A1

implizit [...] „hab’

ich heute die Mädchen geweckt, [...].“

(S. 60)

Wie geht’s?

(S. 19) Mach’s gut!

(S. 78) Wie geht’s? (S. 50) [...] sie darf niemals vergeh’n, [...] (S. 209) Wie gehts? (S. 69)

explizit

Ich ruf’ dich an. = Ich rufe dich an.

(S. 74)

Wie geht’s?

Wie geht es dir? (S. 20)

Wie geht es dir? - Jak se ti daří? Wie geht’s (dir)? - Jak se (ti) daří? (S. 11) (Los geht’s! - Jedem!) (S. 117)

Wie geht’s?

Danke, es geht.

(S. 253, 259)

4.1.2. Ebene der Morphologie

Im Rahmen der Morphologie wurde die Abweichung bei der schwachen und unregelmäßigen Deklination überprüft. Alle Lehrwerke verfügen über Ausdrücke, die schwach bzw. unregelmäßig dekliniert werden (Beispiele siehe Tabelle 2 in der Zeile „implizit“). Das überrascht bestimmt nicht, denn diese Wörter gehören zum Grundwortschatz, den jeder Anfänger braucht, damit er andere Leute anspre- chen (z.B. „Herr“), sich vorstellen (z.B. „Name“) oder sich selbst bezeichnen (z.B. „Student“) kann.

Der schwachen und unregelmäßigen Deklination widmen sich jedoch systematisch nur Del und SSD1, wobei nur Del die Schüler/innen belehrt, dass man heute oft die Endung „en“ auslässt. Diese Abweichung ist durch Sternchen markiert. Das ist einerseits anschaulich (Dimension Perzipierbarkeit) und kann für Schüler/innen interessant sein, wenn sie auch geläufige Ausdrucksweisen der Muttersprachler/

innen kennen lernen und sich ihnen so mehr annähern (Dimension Motivation).

Andererseits befindet sich diese Information erst hinten im Buch in der Gramma- tikübersicht, so dass die Frage ist, ob alle Schüler/innen diese Übersichten wirklich ansehen. Es wäre mehr im Einklang mit den Merkmalen der Dimension Struktur, wenn diese Anmerkung vorne im Hauptteil wäre, damit man nicht blättern muss.

Aus der Perspektive der Dimension Korrektheit wäre es auch am genauesten, wenn die schwache und die unregelmäßige Deklination getrennt behandelt würden.

Meistens wird darauf nicht aufmerksam gemacht, und die Wörter stehen nebenein- ander. In SSD1 werden sie zusammen im Rahmen der Ausnahmen präsentiert, die mit einem roten Ausrufezeichen markiert sind. Die Autoren/innen bevorzugten

(9)

Del SI1 SSD1 St21A1

implizit Tourist (S. 13)

Geldautomat (S.

12)Komponist (S.

170)

Name (S. 11) Vorname (S. 14) Buchstabe (S. 13)

Name (S. 11) Student (S. 11) Herr (S. 11)

Florist (S. 139) Name, Pilot (S.

34)Kunde (S. 133)

explizit

den alten Men- schen (S. 141)

* Gesprochene Sprache: den Bauer, den Poli- zist usw. (S. 211)

evident die Dimensionen Simplizität, Prägnanz und Motivation. Es kann verstanden werden, warum sie sich dafür entschieden haben, weil es sonst drohen könnte, dass ein zu systematisches und konsequentes Vorgehen die Schüler/innen demotivieren könnte.

Tabelle 3: Abweichungen auf der Ebene der Morphologie im Vergleich

der Student / Junge des Studenten / Jungen [...]4

! Herr, Nachbar,

Name (S. 60)5

4.1.3. Ebene der Syntax

Auf der Ebene der Syntax werden in der deutschen Sprache viele Abweichun- gen produziert. Es kann aber natürlich nicht erwartet werden, dass Anfänger alle kennen lernen oder sogar kennen lernen müssen, denn sie brauchen es in dieser Phase des Deutschlernens nicht. Trotzdem tauchen in einigen Lehrwer- ken ab und zu abweichende Erscheinungen auf, z.B. Ausklammerungen, Ellipsen oder ein Stirnsatz anstelle von Kernsätzen. Meistens geht es um direkte Reden, wo Regeln der Schriftsprache logischerweise nicht völlig eingehalten werden.

Bei der Analyse wurde der Ersatz des Kernsatzes durch einen Stirnsatz untersucht.

Es kann überraschen, dass die Lehrwerke meistens keine Erklärung bieten, dass der Stirnsatz zwar normalerweise in der gesprochenen Sprache verwendet wird, aber aus der Perspektive der Schriftsprache eine Abweichung ist, die im Schriftver- kehr vermieden werden sollte. Das kann also weder die Motivation der Schüler/

innen unterstützen, mit der die Verwendung dieser Abweichung als Beispiel

4 Unter der tabellarischen Präsentation der schwachen Deklination wird noch die Deklination (auf Tschechisch) erklärt, wobei es erwähnt wird, dass „Herr“ und „Nachbar“ Ausnahmen bilden. In Form eines kleiner geschriebenen Satzes wird als Anmerkung beigefügt, wie man das Wort „Name“ richtig dekliniert.

5 Es werden jeweils Gen. Sg. und Nom. Pl. angegeben und deren Endungen durch Fettschrift hervorgehoben.

(10)

der geläufigen Ausdrucksweise unter den „normalen“ Leuten gerechtfertigt werden könnte, noch die Korrektheit. Eine nachteilige Wirkung könnte dadurch entstehen, wenn man bedenkt, dass Schüler/innen Anfänger sind und sich diesen Ausdruck als grammatisch fehlerlos merken könnten. In SSD1 ist wenigstens angedeutet, dass dieser abweichende Satz die gleiche Bedeutung hat wie die volle, korrekte Version.

Das kann den Schülern/innen helfen, aber hier bleibt immer noch das Problem einer fehlenden Erklärung im Rahmen des grammatischen Systems.

Tabelle 4: Abweichungen auf der Ebene der Syntax im Vergleich

Del SI1 SSD1 St21A1

implizit „Stimmt so“,

[...] (S. 80) Tut mir Leid, [...] (S. 165)

Tut mir leid, [...] (S. 13) Ja, stimmt.

(S. 15)

Ja, stimmt.

(S. 70) Freut mich,

[...] (S. 69) Tut mir leid.

(S. 91, 119, 253)

explizit Es freut mich. /

Freut mich. Těší mě. (S. 11)

4.1.4. Ebene der Lexikologie

In allen Lehrwerken können viele umgangssprachliche Ausdrücke gefunden werden. Häufig sind hier vor allem Anglizismen; das kann heute im Deutschen zwar fast als „normal“ betrachtet werden, diese Wörter stellen aber immer etwas in der deutschen Sprache Fremdes dar6.

Diese fremden bzw. umgangssprachlichen Wörter können die Motivation der Schüler/innen erhöhen, weil sie sich so auf ein reales Leben vorbereitet fühlen können. Mehr könnten sie jedoch davon profitieren, wenn die Wörter mit entsprechenden Erklärungen versehen wären. Diese fehlen aber fast völlig, was in gewissem Maße als Verstoß gegen die Korrektheit zu betrachten ist. Nur in SSD1 ist bei einigen Erscheinungen ein erklärender Satz zu finden, oder es wird explizit im Wortschatz zum präsentierten Text eine Übersetzung angegeben, die verrät, dass es eine Abweichung von der Schriftsprache ist, weil sie durch erklärende Klammern erweitert wird: (hov.) [ugs.].

6 In diesem Zusammenhang fällt die unterschiedliche Schreibweise des Wortes „o.k.“ auf.

(11)

Tabelle 5: Abweichungen auf der Ebene der Lexikologie im Vergleich

Podstatná jména der Vati

(-s, -s) – tatínek a die Mutti

(-, -s) – maminka jsou

hovorovou obdobou výrazů

der Vater a die Mutter.7

(S. 59)

doof [do:f] (hov.)

hloupý [...] (S. 95)

4.2. „Unechte“ Abweichungen im Konjugationssystem

Bei der Konjugation wird übereinstimmend in allen Lehrwerken den Schülern/

innen erklärt, dass es für jede Person eine typische Endung gibt, die dem Stammmor- phem angefügt wird. Dann aber muss man auch zeigen, dass bei Hilfsverben oder bei Verben mit den Buchstaben „d, t, m, n“ am Ende der Stammsilbe die Konjuga- tion im Präsens anders ist. Die Schüler/innen müssen also in ihre bisher aufgebaute Vorstellung über eine geltende Norm eingreifen und diese umgestalten.

Einer Analyse wurden die Verben „haben“ und „arbeiten“ unterzogen. Daraus ging hervor, dass sich die Autoren/innen ziemlich häufig darin unterscheiden, was sie für wichtig und notwendig halten, bei dieser Konjugation hervorzuheben. Nicht einmal zwei der analysierten Lehrwerke stimmen in der Präsentationsweise bei

„haben“ überein, bei „arbeiten“ lediglich Del und St21A1.

Bei „haben“ werden in Del alle Formen des Verbs bei der Konjugation durch Fettdruck markiert, wobei die Endungen bei der 2. und 3. Person Sg. noch

7 [Die Substantive der Vati (-s, -s) – Vater und die Mutti (-, -s) – Mutter sind umgangssprachliche Analogien der Aus- drücke der Vater und die Mutter] (Übersetzung E. P.).

Del SI1 SSD1 St21A1

implizit

Ihr spinnt wohl! (S. 19)

Dann gehen wir essen.

Okay?

(S. 46)

Ist alles okay?

Hey, Marcus, [...] (S. 26)

Ein knall- rotes Sofa [...] (S. 44)

Die vier Jungs aus München [...]

(S. 87)

[...], danach neh- men Sie bitte die Tabletten, o.k.? (S. 235)

Okay. (S. 102)

Täglich ins Train- ing ist ok, [...]

(S. 218)

Berlin ist cool!

(S. 152)

explizit

(12)

unterstrichen werden. In SI1 sind bei allen Personen nur die Endungen durch blauen Fettdruck und bei der 2. und 3. Person Sg. die ganzen Wörter markiert.

SSD1 hebt durch Fettdruck nur die Formen in der 2. und 3. Person Sg. hervor.

In St21A1 wird die Konjugation ohne jegliche Hervorhebung belassen.

Bei „arbeiten“ werden entweder alle Endungen durch Fettdruck markiert (Del und St21A1), oder nur der Buchstabe „e“ in der Endung bei allen Personen außer der 1. Person Sg. (SI1), oder nur der Buchstabe „e“ bei der 2. und 3. Person Sg. und bei der 2. Person Pl. (SSD1).8

Bei der Beurteilung der optimalen Gestaltung spielen eigene Präferenzen und der Lernstil bei jedem/jeder Autor/in bzw. jedem/jeder Schüler/in eine wichtige Rolle, eine einzige Lösung existiert nicht. Nach der Theorie könnte jedoch empfohlen werden, in diesem Fall nicht mehr alle Endungen zu markieren. Die Schüler/innen sollten diese bei den regelmäßigen Fällen schon beherrschen, so dass es prägnanter ist, nur die nicht erwarteten Unregelmäßigkeiten zu markieren. So kann Redun- danz vermieden werden, indem die Hervorhebung nur auf Unterschiede hinweist.

Als am günstigsten lässt sich also die Präsentationsweise bei SSD1 beschreiben, weil hier nur die unregelmäßigen Formen bei „haben“ und der zusätzliche Buchstabe

„e“ bei der Endung in „arbeiten“ hervorgehoben werden.

Tabelle 6: Abweichungen im Konjugationssystem im Vergleich Del

(S. 23 und 217) SI1

(S. 25 und 55) SSD1

(S. 25 und 13) St21A1 (S. 257) ichdu

e/s/e wirihr s/S

habe arbeite hast arbeitest hat arbeitet haben arbeiten habt arbeitet haben arbeiten

habe arbeite hast arbeitest hat arbeitet haben arbeiten habt arbeitet haben arbeiten

habe arbeite hast arbeitest hat arbeitet haben arbeiten habt arbeitet haben arbeiten

habe arbeite hast arbeitest hat arbeitet haben arbeiten habt arbeitet haben arbeiten

4.3. Zentrum und Peripherie bei Präpositionen

Die größten Unterschiede in den Konzepten zeigten sich bei den Präpositionen.

Hier wurden Übersichten der Grammatik aus jedem Buch (entweder nach jedem

8 Bei SI1 sind die fett markierten Wörter und Buchstaben blau, bei St21A1 dunkelrot. In Del ist in der Gramma- tikübersicht das Verb „haben“ unter den unregelmäßigen Verben aufgelistet (S. 221), wobei keine Hervorhebung zur Geltung kommt (genauso wie in St21A1 auf der S. 257). In SI1 gibt es bei „haben“ noch eine Übersicht der Konju- gationen auf S. 23, bei der die Hervorhebung gleich ist wie bei SSD1, nur ist die Hervorhebung blau. Eine Übersicht steht noch auf S. 158, wo bei „haben“ die Wörter „hast“ und „hat“ und alle Endungen der Pluralformen blau markiert sind. Das Verb „arbeiten“ ist hier mit einem Ausrufezeichen versehen, wobei die Endungen bei allen Personen blau hervorgehoben sind. In SSD1 ist in der Grammatikübersicht am Ende des Buches (I/5) das Verb „haben“ unter den unregelmäßigen Verben aufgelistet und ohne Hervorhebung.

(13)

Kapitel oder am Ende des Lehrwerks) daraufhin verglichen, was für Schüler/innen als Zentrum und was als Peripherie präsentiert wird.

In Del (S. 216) werden die Präpositionen am Ende des Buches in einer Tabelle zusammengefasst, wobei die Gliederung systematisch nach dem grammatischen Kriterium (nach dem Kasus) gestaltet ist. In jeder Spalte gibt es eine Gruppe, d. h. Präpositionen mit Dativ oder Akkusativ, nur mit Akkusativ, nur mit Dativ und mit Genitiv. Die Präpositionen mit Dativ sind auch noch in zwei Spalten gegliedert – links sind die Präpositionen „aus, bei, mit, nach, seit, von, zu“

angegeben und rechts „ab, außer, bis zu, gegenüber“. Obwohl es hier nicht ex- plizit ausgedrückt wird, kann man annehmen, dass das Kriterium für eine solche Gliederung gerade die Wichtigkeit und Geläufigkeit ist, denn mit den Vertretern der zweiten Gruppe kommen die Schüler/innen nicht so oft in Kontakt. Man kann sagen, links sind die zentralen Präpositionen mit Dativ, rechts die peripheren.

Die Präpositionen mit Genitiv sind genauso in zwei Spalten gegliedert, wobei das Kriterium anders ist als bei den Präpositionen mit Dativ. Die Präpositionen links sind nämlich mit Sternchen markiert, was bedeuten soll (und auch unter der Tabelle als Hinweis steht), dass diese in der gesprochenen Sprache mit Dativ benutzt werden (also eine Abweichung von der Norm). Danach gibt es noch eine andere Tabelle mit Kurzformen, d. h. mit den Möglichkeiten der Verschmelzung von Präposition und Artikel. Der Tabelle folgt eine Übersicht der Beispielsätze bei ausgewählten Präpositionen mit Dativ und Akkusativ je nach dem Stand oder der Bewegung.

In SI1 (S. 160) gliedert man die Präpositionen nach einem funktionalen Kriterium (temporale vs. lokale Präpositionen). Die Liste ist nicht vollständig und entspricht nicht der grammatischen Ordnung, so dass Präpositionen mit Dativ oder Akku- sativ, nur mit Dativ und nur mit Akkusativ in der Tabelle untereinander stehen.

Die Präpositionen werden zusammen mit Substantiven in typischen Ausdrücken angegeben, und in diesen sind sie blau markiert.

In SSD1 (1. Anlage – I/4) werden sowohl das grammatische Kriterium als auch das funktionale Kriterium bei der Gliederung angewandt. Die ganze Übersicht (das gilt für den ganzen Lehrwerksteil mit grammatischen Übersichten) ist blau gedruckt, die Präpositionen nach den einzelnen regierten Kasus sind in jeweils einen kleinen Rahmen eingesetzt, mit einer entsprechenden Überschrift und einer Übersetzung ins Tschechische versehen und untereinander gestellt. Präsentiert werden jedoch nur Präpositionen mit Dativ, mit Akkusativ und mit Dativ oder Akkusativ; die Genitiv-Präpositionen fehlen. Unter diesen Rahmen gibt es eine Liste der auch ins Tschechische übersetzten deutschen Ausdrücke, bei denen die Präpositionen mit Zeit- oder Ortsangaben verbunden sind.

St21A1 (S. 256, 257, 261) präsentiert die Präpositionen danach, welche Funktion sie erfüllen (vor allem temporale und lokale Präpositionen). Sie werden in der

(14)

Überschrift konkret genannt und mit dem Kasus angegeben, wobei die Wechsel- präpositionen zusammen mit den Präpositionen mit nur einem möglichen Kasus präsentiert werden. Dann folgen Beispielsätze, wo Präpositionen, Artikel und eventuelle Endungen bei den Substantiven rot markiert sind. Unter den Sätzen wird manchmal in Klammern noch die Verschmelzung von Präpositionen und Artikeln mithilfe eines Gleichheitszeichens erklärt (nur die Verschmelzung „am“ ist gleich in der Überschrift unter den „klassischen“ Präpositionen angegeben, und die Erklärung erfolgt erst eine halbe Seite weiter).

Die wichtigsten Unterschiede zwischen den Lehrwerken werden in Tabelle 7 skizziert.

Tabelle 7: Zentrum und Peripherie bei Präpositionen im Vergleich

Del SI1 SSD1 St21A1

Kriterium

der Gliederung Grammatik und Wichtig- keit

Funktion Grammatik

und Funktion Funktion Präsenta-

tions-weise Tab.

Übersicht Tab.

Übersicht mit Beispielsätzen

Tab.

Übersicht Übersicht mit Beispielsätzen Umfang

der Darstellung Die meisten Präp. samt Präp. mit Gen.

Ausgewählte

Präp. Die meisten Präp. ohne Präp. mit Gen.

Ausgewählte Präp.

Abweichung

von der Norm Auch Infor- mation über gesprochene Sprache

--- --- ---

Wenn man die Verständlichkeit der Präsentation vergleichen und auswerten möchte, kann gesagt werden, dass an jeder Präsentationsweise etwas Positives und etwas nicht so Positives festgestellt werden kann. Die Gliederung nach dem grammatischen Prinzip entspricht den Anforderungen im Rahmen der Dimen- sion Struktur: Die Schüler/innen können besser eine Übersicht gewinnen und neue Konzepte den älteren, schon bestehenden Konzepten im Gehirn zuordnen.

Auf der anderen Seite kann die Motivation der Schüler/innen bei zu ausführlichen, streng bzw. trocken wirkenden Tabellen sinken. Bei Del jedoch, wo auch eine An- merkung die gesprochene Sprache betrifft, kann die Motivation erneuert werden.

Die funktionale Präsentationsweise ist günstig in dem Sinne, dass die Präposi- tionen nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit anderen Wörtern angege- ben werden, so dass die Schüler/innen sie sich besser merken und leichter in der

(15)

konkreten Situation ins Gedächtnis rufen können. Als Gegenargument könnte man anführen, dass eine Präsentationsweise, wo Präpositionen mit verschiedenen Kasus nebeneinander stehen, die Schüler/innen irreführen kann. Auch wenn Präposi- tionen mit verschmolzenem Artikel und selbstständige Präpositionen nebenein- ander gezeigt werden (z.B. um und am), wird die Dimension Korrektheit nicht vollkommen eingehalten. Eine kombinierte Darstellungsweise, die SSD1 anbietet, kann hier vielleicht empfohlen werden, denn sie kann die Vorteile sowohl der funk- tionalen als auch der grammatischen Gliederung verbinden. Aus der Perspektive der Dimension Perzipierbarkeit kann aber stören, dass alles schon in blauer Schrift gedruckt ist. Wenn der/die Schüler/in für sich selbst noch etwas hervorheben möchte, hat er/sie keine Möglichkeit mehr dazu.

5. Auswertung der Untersuchung

Die Untersuchung hat ergeben, dass die Autoren/innen der Lehrwerke die Schrift- sprache den Schülern/innen nicht streng vermitteln, sondern sich bemühen, eine lebendige Sprache mit ihren Abweichungen zu demonstrieren. In allen Lehrwerk- en findet man Abweichungen auf den Ebenen der Phonologie, Morphologie, Syn- tax und Lexikologie. Wie diese Abweichungen präsentiert werden, darin können Unterschiede beobachtet werden. Diese Unterschiede hängen jedoch wohl viel mehr von den konkreten Autoren/innen der Lehrwerke und deren Überzeugung von der Notwendigkeit dieses oder jenes Themas ab.

Es ist also schwierig, eindeutig festzustellen, worin die Unterschiede zwischen den neueren und älteren Lehrwerken und den DaF-Lehrwerken der deutschen und der tschechischen Autoren/innen bestehen. Teilweise kann eine Tendenz zu einem systematischeren Weg bei den älteren Lehrwerken festgestellt werden, die mehr induktiv vorgehen, während neuere Lehrwerke ein stufenweises und deduktives Verfahren präferieren. Auch bei der Frage, was im Lehrwerk zentral und was peripher ist, zeigte sich bei den älteren Lehrwerken eine Tendenz, grammatische Erscheinungen (z.B. Präpositionen) als zentral einzustufen und so den Lehrstoff ausführlicher zu konzipieren.

Gemeinsamkeiten weisen alle Lehrwerke darin auf, wie sie mit den Abweichungen umgehen. In den meisten Fällen gibt es implizite Abweichungen, d. h. die Schüler/

innen werden nicht darüber informiert, dass es sich dabei um Abweichungen handelt. Die Schüler/innen arbeiten intuitiv damit und könnten nur erahnen, dass die entsprechenden Formen oder Ausdrücke nicht völlig richtig sind, aber dass sie dennoch benutzt werden. Hinweise darauf überwiegen wieder in den älteren Lehr- werken: Das Spezifikum wird entweder im Text erklärt, oder es wird durch eine ent- sprechende Übersetzung oder durch ein Äquivalent mit einer schriftsprachlichen Variante zum Ausdruck gebracht. In allen Lehrwerken werden Abweichungen auf der Ebene der Phonologie mithilfe eines Apostrophs und durch die Äquivalenz mit

(16)

einer schriftsprachlichen Variante explizit angedeutet. Alle Lehrwerke benutzen typographische Mittel bei der Hervorhebung von Unregelmäßigkeiten, diese werden aber auf verschiedene Weise eingesetzt.

6. Fazit

Nach der bisherigen Analyse kann konstatiert werden, dass die Autoren/innen der Meinung sind, dass es relevant ist, Abweichungen in das Lehrwerk einzuarbeiten.

Sie möchten wohl eine Erhöhung der Motivation bei dem/der Schüler/in erreichen, indem sie ihm/ihr bewusst machen, dass er/sie auch Umgangssprache lernt und bei einem Besuch in Deutschland ähnlich wie Deutsche sprechen wird. Die Abwei- chung selbst enthält einen besonderen Reiz, wenn man an das tschechische Sprich- wort denkt: „Verbotene Äpfel schmecken am besten“. Diese nicht explizit erklärten Abweichungen bergen jedoch das Risiko kontraproduktiv zu sein, wenn Schüler/

innen das Gefühl bekommen, dass sie eine ganz normale, korrekte Erscheinung in der Sprache sind. Angesichts der bestehenden Situation ist also die Rolle des/der Lehrers/in unentbehrlich, indem er/sie das Lehrwerk auf geeignete Weise ergänzen sollte.

In den Lehrwerken lassen sich verschiedene Zugänge zur Präsentationsweise feststellen: Einige streben an, alles systematisch aufzufassen, einige favorisieren eine funktionale Gliederung. Es lässt sich zusammenfassen, dass ein Kompromiss zwischen einer systematischen und einer pragmatisch-funktionalen Auffassung ge- sucht werden sollte. Die Schüler/innen sollten nicht überfordert werden, aber der Lehrstoff sollte zugleich nicht zersplittert wirken. Um aber ein Urteil über mögli- che Effekte eindeutig behaupten zu können, wäre es sicher hilfreich, auch die Per- spektive des/der Schülers/in einzubeziehen und z.B. mithilfe eines Fragebogens festzustellen, was sie selbst brauchen, wieweit sie fähig sind, mit den Informa- tionen selbstständig zu arbeiten und welche Präsentationsweise ihnen am meisten entgegenkommt. Weitere Untersuchungen könnten sich neben den anderen sprachlichen Abweichungen auch an den Abweichungen im Bereich der Realien orientieren, d. h. wie die Lehrwerke den Schülern/innen „Abweichungen“ bzw.

Spezifika der deutschsprachigen Länder auf der Ebene der Kultur beschreiben.

Zum Schluss sollte nachdrücklich hervorgehoben werden, dass diese Untersuch- ung nicht alle Aspekte der untersuchten Lehrwerke erfassen konnte, so dass man nicht schlussfolgern kann, welches Lehrwerk besser und welches schlechter ist.

Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung haben einen vorläufigen, par- tiellen Charakter und können nicht als endgültig erachtet werden. Sie regen vielmehr weitere Fragen an, die beweisen könnten, dass es sich um eine vielseitige Problematik handelt, für die weitere und tiefere Analysen notwendig sind, um objektive Ergebnisse zu bekommen.

(17)

Abstract

Learning a foreign language should not just mean learning the standard codified form of the language, but also acquiring knowledge of the living language from all possible perspectives – including various deviations from the norm, non-standard forms, and tendencies in the language’s development. Textbooks play an important role in this process, though not the only role. They represent a norm of sorts for teachers, indicating which elements of the language they should present to their students. This research into German as a foreign language focused on the extent to which textbooks incorporate these elements of the language and how these elements are presented in terms of comprehensibility. Four textbooks were analyzed; all are designed for beginners at secondary school level. The textbooks were selected in order to represent various publishers and various years of publi- cation, and to include both monolingual textbooks (written only in German) and bilingual textbooks (including passages in Czech). A relatively broad concept of

“norm” was applied in the analysis. Besides exploring the presentation of deviations from the norm, the analysis of selected examples showed how the textbooks ex- plain irregularities in the language, which in a sense also represent a form of devia- tion from the “norm” that is communicated to beginners at the outset. The analysis also observed which elements of a selected topic were included in the textbook and which were omitted – i.e. what is considered central and what is considered peripheral for the given topic and the given level of students’ proficiency. The textbooks were then compared with each other in terms of the above-listed parameters. The analysis demonstrated that all the textbooks contain deviations from the linguistic norm on the levels of phonology, morphology, syntax and lexicology. The majority of these deviations are presented in an implicit manner, without specific explanations. The analysis revealed a high degree of variability in the presentation of linguistic irregularities and exceptions to rules, as well as differences in how topics are divided into central and peripheral aspects. However, no clear and consistent differences were found among different types of textbooks;

it is only possible to state that the older textbooks tend to favour a more systematic approach, while the newer ones prefer a functional approach. The analysis presents a basic insight into the issues investigated; deeper and more detailed research will be necessary in order to produce more objective conclusions.

Keywords

Textbooks, norm, deviation, comprehensibility

Quellenverzeichnis

Aufderstraße, Hartmut / Müller, Juta und Thomas Storz (2001). Delphin. Ismaning:

Hueber.

(18)

Dusilová, Doris et al. (2000). Sprechen Sie Deutsch? 1. Praha: Polyglot.

Funk, Hermann / Kuhn, Christina (2013). Studio 21 A1. Plzeň: Fraus.

Niebisch, Daniela et al. (2006). Schritte international 1. Ismaning: Hueber.

Literaturverzeichnis

Ammon, Ulrich (2005). Standard und Variation: Norm, Autorität, Legitimation.

In: Eichinger, Ludwig M. / Kallmeyer, Werner (Hg.). Standardvariation. Wie viel Variation verträgt die deutsche Sprache? Berlin, New York: de Gruyter. S. 28−40.

Online verfügbar bei books.google.cz [zuletzt geprüft am 30.09.2016].

Braun, Peter (1998). Tendenzen in der deutschen Gegenwartssprache:

Sprachvarietäten. Stuttgart: Kohlhammer.

Dovalil, Vít (2006). Sprachnormenwandel im geschriebenen Deutsch an der Schwelle zum 21. Jahrhundert: die Entwicklung in ausgesuchten Bereichen der Grammatik.

Frankfurt a. M.: Lang.

Göpferich, Susanne (2001). Von Hamburg nach Karlsruhe: Ein kommunika- tionsorientierter Bezugsrahmen zur Bewertung der Verständlichkeit von Texten.

In: Fachsprache / International Journal of LSP 3-4, S. 117‒138.

Gnutzmann, Claus (1999). Lehr- und Lernmaterialien als Lehr- und Forschungs- gegenstand der Fremdsprachendidaktik. In: Bausch, Karl-Richard etc. (Hg.).

Die Erforschung von Lehr- und Lernmaterialien im Kontext des Lehrens und Ler- nens fremder Sprachen. Arbeitspapiere der 19. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Narr. S. 67‒76.

Online verfügbar bei books.google.cz [zuletzt geprüft am 25.08.2016].

Hanks, Patrick (2010). Wie man aus Wörtern Bedeutungen macht: Semantische Typen treffen Valenzen. In: Engelberg, Stefan / Holler, Anke und Kriste Proost (Hg.).

Sprachliches Wissen zwischen Lexikon und Grammatik. Berlin, Boston: de Gruyter.

S. 483−504. Online verfügbar bei books.google.cz [zuletzt geprüft am 25.08.2016].

Hoppe, Henriette (2007). Prinzipien der Elementarisierung in Sprachbüchern für die Grundschule. In: Matthes, Eva / Heinze, Carsten (Hg.). Elementarisierung im Schulbuch. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. S. 255‒266.

Kalhous, Zdeněk etc. (2002). Školní didaktika. Praha: Portál.

Nálepová, Jana (2011). Hodnocení a výběr učebnic cizích jazyků. Opava: Slezská univerzita v Opavě.

Oomen, Ursula (1980). Poetische Abweichungen und poetische Zeichenprozesse.

In: Cherubim, Dieter (Hg.). Fehlerlinguistik: Beiträge zum Problem der sprachlichen Abweichung. Tübingen: Niemeyer. S. 266−278. Online verfügbar bei books.google.

cz [zuletzt geprüft am 25.08.2016].

(19)

Pisarkowa, Krystyna (1977). Abweichung und Kreativität in der Umgangssprache.

In: Viethen, Hans Werner / Wolf-Dietrich Bald und Konrad Sprengel (Hg.). Gram- matik und interdisziplinäre Bereiche der Linguistik. Akten des 11. Linguistischen Kolloquiums: Aachen 1976, Bd. 1. Tübingen: Niemeyer. S. 207−214. Online verfüg- bar bei books.google.cz [zuletzt geprüft am 25.08.2016].

Sikorová, Zuzana (2007). Hodnocení a výběr učebnic v praxi. Ostrava: Ostravská univerzita v Ostravě.

Sikorová, Zuzana (2010). Učitel a učebnice: užívání učebnic na 2. stupni základních škol. Ostrava: Ostravská univerzita v Ostravě, Pedagogická fakulta.

Stedje, Astrid (1996). Deutsche Sprache gestern und heute: Einführung in Sprach- geschichte und Sprachkunde. München: Fink.

Vaňková, Lenka (2004). Entwicklungstendenzen in der deutschen Gegenwartssprache.

Ostrava: Ostravská univerzita v Ostravě. (im Intranet verfügbar)

Wahla, Arnošt (1983). Strukturní složky učebnic geografie. Praha: Státní pedago- gické nakladatelství.

Internetquellen

URL 1: Online verfügbar

unter http://www.msmt.cz/vzdelavani/skolstvi-v-cr/schvalovaci-dolozky- ucebnic-2013, [zuletzt geprüft am 25.08.2016].

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Projektes SGS21/FF/2016-2017

„Prezentace odborných informací v odborném i neodborném kontextu“

(Presentation of expert information in expert and non-expert contexts).

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dementsprechend wird in manchen Lehrwerken der Auftrag der Lehrpläne, eine Bewusstheit für Kulturen zu schaffen, zunächst damit eingelöst, dass Beispiele abgebildet werden,

Maria: Ich habe eine Schwester und einen Halbbruder. Sophie: Du hast mir gar nicht erzählt, dass du einen Halbbruder hast. Meine Eltern sind ja geschieden und meine Schwester

Die Geschichte des eigenen Landes spielt eine geringe und untergeordnete Rolle und wird nur dann herangezogen, wenn die Geschichte des Zielsprachenlandes durch einen

6. Reihum kann jeder Spieler eine Karte ablegen, wenn er im Besitz einer passenden Karte ist. Paßt keine Karte, muß er vom Kartenstock eine aufnehmen. Ablegen kann ein Spieler

Hier ist es wichtig zu erkennen, ob es in dem dargestellten Beispiel um eine Übung/eine Aufgabe auf der Wort-, Satz- oder Textebene geht und ob diese rezeptiv

Allerdings werden viele Berufe für beide Geschlechter genannt, auch Männer arbeiten in schlechter bezahl- ten Sparten als Krankenpfleger, Erzie- her, Verkäufer oder

Punks und neumodische Kleidungen sind ebenfalls zu finden, jedoch sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass Kleidung (außer traditionelle) und Geschmack sehr individuell

Klasse der Grundschule (Drittes Lernjahr)]. Mit Arbeitsheft, CD und Lehrerhandbuch. Udžbenik njemačkoga jezika za 7. godina učenja) [= Lehrwerk der deutschen Sprache für die 7.