• Keine Ergebnisse gefunden

2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung – wie relevant wird sie sein?

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung – wie relevant wird sie sein?"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung – wie relevant wird sie sein?

Von Imme Scholz, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

vom 22.09.2015

(2)

2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung – wie relevant wird sie sein?

Bonn, 22.09.2015. Am kommenden Wochenende wird die Generalversammlung der Vereinten Nationen (VN) eine neue Agenda beschließen, die für die kommenden anderthalb Jahrzehnte gelten soll: Sie benennt 17 fun- damentale Handlungsfelder, um die Lebensbedingun- gen der Menschen innerhalb der ökologischen Grenzen des Erdsystems wesentlich zu verbessern.

Wird dieses Arbeitsprogramm relevant sein für politi- sches und gesellschaftliches Handeln in den Ländern und für die internationale Zusammenarbeit?

In der politischen Auseinandersetzung über die Rele- vanz der 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung stand lange die Frage im Vordergrund, ob die Integra- tion von sozio-ökonomischen, politischen und ökolo- gischen Zielsetzungen dafür positiv oder negativ sein würde.

Die Skeptiker geben zu bedenken, dass zu viele Ziele keine klaren Prioritäten mehr erkennen ließen und der Fokus auf die ärmsten Bevölkerungsgruppen abhanden gekommen sei. Damit fielen wichtige Anreize für das Engagement von Regierungen weg.

Die Befürworter – zu denen ich selbst auch gehöre – sehen die neue, handlungsmotivierende Qualität der 2030-Agenda gerade in ihrer Breite. Der neuartige Verhandlungsprozess für die 2030-Agenda hatte zu- nächst über mehrere Monate auf eine inhaltliche Be- standsaufnahme von Problemen und Lösungsansätzen in 21 Handlungsfeldern gesetzt. Erst gegen Ende wur- den die Verhandlungen über den Text aufgenommen, der die Ziele und Unterziele festschreiben und als Vor- schlag an die VN-Generalversammlung gehen sollte.

Etwa 70 Regierungsvertreterinnen und -vertreter nah- men an diesem Prozess der Verständigung und Ver- handlung teil – und ihr Vorschlag von 17 Zielen und 169 Unterzielen erwies sich als so ausbalanciert, dass es gelungen ist, auch so umstrittene Herausforderungen wie die Gleichberechtigung der Geschlechter, Rechts- staatlichkeit, Ungleichheit innerhalb und zwischen den Staaten sowie den Schutz der Ökosysteme zu Wasser und zu Lande in die Agenda aufzunehmen. Zum Schluss hat niemand mehr gewagt, zuungunsten ein- zelner Ziele das Gesamtpaket aufzuschnüren, denn er/sie hätte damit wiederum eigene Prioritäten in Ge- fahr gebracht.

Die Breite ist aber nicht vor allem aus verhandlungs- technischen Gründen positiv zu bewerten: Vielmehr kann sie als normative Übereinkunft zwischen Indust- rie-, Entwicklungs- und Schwellenländern gewertet werden, die beschreibt, dass zu menschlichem Wohler- gehen nicht nur die Überwindung extremer Armut und ein Grundstock an Gesundheit, Bildung und Gleichbe- rechtigung gehören. Darüber hinaus ist es im Interesse zukünftiger Generationen entscheidend, gefährliche

Veränderungen in wesentlichen Funktionsbereichen des Erdökosystems zu vermeiden, weil diese sämtliche erreichten Fortschritte bei der Armutsbekämpfung untergraben und umkehren werden. Diese Umweltver- änderungen gehen auf Produktions- und Konsummus- ter zurück, die für die Industrialisierung und heutige Wohlstandsgesellschaften prägend waren und sind.

Armutsbekämpfung und Wohlstandsverbesserung kann daher im 21. Jahrhundert nicht erfolgreich und zeitgemäß sein, wenn sie die Wechselwirkungen zwi- schen Wohlstand und Umwelt nicht erkennt und bear- beitet. Die 2030-Agenda muss daher neben den ärms- ten Bevölkerungsgruppen und Ländern auch die rei- chen Länder, die globalen Mittelschichten und andere Politikfelder in den Blick nehmen.

Um die Beziehungen zwischen Umwelt und Entwick- lung nicht als Sachzwänge zu behandeln, sondern als Gegenstand normativer und politischer Entscheidun- gen, ist schließlich die Stärkung von politischer Teilha- be und Rechtsstaatlichkeit erforderlich – und eine in- ternationale Zusammenarbeit, die das globale Ge- meinwohl und damit faire Regeln höher bewertet als die Durchsetzung nationaler Interessen, wenn es um diese Grundsatzfragen geht.

Zugegeben – man kann die 2030-Agenda gerade aus dieser Perspektive auch skeptischer lesen: die extreme Armut soll erst 2030 abgebaut sein; zu wenig ist von den bekannten Grenzen der Tragfähigkeit des Erdsys- tems die Rede (stattdessen viel von Wirtschaftswachs- tum); es fehlt ein entschiedener Satz zur Dekarboni- sierung von Produktion, Verkehr, Konsum; die Men- schenrechte werden in der Präambel und der Erklärung genannt, tauchen aber in den Zielen und Unterzielen kaum als Richtschnur wieder auf; für die Gleichberech- tigung der Frauen wird keine Frist gesetzt. Aber dies sind gerade die Felder, in denen es nicht nur zwischen Staaten, sondern innerhalb vieler Gemeinwesen scharfe politische Kontroversen gibt.

Insgesamt haben die Verhandlerinnen und Verhandler daher gute Arbeit geleistet mit der 2030-Agenda – ein präziseres, ambitionierteres Ergebnis, dem die Regie- rungen aller Staaten zustimmen können, ist schwer vorstellbar. Ausdrückliches Lob gebührt dafür den Verhandlerinnen und Verhandlern aus Deutschland und der Europäischen Union.

Dass die 2030-Agenda geschrieben wurde und nun voraussichtlich so beschlossen wird, ist angesichts der großen Krisen und Herausforderungen, mit denen sich die internationale Staatengemeinschaft befassen muss, viel wert. Und es wird spannend bleiben, nächstes Wo- chenende in New York zu hören, wie sich die Staats- und Regierungschefs zur 2030-Agenda stellen.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 22.09.2015

www.die-gdi.de | twitter.com/DIE_GDI | www.facebook.com/DIE.Bonn | www.youtube.com/DIEnewsflash

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

„Im Land Bremen wurden bereits mehrere Initiativen verabschiedet, die sich mit der Umset- zung der Agenda 2030 direkt oder indirekt befassen. Das sind u.a. das Leitbild der

Diese beiden historischen Agenden sind die beiden Leitplanken für den Erhalt dieses einen Planeten: Die SDGs erfordern eine integrierte Umsetzung der ökolo- gischen, ökonomischen

2028 Zweite globale Inventur Die bisherigen Fortschritte und weiterer Handlungsbedarf werden erneut für alle Länder

The private sector is relatively far-reaching as it comprises “a wide range of diverse actors, from households to multinational corporations and from direct

Im September 2015 haben die EU-Staats- und Regierungschefs zusammen mit ihren Kol- leginnen und Kollegen aus aller Welt bei einem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen (VN) das

Inklusive Bildung in einem schwierigen Umfeld Aber wie sieht die Umsetzung dieser ambitionierten und weitreichenden Ziele, die auch die Inklusion von Schülerinnen und

Um diese Koordi- nation im Bereich der nachhaltigen Entwicklung zu fördern, treffen sich seit 2012 Bund und Länder regelmäßig zum Erfahrungsaustauch

Während für Vertreter aus Entwicklungsländern die An- knüpfung an die 2030-Agenda auf der Hand lag – Ent- wicklung ist, was sie anstreben –, war es für reiche Län- der noch nicht