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Handelspolitik im digitalen Zeitalter

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Handelspolitik im digitalen Zeitalter

Von Franz v. Weizsäcker, Deutsche Gesellschaft für

Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Axel Berger und Clara Brandi, Deutsches Institut für

Entwicklungspolitik (DIE)

vom 03.04.2017

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Handelspolitik im digitalen Zeitalter

Bonn, 03.04.2017. Angesichts der Dekrete zur Handels- politik, die US-Präsident Trump am Wochenende un- terzeichnet hat, ist die Gefahr allgegenwärtiger denn je, dass es zu einer Eskalation protektionistischer Maß- nahmen oder gar zu neuen Handelskriegen kommt.

Das hätte fatale Folgen, nicht zuletzt für die Schwäche- ren in unseren Gesellschaften und für die ärmeren Länder rund um den Globus. Sie sind besonders darauf angewiesen, dass der internationale Handel regel- und nicht rein machtbasiert ist.

Die G20 konnten sich auf ihrem jüngsten Treffen in Baden-Baden im März nicht zu einem gemeinsamen Bekenntnis gegen Protektionismus durchringen – normalerweise ein Grundpfeiler der gemeinsamen G20-Position. Offener Welthandel gerät zunehmend unter Druck. Die Globalisierung zum Sündenbock für die Sorgen von Arbeitnehmern, Verbrauchern und heimischen Betrieben zu erklären, wird den aktuellen Herausforderungen jedoch nicht gerecht. Im Zeitalter sozialer Medien erreicht man die Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger mit einfachen Botschaften in Tweets mit 140 Zeichen. Das nutzen Populisten, um Misstrauen und Ängste zu schüren. Mit dem Einzug Trumps ins Weiße Haus wurde ein aggressiver Merkan- tilismus in Washington salonfähig, der die Festen des Handelssystems in Frage stellt. Gleichzeitig empfinden viele Bürgerinnen und Bürger die Handelspolitik als zu komplex und intransparent. Nicht zuletzt die Proteste gegen die Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) in Deutschland haben verdeutlicht, dass Reformen des Welthandels nicht länger über die Köpfe der Bürger hinweg angegangen werden können.

Die Proteste richteten sich nicht nur gegen die Inhalte der Verhandlungen, sondern auch gegen die Art und Weise wie verhandelt wird. Die Frage ist: Wie kann die Gestaltung von Handelspolitik radikal neu gedacht werden, so dass sie den heutigen Herausforderungen gerecht werden kann? Und wie kann sie partizipativer und inklusiver gestaltet und das Vertrauen der Bürge- rinnen und Bürger wiedergewonnen werden? Die not- wendige Reform der Handelspolitik muss den Fokus auch auf den technologischen Paradigmenwechsel der Gegenwart und Zukunft legen. Während die Digitalisie- rung eine Selbstverständlichkeit für globale Unterneh- men und Zollbehörden geworden ist, bleibt die Ausge- staltung der Handelspolitik noch im 20. Jahrhunderts stecken. Viele Potenziale bleiben ungenutzt. Wir sollten die Gelegenheit ergreifen, um eine Diskussion zu star- ten, wie eine neue Handelspolitik 4.0 aussehen kann.

Erstens muss Handelspolitik für Wirtschaft, Wissen- schaft und die Bürgerinnen und Bürger transparent und greifbar werden. Die Verfügbarkeit von Daten ist der Schlüssel hierzu und durch Visualisierungen und Öffentlichkeitskommunikation können die komplexen

Sachverhalte verständlich gemacht werden. Zum Bei- spiel erlauben neue Technologien schon jetzt, dass ein Verbraucher, der sein Produkt mit dem Smartphone scannt, die gesamte globale Produktionskette, Zölle, sowie Sozial- und Umweltstandards nachvollziehen kann.

Zweitens muss Handelspolitik partizipativer werden.

Statt Regierungsverhandlungen, die über mehrere Jahre hinter verschlossenen Türen stattfinden, könnten Regierungen die neuen Technologien nutzen, um vor Beginn der Verhandlungen im Sinne eines „Crowd- Sourcing“ die Interessen und Bedenken der Bürgerin- nen und Bürger abzufragen. Während der Verhandlun- gen können soziale Medien noch stärker genutzt wer- den, um über den Fortschritt der Verhandlungen zu informieren. Und bei der Prognose und Überprüfung der Effekte der Abkommen, können die neuen Techno- logien genutzt werden, um die Einschätzung der be- troffenen Gruppen einzuholen, anstatt sich allein auf statistische Schätzverfahren zu stützen.

Drittens kann digitaler Handel kleine und mittlere Un- ternehmen fördern. Wie in der Vision von Jack Ma, dem Gründer des Internetgiganten Alibaba, könnte die Schaffung einer neuen „Electronic World Trade Plat- form“ eine gute Ergänzung zur WTO darstellen. Die Idee ist, dass Unternehmen, unterstützt von Regierun- gen, gemeinsam E-Commerce-Hubs gründen, die es kleinen und mittelständischen Unternehmen erlauben, grenzübergreifend zu verkaufen, mit niedrigen oder keinen Einfuhrzöllen, schneller Zollabwicklung und effizienter Logistik.

Ein vierter Schritt wäre der Einsatz von Blockchains. Die fälschungssichere Buchführung der Blockchain- Technologie kann Daten über Produkte und deren Produktion und Handel weltweit erfassen und bietet damit nicht nur verlässliche Rückverfolgbarkeit und Verbraucherinformation. Eine detaillierte Datenlage zu einzelnen Produkten kann eines Tages das Kernstück einer neuartigen Governance des Welthandels werden.

Auf diese Weise könnten die Produktionsprozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Han- delspolitik einfließen, wenn die Welthandelsorganisa- tion dafür mehr Raum ließe, zum Beispiel mit Blick auf den CO2-Fußabdruck von Produkten.

Noch gibt es viele offene Fragen mit Blick auf die Han- delspolitik der digitalen Zukunft. Ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg besteht darin, die Chancen der neuen Technologien zu erkennen und zu nutzen, die es ermöglichen, Handelspolitik neu zu denken. Wir glau- ben, dass mutige Schritte erforderlich sind, um die Legitimität des globalen Handelssystems wiederherzu- stellen und es transparenter und partizipativer zu machen.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 03.04.2017

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