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Regensburgs kulturelles Erbe erhält ein eigenes Portal

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Bibliotheksforum Bayern 04 (2010)

Forum Digitale Bibliothek

Regensburgs kulturelles

Erbe erhält ein eigenes Portal

Zahlreiche Schätze Regensburger Provenienz sind nun auch online abrufbar.

Von Rafael Ball und Bernhard Lübbers

D

ie alte Donaustadt Regensburg, welche seit Juli 2006 den Titel „Welt- kulturerbe der UNESCO“ trägt, ge- hörte über viele Jahrhunderte hinweg zu den wichtigsten Städten des Alten Reiches. Erwachsen aus einem von Marc Aurel errichteten Legionslager, war Regensburg im frühen Mittelalter Hauptstadt des Herzogtums der Agi- lolfinger. Auch nach der Absetzung des letzten agilolfingischen Herzogs, Tassi- los III., im Jahr 788 blieb die Stadt ein wichtiger Schauplatz politischen Ge- schehens. Die „Stadt der Könige und

Kaiser“ (Peter Schmid) zählte im Mittelalter zu den von gekrönten Häuptern am häufigsten besuchten Orten im Reich. Seit 1663 bis zur Auflösung des Reichs zu Beginn des 19. Jahrhunderts beher- bergte Regensburg zudem den Immerwährenden Reichstag, die erste dauerhafte Ständevertretung im Heiligen Römischen Reich.

Nur wenige Städte im deutschen Sprachraum können auf eine solch bedeutungsvolle histori- sche Kontinuität zurückblicken. Hinzu tritt die Fülle kunst- und architekturgeschichtlich herausragen- der und zudem überwiegend im Original erhaltener Baudenkmäler, blieb Regensburg doch im Zweiten Weltkrieg weitestgehend unzerstört.

Analog zu ihrer politischen Bedeutung haben Regensburg und die hier ansässigen weltlichen und geistlichen Institutionen ein über Jahrhunder- te gewachsenes kulturelles Erbe hervorgebracht, das zum Wertvollsten dessen zählt,

was der deutsche Kulturkreis aufzu- weisen hat. Neben dem reichen Denk- malbestand der Altstadt von Regens- burg sind dazu viele weit verstreute Kunstwerke und nicht zuletzt ein be- eindruckendes Schrifterbe in Form von zahllosen Dokumenten, Handschriften und Drucken zu rechnen.

Allerdings hat die wechselhafte Ge- schichte der Stadt auch dazu geführt, dass sich das kulturelle schriftliche Erbe Regensburgs seit dem 19. Jahr- hundert auf verschiedene Institutionen in, aber vor allem außerhalb der Stadt verteilt. Die Überlieferung kaum einer anderen Stadt stellt sich heute so frag-

mentiert dar. So verwahren neben dem Stadtar- chiv Regensburg, der Staatlichen Bibliothek Re- gensburg, dem Bischöflichen Zentralarchiv und der Bischöflichen Zentralbibliothek Regensburg, der Fürst Thurn und Taxis Hofbibliothek sowie dem Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv, dem Historischen Verein für Oberpfalz und Regensburg und den Museen der Stadt Regensburg vor Ort viele Institutionen, um hier nur die wichtigsten zu nennen, bedeutende Bestände. Hinzu kommen in München das Bayerische Hauptstaatsarchiv, das die Kerne der alten Archive von Reichsstadt, Hochstift, Domkapitel, Klöstern und Stiften be- sitzt, sowie die Bayerische Staatsbibliothek Mün- chen, die vor allem eine großartige und einzigartige Sammlung von Handschriften und Inkunabeln aus Regensburger profanen und kirchlichen Institutio- nen hütet. Auch das Bayerische Nationalmuseum,

Konzertchor der Regensburger Domspatzen im his- torischen Reichs- saal

FOTOS: KARL HOIBL (UB REGENSBURG)

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Bibliotheksforum Bayern 04 (2010)

Forum Digitale Bibliothek

die Schatzkammer in der Münchner Residenz und das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg bergen in größerer Zahl Schätze aus der reichs- städtischen Vergangenheit Regensburgs. Weitere Einzelstücke sind in Institutionen in ganz Europa und darüber hinaus zu finden. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Die National Library of South Af- rica in Kapstadt besitzt ein Rechnungsbuch des Benediktinerklosters Sankt Emmeram aus dem 14. Jahrhundert.

Um das einzigartige kulturelle Erbe Regensburgs der Welt in digitaler Form zugänglich zu machen, haben sich vier starke Partner, das Stadtarchiv Re- gensburg, die Universitätsbibliothek Regensburg, die Staatliche Bibliothek Regensburg und die Bay- erische Staatsbibliothek in München, zu einem ge- meinsamen Projekt entschlossen. Über das Inter- netportal der Bayerischen Landesbibliothek Online werden nun digitale Inhalte aus und zu Regensburg angeboten. Die Universitätsbibliothek Regensburg leistet als langjähriger Kooperationspartner der Bayerischen Landesbibliothek Online auch zu die- sem Projekt einen großen Beitrag zur technischen Realisierung. Mit modernster technischer Ausstat- tung werden die Werke und Materialien für den

„Schwerpunkt Regensburg“ digitalisiert, erschlos- sen und virtuell präsentiert. So wird beispielsweise die Zeitschrift Verhandlungen des Historischen Ver- eins für Oberpfalz und Regensburg auf Artikelebe- ne erschlossen und digital aufbereitet.

Darüber hinaus trägt die Universitätsbibliothek Regensburg auch dazu bei, geeignete Inhalte für das Portal auszuwählen und einzustellen, wie beispielsweise die Dokumentation der Konvents- bibliothek der Priestermönche von Karthaus Prüll.

Das Projekt widmet sich der Erstellung eines internetbasierten Verzeichnisses der noch erhaltenen und weit verstreu- ten Bestände der ehemaligen Karthau- se Prüll (1483–1803) bei Regensburg mit der Zielsetzung, die Beschreibung der Buchpersönlichkeiten, die Doku- mentation der heutigen Aufbewah- rungsorte, eine Zusammenstellung der Literatur über die Bestände sowie die Verknüpfung mit ausgewählten Inter- netquellen zu realisieren.

Das gemeinsame Vorhaben lässt gewissermaßen die alte Reichsstadt virtuell wiedererstehen, ohne die wert- vollen Bestände neuerlich dislozieren zu müssen, und beendet damit die von Politikern und Medien immer wieder aufgegriffene

„Beutekunst-Diskussion“ mit einem großartigen Projekt. Der „Schwerpunkt Regensburg“ innerhalb der Bayerischen Landesbibliothek Online fungiert dabei als Prototyp eines Regionalportals im Web für digitalisierte, historische Materialien aller Art, vom wertvollen Druck und dem seltenen Zeitungs- band über unikale Archivalien bis hin zu einzigar- tigen Handschriften, archäologischen Grabungs- berichten, Denkmälerinventaren oder Bildern und Skulpturen.

Am 14. Mai 2010 wurde der „Schwerpunkt Re- gensburg“ in der Bayerischen Landesbibliothek Online im historischen Reichssaal der Stadt Re- gensburg, dem Schauplatz der Sitzungen des Immerwährenden Reichstages, im Beisein von Oberbürgermeister Hans Schaidinger, Frau Staats- ministerin Emilia Müller, dem Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek, Dr. Rolf Griebel, so- wie dem Rektor der Universität Regensburg, Prof.

Dr. Thomas Strothotte, feierlich der Öffentlichkeit übergeben, musikalisch umrahmt vom Konzert- chor der Regensburger Domspatzen unter der Lei- tung von Domkapellmeister Prof. Roland Büchner.

Der Präsentationstermin war bewusst in die Nähe des 200. Jahrestags des Übergangs Regensburgs an das Königreich Bayern gerückt worden, da mit diesem Unternehmen in gewisser Weise „Wun- den“ geheilt werden sollen. Erstmals seit mehr als zwei Jahrhunderten können nun – virtuell vereinigt – die kostbarsten Stücke aus Regensburgs Über- lieferung wieder zusammen betrachtet und damit auch bequem erforscht werden. Die technischen Möglichkeiten tragen damit entscheidend zu einer Demokratisierung des Wissens bei und helfen zu- gleich, die Originale weitestgehend zu schonen, um sie so für die Nachwelt zu erhalten.

www.bayerische-landesbibliothek-online.de/

regensburg

OB Hans Schaidin- ger, GD Dr. Griebel,

Staatsministerin Müller (verdeckt) und Rektor Prof.

Strothotte schalten den „Schwerpunkt Regensburg“ frei.

Staatsministerin Emilia Müller bei ihrem Grußwort (re.)

Die AutoRen Dr. Rafael Ball ist Direktor der Uni- versitätsbibliothek Regensburg.

Dr. Bernhard Lüb- bers ist Leiter der Staatlichen Biblio- thek Regensburg.

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