Karlsruher Institut f¨ur Technologie Institut f¨ur Theorie der Kondensierten Materie Ubungen zur Theoretischen Physik F¨ SS 12
Prof. Dr. J¨org Schmalian Blatt 11: L¨osungen
Dr. Igor Gornyi Besprechung 06.07.2012
1. Phasen¨ubergang 2. Ordnung:
(a) In einem Heisenberg-Modell von N Spins der L¨ange S l¨asst sich das Funktional der freien Energie n¨aherungsweise durch F(m) = N[1
2zJ(m)2−kBT ln(Z1)]
beschrei- ben. Gesucht ist das Landau-Funktional bis zur Ordnung ∼ (m)4 in der N¨ahe des Phasen¨ubergangs.
Gegeben ist folgender Ausdruck f¨ur die ZustandssummeZ1: Z1 =
∑S m=−S
e(β zJ m)m = sinh(
r2S+12 ) sinh(
r12) , r = zJ kTm Wir m¨ussen also entwickeln:
sinh(x) =x+x3 3! + x5
5! +O(x7)
⇒ ln(sinh(x)) = ln( x)
+ ln( 1 + x2
3! +x4
5! +O(x6)) und ln(1 +z) =z− z2
2 +O(z3).
⇒
ln(sinh(x)) = ln(x) + [ x2 3! + x4
5! +O(x6)]
− 1 2
[x2 3! +x4
5! +O(x6)]2
+ O(z3)
| {z }
=O(x6)
= ln(x) + [ x2 3! + x4
5! +O(x6)]
− 1 2
[ x4 3! 3!
] + O(x6)
= ln(x) + x2
3! + x4(1
5!− 1 2 3! 3!
)
⇒ ln(sinh(x)) = ln(x) + x2 6 − x4
180 +O(x6) Damit ergibt sich
ln(Z1) = ln(
sinh(r2S+ 1 2 ))
− ln(
sinh(r1 2))
= ln(2S+ 1) +r2 6
[ (2S+ 1 2
)2
− (1
2 )2
| {z }
=S(S+ 1) ]
− r4 180
[ (2S+ 1 2
)4
− (1
2 )4 ]
Die zweite Klammer l¨asst sich noch umschreiben zu [ (2S+ 1
2 )4
− (1
2 )4 ]
=
[ (2S+ 1 2
)2
− (1
2
)2 ] [ (
2S+ 1 2
)2
+ (1
2 )2 ]
= S(S+ 1) [S(S+ 1) + 1/2 ].
F¨ur das Funktional der freien Energie erhalten wir nach Einsetzen von r= kTzJm F(m) = N zJ[1
2m2− kT
zJ ln(Z1)]
= N zJ[1
2m2− kT
zJ ln(2S+ 1)− 1 2m2zJ
kT
S(S+ 1)
3 +
+1
4m4(zJ)3 (kT)3
S(S+ 1)
45 [S(S+ 1) + 1/2 ]] . Der Term ∼m2 kann umgeformt werden zu
1 2m2
(
1− zJ kT
S(S+ 1) 3
)
= 1 2m2
(T − zJk S(S+1)3 T
)
= 1 2m2
(T −TN T
)
mit
kTN =zJS(S+ 1)
3 .
F¨ur T ≃TN kann ¨uberall, wo T nur als Vorfaktor eingeht, T =TN ersetzt werden, also ¨uberall außer in (T −TN) . Damit wird auch
kT
zJ → kTN
zJ = S(S+ 1) 3
⇒ F(m) =N zJ[1 2
(T −TN TN
)
m2 + 1
4bm4 − S(S+ 1)
3 ln(2S+ 1)] mit
b= (zJ)3 (kTN)3
S(S+ 1)
45 [S(S+ 1) + 1/2 ] ⇒ b = 1 5
S(S+ 1) + 1/2 S2(S+ 1)2
Die Entwicklung bis zur Ordnung∼m4ist n¨otig, damit das System auch f¨urT < TN stabil bleibt, wenn der Vorfaktor vorm2 negativ wird. Es ist notwendig, alle Terme
∼m4 bzw.∼x4 in der Entwicklung von ln(sinh(x)) mitzunehmen, um das korrekte positive Vorzeichen b >0 zu erhalten.
Abbildung 1: Zu Aufgabe 1 (b): Das freie Energie-Funktional F als Funktion von m. Die Kurve, die nur ein Minimum besitzt, entspricht dem Fall T > Tc, die Kurve mit 2 Minima entspricht T < Tc.
(b) Minimum der freien Energie:
(∂F(m)
∂m )
T
= 0 =N zJ[T −TN
TN m + bm3] Es gibt also zwei L¨osungen: m= 0 und
bm2 = TN −T
TN falls T < TN F¨ur T < TN ist offenbar F kleiner, wenn m endlich ist, also:
⇒ m(T) =
{ T > TN : 0 T < TN : ±(
TN−T b TN
)1/2
Der Ordnungsparameter zeigt am Phasen¨ubergang das f¨ur Molekularfeldtheorien typische √ -Verhalten, m(T) ∝ √
TN −T . Aufgrund der in a) gemachten Ent- wicklung gilt dieses Ergebnis nur f¨urT ≃TN.
2. Phasen¨ubergang 1. Ordnung:
(a) Ferroelektrische Kristalle k¨onnen durch ein freie Energie-Funktional der Form F(η, γ) =a(T −T0)η+bη2+cη3+dγη+g
2γ2
beschrieben werden, mit zwei Ordnungsparametern: Verzerrungγ der Einheitszelle und η=|P|2 mit dem Dipolmoment P. Beachte η ≥0.
Zun¨achst wird der Gleichgewichtswert von γ bestimmt (Gleichgewicht eigentlich nur, wenn auch η bestimmt und eingesetzt wird ...) und damit das Funktional F(η):
∂F
∂γ = 0 =dη+gγ , γ =−d
gη , F(η) = a(T −T0)η− ( d2
2g −b )
| {z }
=: ˜b
η2+cη3
Qualitativer Verlauf vonF(η) :
Η+HT=TcL Η FHΗL
T >Tc
T <Tc
(Beachte: nach Definition istη=|P|2 ≥0 .)
Man sieht: f¨ur große Temperatur gibt es ein Minimum beiη = 0 , f¨ur kleineT eines bei einem endlichen η0 > 0 , und bei einer bestimmten Temperatur Tc dazwischen entarten gerade die Minima, F(η0) = F(0) . Von T > Tc kommend wird also der Ordnungsparameterηvonη= 0 zuη=η0 springen⇔Phasen¨ubergang 1. Ordnung beiTc.
(b) F¨ur Tc brauchen wir den Wert η0 des Ordnungsparameters, also die Position des Minimums beiη >0 :
∂F
∂η = 0 =a(T −T0)−2˜bη+ 3cη2 ⇒ η±=
˜b 3c
[ 1±
√
1− 3ac
˜b2 (T −T0) ]
Zweite Ableitung:
∂2F
∂2η
η±
= (−2˜b+ 6cη±) =±2˜b√ . . .
D.h.,η0 =η+ ist das Minimum, und η0 =η+ ist der Gleichgewichtswert, denηf¨ur T < Tc annimmt.
Tc folgt nun aus der Bedingung, dass die beiden Minima bei η = 0 und η = η+ energetisch entartet sind bzw. eine zweite Nullstelle F(η+) erscheint.
0 =F(0) =F(η+) = [
a(T −T0)−˜bη++cη+2 ]
η+
Jetzt muss manη+ einsetzen, oder z.B. (T −T0) durch η+ ausdr¨ucken → F(η+) =
[
(2˜bη+−3cη+2)−˜bη++cη+2 ]
η+= [ ˜b−2cη+]η+2 = 0 → ˜b = 2c η+(Tc) Einsetzen vonη+:
⇒ ˜b = 2c˜b 3c
[1 +√. . .] 1
2 = √. . . 1
4 = 1−3ac
˜b2 (Tc−T0)
⇒ (Tc−T0) =
˜b2 4ac
⇒ Tc=T0+
˜b2 4ac Verlauf von η(T) beiT ≈Tc:
T =Tc−δ : η(T) =η+(Tc) T =Tc+δ : η(T) = 0
}
→ η(T)|T≃Tc =η+(Tc) Θ(Tc−T) =
˜b
2cΘ(Tc−T) Verlauf von γ(T) :
γ =−d
gη → γ(T)|T≃Tc =− d˜b
2cgΘ(Tc−T) (c) Latente W¨arme:
Ql =T ∆S , ∆S =S(T =Tc+δ)−S(T =Tc−δ)≡S>−S<
Entropie: Die T-Abh¨angigkeit von η muss mitgenommen werden, denn aus dem Funktional der freien EnergieF(T, η) wird die physikalische freie EnergieF(T, η(T)) im Gleichgewicht erst durch Einsetzen des Gleichgewichtswertesη(T) bestimmt.
S =−∂F
∂T =− (∂F
∂η )
T
∂η
∂T − (∂F
∂T )
η
=−(
a(T −T0)−2˜bη+ 3cη2 ) ∂η
∂T −aη T =Tc+δ : η(T) = 0, ∂η(T)
∂T = 0 f¨ur alleT > Tc → F(T)≡0 → S> = 0 T =Tc−δ : η(T) =η+(T) ,
(∂F
∂η )
T
= ∂F
∂η
η+
= 0 ,
(∂F
∂T )
η
= ∂F
∂T
η+
=aη+ Damit folgt
T =Tc−δ : S<=−aη+(Tc) , η+(Tc) = ˜b
2c von oben ⇒ Ql =Tca˜b 2c
3. Dichtematrix f¨ur den Spin-1/2:
(a) Wenn sich das System in einem reinen Zustand befindet, gilt f¨ur die Dichtematrix ˆ
ρ2 = ˆρ.
F¨ur einen Spin-1/2 ˆ
ρ2 = 1 4
(
1 + ˆPσˆ ) (
1 + ˆPσˆ )
= 1 4
(
1 +|P|2+ 2 ˆPσˆ )
= ˆρ+1 4
(|P|2−1) .
Also befindet sich der Spin f¨ur |P|= 1 in einem reinen Zustand.
Weiterhin kann die Dichtematrix eines reinen Zustandes durch die Wellenfunktion des entsprechenden Zustandes ausgedr¨uckt werden:
ρσσ′ = ΨσΨ∗σ′. Die allgemeine Wellenfunktion eines Spins-1/2 ist
Ψ =
( cosθ/2 eiϕsinθ/2
) . Es folgt f¨ur die Dichtematrix
ΨΨ∗ =
( cosθ/2 eiϕsinθ/2
) (cosθ/2 e−iϕsinθ/2)
=
( cos22θ e−iϕsinθ2cosθ2 eiϕsinθ2cosθ2 sin2 θ2
)
= 1 2
( 1 + cosθ sinθ(cosϕ−isinϕ) sinθ(cosϕ+isinϕ) 1−cosθ
)
= 1
2[1 + cosθ σˆz+ sinθcosϕσˆx+ sinθsinϕσˆy] = 1 2
(
1 + ˆPˆσ )
. In dieser Darstellung legen die beiden Winkel die Richtung des Vektors P =
|P|(sinθcosϕ,sinθsinϕ,cosθ) fest. Die reinen Zust¨ande eines beliebigen Zwei- Zustand-Systems k¨onnen auf diese Weise auf einer Einheitskugel dargestellt wer- den, die als Bloch-Kugel bezeichnet wird.
(b) Die reduziert Dichtematrix des ersten Spins ist definiert durch (ρ1)σσ′ = Tr2ρˆ=∑
σ2
ΨS,Sz(σ, σ2)Ψ∗S,Sz(σ′, σ2).
Hier ist ΨS,Sz(σ, σ2) die Wellenfunktion des Systems im Zustand|S, Sz⟩, die in der Basis der Eigenvektoren von sz1 und sz2 ausgedr¨uckt wird. Diese Wellenfunktionen sind
Ψ11 = (1
0 )
1
(1 0
)
2
; Ψ1,−1 = (0
1 )
1
(0 1
)
2
; Ψ1(0),0 = 1
√2 [(1
0 )
1
(0 1
)
2
± (0
1 )
1
(1 0
)
2
] . Nach der einfachen Matrizenmultiplikation bekommen wir
ˆ
ρ1(S = 1, Sz = 1) = (1 0
0 0 )
= 1
2(1 + ˆσz), (1) ˆ
ρ1(S = 1, Sz =−1) = (0 0
0 1 )
= 1
2(1−σˆz), (2) ˆ
ρ1(S = 1(0), Sz = 0) = 1 2
(1 0 0 1
)
. (3)
In den ersten beiden Zust¨anden (S = 1, Sz =±1) befindet sich das Teilchen 1 in einem reinen Zustand, weil aus Gln. (1) und (2) P= (0,0,±1) folgt.
In den beiden anderen F¨allen mit Sz = 0 liegt ein gemischter Zustand vor, wobei P= 0.
(c) Wir benutzen die Gleichungen (1), (2), und (3) und erhalten f¨ur die Entropie S[ ˆρ1(S= 1(0), Sz = 0)] =kBln 2, S[ ˆρ1(S= 1, Sz =±1)] = 0.
Wenn sich der Spin sich in einem reinen Zustand befindet ist die Entropie erwar- tungsgem¨aßS = 0, f¨ur die gemischten Zust¨ande ist S >0.
4. Station¨are L¨osung der Liouville-Gleichung (Bonusaufgabe)
Wir betrachten die Wahrscheinlichkeitsdichteρ(x, t) mitx= (q,p). Es soll nun speziell ρ nur ¨uber die Energie H von den Variablenx abh¨angen, es gilt also
ρ(x, t) = ρ(H(x), t) ⇒ ∂
∂xjρ(x) = ∂ρ
∂H
∂H
∂xj f¨ur allexj =pj, qj. F¨ur diese Dichte stellen wir nun die Liouville-Gleichung auf:
∂ρ
∂t = −{ρ, H} Es bleibt also zu zeigen, dass {H(x), ρ(H(x))}= 0 ist:
{H(x), ρ(H(x))}
=
∑3N j=1
(∂ρ
∂pj
∂H
∂qj − ∂ρ
∂qj
∂H
∂pj )
=
∑3N j=1
( ∂ρ
∂H
∂H
∂pj
∂H
∂qj − ∂ρ
∂H
∂H
∂qj
∂H
∂pj )
= 0
da alle (klassischen) Gr¨oßen miteinander vertauschen.
Also ist eine Gibbs-Verteilung, die nur von der Energie abh¨angt, station¨ar.