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Makerspace Lautsprecher AG -

Praxisnahes Lernen am Lehrstuhl für Akustik und Haptik Sebastian Merchel und M. Ercan Altinsoy

Technische Universität Dresden, Lehrstuhl für Akustik und Haptik, E-Mail:sebastian.merchel@tu-dresden.de

Einleitung

Dieser Beitrag diskutiert die Erfahrungen am Lehrstuhl für Akustik und Haptik der TU Dresden mit einer eigenen offenen Werkstatt - einem sogenannten Makerspace. Dessen Schwerpunkt liegt in den Bereichen Elektrotechnik und Akustik. Daher wurde dem Makerspace der Name Lautsprecher AG gegeben. Durch das problemorientierte Lernen an selbstdefinierten Projekten findet das im Studium erlangte Wissen praktische Anwendung. Dabei werden automatisch aktuelle Forschungsfragen thematisiert und bearbeitet. Ein Beispiel ist die gemeinschaftliche Entwicklung und Vermessung von 3D-gedruckten Lautsprecherkomponenten. Der Makerspace stellt für die Projektumsetzung nicht nur die benötigten Werkzeuge (z.B.

3D-Drucker, Messtechnik, Spezialräume, Online-Plattform, ...) zur Verfügung, sondern fördert gezielt die Auseinandersetzung mit aktuellen Fachthemen. In Workshops werden Projektideen entwickelt, Fragestellungen diskutiert, aktuelle Ergebnisse ausgetauscht und Erfahrungen weitergegeben. Die gemeinsame Arbeit im Team fördert Softskills aller Teilnehmer (Do-It-Together statt Do-It- Yourself). Durch den einfachen Zugang zu modernen Produktionstechnologien und der Möglichkeit zum strukturierten gemeinsamen Denken und Entwickeln wird soziales und technisches Know-How erworben welches so in der klassischen Vorlesung nicht erlernt werden kann.

Lehrkonzept

Ziel des Lehrkonzepts am Lehrstuhl für Akustik und Haptik ist die Vermittlung sowohl technischer als auch wahrnehmungsbasierter Grundlagen. Einen ersten Überblick über das Fachgebiet bietet die Vorlesung Grundlagen der Akustik. Mit den weiterführenden Lehrveranstaltungen Technische Akustik, Fahrzeugakustik und Virtuelle Realität werden überwiegend technische Inhalte vermittelt. In den Vorlesungen Psychoakustik und Sound Design steht die Wahrnehmung von Schall und Schwingungen im Vordergrund. Inhaltlich abgerundet wird das Lehrportfolio durch vertiefende Veranstaltungen aus den Themengebieten Raumakustik und Elektroakustik. Ein wichtiger Bestandteil vieler Lehrveranstaltungen ist dabei die studentische Projektarbeit ergänzt durch Seminare und Praktika.

Vervollständigt wird das Lehrangebot durch Fachexkursionen und eine offene Werkstatt – den Makerspace Lautsprecher AG. Die Erfahrungen mit diesem sollen im Folgenden näher beschrieben werden.

Entstehung der Lautsprecher AG

Vor einigen Jahren entstand die Idee eine offene Werkstatt am Lehrstuhl zu gründen. Einen Ort an dem Studierende verschiedener Fachrichtung ihr Wissen gemeinsam praktisch anwenden und erweitern können. Es sollte eine Plattform entstehen um ideen- und hypothesengeleitete Arbeit und problemorientiertes Lernen zu ermöglichen. Das Konzept orientiert sich dabei an sogenannten FabLabs (fabrication laboratories). In solchen offenen Werkstätten kann üblicherweise eine Vielzahl moderner industrieller Produktionsverfahren (Laserschneiden, CNC-Fräsen, 3D- Drucken, ...) genutzt werden. Dies ermöglicht die Fertigung personalisierter Einzelstücke oder individueller Prototypen.

Die erste Werkstatt dieser Art war das „Center of Bits and Atoms“ am Massachusetts Institute of Technology (MIT) im Jahr 2001. In der Zwischenzeit existieren FabLabs in unzähligen Städten weltweit. Eng verknüpft ist die schnell wachsende Maker-Bewegung.

Im Unterschied zu den breit aufgestellten FabLabs, bietet der Makerspace Lautsprecher AG einen stark auf Akustik spezialisierten Zugang zu Fertigungstechnik, Messtechnik und akustischen Spezialräumen. Die Studenten können theoretische Inhalte aus den Lehrveranstaltungen „begreifen“

und weiterentwickeln. Durch die praktische Auseinandersetzung entstehen neue Fragen, Theorien und Lösungsideen.

Abbildung 1: Selbstgebautes Lautsprecherarray und Eingangsbereich vor dem Makerspace Lautsprecher AG.

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Ausstattung des Makerspaces

Das Interesse der Studierenden war von Anfang an sehr groß.

Es wurde ein geeigneter Raum gefunden (Abbildung 1) und mit der notwendigen Einrichtung (Labornetzteile, Oszilloskope, Verstärker, PCs, Lötstation, Werkzeug, ...) ausgestattet.

Für die Bearbeitung diverser Materialien besteht Zugang zu verschiedenen universitären Werkstätten. Direkt im Makerspace können mit Hilfe eines 3D-Druckers (MakerBot Replicator Z18, Abbildung 2) in FDM-Technologie Bauteile gedruckt werden. Dies ermöglicht die einfache Produktion komplexer Körper. Beispielsweise wurden akustische Linsen und Waveguides sowie komplexe Gehäusestrukturen für den Bau von Dodekaeder-Lautsprechern (Abbildung 3) entworfen und hergestellt. Die Verwendung von Thermoplasten (PLA) für den 3D-Druck stellt dabei neue akustische Herausforderungen die diskutiert und untersucht wurden. So konnte das Schwingverhalten der Druckobjekte durch gezielte Optimierung der Steifigkeit und der Dämpfung kontrolliert werden. Dies geschah beispielsweise durch konstruktive Versteifung der 3D-Modelle oder nachträgliches Befüllen bzw. Beschichten mit dämpfenden Materialien (Bitumen, Silikon, ...).

Abbildung 2: 3D-Drucker mit großem Bauraum im Makerspace.

Abbildung 3: Gedruckte Teile eines Dodekaeder-Lautsprechers bei der Montage sowie Messtechnik und Referenzlautsprecher.

Durch die enge Kooperation mit der Firma Klippel steht den Studenten professionelles Messequipment zur Verfügung.

Mit Hilfe eines Distortion Analyzers können Thiele-Small- Parameter und nichtlineare Kennwerte von Lautsprecherchassis ermittelt werden. Ein Nahfeldscanner (Abbildung 4) sowie klassische Impulsantwortmesstechnik im reflektionsarmen Raum erlauben unter anderem Messungen zu Frequenzgang, Ausklingverhalten oder der dreidimensionalen Richtcharakteristik von Schallwandlern.

Letztlich können in einem Studioraum die eigenen Lautsprecherentwürfe in Hörversuchen durch Vergleich mit hochqualitativen Studiolautsprechern beurteilt werden.

Abbildung 4: Vermessung der Richtcharakteristik des Dodekaeder- Lautsprechers aus Abbildung 3 auf einem Klippel-Nahfeldscanners.

Koordination

Der Makerspace verfügt über ein elektronisches Schließsystem und kann jederzeit individuell genutzt werden.

Für die Vernetzung der Studenten wurde eine separates Modul im E-Learning-System der TU Dresden (OPAL) eingerichtet. Mit Hilfe dieser Plattform können Projektideen (Email-Verteiler) und Ergebnisse (Wiki) ausgetauscht werden. Weiterhin soll in Zukunft die Koordination der Geräte- und Raumnutzung darüber erfolgen. Momentan sind auf der Plattform 76 Studenten in Modul Lautsprecher-AG eingeschrieben. Ein regelmäßiger wöchentlicher Treff im Makerspace hilft im wirklichen Leben ins Gespräch zu kommen und sich auszutauschen. Neue Interessenten finden dort einen ersten Kontakt zu erfahrenen AG-Mitgliedern. Die AG wurde lange durch einen Lehrstuhlmitarbeiter betreut und geht zurzeit immer weiter in die Selbstorganisation über. Für fachliche aber auch organisatorische Fragen stehen weiterhin die Mitarbeiter des Lehrstuhls zur Verfügung. Der Makerspace befindet sich aus diesem Grund in direkter Nachbarschaft zu den Arbeits- und Laborräumen des Lehrstuhls.

Neben den durch Studenten initiierten Projekten wird der Raum für praktische Projektarbeiten innerhalb der regulären Lehrveranstaltungen genutzt. Da dafür in der Regel Bearbeitungszeit während des Tages eingeplant wird, kommt es selten zur Kollision mit der Raumnutzung durch die AG- Mitglieder welche überwiegend am Nachmittag oder Abend stattfindet.

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Beispielprojekte

Um Interesse für die AG zu wecken wurden in der Vergangenheit verschiedene Aktionen durchgeführt. Eine Idee bestand in der Definition von Semesterthemen um Projekte einzelner Studenten zu bündeln und das gemeinsame Arbeiten zu fördern. Ein solches Thema war beispielsweise der Bau transportabler akkubetriebener Lautsprecher oder die Entwicklung eines digitalen Audioprozessorboards.

Bau portabler Lautsprecher

Zum Auftakt wurde ein Samstagsworkshop organisiert. Das Ankündigungsplakat ist in Abbildung 5 abgedruckt.

Abbildung 5: Beispielplakat für einen Auftaktworkshop.

Es wurden Vorträge zu verschiedenen Themen von den Grundlagen des Lautsprecherbaus über energieeffiziente Verstärker bis hin zur Kostenplanung eines Kofferlautsprechers gehalten. Bis auf den Autor waren alle Vortragenden Studenten die fakultativ von eigenen Projekten berichteten. Obwohl der Workshop oder die AG-Teilnahme nicht als Lehrveranstaltung abgerechnet werden kann lag die Teilnehmerzahl bei 30 Studenten.

Da im Rahmen der eintägigen Veranstaltung kein vollständiger Lautsprecher entwickelt werden konnte, wurde entschieden als praktisches Beispiel einen Schallwandler aus Bierdeckeln zu basteln. Um die grundsätzliche Funktionsweise eines elektrodynamischen Antriebs zu

„begreifen“ wickelte jeder Teilnehmer eine Spule von Hand auf einem 3D-gedruckten Spulenhalter. Die Spule wurde anschließend auf einen Bierdeckel geklebt. Ein zweiter Bierdeckel diente als Halter für einen Neodyn-Magneten.

Mittels gefalteter Pappstreifen wurden die beiden Deckel schwingend verbunden. Das Resultat waren funktionsfähige

Miniaturlautsprecher, die an einem Verstärker betrieben und von den Studenten mit nach Hause genommen wurden.

Abbildung 6: Impression vom Lautsprecher-AG-Workshop „Bau portabler Lautsprecher“.

Im Verlauf der folgenden Semester entstanden einige portable Lautsprecher. Verschiedene Gehäuse wurden aus Holz, mittels 3D-Druck oder aus alten Hartschalenkoffern (Boomcase, siehe Abbildung 7) gefertigt und akustisch optimiert. Schaltungen für die Batterieüberwachung und Platinen für Class-D-Amps wurden entwickelt. Eine weitere Herausforderung stellte die Auslegung der Frequenzweichen sowie der ggf. notwendigen Entzerrung dar. Eine interessante Lösung ist dabei die Verwendung eines Audio-DSPs.

Abbildung 7: Portabler 2½-Wege Lautsprecher auf Basis eines Hartschalenkoffers bei der Vermessung im reflektionsarmen Raum.

freeDSP-Projekt

Der Wunsch nach einem universell einsetzbaren Audioprozessorboard mündete im freeDSP-Projekt. Ziel war die Entwicklung einer erschwinglichen Hardware für echtzeitfähige Audiosignalverarbeitung. Der Fokus lag dabei auf einer einfachen Programmierbarkeit. Es entstanden Leiterplattenentwürfe basierend auf ADAU-DSP Chips von Analog Devices. Mit Hilfe der kostenlosen grafischen Entwicklungsumgebung SigmaStudio sind die Boards sehr einfach programmierbar. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen von Raumentzerrungsprozessoren bis hin zu komplexen Audioeffektgeräten. Im Fall transportabler Lautsprecher findet ein freeDSP als digitale Frequenzweiche,

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Equalizer, und psychoakustischer Prozessor Verwendung.

Die Entwicklungsdaten jeder freeDSP-Platine werden auf der Webseite www.freeDSP.cc unter einer Creative Commons Lizenz veröffentlicht. Diese erlaubt die uneingeschränkte Verwendung und Modifikation des Audioprozessorboards.

Das freeDSP-Projekt ist mittlerweile über die Lautsprecher AG hinausgewachsen. Zahlreiche freeDSP-Platinen entstanden in Zusammenarbeit mit internationalen Mitstreitern. Diese beteiligen sich meist online per GitHub.

Einige leistungsfähigere DSP-Boards entstanden (z.B. der PiDSP mit digitalen Ein- und Ausgängen als Aufsteckplatine für einen Raspberry Pi). Zur freeDSP-Familie kommen immer mehr Erweiterungsboards hinzu. Beispielhaft sei hier ein 4- Kanal Verstärker sowie Platinen mit zusätzlichen analogen oder digitalen Ein- und Ausgängen genannt. Um die Kompatibilität der Platinen innerhalb des Projekts zu gewährleisten wurde ein I²S-Standardstecker definiert.

Im Rahmen der Lautsprecher AG finden regelmäßig Projekttreffen (sogenannte freeDSP-TEAs) für den Austausch und die gemeinsame Entwicklung ortsansässiger Mitwirkender statt. Die Kommunikation mit externen Projektbeteiligten erfolgt über einen Emailverteiler und ein Wiki mit Richtlinien für neue freeDSP-Erweiterungen. Das Projekt motiviert besonders durch die weltweite Verbreitung und Nutzung der entstandenen Module.

Abbildung 8: Prototyp des freeDSP CLASSIC als digitale Frequenzweiche für einen selbstgebauten Tischlautsprecher.

Exkursionen

Um die praktische Anwendung des Fachwissens zu veranschaulichen findet mit Unterstützung des VDEs eine jährliche „Studentenexkursion Akustik und Haptik“ statt. Die Studierenden können dabei Kontakte mit potentiellen Arbeitgebern knüpfen. Die Zielfirmen werden in enger Absprache mit den AG-Studenten ausgewählt. Die Exkursion dauert meist 4 Tage und findet in der vorlesungsfreien Woche

nach Pfingsten statt. Die Teilnehmerzahl ist durch die zur Verfügung stehenden Busse begrenzt und liegt zwischen 7 und 25 Personen. Abbildung 9 zeigt beispielhaft die anvisierten Exkursionsziele im Jahr 2017. In Abbildung 10 ist unsere Gruppe während eines Besuchs bei d&b audiotechnik zu sehen.

Abbildung 9: Ankündigung der Studentenexkursion im Jahr 2017.

Abbildung 10: Impression der Studentenexkursion Akustik und Haptik zu Besuch bei d&b audiotechnik in Backnang.

Fazit

In der Lautsprecher AG wird die praktische Seite der Akustik erfahrbar. Sie ist eine Plattform für Studierende zur Förderung und zum Austausch von Ideen. Das praxisorientierte Lernen fördert die Motivation und die sozialen Kontakte, welche durch gemeinsame Exkursion weiter vertieft werden.

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