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Antikoagulation bei Lebererkrankungen

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Academic year: 2022

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Aufgrund des erhöhten Blutungs - risikos ist Warfarin bei chronischen Lebererkrankungen potenziell kon - traindiziert. Amerikanische Wissen- schaftler haben jetzt anhand der Albumin- und Kreatininserumwerte ein Vier-Punkte-System entwickelt, mit dem das Blutungsrisiko von Patienten mit Lebererkrankungen vor Beginn einer Antikoagulation stratifiziert werden kann.

CIRCULATION: CARDIOVASCULAR QUALITY AND OUTCOMES

Eine chronische Lebererkrankung stellt eine potenzielle Kontraindikation ge- genüber einer Warfarinbehandlung dar. Bei fortgeschrittenen Lebererkran- kungen kommt es zu einem Ungleich- gewicht an Pro- und Antikoagulanzien.

Synthesestörungen der Leber können Konzentrationsveränderungen der Ge- rinnungsfaktoren verursachen, die mit einer verlängerten Prothrombinzeit und einem verlängerten INR-(International- Normalized-Ratio-)Wert verbunden sind.

Zusätzlich können Thrombozytopenie, endotheliale Dysfunktion, Pfortader- hochdruck und eine verstärkte Fibrino- lyse hämorrhagische Ereignisse be- günstigen.

Aus Studien geht zudem aber auch her- vor, dass bei Patienten mit Leber - erkrankungen ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien besteht. Experten vermuten, dass der prothrombotische Status auf eine Abnahme der Throm- binhemmung und eine Resistenz gegen- über Thrombomodulin zurückzufüh- ren ist.

Aufgrund des gleichzeitig erhöhten Thrombose- und Blutungsrisikos ergibt sich ein widersprüchliches klinisches Bild. Mediziner können deshalb nur schwer abschätzen, ob Warfarin bei einem Leberpatienten mit einer erfolg- reichen Antikoagulationskontrolle oder einem erhöhten Risiko für hämorrhagi- sche Ereignisse verbunden ist. Dieses Problem stellt sich auch bei neueren Substanzen, denn Patienten mit Leber- erkrankungen wurden aus Studien zu neuen Wirkstoffen ausgeschlossen.

Lydia Efird von der Boston University School of Medicine (USA) und ihr Team untersuchten nun anhand einer Datenauswertung, ob es gängige Mar- ker zur Evaluierung von Lebererkran- kungen gibt, die eine Identifizierung von Patienten ermöglichen, bei denen mit einiger Wahrscheinlichkeit eine gute Antikoagulationskontrolle erreicht wer- den kann. Des Weiteren gingen die For- scher der Frage nach, ob dieselben Marker auch die Raten schwerer Blu- tungen prognostizieren.

Im Rahmen ihrer Studie untersuchten die Wissenschaftler den prädiktiven Wert der Laborparameter Albumin, Aspartat-Aminotransferase (AST), Ala - nin-Aminotransferase (ALT), Bilirubin, Kreatinin und Cholesterin. Als End- punkte definierten sie die prozentuale Zeit der INR im therapeutischen Be-

reich (TTR = Time in Therapeutic Range) als Erfassungsinstrument für die Anti- koagulationskontrolle sowie die Anzahl schwerer Blutungen.

Ergebnisse

In der Datenbank Veterans Affairs Study to Improve Anticoagulation waren 102 134 Patienten verzeichnet, die im Zeitraum von 2007 bis 2008 mindestens sechs Monate lang Warfa- rin (oral) erhalten hatten. Aus dieser Personengruppe identifizierten die Au- toren 1763 Patienten mit chronischen Lebererkrankungen gemäss der Inter- national Classification of Diseases (ICD-9).

Bei den Patienten mit Lebererkrankun- gen ermittelten die Wissenschaftler eine geringere TTR (53,5%) im Vergleich zu Patienten ohne Lebererkrankungen (61,7%; p < 0,001). Ausserdem kam es bei ihnen häufiger zu Blutungen im Vergleich zu lebergesunden Patienten (Hazard Ratio [HR] 2,02; p < 0,001).

Ein rechnerischer Abgleich für die Antikoagulationskontrolle und andere Risikofaktoren für Blutungen wie Hypertonie, ein bereits erlittener Schlaganfall oder Substanzmissbrauch veränderte dieses Ergebnis nur gering- fügig (HR 1,80; p < 0,001).

Höhere Kreatinin-, AST- und Bilirubin- werte sowie niedrigere Gesamtchol e - sterin- und Albuminwerte waren im Vergleich zu den Normalwerten mit einer geringeren prozentualen TTR und einer höheren Anzahl hämorrhagischer Ereignisse verbunden. Nach Kombina- tion aller potenziell prädiktiven Fakto- ren in einem Cox-Modell erwiesen sich die Serumalbumin- und Serumkreati- ninwerte bei Patienten mit Leber - erkrankungen als stärkste Prädiktoren für die TTR und das Blutungsrisiko.

Vier-Punkte-System

Auf der Basis dieser Ergebnisse entwi- ckelten die Autoren ein Vier-Punkte- System. Die Leberpatienten erhielten einen Punkt für leicht oder zwei Punkte für stark erniedrigte Albuminwerte.

Des Weiteren vergaben die Wissen- schaftler einen Punkt für leicht und zwei Punkte für stark erhöhte Kreati- ninwerte:

Kreatinin 1,00–2,00 mg/dl 1 Punkt Kreatinin > 2,00 mg/dl 2 Punkte Albumin 2,50–3,49 g/dl 1 Punkt Albumin < 2,50 g/dl 2 Punkte

STUDIE REFERIERT

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ARS MEDICI 14/15 2014

Antikoagulation

bei Lebererkrankungen

Merksätze

Lebererkrankungen sind häufig mit einer un- zureichenden Antikoagulationskontrolle und einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden.

Derzeit gibt es keine prospektiven kontrollier- ten Studien zur antikoagulativen Behandlung von Patienten mit Lebererkrankungen.

Ein Vier-Punkte-System ermöglicht bei Le- berpatienten vor Beginn einer Antikoagulation die Stratifizierung des Blutungsrisikos an- hand der Albumin- und Kreatininserumwerte.

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STUDIE REFERIERT

ARS MEDICI 14/15 2014

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Durch eine Addition beider Variablen wurde für jeden Patienten ein kombi- nierter Risikowert zwischen 0 und 4 Punkten ermittelt, der die Antikoagula- tionskontrolle (prozentuale TTR) und das Blutungsrisiko prognostizierte:

Bei Leberpatienten mit einem Wert von 0 war die TTR nur geringfügig niedriger (56,7%) als bei Patienten ohne Lebererkrankungen (61,7%).

Auch wurde bei einem Score von 0 keine Zunahme an Blutungsereignis- sen (HR 1,16; p=0,59) beobachtet.

Bei Leberpatienten mit einem nor- malen Albuminwert (3,5 g/dl) und normaler Nierenfunktion (Kreatinin

<1,0 mg/dl) kann eine orale Antiko- agulation mit Warfarin demzufolge ähnlich gut kontrolliert werden wie bei lebergesunden Personen, und es kommt auch nicht zu mehr Blutungen.

Bei Leberpatienten mit einem Punkt- wert von 2 war die TTR bereits mit- telgradig erniedrigt (50%), und es traten auch häufiger Blutungen auf (HR = 2,92; p<0,001) als bei Patien- ten ohne Leberschaden. Bei Patien- ten mit einem Punktwert von 2 oder 3 raten die Autoren daher zu einer sorgfältigen Abwägung von Nutzen und Risiken einer Antikoagulation.

Patienten mit dem höchsten Punkt- wert 4 wiesen sowohl eine schlechte Antikoagulationskontrolle (TTR = 29,4%) als auch ein hohes Blutungs- risiko (HR 8,53; p < 0,001) auf. Für diese Patienten sollten nach Ansicht der Wissenschaftler Alternativen für eine Antikoagulation in Betracht ge- zogen werden.

Diskussion

Erwartungsgemäss wurden bei Patien- ten mit Lebererkrankungen eine schlechtere antikoagulative Kontrolle und ein erhöhtes Risiko für schwere Blutungen beobachtet. Aus der Daten- analyse geht jedoch hervor, dass diese Effekte nicht einheitlich auftreten und dass mithilfe eines einfachen Vier- Punkte-Systems auf der Basis von Serumalbumin und Serumkreatinin eine Risikostratifizierung der Patienten im Hinblick auf eine erfolgreiche Be- handlung mit traditionellen Vitamin- K-Antagonisten wie Warfarin vorge- nommen werden kann.

Das Modell ermöglichte zum einen die Identifizierung von Patienten, die trotz einer Lebererkrankung verhältnismäs- sig sicher antikoagulativ behandelt werden können. Zum anderen konnten

Patienten mit hohem Blutungsrisiko er- mittelt werden, denen eine Antikoagu- lation nur aus zwingenden Gründen und unter engmaschiger Überwachung angeboten werden sollte.

Die Autoren weisen ausdrücklich da- rauf hin, dass ihr Vier-Punkte-Modell bis anhin nicht anhand anderer Daten extern validiert wurde, halten es aber dennoch für das derzeit beste verfüg- bare Instrument zur Entscheidungsfin- dung bei Leberpatienten mit einer Indi- kation für die Antikoagulation. Petra Stölting

Quelle: Efird LM et al.: Stratifying the risks of oral antico- agulation in patients with liver disease. Circ Cardiovasc Qual Outcomes 2014; 7: 461–467.

Interessenkonflikte: Einer der zehn Autoren hat Honorare von Bayer und Bristol-Myers Squibb erhalten und war als Berater für mehrere Pharmaunternehmen tätig. Alle anderen Autoren deklarieren keine Interessenkonflikte.

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