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Aufgabensammlung zum Üben und zur individuellen Förderung im Fach Deutsch Schuljahrgänge 9/10

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Academic year: 2022

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Aufgabensammlung zum Üben und zur individuellen Förderung im Fach Deutsch Schuljahrgänge 9/10

Kompetenzbereich: SCHREIBEN

Zentrale Schreibformen kennen und sachgerecht nutzen/Sachbezogen, situationsangemessen und adressatengerecht schreiben

Aufgabensammlung Innerer Monolog

Inhalt

A Dieter Mucke: Ein beinah lustiges Geschichtchen ... 2

B Hermann Kasack (1896 – 1966): Der Automat (1916) ... 4

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A Dieter Mucke: Ein beinah lustiges Geschichtchen

(Quelle: Besondere Leistungsfeststellung 2017)

Über die Schienenschleife der Straßenbahn-Endstelle fegte ein beißender, schneestaubgesättigter Wind. Der viertelstündige Abstand, in dem die Bahnen fuhren, reichte gerade noch aus, um die parallelen Linien der schneeverwehten Schienen immer wieder zu markieren.

Es begann bereits zu dämmern. Man konnte noch gut sehen, doch die Schneekristalle 5

wirbelten schon in den Lichtfühlern der vorsichtig fahrenden Autos.

In der schlecht geheizten Straßenbahn saßen die Leute mit hochgeschlagenem Mantelkragen, einen Arm durch die Henkel eines Netzes oder Einkaufsbeutels gefädelt, die Hände in die Taschen vergraben, und warteten auf die Abfahrt. In ein paar Tagen war Weihnachten und die meisten hatten noch etwas in der Stadt zu besorgen. Ungeduldig trap- 10

pelten sie sich die Füße warm und verfolgten mit ihren Blicken die wenigen Passanten auf der Straße.

Plötzlich richtete sich ihre Aufmerksamkeit auf einen Mann. Der kam den Radweg entlang, aber mehr getorkelt als gegangen. In der Hand trug er eine abgewetzte und ausgebeulte Aktentasche, den linken Arm hielt er waagerecht ausgestreckt, balancierte so den 15

ungleichmäßigen Gang auf dem glatten Weg etwas aus und strebte der Bahn zu.

Da sich an der Endstelle eine Kneipe befand, dachten sich die Leute ihr Teil.

Ungefähr zehn Meter vor seinem Ziel rutschte der Mann aus. Im Fall bekam er mit der freien Hand eine Laterne zu fassen. An der drehte er sich rücklings zu Boden. Dann saß er im Schnee. Das Grinsen der Straßenbahninsassen platzte zu einem Lachen. Sie rückten sich auf 20

ihren Plätzen so zurecht, dass sie den Mann gut beobachten konnten, und waren neugierig, wie es nun weiterging.

Der Mann umarmte den Laternenpfahl und wand sich ebenso spiralförmig, nur viel langsamer, wieder hoch. Als er endlich aufrecht und schwankend neben der Laterne stand, merkte er, dass seine Tasche noch im Schnee lag, und griff sich an den Kopf, was abermals 25

bei den Fahrgästen einen Heiterkeitsausbruch zur Folge hatte. Man wartete auf einmal nicht mehr ungeduldig auf die Abfahrt der Straßenbahn, sondern amüsierte sich auf seinem Sitz wie im Kino, genoss das Ganze wie einen Filmgag.

Indessen ließ sich der Mann wieder an dem Laternenpfahl herab. Wahrscheinlich hielt er sich nicht richtig fest, er stauchte hart auf. Der Hut rutschte in die Stirn und nahm ihm die Sicht. Vor 30

Verwirrung tappte er mit den Händen wie ein Blinder nach der Tasche.

Das Lachen in der Straßenbahn brandete so laut auf, dass es durch die Ritzen der Türen bis zu ihm gedrungen sein musste.

Da riss sich der im Schnee Sitzende den Hut vom Kopf, zeigte den wiehernden Zuschauern wild gestikulierend den Vogel und zog mit einem Ruck beide Hosenbeine bis zu den Knien 35

hoch. Aus den Schuhschäften ragte das Metallgestänge und Lederzeug von Prothesen.

Das Gelächter gefror auf der Stelle. Doch ehe sich die Fahrgäste eines Besseren besannen, klingelte die Straßenbahn und fuhr ab.

Mucke, Dieter: Ein beinah lustiges Geschichtchen (bearbeitete Fassung). In: Walther, Joachim (Hg.):

Vom Geschmack der Wörter. Berlin: Buchverlag Der Morgen 1980, S.103-105.

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Aufgabe

Versetzen Sie sich in folgende Situation:

Nachdem die Straßenbahn abgefahren war, zog sich der Mann mühsam an der Laterne empor und wankte zur Gaststätte, um zu sich zu kommen. Von seinem Gesichtsausdruck alarmiert, fragte ihn die Wirtin, was ihm widerfahren sei.

Stellen Sie die Geschehnisse aus der Sicht des Mannes dar!

Geben Sie dabei auch die Eindrücke und Gefühle wieder, die durch das Erlebte ausgelöst wurden!

(4)

B Hermann Kasack (1896 – 1966): Der Automat (1916)

(Quelle: Realschulabschluss 2019)

Eines Tages klingelt es bei mir. Man bringt mir eine Visitenkarte: Mr. Tobias Hull. Ich kenne das Wesen nicht.

Es kommt zu mir ins Zimmer. Es macht ganz kleine Schritte, ohne die Sohlen vom Boden zu heben.

Ich denke: Es ist am Ende gar rückenmarkleidend. Aber bald merke ich, dass es 5

gesund und nur seltsam ist.

Wir setzen uns. Ich frage: Und was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches?

Oh! Ich wollte mich Ihnen nur vorstellen.

Ich bin höflich: Das ist ja sehr angenehm, aber – darf ich Sie fragen – –

Oh! Unterbricht es mich plötzlich: Bitte, fragen Sie mich nicht. Und damit fängt es an 10

seine Geschichte zu erzählen.

Es sagt: Ich bin nämlich ausgestopft … Ich: Aber … erlauben Sie mal! – – – Es erzählt ruhig weiter:

Sehen Sie, unter anderem habe ich kein Herz – und kein Gefühl. Eigentlich auch 15

keinen Verstand, aber ich habe eine gewisse Routine erlangt, und das ersetzt diesen vollständig. Denn das Handeln der Menschen ist heutzutage vollständig

schablonenmäßig und Herz und Verstand stören oft nur. – Mein Inneres ist erfüllt von elektrischen Strömen und automatischen Hebeln. Diese lassen mich alle Funktionen des menschlichen Wesens verrichten, ja, in gewisser Weise noch darüber hinaus. – 20

Wenn ich zum Beispiel auf einen Knopf an meiner linken Seite drücke, so spreche ich fließend englisch; und wenn ich auf einen Knopf an meiner rechten Seite drücke, so spreche ich fließend französisch. Überhaupt habe ich so einige Schaltbretter … Ich: Aber das ist doch erstaunlich!

Es: Oh! In gewisser Weise; vor allen Dingen aber angenehm. Sehen Sie, wenn Sie 25

sich zum Beispiel einen automatischen Doppelgänger von sich halten, so würden Sie doppelt so viel verdienen oder mehr – denn grade in geschäftlichen Dingen ist es wesentlich, keine Gefühle zu züchten. Noch besser ist es natürlich, wenn Sie drei bis vier derartige Doppelgänger haben.

Sie haben persönlich z. B. dann gar nichts mehr zu arbeiten. Sie können sogar 30

sterben, ohne dass die Welt irgendetwas davon merkt. Denn die Automaten ziehen sich dann gegenseitig auf.

Ich sage: – Aber das ist doch furchtbar. Bedenken Sie doch, wenn dann jeder seinen Automaten hat, dann sind die Menschen selber ja schließlich – – ganz überflüssig –

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Es: Vorläufig sind wir ja noch nicht so weit.

35

Ich: Gott sei Dank.

Es: Sprechen Sie nicht so. Warten Sie ab.

Es steht auf, fragt: Haben Sie also irgendeinen Auftrag für mich?

Ich: Ja … Sie haben sich äußerst korrekt benommen … entschieden … ja … Es: Darf ich Ihnen also ein Duplikat von Ihnen herstellen lassen?

40

Ich: … Ja, warum schließlich nicht …?!

Es: Es wird nicht lange dauern, Sie sind nicht besonders kompliziert zusammenge- setzt. Morgen wird ein Herr kommen und Maß nehmen.

Ich: Ein richtiger Mensch?

Doch wohl, vielleicht schon eine Kreuzung, antwortet es und verabschiedet sich 45

damit höflich.

Kasack, Hermann: Der Automat. In: Pfemfert, Franz (Hg.): Die Aktion. Wochenschrift für Politik, Literatur, Kunst. 6. Jahrgang. 17. Juni 1916, S. 324 – 326 (bearbeitete Fassung); URL:

https://ia600402.us.archive.org/14/items/DieAktion06jg1916/DieAktion06jg1916.pdf (Abruf 12.12.2017)

Aufgabe

Versetzen Sie sich in folgende Situation:

Stellen Sie sich vor, selbst in der Situation des Erzählers gewesen zu sein. Sie reflektieren Ihr Erlebnis mit Tobias Hull und hinterfragen kritisch Ihre Entscheidung, ein Duplikat von sich herstellen zu lassen.

Schreiben Sie einen inneren Monolog.

Vergegenwärtigen Sie sich das Erlebte, indem Sie die Situation schildern.

Gehen Sie anschließend auf die Vor- und Nachteile eines künstlichen Doppelgängers ein.

Entscheiden Sie begründet, ob Sie bei Ihrem Entschluss bleiben und den Auftrag ausführen lassen.

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