Datenerhebung zur Situation Studierender mit Behinderung und chronischer Krankheit 2016/17
Institut für Höhere Studien Institute for Advanced Studies
Vienna In Kooperation mit
be ei nt rä ch tig t s tud ie re n 20 16 /1 7
beeinträchtigt
studieren – best2
I
Jonas Poskowsky, Sonja Heißenberg, Sarah Zaussinger, Julia Brenner
beeinträchtigt studieren – best2
Datenerhebung zur Situation Studierender
mit Behinderung und chronischer Krankheit
2016/17
II
III Der vorliegende Bericht ist das gemeinsame Ergebnis des Verbundprojektes „beeinträchtigt stu- dieren – best2“ des Deutschen Studentenwerkes (DSW), vertreten durch die Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS), und des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) in Kooperation mit dem Institut für Höhere Studien in Wien (IHS).
Das Projekt wurde mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) rea- lisiert (Förderkennzeichen M520700 und M520800). Die Verantwortung für den Inhalt, mit Aus- nahme des Kapitels 2, trägt das DZHW. Für den Inhalt des Kapitels 2 ist das DSW verantwortlich.
Projektteam:
Jonas Poskowsky (Projektleitung DZHW) E-Mail: poskowsky@dzhw.eu
Christine Fromme (Projektleitung DSW) E-Mail: christine.fromme@studentenwerke.de Sonja Heißenberg (DZHW)
Sarah Zaussinger (IHS) Julia Brenner (IHS) Unter Mitarbeit von:
Georg Fochler, Laura Wunderlich, Christoph Schubert, Petra Nölle Beratende Experten und Expertinnen:
Ministerialrat Dr. Alexander von Boehmer, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Schwerbe- hindertenvertretungen des Bundes (AGSVB)
Dr. Elke Bosse, Leitung der BMBF-Forschungsgruppe StuFHe (Studierfähigkeit – institutionelle För- derung und studienrelevante Heterogenität) an der Fakultät für Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg
Dr. Irma Bürger, Studienberaterin und Beauftragte für Studierende mit Behinderung der Universi- tät Potsdam
Dr. Maike Gattermann-Kasper, Koordinatorin für die Belange von Studierenden mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten und Beauftragte für die Belange von Studierenden mit Behinderun- gen an der Universität Hamburg
Dr. Elke Middendorff, Projektleitung der Sozialerhebung am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung
Martin Unger, Forschungsgruppenleiter der Hochschulforschung am Institut für Höhere Studien in Wien
Dr. Rainer Weber, Leitender Psychologe, Klinik und Poliklinik für Psychosomatik und Psychothera-
pie Universitätsklinikum Köln
IV
I
Inhaltsverzeichnis
Grußwort des Präsidenten des Deutschen Studentenwerks ... VIII Grußwort der wissenschaftlichen Geschäftsführerin des Deutschen
Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung ... IX
1 Einleitung ... 1
2 Zentrale Ergebnisse ... 3
3 Beeinträchtigungsbezogene Merkmale ... 17
Ausgewählte Ergebnisse zu beeinträchtigungsbezogenen Merkmalen ... 17
3.1 Form der Beeinträchtigung ... 19
3.1.1 Bildung von Gruppen und Umgang mit Mehrfachbeeinträchtigungen ... 19
3.1.2 Form der Beeinträchtigung im Überblick ... 19
3.1.3 Form der Beeinträchtigung im Detail ... 20
3.2 Beeinträchtigungsbezogene Studienerschwernis ... 22
3.2.1 Form der Beeinträchtigung ... 23
3.2.2 Weitere Befunde ... 23
3.3 Dauerhaftes oder zeitweises Auftreten der beeinträchtigungsbezogenen Studienerschwernis ... 24
3.3.1 Form der Beeinträchtigung ... 25
3.3.2 Weitere Befunde ... 25
3.4 Wahrnehmbarkeit der Beeinträchtigung durch Dritte ... 25
3.4.1 Form der Beeinträchtigung ... 26
3.4.2 Weitere Befunde ... 26
3.5 Zeitpunkt des Auftretens der Beeinträchtigung ... 27
3.5.1 Form der Beeinträchtigung ... 28
3.5.2 Weitere Befunde ... 28
3.6 Amtlich festgestellte Behinderung ... 29
3.6.1 Form der Beeinträchtigung ... 30
3.6.2 Weitere Befunde ... 30
3.7 Beeinträchtigungsbezogene Bedarfe im Studienalltag ... 32
3.7.1 Form der Beeinträchtigung ... 32
3.7.2 Weitere Befunde ... 34
3.8 Vergleich zur Datenerhebung 2011 ... 36
II
4 Soziodemografisches Profil, Studienmerkmale und Merkmale des
Hochschulzugangs ... 39
Ausgewählte Ergebnisse zum soziodemographischen Profil, zu Studienmerkmalen und Merkmalen des Hochschulzugangs ... 39
4.1 Soziodemografische Merkmale ... 41
4.1.1 Geschlecht ... 41
4.1.2 Alter ... 42
4.1.3 Bildungsherkunft ... 44
4.2 Studienmerkmale ... 46
4.2.1 Fächergruppe ... 46
4.2.2 Art des angestrebten Abschlusses und erworbene Abschlüsse ... 49
4.2.3 Art der Hochschule ... 52
4.2.4 Größe der Hochschule und des Hochschulortes ... 55
4.2.5 Aktuelle Studienunterbrechung ... 59
4.2.6 Studiengangwechsel ... 62
4.3 Hochschulzugangsberechtigung und regionale Mobilität ... 64
4.3.1 Hochschulzugangsberechtigung ... 64
4.3.2 Erstimmatrikulation ... 67
4.3.3 Regionale Mobilität ... 69
5 Hochschulzulassung, Studienwahl und Studienaufnahme ... 79
Ausgewählte Ergebnisse zur Hochschulzulassung, Studienwahl und Studienaufnahme ... 79
5.1 Einfluss der Beeinträchtigung auf die Studiengangentscheidung ... 81
5.1.1 Stärke des Einflusses der Beeinträchtigung ... 81
5.1.2 Beeinträchtigungsbezogene Aspekte bei der Studiengangentscheidung .... 84
5.2 Wunschstudium ... 91
5.2.1 Aufnahme des Wunschstudiums ... 91
5.2.2 Beeinträchtigungsbezogene Aspekte, nicht im Wunschstudiengang zu studieren ... 95
5.3 Zulassungsverfahren und Zusatzanträge ... 98
5.3.1 Zulassungsbeschränkung des derzeitigen Studienganges ... 99
5.3.2 Zusatzantrag im Zulassungsverfahren ... 101
5.3.3 Schwierigkeiten bei der Antragsstellung ... 103
5.3.4 Eingereichte Nachweise ... 106
5.4 Unterstützungsbedarf zu Studienbeginn ...108
5.4.1 Studienanfänger*innen nach Form der Beeinträchtigung ... 110
5.4.2 Fortgeschrittene Studierende nach Form der Beeinträchtigung ... 113
5.4.3 Beeinträchtigungsbezogene Studienerschwernis ... 115
5.5 Vergleich zur Datenerhebung 2011 ...117
5.5.1 Einfluss der Beeinträchtigung auf die Studiengangentscheidung ... 117
5.5.2 Wunschstudium ... 117
5.5.3 Zulassungsverfahren und Zusatzanträge ... 118
5.5.4 Unterstützungsbedarf zu Studienbeginn ... 119
III
6 Beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten im Studium ... 121
Ausgewählte Ergebnisse zu beeinträchtigungsbezogenen Schwierigkeiten im Studium ... 121
6.1 Beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten bei der Studiendurchführung im Überblick ... 123
6.1.1 Form der Beeinträchtigung ... 124
6.1.2 Weitere Befunde ... 125
6.2 Beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten im Bereich Prüfungen, Hausarbeiten und andere Leistungsnachweise ... 129
6.2.1 Form der Beeinträchtigung ... 131
6.2.2 Weitere Befunde ... 133
6.3 Beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten im Bereich Studien- organisation, Lehre und Lernen ... 137
6.3.1 Form der Beeinträchtigung ... 139
6.3.2 Weitere Befunde ... 141
6.4 Beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten im Studium im Bereich soziales Miteinander, Kontakte und Kommunikation an der Hochschule ... 146
6.4.1 Studienalltag und Studiensituationen ... 148
6.4.2 Schwierigkeiten im Umgang mit Kommiliton*innen ... 150
6.4.3 Schwierigkeiten im Umgang mit Dozent*innen ... 154
6.4.4 Schwierigkeiten im Umgang mit dem Verwaltungspersonal ... 156
6.5 Beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten im Studium in Zusammen- hang mit baulichen Barrieren und/oder räumlichen Bedingungen an der Hochschule ... 158
6.5.1 Form der Beeinträchtigung ... 160
6.5.2 Weitere Befunde ... 163
6.5.3 Beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten im Bereich bauliche und räumliche Bedingungen im Wintersemester 2016/17 ... 166
6.5.4 Verortung baulicher Barrieren und unzureichend angepasster räumlicher Bedingungen in Hochschulen und Studentenwerken ... 168
6.6 Vergleich zur Datenerhebung 2011 ... 169
6.6.1 Vorbemerkung ... 169
6.6.2 Befunde im Zeitvergleich ... 171
7 Angemessene Vorkehrungen der Hochschule: Individuelle Nachteilsausgleiche und Anpassungen zur Kompensation beeinträchtigungsbezogener Schwierigkeiten ... 175
Ausgewählte Ergebnisse zu angemessenen Vorkehrungen der Hochschule ... 175
7.1 Beantragung von Nachteilsausgleichen und Anpassungen ... 178
7.1.1 Form der Beeinträchtigung ... 183
7.1.2 Weitere Befunde ... 184
7.2 Bewilligung von individuellen Nachteilsausgleichen und Anpassungen ... 187
7.2.1 Form der Beeinträchtigung ... 188
7.2.2 Weitere Befunde ... 189
IV
7.3 Wirksamkeit von individuellen Nachteilsausgleichen und Anpassungen ...193
7.3.1 Form der Beeinträchtigung ... 194
7.3.2 Weitere Befunde ... 195
7.4 Anteile der Studierenden mit beantragten, bewilligten und wirksamen individuellen Nachteilsausgleichen und Anpassungen ...196
7.5 Gründe für die Ablehnung von individuellen Nachteilsausgleichen und Anpassungen ...199
7.5.1 Form der Beeinträchtigung ... 200
7.5.2 Weitere Befunde ... 201
7.6 Gründe für den Verzicht auf individuelle Nachteilsausgleiche und Anpassungen ...203
7.6.1 Form der Beeinträchtigung ... 205
7.6.2 Weitere Befunde ... 205
8 Alternative Lösungsstrategien... 209
Ausgewählte Ergebnisse zu alternativen Lösungsstrategien ...209
8.1 Nutzung alternativer Lösungsstrategien ...211
8.1.1 Form der Beeinträchtigung ... 211
8.1.2 Weitere Befunde ... 213
8.2 Wirksamkeit alternativer Lösungsstrategien ...215
8.2.1 Form der Beeinträchtigung ... 216
8.2.2 Weitere Befunde ... 217
9 Vereinbarkeit von Studium und Beeinträchtigung ... 219
Ausgewählte Ergebnisse zur Vereinbarkeit von Studium und Beeinträchtigung ...219
9.1 Erneute Entscheidung für den eigenen Studiengang ...220
9.1.1 Form der Beeinträchtigung ... 220
9.1.2 Weitere Befunde ... 220
9.2 Verbesserungsvorschläge der Studierenden in Hinblick auf die Vereinbarkeit von Studium und Beeinträchtigung ...223
9.2.1 Studiendurchführung ... 224
9.2.2 Information und Beratung ... 227
9.2.3 Forderungen nach mehr Verständnis für die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen ... 228
9.2.4 Umgang mit der eigenen Beeinträchtigung ... 229
9.2.5 Verbesserungsvorschläge zum Thema Mensa... 230
9.2.6 Selbsthilfe ... 230
9.3 Studierende ohne beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten bei der Studiendurchführung ...231
9.3.1 Überblick über Studierende ohne beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten bei der Studiendurchführung ... 231
9.3.2 Gründe, warum keine beeinträchtigungsbezogenen Schwierigkeiten auftreten ... 232
9.3.3 Maßnahmen zur Vermeidung beeinträchtigungs-
bezogener Schwierigkeiten ... 236
V
10 Beeinträchtigungsspezifische Beratung ... 245
Ausgewählte Ergebnisse zu beeinträchtigungsspezifischen Beratungsangeboten.. 245
10.1 Bekanntheit beeinträchtigungsspezifischer Beratungsangebote ... 246
10.1.1 Form der Beeinträchtigung ... 247
10.1.2 Weitere Befunde ... 247
10.2 Nutzung beeinträchtigungsspezifischer Beratungsangebote ... 250
10.2.1 Form der Beeinträchtigung ... 251
10.2.2 Weitere Befunde ... 252
10.2.3 Zusammenfassende Darstellung über die Bekanntheit und Nutzung beeinträchtigungsspezifischer Beratungsangebote ... 254
10.3 Bewertung beeinträchtigungsspezifischer Beratungsangebote ... 256
10.3.1 Form der Beeinträchtigung ... 256
10.3.2 Weitere Befunde ... 257
10.3.3 Zusammenfassende Darstellung der Bewertung der beeinträchtigungsspezifischen Beratungsangebote ... 259
10.4 Themenfelder in der beeinträchtigungsspezifischen Beratung ... 260
10.4.1 Form der Beeinträchtigung ... 263
10.4.2 Weitere Befunde ... 263
10.5 Gründe für die fehlende Inanspruchnahme beeinträchtigungsspezifischer Beratungsangebote ... 264
10.5.1 Wunsch nach Geheimhaltung ... 265
10.5.2 Zweifel an der Zugehörigkeit zur Zielgruppe ... 265
10.5.3 Kein Beratungsbedarf ... 265
10.5.4 Zweifel am Nutzen der Beratung ... 266
10.5.5 Anderweitige Bedarfsdeckung bzw. kein passendes Beratungsangebot gefunden ... 266
10.5.6 Andere Gründe ... 266
10.6 Veränderungen gegenüber 2011 ... 267
11 Finanzierung ... 269
Ausgewählte Ergebnisse zur finanziellen Situation ... 269
11.1 Beeinträchtigungsbezogener Mehrbedarf ... 271
11.1.1 Form der Beeinträchtigung ... 273
11.1.2 Geschlecht und Alter ... 274
11.1.3 Vergleich zur Datenerhebung 2011 ... 274
11.2 Allgemeine Finanzierungsquellen ... 275
11.2.1 Form der Beeinträchtigung ... 276
11.2.2 Weitere Befunde ... 277
11.2.3 Vergleich zwischen Studierenden mit und ohne studien- erschwerende Beeinträchtigungen ... 279
11.2.4 Vergleich zur Datenerhebung 2011 ... 279
11.3 Spezifische Sozialleistungen ... 280
11.3.1 Form der Beeinträchtigung ... 281
11.3.2 Weitere Befunde ... 282
11.3.3 Beantragung von Leistungen der Eingliederungshilfe im Studium ... 282
VI
11.4 Einschätzung der finanziellen Situation ...283
11.4.1 Form der Beeinträchtigung ... 284
11.4.2 Weitere Befunde ... 284
11.4.3 Vergleich zwischen Studierenden mit und ohne studien- erschwerende Beeinträchtigung ... 285
11.4.4 Vergleich zur Datenerhebung 2011 ... 285
12 Zur Methode ... 287
12.1 Design der Studie ...287
12.2 Datenerhebung und Rücklauf ...288
12.3 Gewichtung ...288
12.4 Beeinträchtigungsform ...291
12.4.1 Mehrfachnennungen bei der Form der Beeinträchtigung ... 291
12.4.2 Kombinationen von unterschiedlichen Beeinträchtigungsformen ... 292
12.4.3 Konstruktion der Beeinträchtigungsgruppen unter Berücksichtigung des Ausmaßes der beeinträchtigungsbezogenen Studienerschwernis ... 294
13 Tabellenanhang ... 297
Literaturverzeichnis ... 300
Glossar ... 301
Abkürzungsverzeichnis ... 301
Impressum ... 305
Den Fragebogen, die Liste der teilnehmenden Hochschulen sowie ergänzende Tabellen finden
Sie im Internet unter http://best-umfrage.de/endbericht-best2.
VII
Grußworte
Grußworte
VIII
Grußwort
des Präsidenten des Deutschen Studentenwerks Sehr geehrte Damen und Herren,
die UN-Behindertenrechtskonvention, 2009 in Deutschland ratifiziert, hat maßgebliche Impulse für die Realisierung einer inklusiven Hochschule gegeben. Hochschulen haben Beratungsangebote ausgebaut, bauliche Barrieren beseitigt und Aktionspläne zur Umsetzung der Konvention erarbei- tet. Studenten- und Studierendenwerke haben zusätzlichen barrierefreien Wohnraum geschaffen.
Einige Länder unterstützen Maßnahmen zur Verwirklichung einer inklusiven Hochschule mit zu- sätzlichen Mitteln. So fördern Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen z. B. regionale Netzwerke von verantwortlichen Akteuren und/oder wissenschaftli- che Forschungsprojekte. Diese Entwicklungen sind vielversprechend. Wichtige Fragen aber blei- ben: Wo halten sich Barrieren hartnäckig? Wo sind neue Hürden entstanden? Wie gut funktionie- ren angemessene Vorkehrungen?
Um die Wirksamkeit der bisher eingeleiteten Maßnahmen besser einschätzen und aktuelle Hand- lungsfelder identifizieren zu können, wurden Studierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen im Wintersemester 2016/17 nach 2011 zum zweiten Mal bundesweit zu ihrer Stu- diensituation befragt. Mehr als 20.000 Studierende gaben im Rahmen von best2 u. a. Auskunft zu Studienwahlmotiven, Studienschwierigkeiten und Nachteilsausgleichen.
Die große Anzahl der Studierenden, die teilgenommen haben, und ihre Bereitschaft zu offenen Rückmeldungen zeigen mir, dass die Studierenden in ihrer individuellen Lebens- und Studiensitua- tion wahrgenommen werden wollen. Ich wünsche mir deshalb sehr, dass die Ergebnisse der Studie
„beeinträchtigt studieren - best2“ genutzt werden, um Barrieren umfassend abzubauen: die struk- turellen, die kommunikativen, die baulichen und nicht zuletzt die Barrieren in den Köpfen der Be- teiligten. Davon werden nicht nur die 11 % der Studierenden mit Beeinträchtigungen profitieren, die aktuell an deutschen Hochschulen studieren, sondern auch andere Studierende mit besonde- ren Belangen.
Viele Partner haben zum Gelingen des Projekts best2 beigetragen. Mein Dank gilt den Projektver- antwortlichen des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, den Kolleg/- innen vom Institut für Höhere Studien Wien, den teilnehmenden Hochschulen, die den Kontakt zu den Studierenden ermöglicht haben, den Studenten- und Studierendenwerken, den Ländermini- sterien und der Hochschulrektorenkonferenz sowie den Experten und Expertinnen, die das Projekt kritisch von der Planung bis zur Auswertung begleitet haben – und last but not least unserer In- formations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS), die die inhaltliche Federführung hatte. Unser ganz besonderer Dank gilt dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, das die finanziellen Mittel für die Durchführung des Projekts bereitgestellt hat.
Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep, Präsident des Deutschen Studentenwerks
Grußworte
IX
Grußwort
der wissenschaftlichen Geschäftsführerin des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
die Diversität Studierender ist für die Hochschulforschung ein zentrales Thema. Dazu gehört es auch, die Studien- und Lebenssituation Studierender mit studienerschwerenden Beeinträchtigun- gen zu verstehen und abzubilden. Das Bewusstsein dafür, dass Behinderungen und Beeinträchti- gungen kein individuelles Merkmal sind, sondern erst im Zusammenspiel mit Barrieren in der Umwelt der Betroffenen entstehen, ist spätestens mit der Verabschiedung der UN- Behindertenrechtskonvention noch einmal deutlich gestiegen. Zu verstehen, wie, wo und wann eine gesundheitliche Beeinträchtigung die Teilhabe an hochschulischer Bildung beeinflusst, war das zentrale Ziel des Projektes „best2“, in dem wir im Wintersemester 2016/17 mehr als 20.000 Studierende mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung befragt haben.
Die mit diesem Bericht vorgelegten Ergebnisse machen deutlich, wie groß die Herausforderung für viele der befragten Studierenden ist, wenn die formalen Vorgaben für Prüfungen und Lehrveran- staltungen mit beeinträchtigungsbezogenen Erfordernissen in Einklang gebracht werden müssen – beispielsweise, wenn keine alternativen Prüfungsformen angeboten werden oder der Stundenplan keine ausreichenden Pausen ermöglicht. Viele Schwierigkeiten manifestieren sich aber auch erst in der direkten Interaktion mit Mitstudierenden, Lehrenden oder Verwaltungspersonal, insbesonde- re wenn Beeinträchtigungen für andere nicht sofort erkennbar sind. Die Ergebnisse unserer Studie weisen auf einen engen Zusammenhang zwischen formalen Vorgaben und direkter Interaktion hin. Diesen besser zu verstehen, wird auch zukünftig eine zentrale Aufgabe der Hochschulfor- schung bleiben.
Unser größter Dank gilt allen Studierenden, die so zahlreich an der Befragung teilgenommen und uns einen Einblick in ihr Leben gewährt haben. Wir danken unserem Verbundpartner, dem Deut- schen Studentenwerk, für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Vom Rat vieler Expertin- nen und Experten haben wir profitiert und möchten ihnen danken für ihre fachlichen Anregungen.
Den Hochschulen danken wir für ihre Unterstützung bei der Einladung der Studierenden zur Be- fragungsteilnahme. Wir danken außerdem den Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Höhere Studien in Wien. Besonderer Dank gilt auch dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, das durch seine Förderung dieses Projekt erst möglich gemacht hat.
Prof. Dr. Monika Jungbauer-Gans, wissenschaftliche Geschäftsführerin des Deutschen Zentrums
für Hochschul- und Wissenschaftsforschung
Einleitung
1
1 Einleitung
Den Ergebnissen der 21. Sozialerhebung zufolge haben im Sommersemester 2016 11 % der Stu- dierenden eine studienerschwerende Beeinträchtigung (Middendorff et al., 2017). Der Anteil die- ser Gruppe ist damit zwischen 2012 und 2016 um vier Prozentpunkte gestiegen. Studierende mit studienerschwerender Beeinträchtigung sind die Zielgruppe der Studierendenbefragung „beein- trächtigt studieren – best2“.
Nachdem bereits mit der ersten Datenerhebung zur Situation Studierender mit Behinderung und chronischer Krankheit im Jahr 2011 (best1) wichtige Erkenntnisse zur Studiensituation Studieren- der mit studienrelevanten Beeinträchtigungen gewonnen werden konnten (Unger, Wejwar, Zaus- singer & Laimer, 2011), gibt der vorliegende Bericht erneut Auskunft über den Einfluss von Beein- trächtigungen auf die Studienwahl und die Studiendurchführung, über Barrieren im Studium und entsprechende Kompensationsmöglichkeiten, über die Nutzung beeinträchtigungsspezifischer Beratungsangebote sowie die Finanzierung beeinträchtigungsbezogener Mehrbedarf. Ziel der im Wintersemester 2016/17 durchgeführten Befragung war es, ein aktuelles Bild über die Studienbe- dingungen für Studierende mit studienerschwerenden Beeinträchtigungen zu gewinnen und für einige Themenbereiche auch mögliche Veränderungen seit der Datenerhebung 2011 zu erfassen.
Vor dem Hintergrund der in best1 gemachten Erfahrungen und eines gesteigerten Erkenntnisinte- resses wurde der Fragebogen der ersten Befragung umfassend weiterentwickelt
1, wodurch aller- dings die Vergleichbarkeit zur ersten Datenerhebung an einigen Stellen nur eingeschränkt gegeben ist. Vor allem mögliche beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten bei der Studiendurchführung wurden im Rahmen von best2 differenzierter erfasst als bei best1, um die vielfältigen Barrieren im Studium umfassend identifizieren zu können. In diesem Zusammenhang wurde erstmalig auch dem Aspekt des sozialen Miteinanders und Schwierigkeiten in Zusammenhang mit der Kommuni- kation und Kontakten an der Hochschule besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da soziale Kontak- te zu Kommiliton*innen, Lehrenden und Mitarbeiter*innen der Hochschulverwaltung ein wichti- ger Faktor für den Studienerfolg sein und sich auch hier Barrieren ergeben können. Ebenfalls er- gänzend zu best1 wurde neben den angemessenen Vorkehrungen der Hochschulen in Form von individuellen Nachteilsausgleichen und Anpassungen auch untersucht, mit welchen hochschulun- abhängigen Maßnahmen Studierende versuchen, beeinträchtigungsbezogenen Schwierigkeiten im Studium zu begegnen. Darüber hinaus hatten die Studierenden die Möglichkeit, Vorschläge zur Verbesserung ihrer Studiensituation zu machen, die von einer großen Zahl Studierender ergriffen wurde.
Fast 21.000 Studierende mit studienerschwerenden Beeinträchtigungen haben sich an der Online- Erhebung beteiligt und ausführlich Auskunft über beeinträchtigungsbezogene Schwierigkeiten im Studium und bei der Studienaufnahme sowie ihre Strategien im Umgang mit der Beeinträchtigung gegeben. Ermöglicht wurde dies durch die Unterstützung von 153 Hochschulen der 265 staatli- chen und staatlich anerkannten Hochschulen, die zum Zeitpunkt der Befragung der Hochschulrek- torenkonferenz angehörten und den Versand der Einladungen an die Studierenden vorgenommen haben. Für diese Unterstützung möchten wir uns bei den betreffenden Hochschulen
2, vor allem aber bei den Studierenden für ihre Teilnahme herzlich bedanken.
1
Der Fragebogen kann unter http://best-umfrage.de/endbericht-best2/Fragebogen_best2.pdf eingesehen werden.
2
Die Liste der beteiligten Hochschulen kann unter http://best-umfrage.de/endbericht-best2/Teilnehmende_
Hochschulen_best2.pdf eingesehen werden.
Einleitung
2
Die Kontaktierung der Zielgruppe stellte eine besondere Herausforderung dar, da Studierende mit studienrelevanten Beeinträchtigungen in keiner Datenbank erfasst sind und daher nicht zielgerich- tet angeschrieben werden können. Um eine ausreichend hohe Zahl Studierender mit studienrele- vanten Beeinträchtigungen zu erreichen, die gleichzeitig die hohe Heterogenität dieser Gruppe abbildet (z. B. hinsichtlich der Form der Beeinträchtigung), wurden insgesamt ca. 1,2 Millionen Studierende angeschrieben – auch wenn lediglich Studierende mit studienrelevanten Beeinträch- tigungen gebeten wurden, sich an der Befragung zu beteiligen.
In die Befragung einbezogen wurden Studierende mit im gesellschaftlichen Alltagsverständnis seit Längerem als Behinderung anerkannten Bewegungs- und Sinnesbeeinträchtigungen, Studierende mit Teilleistungsstörungen, mit psychischen Erkrankungen, mit chronisch-somatischen Erkrankun- gen und anderen schweren, längerfristigen Erkrankungen (z. B. Tumorerkrankungen). Gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention handelt es sich dabei um Menschen mit Behinderungen, wenn ihre länger andauernden gesundheitlichen Beeinträchtigungen sie in Wechselwirkung mit einstel- lungs- und umweltbedingten Barrieren sie an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern. Da insbesondere Studierende mit psychischen und chronisch-somatischen Erkrankungen sich sehr häufig nicht als „Studierende mit Behinderung“ betrachten, wurde bei der Befragungs- einladung darauf Rücksicht genommen. Im vorliegenden Bericht wird von Studierenden mit stu- dienrelevanten Beeinträchtigungen gesprochen.
Zu beachten ist dabei, dass es sich bei den Angaben der Studierenden zur Form ihrer Beeinträchti- gung und dem Ausmaß, in dem sich diese erschwerend auf das Studium auswirken, jeweils um Selbstauskünfte der Studierenden handelt. Es handelt sich also nicht zwangsläufig um medizinisch diagnostizierte Behinderungen oder Erkrankungen
3. Auch die Schwierigkeiten und Barrieren im Studium werden jeweils aus der Perspektive der Studierenden dargestellt. Als Expert*innen in eigener Sache können die Studierenden am besten benennen, welche Barrieren ihnen im Studium begegnen.
Die Daten der Befragung wurden per Ausgleichsgewichtung an die Daten der 21. Sozialerhebung hinsichtlich der Merkmale Form der Beeinträchtigung, Alter, Geschlecht, Bundesland und Hoch- schulart angepasst (siehe Kapitel 12.3). Die Ergebnisse sind repräsentativ für Studierende mit stu- dienrelevanten Beeinträchtigungen, die im Wintersemester 2016/17 an staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen der Hochschulrektorenkonferenz eingeschrieben waren.
Einige Tabellen, auf die im Bericht verwiesen wird, sind aus Platzgründen in einem gesonderten Dokument zusammengestellt. Dieses kann unter http://best-umfrage.de/endbericht- best2/ergänzende_Tabellen_best2.pdf heruntergeladen werden.
3