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Verbreitung, Ökologie und Soziologie von Scorzonera laciniata L. in Nordwestdeutschland

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Verbreitung, Ökologie und Soziologie von Scorzonera laciniata L. in Nordwestdeutschland

(Brandes 1994)

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(2)

Tuexenia 14: 415 -4 2 4. G öttingen 1994.

Verbreitung, Ö k olo g ie und S oziologie v o n Scorzonera laciniata L.

in N ordw estdeutschland

- Dietmar Brandes -

Zusammenfassung

Scorzonera laciniata gehört zu den in Mitteleuropa stark gefährdeten G c fä ßpflanzenarten, von denen infolge ihrer Seltenheit kaum Angaben zur Ö kologie vorliegen. Bei der Untersuchung ihrer Populationen in N o rd w estdeutschland stellte sich heraus, daß die niedrigwüchsige Art vor allem in Ö kotonen auf toni- gen, zumeist salzbeeinflußten Böden wächst. Überlebensfähige Populationen finden sich nur noch auf sekundären Salzste llen, wo die Art im Übergangsbereich schütterer D auco-Melilotion- oder Convolvulo- Agropyrion-Bestände zu vegetationsfreien Flächen wächst. Sehr häufig ist sie mit Puccinellia distans und Lepidium ruderale vergesellschaftet. An zwei Wuchsorten ist sie mit Gypsophila perfoliata, Gypsophila scorzonerifolia, Suaeda m aritim a, A triplex rosea und A triplex tatarica vergesellschaftet. H ier wurden A tri- plex tatarica, G ypsophila perfoliata und Gypsophila scorzone rifolia erstmals für N iedersachsen belegt.

Abstract

Scorzonera laciniata is one o f the most endangered species in central Europe. Because o f its seldom - ness, almost no relevés are known. By investigating the populations in northwestern Germany it was found, that this small species grow s especially on salt affected clays. Surviving populations are only to be found on secondary inland saline sites, where the species grow s in transitional zones from sparse stands of D auco-M elilotion and/or C onvolvulo-A gropyrion to vegetation-free areas. Very often it is associated with Lepidium ruderale and Puccinellia distans. At two locations it is associated with Atriplex tatarica, Gypso- phila perfoliata and G ypsophila scorzonerifo lia , which are recorded for the very first time in Low er

Saxony.

1. E inleitung

Die Gattung Scorzonera ist in Deutschland mit 6 Arten vertreten, die alle als gefährdet gel­

ten müssen:

Scorzonera austriaca W ILLD.

Scorzonera hispanica L.

Scorzonera hum ilis L.

Scorzonera laciniata L.

Scorzonera parviflora J A C Q . Scorzonera purpurea L.

Scorzonera laciniata L. wird in den meisten deutschen Floren noch unter der Gattung Podosperm um geführt [Podosperm um laciniatum (L.) DC.], wobei die Fiederung der Blätter bei ihrer großen Variabilität jedoch als wenig geeignetes Merkmal zur Aufstellung einer eige­

nen Gattung erscheint. In Flora Europaea (1976) wird somit Podosperm um von Л.О. C l 1A 1 - TER wieder zu Scorzonera gestellt. Dieser Sichtweise schließen sieb die allermeisten neueren Arbeiten an.

Scorzonera laciniata gehört zu den in Mitteleuropa gefährdeten Gefäßpflanzenarten, von denen infolge ihrer Seltenheit kaum Angaben zur Ökologie vorliegen. Insbesondere pflanzen- soziologische Aufnahmen fehlen oder dürften zumindest sehr selten sein. Bessere Kenntnis der Biologie auch dieser Art stellen jedoch eine unabdingbare Voraussetzung für ihren Schutz dar.

415

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2. Un tersu ch te Populationen

Id Nordwestdeutschland sind derzeit 4 rezente Vorkommen von Scorzonera laciniata b e ­ kannt. H iervon umfassen die Populationen am D orm (3731/1), an der Asse (3829/4) und b e i Salzgittcr-Thicde (3828/2) jeweils mehr als 100 Individuen; sie alle finden sich auf/an A b r a u m ­ halden ehemaliger Salzbergwerke. Das Vorkommen am Dorm ist seit mindestens 20 Jahren b e ­ kannt, dasjenige an der Asse seit ca. 15 Jahren, während das Vorkommen bei Salzgitter-Thicde erst seit 1993 bekannt ist. Darüber hinaus existiert bei Hildesheim (3825/1) derzeit noch e in e extrem kleine Population (G A R V E, mdl.), die aber nicht in die Untersuchungen mit c in b e z o - gen wurde.

3. An gaben zu r Art

Scorzonera laciniata ist eine zartwüchsige, wenig auffällige zitronengelb blühende K o m p o ­ site. Aus einer dünnen Pfahlwurzel wird zumindest ein aufrechter Stengel getrieben. Die L a u b - blätter sind in der Regel fiederspaltig, wobei die Blätter von Jungpflanzcn öfter pfriemlich u n d ungeteilt sind. Abbildungen dieser Art finden sich bei H E G I (1987), R O T H M A L E R (1987)

ЛЬЬ. I; Scorzonera laciniata L. an der Asse (nördliches Harzvorland).

sowie H A E U P L E R & S C H Ö N F E L D E R (1988). Die Anzahl der Blütenkörbchen der A sse- Population schwankt zwischen 1 und 5; die meisten Individuen weisen zwei langgestielte K o p ­ ie auf. Bei Pflanzen mit 1, 2 oder 3 Blütenkörbchen pro Individuum konnten keine signifikan­

ten Unterschiede in der Wuchshöhe festgestellt werden. Die 3 Individuen mit 5 Blüten­

körbchen zeigten mit Wuchshöhen von 33, 46 bzw. 53 cm dann auch eine überdurchschnitt­

liche Vitalität. Auch verbissene Individuen sind oft mehrköpfig. Unterschiede zwischen der Asse- und der Dorm-Population gehen aus Abb. 2 hervor. Die maximale Individuendichte be­

tragt 11/m2 (Asse) bzw. 12/m2 (Dorm).

Nach F R A N K bi K L O T Z (1990) ist Scorzonera laciniata insekten- bzw. selbstbestäubt.

Die längsgefurchte bruchi ist (ohne Pappus) 9 bis 10 mm lang, hellbraun, leicht gekrümmt und im unteren Abschnitt deutlich verdickt, worauf der deutsche Name hinweist. Die Länge der mit langen Haaren besetzten Pappusstrahlen beträgt etwa 10 mm. Der Samenansatz betrug bei

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Abb. 2: Durchschnittliche Wuchshöhe (links) und Artenzahl der Pseudanthien pro Individuum (rechts) von Scorzonera ¿л с ш ш ^ -Populationen an Asse (n = 31 Individuen) und D orm (n = 30 Individuen). I*.» ini jeweils die Schwankungsbreite angegeben.

11 untersuchten Individuen durchschnittlich 26,8. D a nicht ausgeschlossen werden kann, daß einige Samen bereits ausgefallen bzw . weggew eht waren, d ü rfte e r vermutlich bei ca. 30 liegen.

Weitere Angaben können Tabelle 1 entnom m en werden. F ür Scorzonera laciniata geben F R A N K & K L O T Z (1990) anem ochorc, ep izoochorc und m yrm ekochore V erbreitung an (vgl. Abschnitt 6).

Scorzonera laciniata ist eine „einjährig überwinternde, nur selten 2- oder mehrjährige“

(H liG I 1987), hapaxanthe Art. Es bandelt sich vermutlich um einen SK Strategen (vgl.

F R A N K Ы K L O T Z 1990).

Tab. 1: Merkmale von Scorzonera laciniata L.

Wuchshöhe 13 - 56 cm

Anzahl Pseudanthien pro Individuum 1 - 7

Anzahl AchMnen pro Pseudanthium 19 - 34

Anzahl der Pappusstrahlen 26 - 30

Tausendkorncjuwicht (incl. Pappus) 2,333 «j Länge der Frucht (ohne Pappus) 9,3 mm (9-10 mm 1 Fallzeit der Achänen aus 1,80 n Höhe 3,4 ti (3,14- 3,69»)

Chromosomenzahl *) 2n ** 14

*) NAZAROVA (1980); DIAZ DE LA GUARDIA U BLANCA (19H7J

*117

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4. Verbreitung

Scorzonera laciniata gehört zu den submcditcrran-samartischen Elementen. Ihr Areal u m ­ faßt Mittel-, Südost- und Südeuropa, die Kaukasusländer, Sibirien bis zum Altai sowie N o r d ­ afrika, Im norddeutschen Flachland sowie im rechtselbischen Deutschland fehlt sic ( H E G I 1987).

In Niedersachsen erreicht sie zweifellos die Nordgrenze ihrer Verbreitung. In den „ a lt e n “ Bundesländern findet sich die Art in Unter- und Mittclfranken, im Nahctal, in der Pfalz s o w i e im Neckartal. ln Thüringen und Sachscn-Anhalt ist Scorzonera laciniata aus klimatischen Gründen häufiger als im Nord westen. Für das Magdeburger Florengebiet gab S C H N E I D E R (1891) eine Häufung um den Hakel sowie im Bereich von Staßfurt und Bernburg an. N e u e r e l'undmeldungen aus Sachsen-Anhalt stammen von A U R IC H , II.LIG 8c W E G E N E R ( 1 9 7 8 ), W EST H U S (1978) und H E R D A M et al. (1993), aus Thüringen von S C H U B E R T (1987) u n d T I L L I C H (1985, 1987).

5. Habitatanalyse und Vergesellschaftung

Den Literaturangaben zufolge wächst Scorzonera laciniataauf mehr oder minder o ffe n e n Böden, bevorzugt auf (Keuper-)Mergel bzw. auf tonigen Böden, die oft salzhaltig sind. E n t ­ sprechend sind die Verhältnisse im Untcrsuchungsgebiet: Die Assc-Population wächst a u f hellgrauen, schwach salzhaltigen Tonböden (pH 7,1 bis 7,4 in Wasser; Leitfähigkeit d e r Bodensuspension [10 g lufttrockener Boden und 25 ml bidest. Wasser] zwischen 900 u n d 1360 |tS/cm), die Dorm-Population auf einem z.T. schwach glaubersalzhaltigen Gemisch a u s schluffigem Ton (uT) und Gips.

Als offensichtlich sehr lichtbedürftigc und gleichzeitig relativ niedrigwüchsige Art siedelt Scorzonera laciniata meist im Übcrgangsbereich von Dauco-Melilotion-Gesellschaften u n d ruderalen Grasfluren, in denen Calam agrostis epigejos, Agropyron repem oder P uccinellia Jistans dominiert, zu vegetationsfreien Stellen. Gerade auf Abraumhalden ist das Vegctations- mosaik oft sehr kleinflächig ausgebildet. Dieses ausgeprägte Vorkommen in Ö kotonen ist wahrscheinlich einer der Gründe, weswegen von Scorzonera laciniata kaum pflanzensoziolo­

gische Aufnahmen vorliegen. Abb. 3 zeigt die Vegetationszonierung am ehemaligen Schacht

Abb. 3: I lalbschcmatischer Schnitt durch eine typische Wuchsstelle von Scorzonera laciniata an der Asse am Rande eines Agropyron repem -Bestandes (schraffiert) im Ü bergang zu vegetationsfreien Bereichen (punktiert).

418

(6)

Asse I; Tab. 2 die Vergesellschaftung. Wichtigste Dauco-M elilot ion- \ r \ ist Dauern carota, während Tanacetum vulgare bereits mit verminderter Vitalität auftritt. ln ähnlicher Artcnxu- sammensetzung wurden die Scorzonera laciniata-Bestände bereits 1978 angetroffen.

Am Fuße der Abraumhalde des ehemaligen Kalischachles am Dorm ist Scorzonera lacinia­

ta in zwei deutlich voneinander verschiedenen Pflanzengcscllschaften anzutreffen. Seit ca. 20 Jahren sind Vorkommen von Scorzonera laciniata in einer Puccinellia distant-Lepidi um ru­

derale-G cscììschahbekannt (Tab. 3). Wichtigstes Gras ist Puccinellia distans,daneben spielen

Tab. 2: V e r g e s e l l s c h a f t u n g von S c o r zonera laciniata an dur Лнио

Laufende N u mmer der A u f nahme 1 2 3 4 5

Fläche (ma ) 1 2 2 1 10

Ve g e t a t i o n s b e d e c k u n g (%) 50 40 50 60 20

A rtenzahl 5 6 9 12 И

Sc o r z o n e r a laciniata 2.1 2.2 2.1 2.2 4-

Elymus repens 2.2 2.2 2.2 1. 2 +

D a ucus c a rota 2.1 lïl 2.2 4

T a n a c e t u m vu l g a r e + ° 4o 1?1 Г

Pucci n e l l i a distans 2.2 + 4

A t r iplex p rostrata 1.1 4

Picris h i e r a c i o i d e s 1.2 г

A t r i p l e x patula . •f

Er i geron acris Г 2.1

T r i p l e u r o s p e r m u m p e r f o r a t u m 4 е г

F estuca rubra agg. 4- ♦ .2

E c h inops s p h a e r o c e p h a l u s juv. +

A r r h e n a t h e r u m e latius 1.2

Past i n a c a sativa 1.1

D a c tylis g lomerata 4-

C a l a m a g r o s t i s e p i g e j o s . 1 . 2

A g r o s t i s s t olonifera 1 . 2

Aufn. 1-4: 20.6.1993? Aufn. 5: O k t o b e r 197 spec. +.2, Mu s e i 1.2.

8, a u ß e r d e m Cladonia

Tab. 3: Scorzonera laciniata - Puccinellia distans-GeHuliBchnft

Laufende Nummer der Aufnahme 1 2 3 4 5 6 7 0 !)

Fläche (ma) 5 10 2 1 1 1 3 2 3

Vegetationsbedeckung {%) 50 70 55 30 40 50 30 33 35

Artenzahl 6 7 5 5 5 6 9 5 1)

Scorzonera laciniata 1.2 1.1 2.2 2.2 2.1 2.2 2.1 1.1

Puccinellia distans 2.2 2.2 3.4 1 . 2 2.2 2.2 2.2 1 .2 2.2

Lepidium ruderale 2.2 3. 3 2.2 2.2 2.2 1.2 2.2 1.2

Picris hieracioides r 4" 1.2

Atriplex prostrata 4 1 ! 2 2 ! 2 1.2 Ú

Festuca arundinacea 4 2.2 1.1 2.2

Fumaria hygrometrica 1.2 1.2 2 '. 3 .

Daucus carota r 1?1 I T I

Taraxacum officinale 4

Atriplex patula 1 Ï 1 4

Calamagrostis epigejos l! 1 2.3

Agrostis stolonifera 1.2

Polygonum aviculare 4 ■

Juncus gerardi 2.2

Spergularia marina Muflci indet.

Sämtliche Aufnahmen vom Dorm (TK 3731/1) : Nr 1 und 2 1 1.10 197B Nr. 3-91

419

(7)

Tab. 4: Gypsophila perfoliata - Lepidium ruderale - Gesellschaft

Laufende Nummer der Aufnahme 1 2 3 4 5 6 7 8

Exposition N N W W W W W W

Neigung (°) 10 15 20 25 15 25 15 20

Flüche (mJ) 3 4 5 6 4 4 5 5

Artenzahl 7 8 7 8 11 11 13 10

Ch Gypsophila perfoliata 3.2 2.1 3.2 1.1 1.1 1.1

Gypsophila scorzonerifolia

Lepidium ruderale 2.2 + .2 1.2 2.1 + .2 1.2 1.2 1.2

Calamagrostis epigejos 2.2 2.2 3.3 2.2 2.2 1.1 2.2

Daucus carota 2.2 1?2 1.1 1.2 1.2 2.2 2.2

Picris hieracioides 1.1 2.2 1.1 1.1 1.1 1.2 1.1

F e B t u c a arundinacca 3.3 2.2 2.2 1.1 11 1.2

Atriplex rosoa 1 ! 2 + Î2 3.3 2.2

Atriplex tatarica 2.2 2.2 1.1

Cladonia врес. + .2 1.2 1.2

Atriplex prostrata 1S1 1.2 l ' . l

M u s c i indet. + . 2 + .2 + .2

* Scorzonera laciniata 2 ! 1 1.2

P u c c i n e l l i a d i B t a n e 2.2

Chenopodium glaucum + + °

Atriplex patula 1.2 1. 2

Kochia scoparia sap. densiflora 1.2 1.1

Agrostis stolonifera

Cerastium spec. r"

Uryum argonteum

S u a u d a m a r i t i m a +

Melilotus officinalis +

S p e r g u l a r i a m a r i n a Euphorbia cyparissias

Papaver dubium 1.2

Tanacetum vulgare

Lactuca serriola +

Sämtliche Aufnahmen vom Dorm (TK 3731/1), 19.9 1993.

Festuca arundinacca und auch Calam agrostis epigejos eine gewisse Rolle. Dauco-M elilotion- Arten zeigen hier in der Regel nur verminderte Vitalität.

Scorzonera laciniata wächst aber auch in einer Gypsophila perfoliata-Gypsopbila scorzon e- n/o/íd-Gcscllschaft, allerdings mit geringer Stetigkeit (Tab. 4). Auffällig ist hier der hohe A n teil von Chcnopodiacecn: Atriplex rosea, Atriplex tatarica, Atriplex prostrata, Atriplex p a tu la , Cbenopodium glaucum, Kochia scopariassp. densiflora, Sueda maritima.

Über das Alter dieser erst 1993 aufgefundenen Bestände liegen keine Informationen vor, d a der betreffende Haldcnbercich wenig zugänglich ist.

ln einer sehr ähnlichen Vergesellschaftung wurde Scorzonera laciniata auf H aldengelände des ehemaligen Salzbergwerkes Thiederhall bei Salzgitter-Thicde gefunden (Tab. 5). D o r t ist Gypsophila scorzonerifoliajedoch wesentlich häufiger als G. perfoliata.Chenopodiaccen s p i e ­ len nun eine noch größere Rolle, Salsola kali ssp. ruthenica und Atriplex sagiltata treten z u s ä t z ­ lich auf. Letztere mit verringerter Vitalität, vermutlich aufgrund der Austrocknung o b e re r Substratschichten.

Atriplex tatarica, Gypsophila perfoliataund Gypsophila scorzoncrifoliasind bislang nicht aus Niedersachsen bekannt (G A R V K 8c L E T S C H E R T 1991). Atriplex tatarica ist eine k o n t i­

nental-mediterrane Art, die in mitteleuropäischen Trockengebieten beständige V ork om m e n bildet ( G U T T E 1972, B R A N D E S 1982, R A A B E öc B R A N D E S 1988). Die beiden zur Se ctio Paniculaeformes W IL LIA M S gehörenden Gypsophila-Arten sind nach H EG 1 (1979) als sü d - osteuropäisch-mittclasiatische Steppenstauden cinzustufen. Nach B O R T N Y A K (1976) e r ­ reicht die NW -Grenze des Areals von Gypsophila perfoliataoffensichtlich gerade noch die Ukraine, wobei die Art für Kiew schon als adventiv eingestuft wurde. In Deutschland ist C y p - sophila scorzonerifoliaerstmals 1870 aufgetreten, G. perfoliataerstmals 1925 ( R O T H M A L E R 420

(8)

Tab. 5: G y p s o p h i l a s c o r z o n e r i f o l i a . Salsola ruth o n l c a - G o s o l l s c h a f l

Laufende Nummer der Aufnahme Fläche (ma)

Vegetationsbedeckung (%) Artenzahl

1 5 40 7

2 20 20 10

3 20 30 11

4 20 15 10

3 30 25 11

Ch Gypsophila scorzonerifolia 2.1 2.1 1.1 2.1

Gypsophila perfoliata 4

Salsola kali ssp. ruthenica 1.2 2.2 2.2 1.1

Puccinellia distans 2.2 2.2 2.2 2.2 1.2

Lepidium ruderale 2.2 1 .2 2.2 1 . 2 1 .2

Atriplex rosea 2Ï2 2 . 1 1.1 1 . 1

2 ? 2

Atriplex sagittate 2Î2 1?1 1 .1

* Scorzonera laciniata 1.2 2.2 1.2 2.2

Suaeda maritima 2 ! 2 1 .1

Daucus carota + 4 4 “

Atriplex tatarica . 4- 1Ï l 1 .2

Musei indet. 1.2 +. 2 1 .2

Atriplex prostrata 1.1 1.2

Atriplex patula 1.1

1 ! 2 *

Spergularia marina 1 .2

Tripleurospermum inodorum r

Agrostis stolonifera 4 .2

Sämtliche Aufnahmen von Abraumhalden

<TK 3828/2). 10.10.1993.

bol Salzgitter -Thiede

1990). Der Schwerpunkt des Vorkommens liegt bislang auf Deponien, 1 laldcnund Bahngehin- de im mitteldeutschen Trockengebiet.

Die Ursache für die Ausbreitung der genannten Arten nach Ostniedersachsen sind (noch) unbekannt; möglicherweise ist sie die Folge von mehreren warmen Sommern, vielleicht aber auch von beabsichtigter oder unbeabsichtigter Verschleppung.

K IE SE L , M A H N & T A U C H N I T Z (1985) beschrieben von „chemisch aktiven“ Kommu- nalmülldcponicn der wärmsten Bereiche des mitteldeutschen I rockengcbietes das A tripli ci tataricae-D iplotaxietum tenuifoliae mit folgenden diagnostisch wichtigen Arten: Atriplex tata­

rica, D iplotaxis tenu i f olia, Gypsophila perfoliata, Puccinellia distans, Salsola kali, Sisym brium aliissim um und Sisym brium loeselii.

Die auf den Halden am Dorm und bei Salzgittcr-Thiede wachsenden Gypsophila perfoha- f<a-Beständc (Tab. 4 u. 5) zeigen große Ähnlichkeit zur Puccinellia distans-Variantc der T y p i­

schen Subassoziation des A tripli tataricae-D iplotaxietum tcnuifoliac.

6. G efäh rd u n g

Insgesamt wurde Scorzonera laciniata in diesem Jahrhundert in 25 Quadranten Südnie­

dersachsens gefunden, von den 24 bei H A E U P L E R (1976) verzeichnet sind. In der Zw i­

schenauswertung der Kartierung gefährdeter Gefäßpflanzen in Niedersachsen und Bremen findet sich keine Fundmcldung für Scorzonera laciniata (G A K V E 1987). Der Rückgang ist in Nicdersachscn in der Tat bedrohlich, da die Art auf 88% der Quadranten, auf denen sic frü­

her gefunden wurde, nicht mehr bestätigt werden konnte. Sie wird in der „Roten Liste“ von Nicdersachscn und Bremen (G A R V E 1993) folgerichtig in die Kategorie 1 „vom Aussterben bedroht*4 eingestuft.

Ebenso gravierend ist der Rückgang in den anderen „alten“ Bundesländern; lediglich im Nahegebict häufen sich noch rezente F u n d p u n k te ( H A E U P L E R & S C H Ö N F h L D E R 1988).

H E R D A M ec al. (1993) konstatieren für das H albcrstädter Florengebiet ebenfalls einen star- 421

(9)

'

Tab. 6: Übersicht über die Vergese l l s c h a f t u n g in N W - D e u tschland

G e s e l lschaft a b с d

Anzahl der Aufn a h m e n 5 9 8 5

Mittl e r e Artenzahl 8,6 6,2 9,4 9,8

S c o r zonera laciniata V V II IV

E l ymus repens V

T a n a c e t u m v ulgare IV

Erigeron acris II

Festuca rubra agg. II

Picris hier a c i o i d e s III III V

C a l a m a g r o s t i s epigejos I II V

D a ucus carota V II V III

P ucci n e l l i a distans IV V II V

A t r iplex prostrata III III II II

A t r iplex patula II II II II

T r i p l e u r o s p e r m u m pe r f o r a t u m II I

Funaria hygrotnetrica II

T a r a x a c u m of f i c i n a l e II

Festuca arund i n a c e a III IV

L e p i d i u m ruderale V V V

Spergu l a r i a m a rina I I II

C h e n o p o d i u m g l a u c u m II

Kochia scopa r i a ssp. de n s i f l o r a II

Gyp s o p h i l a perfoliata IV I

A t r i p l e x rosea III IV

A t r i p l e x tatarica

,

III III

Gy p s o p h i l a scorzon e r i f o l i a II IV

Suaeda marit i m a I III

S alsola kali ssp. ruthenica V

Atrip l e x sagittata IV

z a h l reiche weitere Ar t e n mit geringer Steti gkeit

ken Rückgang. Nach ST R IC K E R (1%0) zeigt Scorzonera laciniata auch in Sachsen stark en Rückgang. Bundesweit wurde die Art in Kategorie 2 cingcstuft ( K O R N E C K 6c S U K O P P 198«).

Auf Grund der Tatsache, daß Scorzonera laciniatain Niedersachsen schwerpunktmäßig auf Abraumhalden des Salzbergbaus vorkommt, könnte nun vermutet werden, daß die Art v o r Beginn des Salzbergbaus gar nicht im Gebiet vorhanden war, also als Neophyt einzustufen ist.

Die Fundangaben der klassischen Lokalfloren der Jahrhundertwende (z.B. B E R T R A M 1908) gaben jedoch eindeutig naturnähere Wuchsorte an, so daß am Indigenat nicht zu zweifeln ist.

Für räumlich-zeitlich ± stabile Populationen sind offene, konkurrenzarme Wuchsorte, wie sie sich z.B. an Mergelanrissen und -hängen fanden, oder auch Randbereiche ± trockener binnen- ländischer Salzstcllcn eine wichtige Voraussetzung. Gerade solche Standorte sind jedoch w eit­

gehend verändert bzw. zerstört worden, wobei auch der Stickstoffeintrag aus der Luft die K o n ­ kurrenzbedingungen zu Ungunsten von Scorzonera laciniataverändert haben dürfte. Als S e ­ kundärstandorte gewinnen heute die zumeist kleinflächigen Auflockerungsbcreiche ruderalcr Staudenfluren bzw. ruderalcr Halbtrockenrasen auf mergelig-tonigen Böden bzw. auf salzhal­

tigen Abraumhalden größere Bedeutung.

Für die Neuetablierung an geeigneten Wuchsorten ist die Ausbreitungsweise von entschei­

dender Bedeutung. Durch das Vorhandensein eines Pappus ist Scorzonera laciniataprinzipiell zur Ausbreitung befähigt, wobei über die Effektivität allerdings noch nichts ausgesagt ist. D a es nicht möglich ist, die Flugweite der Früchte unter natürlichen Bedingungen zu ermitteln, wurde als Anhaltspunkt wenigstens die Sinkgeschwindigkeit im windstillen Raum bestimmt. Die Fall- zeii liegt bei lufttrockenen Früchten mit voll entfaltetem Pappus bei durchschnittlich 3,4 s (3,14- 3,64 s) bei einer Fallhöhe von 1,80 m. Damit sind die Fallzeiten nur halb so groß wie bei C irsium arvense (S. B R A N D E S , unveröff.). Früchte mit feuchtem Pappus oder verknickten Pappus- 422

(10)

strahlen sinken wesentlich rascher zu Boden. Unter Berücksichtigung der niedrigen Wuchshöhe hat Scorzonera laciniata damit nur geringe Chancen für eine Fcrnausbrciiung.

Herrn E. G A R V E und Herrn Dr. D. Z A C H A R I A S (N d s. Landesami für Ö kologie, Alu. Natur schütz) danke ich für Hinweise.

Literatur

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Prof. Dr. Dietmar Brandes

Arbeitsgruppe für Geobotanik und Biologie höherer Pflanzen Botanisches Institut und Botanischer Garten

Gaußstraße 7 D-38106 Braunschweig

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