I 235/2009 BVE 2. Dezember 2009 BVE C Interpellation
2065 Hofmann, Bern (SP-JUSO)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 08.06.2009
Die neue Fluglinie Bern - Paris schadet dem TGV-Anschluss
Seit Januar 2009 werden vom Flughafen Bern-Belp direkte Flüge nach Paris angeboten.
Gemäss BZ vom 3. Juni 2009 laufen die beiden täglichen Verbindungen mit einem Auslastungsgrad von 40 bis 60 Prozent (Wochentage) gut.
Andererseits sollen mit dem Fahrplanwechsel vom Dezember 2009 eines der beiden TGV- Zugpaare Bern-Paris gestrichen werden. Gemäss „Bund“ vom 9. April 2009 lag einer der Hauptgründe für diese Streichung in der Konkurrenz durch die erwähnte neue Fluglinie Bern-Paris.
Im „Kantonalen Leitbild Flugverkehr“ aus dem Jahr 1997 lässt sich folgender Leitsatz lesen:
„Der Kanton befürwortet den Ausbau der Linienverbindungen zu den europäischen Hauptstätten und Zentren, sofern nicht vergleichbar attraktive Bahnverbindungen bestehen.“
Das Spannungsverhältnis zwischen den drei Tatbeständen werfen die folgenden Fragen auf, um deren Beantwortung ich die Regierung bitte:
1. Ist die Regierung nicht auch der Ansicht, dass die neue Fluglinie die direkte TGV- Verbindung Bern-Paris gefährdet und damit die Interessen des Kantons stark tangiert werden?
2. Gilt das „Kantonale Leitbild Flugverkehr“ aus dem Jahr 1997 auch heute noch?
3. Ist die Regierung nicht auch der Ansicht, dass die neue Fluglinie Bern-Paris dem
„Kantonalen Leitbild Flugverkehr“ widerspricht? Zielt der oben zitierte Satz aus dem Leitbild nicht genau auf die fatale Konkurrenzsituation, die seit Januar 2009 bei der Verbindung Bern-Paris zwischen Flugverkehr und Bahn besteht?
4. Falls Frage 3 bejaht wird: Ist es für den Kanton Bern nicht irritierend, wenn er, wie kürzlich geschehen, die Verlängerung der Landepiste mit einem grosszügigen Betrag unterstützt und dann als „Dank“ gleich darauf eine neue Fluglinie eingerichtet wird, die dem „Kantonalen Leitbild Flugverkehr“ widerspricht?
Antwort des Regierungsrates
Der Regierungsrat lehnt die geplante Streichung eines der beiden TGV-Zugpaare Bern - Paris ab und setzt sich für den Erhalt der heutigen Anbindung des Kantons Bern an Paris ein.
Wie im geltenden "Kantonalen Leitbild Flugverkehr" vom Juni 1997 dargestellt, hat der Kanton keinen direkten Einfluss auf die ab dem Flughafen Bern-Belp angebotenen Flugverbindungen. Der Kanton ist jedoch interessiert an einer guten internationalen
2
Anbindung. So ist er namentlich an Direktverbindungen zu europäischen Zentren wie München und Paris interessiert, über deren Hubs Bern mit möglichst vielen weiteren europäischen Zentren und Überseedestinationen verbunden wird. Damit wird der Flughafen Bern-Belp in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gestärkt.
Die Flugverbindung Bern - Paris wurde im Januar 2009 wieder eingeführt. Zur Zeit der Inbetriebnahme des TGV in den Achtzigerjahren wurde die Flugstrecke Bern - Paris durch die Crossair mit vier Flugpaaren bedient. Eine Konkurrenzierung des Zuges durch das Flugzeug war damals kein Thema.
Die TGV-Verbindungen zwischen Paris und der Schweiz werden von Lyria, einer Tochtergesellschaft der Société Nationale des Chemins de fer Français (SNCF), und der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) betrieben. Deren Entscheid, ein TGV-Zugpaar zu streichen, wurde Ende April 2009 kommuniziert. Damals war die neue Flugverbindung zwischen Bern und Paris noch kaum am Markt eingeführt. Im Übrigen sind es nach den Angaben der Alpar AG durchschnittlich nur 13 Passagiere pro Flug, die in Paris nicht auf Anschlussflüge umsteigen. Der Regierungsrat kann daher die Aussage von Lyria, wonach die neue Flugverbindung Bern - Paris die wesentliche Ursache für den Streichungsentscheid gewesen sein soll, nicht nachvollziehen.
Zu Frage 1:
Die Nachfrage nach der neuen Flugverbindung Bern - Paris ist zu gering, als dass die TGV-Direktverbindung Bern - Paris dadurch gefährdet würde.
Zu den Fragen 2, 3 und 4:
Das Leitbild aus dem Jahr 1997 ist nach wie vor gültig. Der Regierungsrat ist jedoch nicht der Ansicht, eine Flugverbindung Bern - Paris stehe im Widerspruch dazu. Die Verbindung stellt in Paris Anschlüsse an weitere Zentren in Europa und Übersee her und bedient damit Kundenbedürfnisse, namentlich im Geschäftsreiseverkehr, die mit der Bahn nicht abgedeckt werden können. Somit stellt die Flugverbindung eine Ergänzung zur Bahnverbindung dar, ohne diese zu konkurrenzieren.
An den Grossen Rat
